Brigitte Burbach

Jüdische Familien aus Hamm unter dem Nationalsozialismus

(veröffentlicht im Heimatbuch des Kreisheimatvereins Altenkirchen 2004 - hier veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung des Heimatvereins)

Am 9. November 1938 schrieb die Londoner Times: "Die noch im Dritten Reich verbliebenen 400.000 Juden erwarten heute nacht in Furcht und Angst einen erneuten Angriff auf ihre Rasse,... der an Gewaltheit und Rohheit jeden während der vergangenen fünf Jahre stattgefundenen übertreffen wird."1) Nachdem Herschel Grünspan in der deutschen Botschaft zu Paris ein Attentat auf den Legationssekretär Ernst vom Rath verübt hatte, begann die Aktion, die später unter dem Namen Reichskristallnacht Geschichte gemacht hat.

Das Nationalblatt, Parteiorgan der NSDAP, berichtete am 11.11.1938 unter der Uberschrift "Das Volk hat gesprochen": "Eine augenblickliche ungeheure Erregung bemächtigte sich allenthalben der sonst so ruhigen und beherrschten Bevölkerung auf dem Westerwald und an der Sieg.... In Hamm, der früheren Hochburg des Judentums unseres Kreises, kam die begreifliche Unruhe der Bevölkerung spontan zum Durchbruch. Schon bald nach Bekanntwerden der Trauernachricht aus Paris bildeten sich in den Straßen Ansammlungen von Volksgenossen, die ihren gerechten und gesunden Zorn über die jüdische Untat laut zum Ausdruck brachten und in ihrer Empörung in unmißverständlicher Weise gegen jüdische Gebäude vorgingen. Es ist verständlich, daß es dabei Scherben gab.... Und endlich sank dann in der Frühe des Donnerstags der hochragende Judenstern, der fast ein halbes Jahrhundert das Ortsbild von Hamm in herausfordernder Weise verunziert hatte..."

Es war eine Zeitspanne von etwa dreihundert Jahren, in der in Hamm Juden lebten. Einfach ist dieses Leben nie gewesen, angefangen von der Erteilung persönlicher Schutzbriefe an Einzelne, denen gegen Zahlung gestattet wurde, sich befristet niederzulassen, über immer wieder ergangene Sonderregelungen in der ehemaligen Grafschaft Sayn-Hachenburg, bis hin zur Gleichberechtigung im preußischen Staat 1848. Danach folgte eine Zeit der allmählichen Annäherung, aber als am 30. Januar 1933 Hitler zum Reichskanzler ernannt wurde, begannen Ausgrenzung und Verfolgung.

Schon 1933 im April sprach der sogenannte "Arierparagraph" von nichtarischer Abstammung. 1935 schufen die "Nürnberger Gesetze"2) die Grundlage für die spätere Vernichtung der Juden. Propagandistisch sprach man von Rassegesetzen, maßgeblich für das Schicksal der Betroffenen war jedoch die Religion, und zwar die der Vorfahren. "Sippenforschung" auf gesetzlicher Ebene machte es möglich, ab dem Jahr 1800 alle Personen zu erfassen, die jüdische Ahnen hatten.3) Und für alle, die dazu gehörten, ergingen in rascher Folge nun zahlreiche Gesetze und Erlasse, die alles Jüdische ausmerzen sollten und schließlich ein Dasein der Juden nicht mehr zuließen.

Was geschah nun mit den Juden in Hamm? Wer musste sterben und wer konnte überleben! Es ist heute schwierig, ihren Wegen nachzugehen, und es ist mir auch nicht bei allen gelungen. Das Vertreiben der Juden ist nach Jahrzehnten noch im Gedächtnis so lebendig, dass es fast immer am Anfang steht, wenn von jüdischer Geschichte die Rede ist. Daher soll zunächst vom Ende der Hammer Einwohner jüdischen Glaubens berichtet werden, ehe wir später in die Vergangenheit zurückgehen.

An dieser Stelle möchte ich mich bei Theodor Tobias mit aller Herzlichkeit dafür bedanken, dass er mir in zahlreichen Briefen Informationen über jüdische Familien geschickt hat. Er selbst ist als kleiner Junge mit seinen Eltern in die USA ausgewandert und beschäftigt sich seit Jahren mit der Erforschung zahlreicher Familien aus unserer Region. Dank seiner Hilfe war es mir möglich, von vielen Hammer Familien nicht nur ihre Herkunft, sondern auch ihr weiteres Schicksal zu erfassen, um so ein Familienbuch zusammenzustellen.

Max Salomon, geboren 1907 in Hamm, wanderte bereits 1934 nach Palästina aus. Wie Heuzeroth berichtet,4) lebte er in Israel zusammen mit einer Schwester. Seine Schwester Lilly, geboren in Hamm 1900,lebte in USA.

Max Hirsch, geboren 1867 in Hamm und seine Frau Laura, geborene Simon, geboren 1874 in Hamm meldeten sich 1937 nach Köln ab, wo Max Hirsch 1939 starb. Ihre drei Söhne Hans, Kurt und Erich konnten in die USA auswandern. Ihre Mutter Laura konnte nach einer abenteuerlichen Reise zu ihren Kindern nach USA gelangen. Ihre Geschichte wurde aufgeschrieben von Hildegard, der Frau von Erich Hirsch. Sie brachte sie bei einem Besuch mit nach Hamm und erlaubte ihre Veröffentlichung.5)

Auch Max Bachenheimer konnte 1938 in die USA auswandern und ist 1973 in New York gestorben. Er hatte 1920 in die Familie Gunzenhäuser eingeheiratet.

Julius Tobias, geboren 1891 in Hamm, sein Bruder Hugo, geboren 1897 in Hamm, und ihrer Schwester Johanna gelang es ebenfalls, frühzeitig in die USA auszuwandern, und zwar mit Hilfe eines Verwandten, der bereits um 1870 nach Connecticut ausgewandert war. Mitglieder der Familie leben heute noch dort.

Bis Mai 1939 sind ungefähr 250.000 Juden aus Deutschland ausgewandert.6) Danach konnten noch etwa 30.000 bis 40.000 Juden entkommen, bis am 23.10.1941 die Auswan-derung verboten wurde. Etwa um die gleiche Zeit begann man mit den Massendeportationen der Juden aus dem Reichsgebiet, nachdem im Juli Göring Heydrich mit der "Endlösung der Judenfrage" beauftragt hatte.7)8)

Nach der Ereignissen in der Reichskristallnacht meldeten sich die Hammer Juden 1938 und 1939 in Hamm ab und siedelten größtenteils nach Köln über. Ob sie dazu aufgefordert wurden oder Anweisungen erhielten, wohin sie zu gehen hatten, konnte bisher nicht gefunden werden. Es kann sein, dass es sich um mündlich erteilte Befehle handelte, wie man es von anderen Vorgängen kennt.

Louis Simon, 1897 geboren in Hamm, meldete sich 1939 mit Frau Erna, geb. Rosenthal und Tochter Hermine nach Belgien ab. Die Familie wurde 1942 nach Auschwitz deportiert und ist dort verschollen.’ "Verschollen" heißt es bei all denen, deren Todesdatum nicht bekannt ist.

Simon Simon, 1854 in Hamm geboren, meldete sich 1939 zusammen mit seiner zweiten Frau Amalie und dem Sohn David nach Linz ab, woher seine Frau stammte. Die Familie wurde nach Theresienstadt deportiert. Simon wurde 1942 für tot erklärt10),Amalie 195111)

Die restlichen sieben jüdischen Familien in Hamm gingen von November 1938 bis April 1939 nach Köln und lebten dort in den sogenannten "Judenhäusern". Im Dezember 1938 war eine Anordnung Görings ergangen, wonach Juden in bestimmten Häusern zu konzentrieren seien, weil sie dort unter besserer Kontrolle stünden. 1939 hatte eine Volkszählung stattgefunden.12) Ein Jahr vorher hatte man schon Registerkarten mit der Rubrik "Abstammung" eingeführt, eine "Volkskartei" verordnet, und jeder hatte eine Karteikarte auszufüllen. Aufgrund dieses perfekten Meldewesens lagen 1939 alle erforderlichen Daten vor, die zu den kommenden Aktionen benötigt wurden, nicht zuletzt auch für die Vorbereitungen auf den Krieg. Nach der "restlosen Erfassung" begann 1939 die Zusammenlegung in Judenhäusern, was den örtlichen Wohnungsämtern übertragen worden war.

Von den genannten sieben Hammer Judenfamilien zog die Familie Karl David mit zwei Kindern nach Köln in die Severinstraße 228, wo ein Jahr vorher die Familie Bachenheimer Zuflucht gefunden hatte. Genau wie diese konnte auch die Familie David entkommen. Karl David, geboren 1895 in Hamm, starb 1964 in Kansas City, seine Frau Irma geborene Bär, geboren in Hamm 1897, zwei Jahre vorher. Kinder und Enkel leben heute in USA.

Die übrigen sechs Hammer Familien wurden deportiert und starben in Konzentrationslagern.

Nachdem die"Endlösung" beschlossen war, rollten seit dem 15. Oktober 1941 Sonderzüge der Reichsbahn in den Osten. In Köln13)hatten sich die für den "Abwanderungstransport" ausgewählten Menschen auf dem Messegelände Köln-Deutz einzufinden. Wie das vor sich ging und wie die Transporte organisiert wurden, ist bei Corbach in allen erschütternden Einzelheiten nachzulesen.

Am 22.10.1941 ging ein Transport nach Lodz (Litzmannstadt).14) Er umfasste 1.018 "Volljuden". Volljuden waren Menschen mit drei oder vier Großeltern, die der jüdischen Religion angehörten. Darunter waren aus Hamm: Helene Bär, Bertha Bär, die Frau von Heinrich,mit ihren beiden Söhnen Erwin und Werner. Heinrich Bär war 1941 in Köln gestorben und in Bocldemünd am 20.5.1941 begraben worden. Ferner waren indiesem Transport Adolf und Johanna Düring, geborene Bär, Lieselotte Frank und Hedwig Reichenberg geborene Simon. Die Familie Bär hatte 32 Monate in Köln gelebt, und über die Verhältnisse kann man nur Vermutungen anstellen. Für Juden war letztlich alles verboten. Sie hatten keine Fahrerlaubnis, sie hatten Ausgehverbot, durften keine öffentlichen Verkehrsmittel benutzen, kein Telefon, durften kein Radio besitzen, hatten besondere Kennkarten, auf ihren Pässen und Lebensmittelkarten stand ein großes J, und ab 1.9.1941 mussten sie den Judenstern tragen. Es war gewiss eine Zeit voller Bedrückung und Not. Am 30.10.1941 ging ein weiterer Transport nach Lodz. Unter den 1.015 "Volljuden mittleren Alters" waren die Hammer Emil, Jenny und Edith Bär, Ida Elkan geborene Gunzenhäuser, Arnold Gunzenhäuser, Julie und Hedwig.

Am 7.12.1941 ging ein Transport von 1.000 "Volljuden" nach Riga. Unter ihnen waren Max Frank und seine Tochter Elsbeth. Ebenso wurde deportiert Valeska Lewin, geborene Simon. Sie wohnte in Hamburg, ist vielleicht nicht von Köln aus nach Riga gekommen, jedenfalls aber dort verschollen. Mit in diesem Transport befand sich auch die Familie Seligmann aus Rosbach. Über deren Schicksal haben Jugendliche aus dem evangelischen Jugendzentrum Hamm und Kinder der Franziskus-Grundschule Wissen unter der Regie von Ilse Sonnenberg und Martin Autschbach den Videofilm "Ausgerottet" gedreht, der preisgekrönt wurde.15) Es waren besonders die Kinder Arthur, geboren 1920, und Ruth, geboren 1928, deren Lebensweg als jüdische Jugendliche nachgezeichnet wurde.

Am 15.6.1942 ging ein Transport mit 1.066 Personen aus dem Rheinland nach Izbica bei Lublin, wo sich ein Durchgangslager befand. Unter diesen Menschen waren aus Hamm Arthur Bär und seine Frau Eise und Arthurs Bruder Bernhard. Ebenfalls dabei waren Emil Dahl und seine Frau Klara, geborene David. Arthur Bär und seine Familie wohnte in Essen, Emil Dahl in Geilenkirchen.Alle sind in Izbica verschollen.

Am 20.7.1942 fuhr ein Deportationszug nach Minsk mit 1.164 "Volljuden". Unter ihnen waren aus Hamm Max Berg und seine Frau Selma geborene Gunzenhäuser. Sie wurden von dem Lager Niederbardenberg bei Aachen aus nach Köln zum Transport gebracht. Selmas Schwester Johanna verheiratete Kuttner, die in Düsseldorf wohnte, war ebenfalls dabei. Außerdem kamen nach Minsk Julius Rosenberg, geboren in Hamm, wohnhaft in Siegen, mit seiner Frau Paula und ihrer Tochter Lotte.16) Julius Simon, geboren in Hamm, der in Eitorf wohnte, und seine Frau Toni wurden ebenfalls nach Minsk deportiert.17) Wenn auch vermutlich in einem anderen Transport kamen die beiden Schwestern Berta und Ernestine Stamm aus Krefeld auch nach Afinsk. Sie waren in Hamm geboren worden, als ihr Vater Issak Herz dort Religionslehrer und Kantor gewesen war. Ihre Eltern wurden in Hamm beerdigt.

Am 27.7.1942 ging ein Transport nach Theresienstadt mit 1.165 "Volljuden" aus Köln und Koblenz, wovon 70 überlebten.Aus Hamm fuhren in den Tod Heinrich David, seine Frau Hedwig und ihre Tochter Ilse. Sie gelten als in Auschwitz verschollen und wurden für tot erklärt. Die Familie David hatte sich am 17.12.1938 nach Köln abgemeldet und hat also bis zum Abtransport fast vier Jahre in einem Kölner Judenhaus verbracht. Ilse war damals ein Kind von sieben Jahren und starb mit elf.

Mit dem gleichen Zug fuhr Adele Klein, geborene Simon, aus Hamm, die in Gelsenkirchen wohnte. Ebenso waren hierbei Simon Simon und seine Frau Amalie aus Linz, die bereits erwähnt wurden. Desgleichen Walter Tobias, geboren in Hamm, wohnhaft in Haaren.

Aus Akten der Gestapo Köln geht ferner hervor, dass am 22.1.1943 Sally Michel nach Theresienstadt deportiert wurde, zusammen mit seiner Frau Berta und ihrer Tochter Ruth.

Von einigen weiteren Personen, die in Hamm geboren sind, ist noch bekannt, dass sie in Auschwitz verschollen sind, z.B. Johanna Bloch, geborene Simon, Arthur und Erna Herz, Emil Meyer mit Frau und zwei Töchtern, die in Siegen wohnten, Louis Simon und Familie, wie schon erwähnt, Johanna Soesmann, geborene Elias, die in Herne wohnte und Emil Meyer mit seiner zweiten Frau Lina und den Kindern Hans, Ingeborg und Ruth, die in Siegen lebten. Ebenso umgekommen sind Theodor Tobias und seine Tochter Ellen, während seine Frau Hedwig, geborene Meyer aus Hamm das KZ überlebte und später in Amsterdam gestorben ist. Sie ist die einzige Überlebende, von der ich bisher erfahren konnte.

Viele jüdischen Familien, die aus Hamm vertrieben wurden, lebten dort seit Generationen. Anfang 1700 ist ein Affron oder Abraham bezeugt, dessen Sohn Bär Abraham den Namen Bär weitergab. Ab Mitte 1700 treten die Familien Hirsch und Meyer auf. Zu Beginn der Überlieferung gab es in Hamm ein oder zwei jüdische Familien, 1800 waren es sieben. Als 1846 feste Familiennamen angenommen werden musste, wohnten in Hamm die Familien Bär, Falkenstein, Meyer, Hirsch, Leeser und Simon. Die Familienforschung wird dadurch erschwert, dass es anders als bei Evangelischen und Katholischen keine jüdischen "Kirchenbücher" gibt. Ab 1768 wurde in Hamm ein spezielles Register über die Juden geführt, das viele, wenn auch nicht alle Namen enthält.

Zählungen in der Bürgermeisterei Hamm ergaben

1858: 575 evangelische; 45 katholische; 58 jüdische Personen; insgesamt 678,
1895: 1.045 ev.; 187 kath.; 99 jüd.; insg. 1.331.
1925: 1.063 ev.; 207 kath.; 61 jüd.; insg. 1.347.

In der Stadt Altenkirchen lebten in den genannten Jahren 58/112/91 Juden bei einer Gesamtbevölkerung von 1.523/1.913/3.011 Personen. Bei der Verteilung auf die einzelnen Orte des Kreises ist es tatsächlich so, dass in Hamm prozentual die meisten Juden wohnten. Der Prozentsatz schwankt zwischen 2,3% um 1800 und 4,6% 1925. Es mag den Zeitgenossen durchaus so vorgekommen sein, dass Hamm eine "Hochburg" war, wie der Schreiber des Nationalblattes meinte. Er kann das Wort aber auch deshalb verwendet haben, um die Vorgänge in der Reichskristallnacht zu rechtfertigen.18)

Zusammenstellung der Juden aus Hamm, die sterben mussten und die überleben konnten:

Bär

Arthur Bär, geboren am 26.9.1889 in Hamm, wurde zusammen mit seiner Frau Eise, geborene Wolff, geboren am 1.5.1889, nach Izbica deportiert. Beide wurden für tot erklärt. Ihr Wohnort war Essen. Nachkommen von ihnen leben in Kanada. Arthurs Bruder Bern-hard, geboren am 7.5.1891 in Hamm ist in Izbica verschollen. Ihre Schwester Elsa, geboren am 27.7.1887 in Hamm, war verheiratet mit Dr. jur. Albert Müller aus Halle/Saale. Beide kamen im KZ um. Kinder von ihnen leben in USA. Ihr Bruder Walter, geboren am 4.3.1893 in Hamm, hat Nachfahren in USA. Sein Schicksal ist mir nicht bekannt. Ebenso nicht das ihrer Schwester Anni, die in Bonn verheiratet war und Nachkommen in England hat.

Diese fünf Geschwister waren Kinder von Albert Bär, der am 18.7.1860 in Hamm geboren war. Die Familie hat über Generationen in Hamm gelebt.

Eine weitere betroffene Familie Bär ist die von Adolf, der am 14.8.1929 in Hamm gestorben ist. Er stammte aus Rheinbrohl. Seine Tochter Helene, geboren am 29.8.1885 in Hamm, wurde von Köln aus nach Lodz deportiert und ist dort umgekommen. Das gleiche gilt für ihren Bruder Emil, der am 28.2.1887 in Hamm geboren war. Zusammen mit seiner Frau Jenny, geborene Heilbrunn, geboren am 9.8.1898 in Hersfeld, und ihrer Tochter Edith, geboren am 21.4.1925 in Hamm, wurde er 1941 nach Lodz deportiert und ist dort am 7.9.1942 gestorben. Frau und Tochter sind ebenfalls in Lodz umgekommen.

Seine Schwester Johanna, geboren am 2.10.1889 in Hamm, war verheiratet mit Adolf Düring aus Köln. Beide wurden 1941 von Köln aus nach Lodz deportiert und kamen dort um. Ihr Bruder Heinrich, geboren am 26.3.1892 in Hamm, gehörte zu denen, die nach Köln gingen. Er starb dort im jüdischen Krankenhaus und wurde am 20.5.1941 in Köln begraben. Seine Frau Bertha, geborene Lazarus, geboren am 11.9.1903 in Trier, wurde zusammen mit ihrem Sohn Erwin, der am 5.1.1929 in Hamm geboren war, und ihrem Sohn Werner, der am 4.11.1932 in Wissen geboren war, 1941 nach Lodz deportiert, wo sie gestorben sind, die Kinder im Alter von 12 und 9 Jahren.

Röschen, die Tochter des Bernhard Bär, geboren in Hamm am 21.9.1864, war verheiratet mit Joosef Katzenstein. Sie starben beide 1940 und 1942 in Israel und haben dort Nachkommen.

Aus der Familie Max Bär und Johanna Abraham aus Hamm, deren Tochter Irma 1922 Karl David geheiratet hatte ( siehe David ), gab es neben dem Bruder Siegfried, der im ersten Weltkrieg gefallen war, eine Tochter Clara, geboren am 11.11.1887 in Hamm, verheiratete Stiefel in Duisburg, wo sie 1929 starb. Ihre Kinder leben in USA.

David

Leopold David aus Oberpleis heiratete 1891 Jetta Bär aus Hamm. Ihre Tochter Klara, geboren am 30.5.1892 in Hamm, war verheiratet mit Emil Dahl. Sie wohnten in Geilenkirchen und sind in Izbica verschollen bzw. für tot erklärt.

Klaras Bruder Heinrich,geboren am 9.2.1894 in Hamm, war verheiratet mit Hedwig Trumpf und hatte eine Tochter Ilse, die am 21.3.1931 in Wissen geboren war. Die Familie ging 1938 nach Köln und wurde nach Auschwitz/Theresienstadt deportiert. Sie wurden für tot erklärt.

Der Bruder Karl, geboren am 24.8.1895 in Hamm, verheiratet mit Irma Bär, geboren am 13.6.1897 in Hamm, konnte auswandern. Irma starb 1962, Karl 1964 in Kansas City. Sohn und Tochter, die in Hamm geboren sind, haben Nachkommen in USA.

Die Schwester Emilie, geboren am 13.8.1899 in Hamm, heiratete Hermann Grünebaum, der sich in USA Green nannte. Er und seine Frau starben in Kansas City.

Elias

Johanna Elias, geboren am 28.1.1875 in Hamm, verheiratet mit Eduard Soesmann, starb am 15.12.1942 in Auschwitz. Sie wohnte in Herne.

Gunzenhäuser

Moses Gunzenhäuser aus der Gegend von Berleburg heiratete 1876 in Hamm Caroline aus der Familie Meyer, die seit Generationen in Hamm lebte. Ihre Tochter Ida, geboren am 30.1.1878 in Hamm, war verheiratet mit Karl Elkan aus Köln. Sie wurde zwei Jahre nach dem Tode ihres Mannes nach Lodz deportiert und für tot erklärt. Ihre Schwester Hedwig, geboren am 6.4.1880 in Hamm, wohnte ebenfalls in Köln und wurde zur gleichen Zeit nach Lodz deportiert. Ihre Schwester Emma, geboren am 31.10.1883 in Hamm, war verheira-tet mit Max Frank, der sich zusammen mit seiner Tochter Elsbeth 1937 von Hamm nach Köln abmeldete. Offensichtlich wohnten sie in Hamm, vielleicht nach dem Tod von Emma. Beide wurden 1941 von dort nach Riga transportiert. Mit einem anderen Transport fuhr auch die Tochter Lieselotte nach Riga. Alle drei wurden für tot erklärt.

Selma, geboren am 13.5.1887 in Hamm, war verheiratet mit Max Berg und wurde mit ihm zusammen nach Minsk deportiert.

Die Schwester Johanna, geboren 5.6.1889 in Hamm, verheiratete Kuttner, wurde von Düsseldorf aus nach Minsk gebracht.

Außer Moses gab es die Familie Julius Gunzenhäuser in Hamm, wahrscheinlich waren sie verwandt. Die Tochter Helena, geboren am 2.5.1889 in Wissen, heiratete Max Bachenheimer. Die Familie konnte auswandern. Max starb 1973 in New York City.

Der Sohn Arnold, geboren am 7.11.1892 in Hamm, wohnte in Köln und wurde von dort aus nach Lodz deportiert und kam um.

Herz

Arthur Herz, geboren am 27.2.1894 in Hamm, wohnte in Betzdorf und ist zusammen mit seiner Frau Erna geborene Levy, geboren am 12.6.1896, in Auschwitz verschollen.

Meyer

Emil Meyer, geboren in Hamm am 26.7.1880, dessen Familie seit einigen Generationen hier ansässig war, wohnte in Siegen und starb am 30.9.1942 in Auschwitz. Seine zweite Frau Lina geborene Cambre, geboren am 24.4.1899, starb in Holland. Ihre drei Kinder Hans, Ingeborg und Ruth kamen in einem KZ um.

Emils Vater war Markus Meyer, der 1904 in Hamm starb. Der Sohn Moritz, geboren am 15.10.1885 in Hamm, ging zusammen mit sei-ner Frau nach den USA und starb dort 1952. Der Sohn Friedrich, geboren am 26.10.1887 in Hamm, starb ebenfalls in den USA 1965. Er hat dort Nachkommen.

Michel

Sally Michel, geboren am 12.3.1889 in Hamm wurde 1943 nach Theresienstadt deportiert, ebenso seine Frau Bertha/Betty ,geborene Heimann, geboren am 22.4.1907, und ihre Tochter Ruth, geboren am 23.7.1937 in Wissen. Sally und Ruth wurden 1945 für tot erklärt.

Rosenberg

Julius Rosenberg, geboren am 29.8.1870 in Hamm, Wohnort Siegen, wurde 1942 nach Theresienstadt gebracht und in Minsk für tot erklärt. Das gleiche gilt für seine Frau Paula geborene Pfifferling, geboren am 24.12.1879, und ihre Tochter Lotte. Die Tochter Alice Johanna, geboren am 14.1.1905 in Hamm, lebte in USA und hat dort Nachkommen. Der Sohn Rudolf Alexander, geboren am 17.1.1906 in Siegen, meldete sich und seine Frau 1939 nach Santiago de Chile ab.

Julius Schwester Emilie,geboren am 6.10.1873 in Hamm, war verheiratet mit Julius Moses aus Flammersfeld. Beide starben in Haifa. Sie haben Nachkommen in Israel, Uruguay und USA. Sie waren Kinder von Meyer Rosenberg und Hannchen Simon aus Hamm. Aus der zweiten Ehe des Meyer Rosenberg stammte Franziska, geboren am 6.9.1883 in Hamm, verheiratet mit Isaac Hirsch. Beide starben in New York. Kinder von ihnen leben in den USA. Der Bruder Salli, geboren am 6.2.1885 in Hamm, starb 1952 in USA.

Simon

Adele Simon, geboren am 4.10.1876 in Hamm, verheiratet mit Julius Klein aus Gelsenkirchen, starb am 22.9.1942 in Theresien-stadt. Ihre Schwester Laura, geboren am 30.12.1873 in Hamm, war verheiratet mit Max Hirsch aus Hamm. Deren drei Söhne lebten in USA, wo auch Laura gestorben ist, wie weiter oben schon erwähnt.

Ihre Schwester Valeska,geboren am 22.12.1879 in Hamm, verheiratete Lewin in Hamburg, wurde 1941 nach Riga deportiert und ist dort verschollen. Ebenso in Hamburg wohnte ihre Schwester Johanna, geboren am 14.5.1882 in Hamm, verheiratete Bloch. Sie ist in Auschwitz verschollen. Die Schwester Hedwig, geboren in Hamm am 12.7.1884, war verheiratet mit David Reichenberg aus Köln. Sie wurde 1941 nach Lodz deportiert. Ihre beiden Töchter Gerta und Anneliese kamen ebenfalls in Lodz ums Leben.

Die genannten Schwestern Simon waren Töchter des Simon Simon aus Hamm, geboren dort am 10.8.1838, dessen Familie schon lange hier lebte.

Es gab noch einen Simon Simon in Hamm, geboren hier am 21.5.1854. Er starb am 10.9.1942 in Theresienstadt im Alter von 88 Jahren. Der Sohn Julius aus seiner ersten Ehe, geboren am 10.1.1885 in Hamm, wohnte in Eitorf und wurde zusammen mit seiner Frau Toni Feith 1942 nach Minsk deportiert. Sie starben beide in Theresienstadt. Ihre Tochter lebte später in Israel.

Ihr Bruder David, geboren am 7.1.1888 in Harem, wurde deportiert und ist verschollen. Er lebte in Linz, von wo die zweite Frau des Simon Simon gebürtig war. Sie hieß Amalie, war am 3.12.1863 in Linz geboren. Die Fami-lie zog 1939 von Hamm nach Linz. Alle drei sind umgekommen.

Simon Simon hatte eine Schwester Bertha, geboren am 23.12.1856 in Hamm. Sie war verheiratet in Giessen mit Jacob Simons. Acht ihrer Kinder kamen in KZs ums Leben, der Sohn Joseph hat Nachkommen in USA.

Der Sohn Louis aus der zweiten Ehe des Simon Simon, geboren am 23.1.1897 in Hamm, war verheiratet mit Erna geborene Rosenthal, geboren am 7.2.1906. Die Familie meldete sich Anfang 1939 nach Belgien ab. Zusammen mit ihrer Tochter Hermine, geboren am 15.11.1928 in Wissen, kamen sie in Auschwitz ums Leben.

Aus der Familie Jacob Simon und seiner Frau Julie geborene Herz, die beide 1918 in Eitorf starben, stammt der Sohn Siegmund, geboren in Hamm am 11.8.1876, der in Eitorf lebte. Zusammen mit seiner Frau Bertha geborene Meyer wurde er deportiert. Beide kamen an einem unbekannten Ort um. Jacobs Tochter Bertha,geboren am 9.2.1878 in Hamm, verheiratet mit Joseph Kahn, gelangte nach Israel, wo heute Nachkommen von ihnen leben. Die Tochter Lena, geboren am 11.3.1883 in Hamm, heiratete in Eitorf Sally Meyer. Sie gingen zunächst mit Tochter und Schwiegersohn nach Holland, kamen aber später alle in Auschwitz ums Leben. Der Sohn Albert, geboren am 18.7.1885 in Hamm, lebte mit Frau und Tochter in Dänemark, wo er 1968 gestorben ist.

Stamm

Wie anlässlich der Transporte schon erwähnt, kamen die beiden in Hamm geborenen Schwestern Bertha, geboren am 14.4.1875, und Ernestine, geboren am 22.10.1877, in Minsk um. Ihr Vater Isaak Herz Stamm war Religions-lehrer und Kantor in Hamm. Er wurde dort am 12.6.1916 begraben, seine Frau Amalie 1910.

Tobias

Theodor Tobias aus Betzdorf und seine Frau Hewig geborene Meyer aus Hamm, wurden zusammen mit ihrer Tochter Ellen deportiert und starben in Auschwitz. Hedwig überlebte und starb später in Amsterdam. Walter Tobias, geboren am 23.10.1901 in Hamm, wohnte mit seiner Familie im Kreis Minden. Er und seine Frau Selma sowie ihre vier Kinder starben in Theresienstadt und wurden für tot erklärt.

In dieser Aufzählung mag der eine oder andere fehlen, der in Hamm geboren war oder einmal dort gewohnt hat. Forschungsstellen sind ständig bemüht, die Gedenkbücher zu ergänzen und die Informationen zu sammeln, die an vielen Orten zusammengetragen und oft auch dort veröffentlicht sind. Das Schicksal unzähliger Familien lässt sich heute vielfach nur an den Daten ihres Todes ablesen. Es lässt sich kaum fassen und auch nur schwer ausdrücken, was sich hinter solchen Daten verbirgt.

1 Hermann Graml: Reichskristallnacht. Antisemitismus und Judenverfolgung im Dritten Reich. München 1998.

2 Cornelia Essner: Die "Nürnberger Gesetze" oder Die Verwaltung des Rassenwahns 1933 – 1945. Paderborn 2002.

3 Götz Aly/Karl Heinz Roth: Die restlose Erfassung. Frankfurt 2000.

4 Heimat- Jahrbuch des Kreises Altenkirchen 1975

5 Heimat-Jahrbuch des Kreises 1991 und 1992 "Rückblick auf mein Leben".

6 Avraham Barkai in: Deutsch-jüdische Geschichte in der Neuzeit. Band 4. Aufbruch und Zerstörung 1918-1945. München 2000.

7 Götz Aly: "Endlösung". Völkerverschiebung und der Mord an den europäischen Juden. Frankfurt 1998.

B Raul Hilberg: Die Vernichtung der europäischen Juden. 3 Bände. Frankurt 1999.

9 Gedenkbuch: Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933 – 1945. Bearbeitet vom Bundesarchiv Koblenz und dem Internationalen Suchdienst Arolsen. 1986.

10 Gedenkbuch Koblenz.

11 Anton und Anita Rings: Die ehemalige jüdische Gemeinde in Linz am Rhein. Erinnerung und Gedenken. Linz 1992.

12 Aly/Roth,Fn3.

13 Dieter Corbach: 6.00 Uhr ab Messe Köln-Deutz – Deportationen 1938-1945. Köln 1999.

14 Die jüdischen Opfer des Nationalsozialismus aus Köln. Gedenkbuch. NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln. 1995. Die Namen der erwähnten Juden wurden zusammengestellt nach dem Gedenkbuch Koblenz, dem Gedenkbuch Köln und den listen bei Corbach, sowie der Mitteilung des Bundesarchivs Berlin vom 31. J1.200l.

15 Rhein-Zeitung 24.4.2001, 9.11.2001. 13.12.2002.

16 Walter Thiemann u.a.: Von den Juden im Siegerland. Siegen 1965.

1 7 Karl Schräder: Die Juden in den Gemeinden Eitorf und Ruppichteroth. Siegburg 1974.

18 Die Zahlen wurden erarbeitet nach: Dokumentation zur Geschichte der jüdischen Bevölkerung in Rheinland-Pfalz und im Saarland von 1800 bis 1945. Band 5, Koblenz 1975. Gedruckter Bericht der Bürgermeisterei Hamm 1928.

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