Auswanderer aus dem Daadetal

(verfasst von Volker Rosenkranz - Anfragen bitte an: )

Im Jahr 1753 entschlossen sich mehrere Familien aus dem Daadener Raum, in die USA auszuwandern.

Heute scheint dieser frühe Zeitpunkt äußerst ungewöhnlich, wenn man die enormen Strapazen bedenkt, die mit der Überfahrt und den anschließenden Unwägbarkeiten eines fremden Landes auf die Auswanderer zukamen.

Anlässlich dieser schweren Entscheidung fragen wir uns heute, was der Auslöser für diesen Entschluss war. Hierüber kann man natürlich nur Vermutungen anstellen: War es die bittere Armmut, welche die Bauern im Westerwald ertragen mussten?

Waren es die ewigen Gängeleien der weit entfernt residierenden Landesherren, wie die Herzöge von Sachsen-Weimar-Eisenach und die Markgrafen von Brandenburg-Onolzbach oder waren es fremde Soldaten, die durch den Westerwald zogen und der armen Bevölkerung die letzten Lebensmittel und sogar das Vieh abnahmen?

Einer der wichtigen Beweggründe kann jedoch auch die Tatsache sein, dass zu dieser Zeit schon die ersten Auswanderer, die um 1710 nach Amerika gesegelt waren, zu Besuchen oder um eine Erbe anzutreten in den Westerwald zurückkamen und ihre neue Heimat in den höchsten Tönen lobten.

Auch erreichten Briefe die Verwandten Zuhause, in denen mitgeteilt wurde "dass hier ein Mann in Frieden leben kann, besser als ein Adliger unter Euch."

Es kam sogar so weit, dass Auswanderer, die in die alte Heimat zu Besuch kamen, hier eingesperrt wurden und nach wenigen Tagen aus dem Land gewiesen wurden, weil sie die Bevölkerung "aufwiegelten und zur Auswanderung ermutigten."

Ein Beispiel dieser bemerkenswerten Auswanderer ist die Familie Klöckner.

Diese Familie begab sich im Jahr 1753 von Daaden aus auf den äußerst beschwerlichen Weg zunächst nach Neuwied und dann nach Rotterdam und stach von dort zusammen mit 42 anderen Familien in Richtung Philadelphia in See.

Johannes Stefan Klöckner, am 10. Januar 1727 in Derschen geboren heiratete seine Frau Anna Elisabeth Knautz am 20.April 1753 - wenn dieses Datum stimmt, muss die Trauung auf dem Schiff stattgefunden haben.

In ihrer Begleitung befanden sich sein Bruder Johann Anton Klöckner, geb. am 8. März 1719 in Derschen und seine Frau Elisabeth Margarethe Fischbach aus Daaden gemeinsam mit den Kindern Engelbert, geb. am 13. Sept. 1747, Johann Stefan, geb. am 12. Aug. 1750 und Tochter Margaretha, geb. 1752.

Weiterhin befand sich Johann Peter Klöckner in Ihrer Begleitung, der aber entweder umgekehrt oder auf der Reise verstorben ist.

Johann Stefan Klöckner segelte auf der "Rowand", die am 29. Sept. 1753 in Philadelphia anlegte, Johann Anton Klöckner segelte mit der " Edinburgh", unter Kapitän John Lyon, die am 2. Oktober 1753 Philadelphia erreichte.

Johann Stefan und Johann Anton nannten sich nach der Ankunft in der neuen Heimat Stefan Kleckner und Antony Kleckner und lebten zunächst bis 1760 in Germantown, einem Vorort von Philadelphia, in dem schon viele deutsche Auswanderer wohnten.

Antony und Elisabeth bekamen in Germantown weitere sechs Kinder, die sie in der St. Michael`s Lutherian Church tauften.

Nach ihrem Aufenthalt in Germantown zog Antony mit seiner Familie nördlich in den Ort Lower Saucon in Northampton County. Dort kaufte er in den Jahren 1779 und 1783 mehr Land und gründete den Ort Klecknersville, wo noch heute zwei aus Feldsteinen gebaute massive Häuser aus dieser Zeit vorhanden sind, in denen die Klöckners gelebt haben.

Antony starb dort im Jahr 1804.

Stefan Klöckner zog ebenfalls von Germantown nach Norden und lebte zuletzt in Brunswick (Braunschweig) in Berks County in Pennsylvania.

Er starb im Jahr 1787 und hinterließ wie sein Bruder Antony eine sehr große Nachkommenschaft, die noch heute hauptsächlich im nördlichen Pennsylvania lebt.

Am 23. März 1753 schlossen Johann Stefan, Johann Anton und Johann Peter Klöckner mit dem Kapitän des Schiffes "Rowand" Daniel Havart aus Rotterdam einen Vertrag, der die Modalitäten der Überfahrt regeln sollte.

Auf den Passagierlisten der beiden Schiffe findet man eine Vielzahl von weiteren Namen, die aus dem Raum Daaden stammten: Johann Engel Jung aus Biersdorf, Johannes Wilhelm Höfer aus Daaden, Henrich Gottfried Thiel aus Derschen, Johann Peter Meyer aus Daaden und Johannes Aurand aus Bergebersbach im Dillkreis, der Nachkommen in Derschen hat.

Weitere Namen wie Schweitzer, Wisser, Krumm, Huhn, Buhl, Klein, Mudersbach, Stumpf, Reinschmitt, Schäfer, Wullenweber, Weller, Schneider, Stoltz, Kirchhöfer und Nickel lassen ebenfalls auf eine Herkunft aus dem Daadener Raum schließen.

Soweit bekannt ist der Herkunftsort auf der folgenden Passagierliste erwähnt.

Der Text des Kontraktes zwischen den Auswanderern und dem Kapitän der "Rowand" lautet wie folgt:

Wir die unterzeichnenden bestätigen und sind fortan einverstanden mit den Bedingungen des Vertrages von Daniel Havart aus Rotterdam, auf folgende Weise:

Erstens:

Der oben genannte Daniel Havart erklärt sich bereit, uns den Unterzeichnenden, ein komfortables Schiff für die Überfahrt von Rotterdam nach Philadelphia zu besorgen.

Zu diesem Zweck sollte das Schiff mit Schlafplätzen auf dem Zwischendeck für jeden Erwachsenen von uns ausgestattet sein. Das heißt jeder einzelne Erwachsene gilt als vollständige Fracht.

Die Schlafplätze sollten an beiden Seiten des Schiffes sein und eine Größe von 6 Fuß und 1 1/2 Fuß haben, damit die Überfahrt für jeden von uns bequem und in privater Atmosphäre stattfinden kann.

Zweitens:

Das Schiff soll mit genügend Proviant ausgerüstet sein, das heißt frisches Brot, Mehl, Fleisch mit Erbsen, Reis, Bohnen, Grütze, Butter, Käse und vieles mehr.

Das alles soll für uns, die Unterzeichnenden vom ersten Tag an Bord des Schiffes von Rotterdam nach Phliladelphia zur Verfügung stehen.

Es soll wie folgt gehandhabt werden:

Sonntags. 1 Pfund Fleisch mit Erbsen, Reis oder Bohnen.

Montags: 1 Pfund Mehl pro Mahlzeit

Dienstags: 1/2 Pfund Schinken mit Erbsen, Reis oder Bohnen.

Mittwochs: 1 Pfund Mehl pro Mahlzeit.

Donnerstags: 1 Pfund Fleisch mit Erbsen, Reis oder Bohnen.

Freitags: 1 Pfund Butter, 1/2 Pfund in Salz eingelegten Kabeljau mit Erbsen, Reis oder Bohnen.

Samstags: 6 Pfund Brot, 1 Pfund Käse und eine Erbsensuppe.

Ebenso verlangen wir ein Maß Bier am Tag, so lange es gut erhalten ist, und ein Maß Wasser. Sollte das Bier schlecht werden, so verlangen wir 2 Maß Wasser am Tag.

Ferner sollte von morgens 6 Uhr bis abends 6 Uhr eine Feuerstelle zum Kochen und zum Wärmen der kranken und kleinen Kinder bereit stehen, sofern es das Wetter und der Wind zulassen.

Zur Vorsorge gegen Übelkeit an Bord sollten zwei Fässer Essig und ein Fass Branntwein zur Stelle sein.

Ebenso Gewürze und notwendige Medikamente, damit keiner von uns erkrankt oder sogar sein Leben lassen muss, weil es an diesen Dingen mangelt.

Der Fahrpreis wird gemäß des Alters einer Person berechnet:

Kleine Kinder unter vier Jahren haben kostenlose Überfahrt. Kinder von vier bis vierzehn Jahren bezahlen die Hälfte. Personen über vierzehn Jahre müssen den vollen Fahrpreis zahlen unter folgender Vereinbarung:

Alle Personen, die den vollen Preis oder zumindest die Hälfte davon zahlen, zahlen in Rotterdam erst einmal 7 1/2 Pistolen. (Anm.: Pistole war eine im Jahr 1740 von Friedrich II eingeführte Goldmünze. Der Wert betrug 5 Taler.)

Diejenigen, die nicht in der Lage sind zu bezahlen, müssen etwas vergleichbares im Wert von 8 Pistolen für ihre Überfahrt zahlen.

Um die Passagiere zu entlasten, wird ihr Gepäck ohne weitere Kosten nach Philadelphia mitgenommen.

Im Anhang an den Vertrag ist die Liste der Namen beigefügt. Die Nummer der folgenden Namen verweisen auf die Nummer der Fracht bzw. der Personen, die als Oberhaupt ihrer Familien verantwortlich sind.

Die mit * markierten Namen kamen mit der "Rowand", dies bestätigte der "Master" Arthur Tran am 29. Sept. 1753.

1 *

Johann Martin Buchner

 

5 Personen (Freights)

Unnau

 

 

 

 

2

Johann Christian Schmitt

 

 

 

 

 

 

 

3 *

Johann Heinrich Kühnen

 

2 1/2

 

 

 

 

 

4 *

Johannes Schäfer

 

 

2

 

 

 

 

5 *

Johann Peter Meyer

 

 

2

 

 

 

 

6 *

Johann Philippus Steinebach

1

 

 

 

 

 

 

7

Johann (Primes?) Schmitt

 

1

 

 

 

 

 

8

Maria Elisabetha Gläsnerin

 

1

 

 

 

 

 

9

Anna Catherina Gläsnerin

 

1

 

 

 

 

 

10*

Johannes Sehlbach

 

 

2 1/2

 

 

 

Maxsain

11

Johann Peter Humerich

 

1

 

 

 

 

 

12*

Johann Heinrich Böhmer

 

2

 

 

 

Maxsain

 

13*

Johannes Wilhelm Jung

 

2

 

 

 

 

 

14*

Johannes Stephan Klöckner

 

1

 

 

 

Daaden

 

15*

Johann Martin Diehl

 

 

2

 

 

 

 

16

Johann Andönges ? Klöckner

2 1/2

 

 

 

Daaden

 

 

17*

Johann Peter Braun

 

 

1

 

 

 

 

18*

Philippus Schumann

 

 

3 1/2

 

 

 

Kirburg

19

Johannes Weytmann

 

 

1

 

 

 

 

20

Johann William Schoester

 

1

 

 

 

 

 

21*

Sophia Christina Wisthövörin

 

1

 

 

 

 

 

22

Peter Stahl

 

 

 

1

 

 

 

23

Johann Jost Ludwig

 

 

4 1/2

 

 

 

 

24

Johann Jakob Klein

 

 

2

 

 

 

 

25

Johannes Betz

 

 

1

 

 

 

 

26*

Johann Wilhelm Becker

 

2 1/2

 

 

 

 

 

27*

Johann Christ Stahl

 

 

2 1/2

 

 

 

 

28

Görg Gotthardt

 

 

1

 

 

 

 

29

Johann Christoffel

 

 

1

 

 

 

 

30

Johann Jakob Gotthardt

 

1

 

 

 

 

 

31*

Johann Best Heun

 

 

1

 

 

 

 

32

Anna Catrina Gendermannin

 

1

 

 

 

 

 

33*

Witwe Henrich Weinbrenner

 

3

 

 

 

Kirburg

 

34*

Johann Best Schneider

 

2 1/2

 

 

 

 

 

35

Marialies Schneiderin

 

 

1

 

 

 

 

36

Anna Catharina Schneiderin

 

1

 

 

 

 

 

37*

Johannes Christianus Bentz

 

6

 

 

 

Bölsberg

 

38

Johann Gerlach Meier

 

2

 

 

 

 

 

39

Johann Michael Sauer

 

1

 

 

 

 

 

40

Johannes Streng

 

 

1

 

 

 

 

41

Johann Peter Klöckner

 

2

 

 

 

Daaden

 

42

Johann Michel Andres

 

1

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Quellenangaben:

1. Persönliche Korrespondenz mit S. Cook MacInnes, Alexandria VA-USA

2. Kirchenbücher der Ev. Kirchengemeinde Daaden

3. Internet: genealogy.com

4. Olivetreegenealogy.com/ships

5. Westerwald to America . Buch von Annette Kunselmann Burgert und Henry Z. Jones Jr. 1989 ISBN 0-929539-32-X Verlag Picton Press, Rockport, MW - USA