Wer ist Johann Jakob Rosenbauer? 1

In den Kirchenbüchern des Klosters Marienstatt im Westerwald findet sich folgender Konversionseintrag:

1712 - [ite]m 31. Julij Joannes Jacobus Rosenbaur oriun[dus] / ex ducatu Wirtenbergensi facta prius professione / [f]idei coram Parocho Wissensi, in eodem sacello / [ex]omologesi, et S[ancta]. Synaxi prima ejuravit Luther.“2 In freier Übersetzung: „Im selben Jahre 1712, am 31. Juli, schwor Johannes Jakobus Rosenbaur, der aus dem Herzogtum Württemberg stammt, in der Frühmesse Luther ab, bevor er das Glaubensbekenntnis vor dem Pfarrer von Wissen und in dieser Kapelle (St. Anna in Marienstatt) ein öffentliches Bekenntnis seiner Sündhaftigkeit und Bußwilligkeit ablegte.“


Da bei den Konversionseinträgen im KB Marienstatt immer zwischen Lutheranern und Calvinisten ausdrücklich unterschieden wird3, müsste Johann bzw. Hans Jakob Rosenbauer Lutheraner gewesen sein, was gut zur Angabe „ex ducatu Wirtenbergensi" passt, ihn allerdings auch in den Grafschaften Sayn zu verorten gestattet. Diese Herkunftsangabe allerdings beschäftigt seit fast einhundert Jahren zahlreiche Ahnenforscher.

Alexander Schwartz

Der „Sippenforscher“ Alex Schwartz, Leiter eines Rosenbauer-Archivs, teilt am 10.05.1980 in einem Schreiben mit, dass er nach jahrzehntelanger Suche – seine ersten Bemühungen reichen bis in die vierziger Jahre des 20. Jhdts. zurück - die Identität des Konvertiten vom 31.07.1712 in Marienstatt mit einem Johann Jakob Rosenbauer, geb. am 02.01.1687 in Ostheim/Franken4, ermittelt habe, und beruft sich dabei auf eine Mitteilung von Georg Kuhr, einem Pfarrer und Genealogen aus Franken.


Die These hat im Land an der mittleren Sieg, aber auch in verschiedenen genealogischen Quellen die Runde gemacht und wird bis heute hartnäckig vertreten: Die recht zahlreichen Rosenbauer-Nachfahren im Westerwald stammen alle ab von diesem 1687 geborenen Johann Jakob Rosenbauer aus Franken.

Georg Kuhr

Georg Kuhr äußert sich dagegen bereits Ende 1987 selbstkritisch zu der von ihm früher geäußerten Behauptung: „Diese Familie [Rosenbauer] ist seit 1712 röm.-kathol. Bekenntnisses. Der im Kloster Marienstatt konvertierte Waldknecht Joh. Jakob Rosenbauer kann nicht wie früher vermutet mit dem gleichnamigen aus Ostheim bei Gunzenhausen stammenden Metzger identisch sein, der 1708 nach Neuffen am Neckar geheiratet hatte. Der Hinweis bei der Konversion „aus dem Herzogtum Württemberg“ kann nur [Verweis auf einen] Zwischenaufenthalt einer Generation der sonst in der Grafschaft Sayn beheimateten luther. Bauernfamilie Rosenbauer sein. Der Vater des Konvertiten, auch Hans Jakob, war gfl. Saynscher Bauernsohn und wie 1712 sein Sohn gräfl. Hatzfeldscher Waldknecht geworden und noch lutherisch. Die Wurzeln im Westerwald reichen um 1580 in das Kirchspiel Hamm an der Sieg [...]5


Johann Jakob Rosenbauer, der Franke


Was ist aber über den von A. Schwartz und G. Kuhr genannten Johann Jakob Rosenbauer nachweislich bekannt?

Er wird am 02.01.1687 in Ostheim geboren und am selben Tag noch evangelisch getauft. Seine Eltern sind Georg Friedrich Rosenbauer und Anna Maria Hausleitner. Der Taufeintrag im Taufregister Ostheim lautet:

Johann Jacob, Georg Friedrich Rosenbauers und seines Weibes Söhnlein wird gebohren den 2. Jan. morgens zwischen 5 u. 6 Uhr und die eodem von mir getauft. Gevatter: Wolff Poll, des Gerichts alhier und M. Hannß Georg Megersheimer, beide von Ostheim. “6


Die Vorfahren der Anna Maria Hausleitner lassen sich teilweise bis ins österreichische Ländle ob der Enns, teils auch auf eine ursprünglich jüdische Familie Brenz/Prinz zurückführen.7

Die nächste Nachricht über Johann Jakob Rosenbauer stammt vom 29.04.1708 {Jubilate} Ostheim8:

Johann Jacob, weyl. Georg Friedrich Rosenbauers, gewesenen Dorfmeiers und Gerichtsverwandten allhier hinterlaßener Sohn, angehender Bürger und Metzger in dem Herzogthum Würtenberg zu Neuffen ist mit Anna Catharina, Hr. Petri Klingens, Rathsverwandten daselbst hinterbliebenen ehel. Tochter hier zu Ostheim trina vice als an Quasimodog. Miseri et Jubilate öffentlich proclamiert und zu gedachten Neuffen copuliert worden.“9

Die Eheschließung erfolgt am 08.05.1708 in Neuffen mit Anna Katharina Kling, (*07.10.1684 Neuffen, V: Peter Kling10, M: Anna Bertsch, Neuffen; +04.12.1750 Neuffen11): „Anno 1708 d. 8.Maji / haben Hochzeit gehalten Johann Jacob Rosenbaur, / Metzger, Georg Friedrich Rosenbaurs, fürstl. Bran= / {d}enburg.= Onolzbachisch. Dorfsmajers und Gerichts-Ver- / wandters zu Ostheim {ein Wort gestrichen} p. m. ehl. Sohn, und Anna / Catharina, Petri Kling, Metzgers und Raths Verwandt/ers ehl. Tochter. [auf dem rechten Seitenrand:] Johann Jacob Rosenbaur und Anna Catharina“12

Dieser Heiratseintrag bestätigt zweifellos die Identität des in Ostheim geborenen und des sich in Neuffen niedergelassenen Johann Jakob Rosenbauer.

Mir sind zwei Kinder von Johann Jakob und Anna Katharina Kling aus dem Taufbuch Neuffen bekannt geworden, nämlich: Anna Maria (*26.01.1710 Neuffen) und Maria Magdalena (*~ev 09.02.1711 Neuffen)13.

Ein Sohn, und zudem noch Johann Jakob mit Namen, der spätestens im ersten Quartal 1709 geboren worden wäre, ist nicht bekannt.

Und die letzte Information über Johann Jakob Rosenbauer, die ich selbst im Archiv der Evangelischen Landeskirche in Möhringen auf einen Hinweis von G. Kuhr hin ermittelt habe, ist die von seinem Tod in Neuffen:

1766 - d. 6.Nov. vormittags um 11. starb Johann Jacob Rosenbauer b. [Bürger] und / Metzger allh. an Nachlassung der Natur. at. 79 ¾ jahr und/ wurde d. 7. ej. vor gehaltener Leichpredig begraben. [am rechten Seitenrand: Joh. Jacob Rosenbauer / Metzger at. 79 ¾ jahr.“14

Neben der Berufsbezeichnung erlaubt auch die Altersangabe die Daten über die Geburt, Proklamation, Eheschließung und Tod ein und derselben Person zuzuschreiben.

Also: Die Behauptung von der Identität des Konvertiten von 1712 und des 1687 in Ostheim Geborenen ist nicht haltbar; ganz abgesehen davon, dass Ostheim nicht zum Herzogtum Württemberg gehörte, ist der Lebensweg des Franken nach Neuffen allzu geschlossen.

Man müsste denn abenteuerliche Zusatzannahmen machen:


1. Johann Jakob, der fränkische und nach Neuffen übergesiedelte, müsste alsbald nach der Zeugung seiner zweiten Tochter, frühestens Mitte 1710 an die Sieg emigriert sein, d.h. eine schwangere Frau und ein ganz junges erstes Kind verlassen haben, um vor diesem Hintergrund Mitte 1712 das katholische Glaubensbekenntnis abzulegen.


2. Darüber hinaus müsste er bereits nach kurzem, längstens dreijährigem (frühestens 1710 bis spätestens 1714) Aufenthalt im Ksp. Wissen erneut eine Ehe eingegangen sein. Zwar findet sich für diese (angeblich zweite) Heirat mit Christina Katharina Bläser kein Nachweis in den KB von Wissen/Sieg – sie müsste bereits vor 1714 erfolgt sein - , aber nachweislich haben der Westerwälder Johann Jakob Rosenbauer und Christina Katharina Bläser mindestens fünf gemeinsame Kinder in der Zeit bis 1725.


3. Da seine legitime Ehefrau Anna Katharina Kling erst 1750 in Neuffen stirbt, müsste man ihm Heiratsschwindelei unterstellen, und nicht allein böswilliges Verlassen von Frau und Kindern. Freilich sagt diese moralische und rechtliche Bewertung noch nichts über die Unmöglichkeit dieses Verhaltens aus. Auch die Frage, ob man sich als Nachkomme gerne auf einen solchen Vorfahren bezieht, ist für die Sache selbst zweitrangig.


4. Bereits zwei Jahre nach seiner Konversion 1712, nämlich im Jahre 1714, findet man ihn als „Corporal“ bzw. „Unter=Officier“ der St. Sebastianus Schützenbruderschaft in Wissen15, in einer ausdrücklich katholisch geprägten Organisation; d.h. Johann Jakob ist schon bald in die Kleinstadtgemeinschaft nicht nur integriert, sondern hat vom „normalen Schützenbruder“ zum Korporal aufsteigen können. Das ist gewiss nicht unmöglich, aber doch außergewöhnlich.


5. Gefragt werden müsste auch, aus welchen Gründen der gelernte und wohl auch etablierte Metzger Neuffen verlässt, um an der Sieg Waldhüter zu werden. Auch zu diesem Aspekt wären Vermutungen erforderlich, die den Glauben an die Wahrscheinlichkeit arg strapazieren.


6. Außerdem müsste der ursprünglich fränkische bzw. Neuffener Johann Jakob vor seinem Tod nach einem Zwischenaufenthalt im Westerwald, wo er als Waldhüter angestellt und eine (zweite) Familie gegründet hat, wieder nach Neuffen, und damit auch in seine erste Familie zurückgekehrt und dort als Metzger verstorben und begraben worden sein. Neben dem neuerlichen Bigamie-Vorwurf erhebt sich die Frage, wie er sein jahrelanges Ausbleiben hat erklären können.


7. Georg Kuhr spricht von einem gleichnamigen Vater Johann Jakobs im Ksp. Wissen, und tatsächlich erscheint dieser einmal in einem Taufeintrag in den KB Wissen vom 01.04.1719 als Taufpate bzw. Vater des Taufpaten: „[] Hanß Jacob deß Hanßen Jacobß Rosenbaur zum Bodenseiffen, Waldknechtß von Schönstein, filius“16. Der Vater des aus Ostheim stammenden heißt jedoch unbezweifelbar Georg Friedrich. Um dem zu begegnen, müsste man auch dem Vater neben dem Vornamenwechsel eine Emigration in den Westerwald unterstellen; aber diese Ausflucht ist nicht nur höchst unwahrscheinlich, sondern auch sachlich unmöglich; denn Georg Friedrich stirbt bereits am 28.08.1706 in Ostheim bzw. bei einem tragischen Unfall in der Nähe von Ostheim17.


G. Kuhr muss man nach alledem, was seine Hauptthese betrifft, gegen A. Schwartz Recht geben.


Konversion vom 31.07.1712


Kuhr geht davon aus, dass es der Sohn ist, welcher 1712 konvertiert. Das erscheint insofern plausibel, als in zeitlicher Nähe dazu die röm.-kath. Heirat mit Anna Katharina Bläser erfolgt sein dürfte - für welche es, wie gesagt, keinen direkten Nachweis in den KB Wissen gibt; allein die Taufeinträge der Kinder stützen diese Behauptung.

Allerdings treten im KB Wissen Lutheraner (und Calvinisten) nicht nur als Paten in Erscheinung18, lassen ihre Kinder röm.-kath. taufen19 und werden bestattet20, sondern gehen auch eine Ehe mit katholischen Partnern ein21. Diese KB-Eintragungen sind erst ab Mitte des 18. Jhdts. zu verzeichnen; insofern ist eine sichere Aussage über die Praxis früherer Jahrzehnte nicht zu treffen. Aber die Sicherheit, mit der die Konversion von 1712 als Voraussetzung für die später geschlossene Ehe angesehen wird, erscheint mir nicht begründet.

Die Alternative, den Vater als Konvertiten von 1712 zu verstehen, führte auf weitere Fragen und Annahmen (v.a. was seine Motivation angeht; denn eine sozialer Druck auf Nicht-Katholiken scheint wohl nicht geherrscht zu haben, wenn man die späteren KB-Eintragungen unter diesem Aspekt beachtet), die im Kern nicht weiterführten.


"ducatus Wirttembergensis"


Es geht nämlich hauptsächlich um das Verständnis der Herkunftsangabe "ex ducatu Wirttembergensi" im Konversionseintrag. Dass der Verfasser des KB-Eintrags aus Marienstatt nur ungenaue geographische Kenntnisse besessen hätte und diese Angabe nicht als korrekt aufzufassen wäre, ist eine fragwürdige Zusatzannahme und unterstellt unhistorisch ein heutiges Verständnis von "Württemberg".

Georg Kuhr meint das Problem mit der Behauptung lösen zu können, die Herkunft des konvertierten Sohns „aus dem Herzogtum Württemberg" sei bloß als „Zwischenaufenthalt einer Generation“ aufzufassen, während dessen Vorfahren aus dem saynischen Herrschaftsgebiet (vermutlich von Sayn-Altenkirchen) stammten.

Was die „ sonst in der Grafschaft Sayn beheimatete [...] luther. Bauernfamilie Rosenbauer“ angeht, zeichnet G. Kuhr zwei wesentliche Linien nach, die beide zurückgehen auf einen Hauprich Rosenbauer, der Mitte des 16. Jhdts. im Ksp. Hamm gelebt haben soll22: einmal eine Marzhausen-Linie, die (wie seine anderen Informationen über Personen aus dem Westerwald) gute Kenntnisse von den Kirchenbüchern der Region verrät, aber in einem wesentlichen Punkt verzeichnet ist: der Familienname der aufgeführten Personen lautet nämlich nicht „Rosenbauer“, sondern „Rosenbaum“. Die Angehörigen beider Familiennamen lassen sich gut voneinander unterscheiden; selbst Verwechslungen des Kirchenbuchverfassers in Wissen sind zweifelsfrei zu erkennen. Ähnliches gilt von der zweiten Linie, die unmittelbar ins Ksp. Hamm führt: dort findet sich der Familienname oder ähnlich lautende gar nicht.

Es wäre weiter in anderen Kirchspielen des ursprünglich saynischen Herrschaftsgebiets nach Familien Rosenbauer zu forschen; allerdings lassen die mir bislang bekannten diesbezüglichen Auskünfte keine positiven Ergebnisse erwarten.

Es bleibt damit entgegen Kuhrs These über den Westerwälder Ursprung dieser Familie die Frage, wo im sog. Alt-Württemberg sich die Rosenbauer aufgehalten haben. Dass es sich bloß um einen Zwischenaufenthalt gehandelt haben sollte, wie Kuhr unterstellt, erscheint angesichts der Angabe "oriundus" recht zweifelhaft. Für einen bloß zeitweiligen Aufenthalt, und erstrecke er sich auch über mehrere Jahre, wird man nicht behaupten, jemand stamme bzw. habe seine Herkunft in der bezeichneten politisch-geographischen Region. Das schließt auch die Annahme ein, dass beide, Vater und Sohn Hans Jakob Rosenbauer, aus dem Herzogtum Württemberg stammen.

Wenn man außerdem ausschließen kann, dass es schon vor 1712 Rosenbauer an der Sieg gegeben hat, dann bleibt nur die Suche nach Rosenbauer in Alt-Württemberg. Kuhr selbst allerdings weist in seinem bereits erwähnten Aufsatz an keiner Stelle auf Rosenbauer hin, die sich in der zweiten Hälfte des 17. Jhdts. im Herzogtum Württemberg niedergelassen oder bereits gelebt hätten.

Welche Anknüpfungspunkte für diese Beziehung sind überhaupt denkbar? In erster Linie werden das familiäre sein; das bedeutet, nach entsprechendem Familiennamen im Herzogtum Württemberg zu suchen.


Neuffen


Eine solche Möglichkeit schließt an die Frage an, was den Ostheimer Johann Jakob nach Neuffen verschlagen hat. Gab es dort schon Rosenbauer-Verwandte, die ihm die Eingliederung ermöglichten oder doch erleichterten? Meines Wissens gibt es jedoch dafür keinen Nachweis in den Quellen von Neuffen. Damit ist aber auch die Möglichkeit ausgeschlossen, die Herkunft auch des Westerwälders in Neuffen zu suchen.

Eine weitere Frage, wo es in Alt-Württemberg Rosenbauer gegeben habe, scheint wie die Suche nach einer Nadel im Heuhaufen und, was das Kernland betrifft, negativ beantwortet werden zu müssen. Das gilt wohl auch für württembergischen Streubesitz in fränkischen Regionen, angefangen mit der Exklave Heidenheim a.d.B. Allerdings käme man auf diesem Wege den Rosenbauer-Familien im Ansbachischen zunächst einfach bloß geographisch und der Ausgangsthese von der fränkischen Herkunft wieder näher. Gleichwohl scheint auch dort bislang kein weiterer oder gar noch zwei Johann Jakob Rosenbauer gefunden worden zu sein.

Ein anderer Ansatz, neben familiären Beziehungen Verbindungswege nach Alt-Württemberg zu suchen, geht von der Frage aus, was jemanden bewegt haben könnte, seine Heimat zu verlassen, um sich im vorliegenden Falle an der mittleren Sieg niederzulassen. Das können zum einen wirtschaftliche Umstände, v.a. Not, sein. Diese jedoch erklären nicht hinreichend die Niederlassung gerade an der Sieg. Dazu müssten auch die Interessen der jeweiligen Landesherrschaft und rechtliche Bedingungen ins Auge gefasst werden.


von Hatzfeldt


Das Kirchspiel Wissen und ein Gebiet "rechts der Sieg" gehörte seinerzeit zum Herrschaftsgebiet der Familie von Hatzfeldt. Diese hatte zu Bau- und Renovierungsarbeiten am Schloss Crottorf im 17. Jhdt. bereits Südtiroler Baufachleute engagieren können (Familiennamen Stangier, Latsch; Herkunftsangabe "aus Mals" im Nachbarkirchspiel Kirchen u.a.). Für die Rosenbauer als Wald- und Forstspezialisten sehe ich diese Bedingung (noch) nicht gegeben; man müsste denn ermitteln, ob es seinerzeit an der Sieg bestimmte forstwirtschaftliche Aufgaben gegeben hat, für deren Bewältigung Kenntnisse und Fertigkeiten erforderlich waren, die insbesondere jemand aus dem "Herzogtum Württemberg" besessen haben könnte.

Allerdings waren Angehörige der genannten Adelsfamilie im Laufe des dreißigjährigen Krieges zu Besitz im Bistum Würzburg gelangt, v.a. in der Lehensnachfolge derer von Rosenberg im nördlich von Alt-Württemberg gelegenen, heute badischen Teil Baden-Württembergs: Lauda, Königshofen, Schüpf, Laudenbach, Niederstetten.

Den Ursprung der beiden Hans Jakob Rosenbauer dort anzunehmen, wäre zugleich aber verbunden mit der recht problematischen Voraussetzung, dass die Herkunftsangabe "ex ducatu Wirttembergensi" im Konversionseintrag nicht korrekt ist und nur die ungefähre geographische Richtung angibt; sie würde allerdings erlauben, die Motivation für die Migration der beiden zumindest im Groben und spekulativ zu bestimmen: einer der Herren von Hatzfeldt hat, was immer ihn dazu bewegt haben mag, Vater und Sohn Rosenbauer mit an die Sieg gebracht.


Schluss

Es gibt, wie schon Georg Kuhr behauptet, zwei und nicht bloß einen (lt. A. Schwartz) Johann oder Hans Jakob Rosenbauer. Der Beleg dafür findet sich in einer Taufeintragung vom 1.4.1719 in Wissen, in der beide, Vater und Sohn, genannt werden.

Der Vater hat neben dem Sohn nachweislich eine Tochter Anna Veronika, deren erstes Kind am 2.6.1715 getauft wird.

Höchstwahrscheinlich ist auch Liesa Catharina eine Tochter des Vaters Johann Jakob Rosenbauer; sie fungiert nämlich als Patin am 2.6.1715 und wird als "matris soror", also Schwester der vorgenannten Veronika genannt, allerdings mit einer gewissen Unsicherheit des Kirchenbuchverfassers: "ni fallor". Im Übrigen findet sich diese Unsicherheit, was die Einordnung Liesa Catharinas angeht, auch noch fünfzehn Jahre später bei der Geburt eines ihrer Kinder, wo die Bestimmung der verwandtschaftliche Beziehung zu einem Paten, einem Sohn ihres Bruders Johann Jakob, ausdrücklich offengelassen ist.

Vielleicht gehören in diese Familie auch noch weitere Töchter, die nur unter ihrem Sterbedatum (1750 u. 1766) oder als Patin (1748) auftreten; nicht ganz auszuschließen aber ist ihre Zugehörigkeit zur Familie des jüngeren Johann Jakob.

In diese gehören aber nachweisbar fünf Kinder, die zwischen 1713 und 1725 geboren werden; daneben vielleicht auch die zuvor erwähnten und eine Maria Elisabeth (+1781).

Dass es zwei Johann Jakob Rosenbauer gegeben hat, wirft auch die Frage auf, welcher von beiden am 31.7.1712 im Kloster Marienstatt konvertiert ist. Mir erscheint als stärkstes Argument, dass dieser Konfessionswechsel als Vorbedingung oder auch nur Erleichterung für eine Eheschließung noch im selben Jahr oder doch bald im nächsten erfolgt ist, in dem auch der erste Sohn Anton geboren sein dürfte. 1714 tritt Johann Jakob als "Corporal“ bzw. „Unter=Officier“ der Wissener "St. Sebastianus Schützenbruderschaft vom Heister zu Schönstein" in Erscheinung23. Von einer Konversion der Töchter ist nichts bekannt; vielleicht sind diese bereits in Wissen katholisch getauft worden.

Der Vater Hans Jakob Rosenbauer (*um 1660) dürfte im letzten Jahrzehnt des 17. Jhdts. zusammen mit seinem gleichnamigen Sohn, vielleicht auch mit Tochter Anna Veronika, vermutlich auch mit seiner Ehefrau und Mutter der Kinder, die nirgends namentlich erscheint, aus Alt-Württemberg (wenn man denn die Eintragung des Marienstätter Kirchenbuchverfassers ernst nimmt), und nicht aus Franken, an die Sieg gekommen sein. D.h. der Ursprung der Rosenbauer scheint vornehmlich im Herzogtum Württemberg gesucht werden zu müssen; die Behauptung, dass deren Vorfahren letztlich aus Franken stammen, kann damit durchaus verträglich sein. Ein Zuzug aus dem heutigen Main-Tauber-Kreis unter Beteiligung der Familie von Hatzfeldt ist eine nicht auszuschließende Möglichkeit, die aber weitere Erwägungen notwendig macht. Für Georg Kuhrs These vom Ursprung der Familie im Saynischen dagegen fehlen die Belege.


© Horst Frings Heckenhofstr. 22, 53819 Neunkirchen-Seelscheid

IMehl: horstfrings@web.de

1 veröffentlicht in: Digitale Bibliothek der WGfF; vorgesehene Veröffentlichung in Heimatjahrbuch 2022 des Kreises Altenkirchen

2 G. Leyendecker

3 KB Marienstatt Konversionen 1710 - 1714: 13 insgesamt, davon 5 Lutheraner und 8 Calvinisten

4 Die Rosenbauer im Raum Gunzenhausen stammen ursprünglich vom Rosenhof bei Dinkelsbühl (nur 10 km von der Grenze zum Herzogtum Württemberg entfernt) (H. Habermeyer). S.dag.: „Der Name Rosenbauer ist einheimisch. Namengebender Ort ist der Rosenhof bei Dürrwangen.“ (Gerhard Beck, Österreichische Exulanten in den evang.-luth. Dekanatsgebieten Oettingen und Heidenheim, S.420)

5 Rosenbauer. Von Georg Kuhr. aus: Blätter für fränkische Familienkunde, Band 12, Heft 8, Dez. 1987 – freundlicherweise von den Mitarbeitern und -innen des Archivs für fränkische Familienkunde zur Verfügung gestellt!

6 Taufregister Ostheim 1/1687 (< H. Habermeyer)

7 G. Beck, W. Heckel-Kennel, H. G. Prinz

8 Gerhard Beck; von ihm habe ich viele Daten über die Rosenbauer- und Hausleitner-Vorfahren erhalten.

9 Traueintrag Ostheim 4/1669 (< H. Habermeyer)

10 Der Vater von Peter, Jeremias Kling (+01.06.1679), ist Bürgermeister in Neuffen. Dessen Ehefrau Barbara stirbt am 22.03.1716 in Neuffen „an der Wassersucht“ [KB NeuffenSterberegister 1716, S.182]

11 Alle Daten zu Anna Katharina von Genealogie Dollinger

12 KB Neuffen Eheregister 1634 – 1785, S. 83; 4. Eintrag; Archiv ELK Württemberg, Film 642, Bd. 8

13 Genealogie Dollinger

14 KB Neuffen Totenregister 1738 - 1808, S. 145; Archiv ELK Württemberg Film 643, Bd. 13

15 Articul= Und Statutenbuch Der Schützenbruderschafft S. Sebastiani auffgerichtet im Jahr 1714, den 14ten Novembris; in: 600 Jahre St. Sebastianus Schützenbruderschaft 1402 vom Heister zu Schönstein e.V., in: schuetzenbruderschaft-schoenstein.de, S.46 [10.04.2020]

16 Originaleintrag: „1719 Aprilis 1. Imelgen Friderici Orth undt Veronica conjugum jetzt zum Thumb, vorhin aber zum rödg wohnhaften filia legitima. patr. Eva Maria Jois zum Thumb filia und Martin Beck vor der Brücke. assists. Hanß Jacob deß Hanßen Jacobß Rosenbaur zum Bodenseiffn Waldknechtß von schönstein filius.“ [KB Wissen 450, S.168] Diese wie alle Daten aus dem KB Wissen von Uwe Büch. S. a. die Bemerkung zu den Kenntnissen von G. Kuhr!

17 W. Heckel-Kennel

18 z.B. am 24.09.1719 mit der Bemerkung "wiewohl Lutherische Leuth"; am 02.12.1725; 07.08.1775 (Calvinist); 18.09.1776 (mit Vorbehalten); 16.04.1777; 25.09.1777; u.a.m.

19 z.B. am 17.12.1752, 30.04.1775; 07.08.1775; 14.03.1776 (Calvinisten); 18.09.1776; 28.10.1777 (calvinist. Vater, kath. und lutherische Paten)

20 z.B. am 05.04.1791; 18.05.1806; 26.01.1812; u.a.m.

21 z.B. am 03.02.1745; 26.03.1745; 19.07.1787; 26.06.1805; 22.11.1808; u.a.m.

22 Stammtafeln Rosenbauer aus dem Archiv für fränkische Familienkunde

23 Articul= Und Statutenbuch Der Schützenbruderschafft S. Sebastiani auffgerichtet im Jahr 1714, den 14ten Novembris; in: 600 Jahre St. Sebastianus Schützenbruderschaft 1402 vom Heister zu Schönstein e.V., in: schuetzenbruderschaft-schoenstein.de, S.46 [10.04.2020]