Horst Moog
Gesuch zur Errichtung einer Synagoge zu Weyerbusch
(veröffentlicht im Heimatbuch des Kreisheimatvereins Altenkirchen 1991- hier veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung des Heimatvereins)
Kleinstaatliche Gesetze und Judenordnungen bestimmten das Leben der jüdischen Bürger. Mühsam war das Bestreben, die Gleichberechtigung und die bürgerlichen Gleichstellung zu erreichen. Mit Einführung der Kommunalordnung vom 23.Juli 1845 durften die Juden erstmals an Wahlen der Gemeindevertreter teilnehmen.
Nach langen Verhandlungen und Debatten trat endlich im Jahre 1847 das "Gesetz über die Verhältnisse der Juden" in Kraft. Dieses Gesetz regelte auch grundlegend das religiöse Kultus- und Schulwesen der jüdischen Gemeinden. Schon im Vorfeld der vorgenannten Gesetzgebung fühlten sich die Juden als gleichgestellte Bürger. Die beginnende religiöse Freiheit fand ihren Ausdruck darin, daß immer mehr Judenschaften den Bau eigener Bethäuser oder Synagogen anstrebten.
In einem Teil der heutigen Grenzen des Kreises Altenkirchen lebten Judenschaften aus Altenkirchen, Hamm, Flammersfeld, Weyerbusch, Mehren, Schöneberg, Hasselbach, Bimbach, Neitersen, Helmenzen, Fluterschen, Oberwambach und Hilgenroth, die zur Synagogengemeinde Altenkirchen gehörten. Nach einem Bericht des Königlichen Landrats waren sie "sämmtlich arme Leute und besitzen kein Vermögen. In Mehren, wohin die jüdischen Einwoh-ner aus Flammersfeld, Mehren und Weyerbusch gehen, befindet sich nur eine Betstube in einem Privathaus". Im Jahre 1825 gab es auch eine israelitische Betstube in Weyerbusch. Durch den Tod mehrerer Mitglieder war die Judenschaft so dezimiert, daß die Betstube aufgelöst wurde und nach Mehren kam.
1845 gab es im Kirchspiel Birnbach nur noch fünf Judenfamilien eine in Birnbach und vier in Weyerbusch; insgesamt 23 Seelen. Da sich darunter in Weyerbusch zehn männliche Personen über 13 Jahre befanden, nahm dies der jüdische Einwohner Marx aus Weyerbusch zum Anlaß, an den Bürgermeister Friedrich Wilhelm Raiffeisen im Jahre 1845 ein Gesuch wegen Einrichtung einer Synagoge in Weyerbusch zu richten.-
Raiffeisen legte das Gesuch mit einer Stellungnahme dem Königlichen Landrat Freiherr von Hilgers in Altenkirchen am 25. November 1845 zur Beurteilung vor. Hieraus ein Teil des Originaltextes:
"Die Vermögensverhältnisse dieser Juden sind folgende:
1. Benjamin Herz von Birnbach zahlt 1Rth. 28 Sgr. Grund-Gewerbesteuer in der 3then Klassen-steuer. Er ist Krämer, Wirt und Fleischer u. lebt in ziemlichen Vermögensverhältnissen.
2. Hermann Falks Wwe von hier, die Schwiegermutter des Bittstellers, wobei erwähnt, zahlt 3 Rth, 10 Sgr. Grund- u. Gewerbesteuer und Steuer in der letzten Klassensteuerstufe. Sie ist verschuldet, Bittsteller hat kein Vermögen.
3. Hermann Bär Wwe ebenso wie die folgenden von hier, ohne Vermögen, zahlt keine Steuern. 4. Moses Leser ist ganz arm und verschuldet, 3 erwachsene Kinder, Steuern in der letzten Klassenstufe.
5. Herz Jakob Wwe lebt mit ihrer Familie von Allmosen.
Diese Juden sind nicht einmal im Stande, die für eine Beststube nach dem Gottesdienst erforderlichen jährlichen Kosten zu bestreiten, geschweige denn eine Synagoge zu erbauen. Abgesehen aber hiervon, wünschen die übrigen Juden, welche ich vernommen habe, ebenso dringend, daß keine Betstube errichtet werde, als der Marx das Gegenteil beantragt hat. Sie würden nicht einmal an dem Unternehmen teilnehmen, selbst wenn die Commission erteilt würde. Die Schwiegermutter des Antragstellers hat ein geräumiges unbenutztes Local, welches sich allenfalls zur Betstube eignen könne. Der wahre Grund der Bittschrift ist nun wahrscheinlich, dieses Local anzubringen, denn ich bin überzeugt, daß er an die Erbauung einer Synagoge auch nicht im entferntesten denkt.
Diese Verhältnisse aber auch ganz außer Betracht, liegt kein Bedürfnis zur Errichtung einer Betstube hier in Weyerbusch vor, da sich in Altenkirchen, eine Meile von hier, und Mehren, eine Stunde von hier, Betstuben befinden.
Der Bürgermeister Raiffeisen"
Über eine weitere Entscheidung ist nichts bekannt, aber es muß davon ausgegangen werden, daß dem Gesuch nicht stattgegeben wurde. Jedenfalls wurde in Weyerbusch keine Synagoge errichtet.
Quellen:
Privatarchiv, LHA Koblenz Best. 441, Bl 79-82.