Die Gaugrafen und ihre Nachfolger

(Quelle: Hellmuth Gensicke: Landesgeschichte des Westerwaldes)

(Abschrift erstellt durch: Rolf Willmanns)


Die Grafen des Auelgaues


Im Auelgau begegnet im 9. und 10. Jahrhundert ein Graf Helmrich dessen Grafschaft noch zweimal ohne nähere Angaben in Resten des Traditionskodex von St.-Kassius und Florentius in Bonn erwähnt wird. In seiner Grafschaft lag ein Hof in der „Gurdesheim marca“ oder der „Rungafa marca“ über den Bach „Dreisafa“ (Dreisbach), den Folcmar von Witheveld (Weitefeld) jenem Stift schenkte.


Im Jahre 948 lag Oberpleis in der Grafschaft des Grafen Hermann im Auelgau und am 17.1.966 werden Limperich, Ramersdorf, Dollendorf, Rheinbreitbach und Zissendorf in der Grafschaft Eberhards im Auelgau genannt, in dem wir wohl den Grafen Eberhard des Niederlahngaues vor uns haben, mit dem am 10.5.966 sein Zweig des konradinischen Geschlechtes ausstarb. Für diese Annahme spricht, dass im Auelgau 970 ein Graf Godefried auftritt, also ohne Zweifel kurz nach 966 ein Grafenwechsel anzusetzen ist. Vor allem finden wir aber schon 913 im benachbarten Bonngau einen Grafen Eberhard, der neben dem Grafen Eberhard im Perfgau, dem Bruder König Konrads I. genannt wird und wohl auch zu dessen Geschlecht zu rechnen ist. Auf Eberhard von Franken ist sicher auch jene durch einen Lesefehler entstellte Nachricht zu beziehen, dass Graf Burchard, der Bruder König Konrads (911-918), dem Kassiusstift zu Bonn Güter geschenkt hat. Während die Bonner Grafschaft schon vor 945, wo Eremfried dort als Graf bezeugt ist, verloren ging, haben die Konradiner anscheinend die Grafschaft im Auelgau behaupten können. Wenn man jenen Graf Hermann des Jahres 948 auch kaum mit dem Schwabenherzog Hermann (+10.12.949), der uns als Graf im südlich angrenzenden Engersgau begegnet ist, gleichsetzen muss, ist doch sein Namen dem konradinischen Hause keineswegs fremd.


Nach jenem Grafen Godefried von 970 finden wir 996 den Pfalzgrafen Hermann im Besitz der Grafschaft des Auelgaues. Schon 970 war dieser als Graf seinem Vater Erenfried im Bonngau gefolgt. Erenfried, der 942 als Graf im Zülpichgau, 945 im Bonngau, 948 im Tubalgau, 956 im südlichen Ruhr- oder Keldachgau, sowie 966 im Mühlgau bezeugt ist, hat durch diese Häufung von Grafenrechten den Grund zur Stellung seines Sohnes Hermann gelegt, der 989 zuerst Pfalzgraf genannt wird. Da uns auch im Keldachgau 904 der Konradiner Eberhard und 910 der spätere König Konrad I. als Grafen begegnen und wir den Vorgänger Pfalzgraf Hermann, jenen Pfalzgraf Hernbertus, der 959 zu Humbach (Montabaur) als Zeuge auftritt, wohl mit dem Konradiner Graf Heribert vom Kinziggau gleichsetzen dürfen, müssen wir mit der Möglichkeit rechnen, dass Eremfried seinen bedeutenden Besitz einer Heirat mit einer Konradinerin verdankt. Für diese Annahme spricht vielleicht auch der Vorname seines Sohnes, des Pfalzgrafen Hermann.


Der Besitz des Auelgaues mit der wohl merowingischen Landesfeste Siegburg, die die alte Ostweststrasse vor dem Eintritt in die Kölner Bucht und dem Rheinübergang beherrschte, war ein wertvoller Zuwuchs der pfalzgräflichen Machtstellung am Niederrhein. Nach Pfalzgraf Hermanns Tod 996 finden wir 1015 einen Grafen Ezzo im Auelgau, ohne Zweifel Pfalzgraf Erenfried oder Ezzo, Hermanns Sohn, der 1034 starb. Ezzos Sohn Otto, der seit 1035 Pfalzgraf war und 1045 Herzog von Schwaben wurde, ist zwar nicht als Graf des Auelgaues bezeugt, doch hat sich mit der Pfalzgrafschaft sicher auch die Grafschaft im Auelgau vererbt, da dessen Neffe, Pfalzgraf Heinrich (1045-1060) Siegburg besaß und wohl auch Graf des Auelgaues war. Pfalzgraf Heinrich I. wurde von dem Kölner Erzbischof Anno, als seine Mannen von der Siegburg aus geplündert und Räuberei und Brandschatzung unternommen hatten, 1059 gefangen und nach Köln geführt, wo er die Siegburg und mehrere Orte in deren Umkreis dem Erzbischof abtreten musste, der mit diesen Gütern zu Sieglar, Sulsa, Menden, Eschmar und Antreffa die Abtei Siegburg gründete. Als Siegburg verloren ging, war der Kampf um die Macht im niederrheinischen Raum bereits entschieden. Der Kölner Erzbischof hatte sich durchgesetzt.


Schon unter Pfalzgraf Heinrich hat sich der Schwerpunkt der Pfalzgrafschaft an die Mosel verlagert. Die niederrheinischen Grafschaften überließ er an Untergrafen. Ein solcher war der Graf Hermann, der im Auelgau 1068 begegnet, bei dem es sich wohl um jenen Grafen Hermann handelt, der 1064 als Vogt von Kornelimünster neben dem Pfalzgrafen Hermann genannt wird und wohl der Vater des Pfalzgrafen Heinrich von Laach war. Wenn auch die Grafen von Sayn erst 1182 als Grafen im Bereich des alten Auelgaues bezeugt sind, so beruht doch der Grafentitel, den sie schon 1139 bei ihrem ersten Auftreten führten, ohne Zweifel auf ihren Grafenrechten im Auelgau, die sie ebenso, wie ihr Vorgänger oder Vorfahre Hermann 1068, als Untergrafen der Pfalzgrafen besaßen.


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