Gerichts- und Grundherrschaften des Mittelalters

(Quelle: Hellmuth Gensicke: Landesgeschichte des Westerwaldes)

(Abschrift erstellt durch: Rolf Willmanns)


A. Das Königstum

Das Reichsgau


Im Auelgau


Weit dürftiger sind die Nachrichten über das Reichsgut im Auelgau. Wahrscheinlich dürfen wir die Güter zu Breidenbach, die Otto I. der Marienkapelle in Aachen mit anderen Gütern am Siebengebirge schenkte, in Rheinbreitbach suchen. Außer der wohl merowingischen Landesfeste Siegburg drunten am Rande der Kölner Bucht sind vielleicht in Altenkirchen, wo das 1547 bezeugte Martinspatrozinium einen Hinweis auf eine frühe fränkische Gründung liefert und in Hachenburg-Altstadt karolingische Straßenfestungen zu vermuten. Eine karolingische „Curtis“ ostwärts Morsbach und die karolingische Schanze oberhalb der Wildenburg haben in der urkundlichen Überlieferung keine Spuren hinterlassen, so dass wir nur mittelbar hier Reichsgut erschließen können, auf das auch die Adlerflügel in den Wappen der von Etzbach, Au, Pracht, Geilhausen und von der Huben genannt Pampus, von Hof bei Rosbach, hindeuten. Wenn auch mit der Möglichkeit zu rechnen ist, dass diese Familien eines Stammes sind und keineswegs an allen Orten Reichsgut anzunehmen ist, lässt doch die Lage der Namen gebenden Orte rings um den wichtigen alten Siegübergang von Fürthen bei Hamm die Vermutung zu, dass jene Furt einst durch Reichsgut gesichert war. Diese Annahme wird auch durch den Ortsnamen Forst im Norden dieses Bereichs gestützt. Doch haben vielleicht schon die Pfalzgrafen, die lange Zeit den Auelgau als Grafen innehatten, auf Grund ihrer verfassungsrechtlichen Stellung jenes Reichsgut entfremdet, da uns nur noch ein einziges Mal weit im Norden des Auelgaues 1167 Reichsgut bezeugt ist, als Friedrich Barbarossa den Reichshof Eckenhagen dem Erzbischof Reinald und dessen Kölner Erzstift zuwandte.



B. Die Kirchen

Das Erzstift Köln


Die äußeren Vorposten des Mainzer Erzstiftes griffen von Süden her nur in Oberlahnstein und Limburg in den Rau der Trierer Diözese. An der Lahnlinie erstarrte die Ausdehnungspolitik der Mainzer Kirche. Der Westerwald blieb ihr verschlossen. Weit über seinen Sprengel hinaus, der im Dekanat Siegburg den gesamten Nordwestteil des Westerwaldes einbegriff, hat das Kölner Erzstift vor allem am Rhein entlang grundherrliche Stützpunkte gewonnen. Mehr als weiträumige Machtpolitik mag der Weinbedarf die Haupttriebfeder zu diesen Erwerbungen gewesen sein, deren Anfänge schon in die Merowingerzeit hinaufreichen. Der ottonische Kirchenpolitik mag die Kölner Kirche vor allem in jener Zeit, als Erzbischof Bruno (953-965) Herzog von Lothringen war, hier große Teile ihres Besitzes zu verdanken haben. Kirche und Zehnten, die Köln als Grundherr zu Heddesdorf besaß, schenkte Erzbischof Bruno 962 der Kirche St.-Caecilien zu Köln. Ebenso alt sind wohl auch die Rechte des Erzstiftes zu Erpel, die wir in zwei Schenkungen Erzbischof Annos II. 1064 an Siegburg und 1072 ans Kloster Grafschaft zuerst fassen können. Die Verhältnisse von 1394, die eine früher gemeinsame Mark und einen Hochgerichtsbezirk für Erpel und Unkel vermuten lassen, da noch damals der gegenseitige Gebrauch der Gerichte möglich war und Märker zu Erpel gleichzeitig Märker zu Unkel waren, lassen darüber hinaus eine größere kölnische Grundherrschaft, die Erpel und Unkel umfasste, vermuten. Die Weinberge „Camirvorst“ des Kölner Domstifts zu Erpel 1244 weisen vielleicht auf das Reich als Vorbesitzer hin. Für frühen Ansatz des Übergangs an Köln spricht das Pantaleons- Patrozinium der Kirche zu Unkel. Erzbischof Anno II. gab 1059 der Königin Richeza von Polen, die aus dem pfalzgräflichen Hause stammte, Unkel in Prekarie und dotierte nach Richezas Tod das von ihm gestiftete Stift St.-Maria ad gradus unter anderem auch mit dem Unkeler Besitz.


Vögte des Erzstiftes waren zu Unkel 1246 und sicher schon lange vorher die Grafen von Sayn, die zeitweise völlig diesen Besitz zu entfremden drohten. Eine ähnliche Entwicklung finden wir in Heddesdorf. Den dortigen Zehnten trugen die Herren von Isenburg-Braunsberg 1326 noch von Köln zu Lehen, die Hube zu Heddesdorf und Bassenheim, das sie 1265 von Köln zu Lehen getragen, sprachen sie 1326 und 1333 auch den Patronat der Kirche zu Heddesdorf als freies Eigen an. Schon 1198 und 1210 war Bruno von Braunsberg zu Langendorf in der Pfarrei Heddesdorf begütert. Da Salentin von Isenburg 1278 auf alle Vogtei und andere Rechte an einem Hof zu Langendorf und Heinrich Herr von Isenburg 1278 ebenfalls auf alle Rechte an diesem Hof verzichten, dürfen wir die Isenburger Vogtrechte sicher bereits für die Zeit vor der Trennung der gerlachschen und rembolschen Linie Mitte des 12. Jahrhunderts ansetzen. Vielleicht haben die Isenburger schon 1109 und 1110, als sie zuerst als Zeugen in kölnischen Urkunden begegnen, diese Vogtei besessen, da schon unter den Stiftungsgütern der um 1117 von den Isenburgern gestifteten Abtei Rommersdorf ein Hof zu Langendorf genannt wird.


Da zu diesen Stiftungsgütern um 1117 auch die Höfe Niederhofen und Steinebach im Kirchspiel Urbach gehörten, in dem Salentin von Isenburg außer Zehnten und Patronat auch den Hof zu Urbach 1354 von Köln zu Lehen trug, haben wir dort wohl auch eine kölnische Grundherrschaft vor uns. Im Kirchspiel Urbach besaß Salentin von Isenburg schon 1344 Zehnten und Futterhafer zu Urbach und Niederhofen. Schon sein Ahn Theodorich der Jüngere von Isenburg hatte 1266 zugunsten der Abtei Laach auf den zehnten vom Salland zu Urbach verzichtet. Zu Salentins Lehen gehörten 1354 neben Gefällen vom Zoll Andernach und Gütern zu Heimbach, die er neu aufgetragen, auch drei Höfe zu Steinebach. „Beheltnis und Gericht“ über das Gut zu Steinebach hatte sich Salentins Vater Salentin von Isenburg 1325 vorbehalten, als er die von Köln lehnrührige Herrschaft Lahr mit Burglahr und Oberlahr dem Erzstift verpfändete. Urbach, Steinebach und Lahr lassen so einen beträchtlichen alten Kölner Besitz im vorderen Westerwald erkennen.


Bei den Gütern, die Erzbischof Anno von Köln der Abtei Siegburg bei ihrer Stiftung zu Bendorf, Beringerhausen, Imeroth, Kasbach und Nister zuwandte, lässt er sich nicht mit völliger Sicherheit entscheiden, ob es sich dabei um alten Besitz des Erzstifts handelte oder diese Güter aus pfalzgräflicher Hand stammen. Frühen kölnischen Besitz finden wir darüber hinaus noch in Hammerstein, wo Erzbischof Friedrich (1101-1131) der Abtei Laach Weinberge schenkte.


Mit dem Dorf Erpel war Graf Adolf, der Oheim des Grafen Adolf von Saffenberg, vom Kölner Erzstift belehnt. Nach seinem kinderlosen Tod zog Erzbischof Friedrich (1110-1131) es ein und schenkte es mit allem Zubehör und dem Rechte der Vogtbestellung seinem Domkapitel. Das Domkapitel besaß Erpel längere Zeit, gewann dann für eine Jahrrente Graf Theodorich von Ahr als Beschützer dieses Besitzes, der Schutz und Jahrrente einem Edlen Engelbert überließ, der bei Erpel begütert war. Nach dessen Tod hatte dessen Sohn Reinard es inne, bis dieser seinen Besitz bei Erpel aufgab. Daraufhin fand der Dompropst Arnold zu Wied 1127/1155 Reinard ab und übertrug den Schutz seinem Bruder Ludwig, später seinem Bruder Burchard von Wied, nach dessen Tod es Erzbischof Reinald von Köln wieder einzog, der 1166 seinem Domkapitel das Dorf und das Recht der freien Vogtwahl zu Erpel bestätigte. Die Erzbischöfe blieben jedoch auch in der Folge hier Oberherren des Domstifts.


Wenn so auch große Teile des erzstiftischen Besitzes durch Vögte gefährdet, als Lehen vergeben und Kölner Kirchen überlassen, von Entfremdung bedroht war, lieferte er doch einer späteren aktiven Ausdehnungspolitik wertvolle Stützpunkte.


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