A n h a n g
Zirkularerlass: Berlin, 9. August 1867.
Die
steigende Zahl der Gesuche, in denen um die Genehmigung zu Namensänderungen
gebeten wird, hat Veranlassung gegeben, die auf diesen Gegenstand bezügliche Gesetzgebung,
namentlich auch in Rücksicht auf die neuen Landesteile, einer näheren
Erörterung zu unterwerfen. Es hat sich dabei herausgestellt, dass dieselbe in
den verschiedenen Landesteilen sehr verschiedenartig gestattet ist. Soweit die
Verschiedenheiten materieller Natur sind, werden sie dadurch ihre Ausgleichung
finden, dass nach der bereits erfolgten Einführung des Preußischen Strafgesetzbuchs in den neuen
Landesteilen vom 1. September dieses Jahres ab der von der unbefugten Annahme
von Titeln, Würden, Adelsprädikaten und Namen handelnde § 105 desselben in der
gesamten Monarchie zur Anwendung kommen wird.
Eine
andere Verschiedenheit der betreffenden gesetzlichen Bestimmungen besteht
darin, dass die Erteilung der Genehmigung zu Namensänderungen in den alten
Landesteilen – soweit hier nicht eine Delegation der Befugnis an einzelne
Behörden stattgefunden hatte – und in einigen der neuen Landesteile dem Landesherrn zustand, während in den
übrigen neuen Landesteilen die Genehmigung von dieser oder jener Behörde erteilt werden dürfte.
Um in
Beziehung die erforderliche Gleichmäßigkeit herbeizuführen, haben des Königs
Majestät auch den Antrag des Staatsministeriums mittels des in beglaubigter
Abschrift beifolgenden und demnächst durch die Gesetzsammlung zur Publikation
gelangenden Allerhöchsten Erlass vom 12. vom Monat zu bestimmen geruht, dass
die nach den gesetzlichen Bestimmungen erforderliche Genehmigung zu
Namensänderungen, abgesehen von denjenigen Fällen, in denen es sich um die
Annahme eines adeligen Namens oder um die Annahme adeliger Prädikate (siehe
auch Erlass vom 18. November 1891 – I A 10 583 -) handelt – in welchen Fällen
die Allerhöchste Entscheidung auch fernerhin einzuholen ist -, fortan von den Bezirksregierungen erteilt werden soll.
Indem
ich die Königliche Regierung hiervon in Kenntnis setze, finde ich mich
veranlasst, in Bezug auf die Gesichtspunkte, welche bei der nunmehr der
Königlichen Regierung obliegenden Entscheidung über die eingehenden Anträge auf
Genehmigung von Namensänderungen zu beachten sind, folgendes zu bemerken:
1. Die
Genehmigung wird nicht zu erteilen sein, ohne dass hinreichende Gründe für den
betreffenden Antrag sprechen.
2. In
den alten Landesteilen galt bisher die Allerhöchste Order vom 15. April 1822
(G.S. S. 108), wonach es niemand gestattet sein soll, ohne unmittelbare
landesherrliche Erlaubnis seinen Familien-
oder Geschlechtsnamen zu ändern.
Konform der Fassung dieser Allerhöchsten Order, hat die gerichtliche Praxis
angenommen, dass auch der § 105 Str.G.B. nur den Gebrauch eines unrichtigen Familiennamens verpöne, dass dagegen
die – nicht in betrüglicher Absicht erfolgende – Änderung des Vornamens straflos sei. Mit Rücksicht
hierauf wird sich die Königliche Regierung lediglich mit der Änderung von Familiennamen zu befassen, dagegen
Anträge auf Genehmigung zur Änderung von Vornamen
einfach durch Hinweisung auf jene gerichtliche Praxis, solange sich diese nicht
ändert oder nicht durch gesetzliche Vorschriften aufgehoben wird, zu erledigen
haben (geändert durch Erlass vom 15. August 1898 – I A 7651 -).
3. Die
Kontrolle der Führung fester Familiennamen erfolgt wesentlich im polizeilichen
Interesse. Es ist daher bei Prüfung der betreffenden Anträge vorzugsweise
darauf das Augenmerk zu richten, ob denselben Bedenken polizeilicher Natur
entgegenstehen, namentlich ob die Gewähr zu Verdunkelungen von Familiennamen
führen könnte, ob mit Rücksicht auf die Führung des Betreffenden ein Missbrauch
der nachgesuchten Erlaubnis zu besorgen sein möchte und dgl.
Indes
ist daneben auch auf das Privatinteresse der beteiligten Familie insofern
Rücksicht zu nehmen, als da, wo ein solches ersichtlich ist, die nächsten
Angehörigen desjenigen, von dem oder für den die Genehmigung nachgesucht wird,
darüber zu hören sind, ob sie dem Antrage ihrerseits zustimmen.
4. In
denjenigen Fällen, wo es sich um die Änderung des Namens von Minorennen (und
zwar Bevormundeten; vgl. Erlass vom 24. Juli 1903 – Ib 4259 -) handelt, ist die
Erklärung der Vormundschaftsbehörde über den Antrag einzuholen.
5. Wird
die Annahme des Namens einer bestimmten Familie beabsichtigt, so ist dazu die
Genehmigung nur dann zu erteilen, wenn da, wo ein Privatinteresse der
beteiligten Familie ersichtlich ist, festgestellt wird, dass von dieser nicht
ein begründeter Widerspruch erhoben werden kann, und es sind deshalb die
nächsten männlichen Mitglieder dieser Familie über den Antrag zu hören.
6.
Durch die Allerhöchste Order vom 13. Mai 1822 ist der Minister des Innern
ermächtigt worden, die von den zum Christentum übertretenden Juden bei der
Taufe anzunehmenden Familiennamen ohne weiteres zu bestätigen. Diese
Ermächtigung geht nunmehr auf die Königliche Regierung über, so dass die
Genehmigung in solchen Fällen nur dann zu versagen sein wird, wenn sich etwa
aus der Wahl des Namens selbst besondere Bedenken ergeben.
7.
Dagegen können Fälle eintreten, welche geeignet erscheinen, der ministeriellen
Kognition unterworfen zu werden. Hierher gehören z.B. Anträge, welche darauf
gerichtet sind, einem im Ehebruche erzeugten Kinde den Familiennamen des
unehelichen Vaters beizulegen. In dergleichen Fällen ist dem Antrage nicht zu
willfahren, ohne vorher meine Ermächtigung einzuholen (geändert durch Erlass
vom 20. Januar 1910 – Ib 3060 -).
Der
Minister des Innern.
An
sämtliche Königliche Regierungen, ausschließlich derjenigen zu Kiel und
Schleswig.
___________________
Ministerial Erlass vom 15. April 1890,
betr. die Führung von
Familiennamen mit Rücksicht auf die
Erwerbung von Bauernhöfen.
Mitte dieses
Jahres. Auf den gefl. Bericht vom 22. Februar dieses Jahres – I 1139 -,
betr.
Beschwerde des Hofbesitzers W.M., genannt T. zu B., wegen versuchter Änderung
seines Familiennamens, erwidere ich Ew. Hochwohlgeboren im Einverständnisse mit
dem Herrn Justizminister ergebenst nachstehendes:
Die in
meinem Erlass vom 13. August 1888 getroffene Anordnung, dass die seitherige
Sitte, wonach Erwerber von Bauernhöfen ihre Familiennamen mit dem Stättenamen
vertauschen, nicht ferner geduldet sei, halte ich ungeachtet der
Schwierigkeiten, welche die Durchführung derselben in einzelnen Fällen bieten
kann, ihrem ganzen Umfange nach aufrecht. Um jedoch jene Schwierigkeiten nicht
unnötig zu erhöhen, will ich nach Ew. Hochwohlgeborenen Vorschlage hierdurch
gestatten.
dass alle diejenigen Personen, welche vor
dem 01. Januar 1889 selbst oder bei Eintragungen ihrer Brüder in den
Standesamtsregistern (bzw. bis 1874 in den Kirchenbüchern) mit dem Hofesnamen
aufgeführt sind, für sich und ihre Familien in dessen fernerer Führung
polizeilich nicht zu behindern seien. – (Aus „Der Standesbeamte“).
___________________
Urteil des Kammergerichts vom 31. März
1898, betr. Namensänderung durch Zurückgreifen
auf den früheren Namen; Adelsprädikat als
Teil des Namens; Zuständigkeitsverhältnisse in Preußen.
Die
Ausführung des Angeklagten, dass die ihm erteilte obrigkeitliche Genehmigung,
den Namen „Müller“ zu führen, nicht den angeborenen Namen (Graf F.) beseitige,
ist nicht zutreffend. Nach der Kabinetts-Order vom 15. April 1822 und 12. Juli
1867 ist es niemanden gestattet, ohne die erforderliche Erlaubnis seinen
Familien- oder Geschlechtsnamen zu ändern. Ist die Änderung ordnungsmäßig
erfolgt, dann hat der Betreffende nicht nur das Recht, sondern auch die
Pflicht, den neuen Namen zu führen; diese Pflicht folgt aus dem Begriffe der
„Namensänderung“. Hätte er auch das Recht, den alten Namen weiterzuführen, dann
wäre keine Namensänderung erfolgt, sondern es wäre das Recht verliehen, einen
zweiten Namen zu führen. Das Zurückgreifen auf den alten Namen nach erfolgter
Namensänderung ist vielmehr als eine neue Namensänderung anzusehen. Opet (Archiv für ziv. Praxis 1897 Seite
337) sagt daher mit Recht, dass dem staatlichen Akte der Namensbeilegung ein
konstitutiver Charakter innewohnt, mit dem die Freiheit der Namenswahl
unvereinbar ist. Dem Angeklagten steht demnach nicht das Recht zu, den früheren
Namen F. wieder anzunehmen; ebenso wenig ist er befugt, das Adelsprädikat eines
Grafen, das ihm früher zustand, fortan wieder zu führen.
Das
Adelprädikat, insbesondere auch das Prädikat „Freiherr“, „Graf“, „Fürst“ kann
nicht als etwas Selbständiges neben dem eigentlichen Familiennamen der Person
angesehen werden; es ist vielmehr, sobald es dem Träger des Namens verliehen
ist oder aus einem anderen Grunde zukommt, selbst ein Teil des betreffenden
Familiennamens, der bei einer Änderung des letzteren in einen bürgerlichen
Namen gleichfalls von der Änderung mit getroffen wird und nicht etwa neben dem
neu angenommenen Namen gebraucht werden kann. Mit der Änderung ist gleichzeitig
der mit dem früheren Namen verbundene Adel für den Angeklagten untergegangen.
Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob er durch das Immediatgesuch vom
........ auf seinen Adel rechtswirksam verzichtet hat.
Unzutreffend
ist auch der Einwand, dass zu einer Änderung des adeligen Namens in einen
anderen, wenngleich bürgerlichen Namen, eine ausdrückliche Erlaubnis des
Landesherrn hätte erfolgen müssen. Denn im Gegensatze zur Kabinetts-Order vom
15. April 1822, welche alle Namensänderungen der unmittelbaren landesherrlichen
Erlaubnis vorbehielt, ist durch den Erlass vom 12. Juli 1867 dies nur bezüglich
der Änderung eines adeligen Namens in einen anderen adeligen Namen und
bezüglich der Annahme adeliger Prädikate aufrecht erhalten. Die Worte „Änderung
adeliger Namen“ können unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts des Erlasses
nur dahin ausgelegt werden, dass der Landesherr sich lediglich die Entscheidung
über die Änderung adeliger Namen in andere adelige Namen vorbehalten hat. Denn
die Verleihung des Adels ist ein Vorrecht der Krone und die Annahme eines
anderen adeligen Namens der Annahme eines adeligen Namens überhaupt
gleichzuachten. Abgesehen von diesem Falle, ist das Recht, die erforderliche
Genehmigung zu Namensänderungen zu erteilen, den Bezirksregierungen übertragen
worden.
Die
Staatsanwaltschaft ficht das Vorurteil an, weil der Angeklagte nicht für
schuldig erachtet ist, dass es sich einem zuständigen Beamten gegenüber eines
ihm nicht zukommenden Namens bedient hat, und will auch diese Übertretung als
in realer Konkurrenz mit der anderen Übertretung festgestellt wissen. Allein in
der Unterzeichnung des polizeilichen Verwarnungsprotokolls, worin die
Staatsanwaltschaft die zweite Übertretung findet, hat der Vorderrichter auch die
unbefugte Annahme des Adelsprädikats geahndet; es handelt sich mithin um
denselben historischen Vorgang. Die Erwägungen des Vorderrichters, dass die
zweite Übertretung auch in idealer Konkurrenz nicht vorliegt, sind zutreffend.
Nur derjenige „bedient“ sich eines ihm nicht zukommenden Namens, der einen
solchen seiner Person beilegt, so dass er den Glauben erwecken will, er selbst
führe diesen Namen. Danach ist in subjektiver Hinsicht immer erforderlich, dass
der zuständige Beamte in den Irrtum versetzt werden soll, der angegebene Name
sei der Name des Erklärenden. Diesen Willen hat der Angeklagte
festgestelltermaßen aber nicht gehabt. – (Aus „Der Standesbeamte“.)
___________________
Ministerial-Erlass vom 15. August 1898,
betr. den
Gebrauch unrichtiger Familien- und
Vornamen.
Mitte
dieses Jahres. – Die Bestimmung im § 105 Preußisches Str.G.B. wurde von den
Gerichten dahin ausgelegt, dass nur der Gebrauch eines unrichtigen Familiennamens verboten, dagegen die
Änderung des Vornamens, sofern keine
betrügliche Absicht dabei vorliege, straflos sei.
Infolgedessen
ist den zuständigen Behörden in dem Zirkularerlasse vom 09. August 1867 (M.Bl.
1867 Seite 246) unter Nr. 2 die Anweisung erteilt, sich lediglich mit der
Änderung von Familiennamen zu befassen, Anträge auf Genehmigung zur Veränderung
von Vornamen aber durch Heinweisung auf jene gerichtliche Praxis, solange diese
sich nicht ändere oder nicht durch gesetzliche Vorschriften beseitigt werde, zu
erledigen. Hieran ist bisher festgehalten. Demnach ist die Änderung von
Vornamen mit der Wirkung, dass – wie bei Änderung von Familiennamen –
entsprechende Vermerke in das Standesregister eingetragen werden könnten
(Erlass vom 12. März 1887, M.Bl. 1887 Seite 91), zurzeit ausgeschlossen.
Inhalts
des Urteils vom 17. September 1897 hat das Reichsgericht in Übereinstimmung mit
dem Landgericht zu Berlin erkannt, dass der aus dem erwähnten § 105 entnommenen
Strafbestimmung im § 360 Nr. 8 R.Str.G.B. auch derjenige verfällt, welcher sich
einem zuständigen Beamten gegenüber eines ihm nicht zukommenden Vornamens bei richtiger Angabe des
Familiennamens bedient.
Mit dem
Herrn Justizminister nehme ich an, dass die gerichtliche Praxis sich der
Auffassung des Reichsgerichts anschließen wird, und trage daher kein Bedenken,
die zur Genehmigung der Änderung von Familiennamen zuständigen Behörden auch
für die Genehmigung der Änderung von Vornamen
für zuständig zu erklären. Die Bestimmungen unter Nr. 1, 3, 4, 6 des
Zirkularschreibens vom 09. August 1867 finden sinngemäß Anwendung.
Wird
eine Änderung genehmigt, so ist auf die Eintragung entsprechender Vermerke in
die Standesregister hinzuwirken. – M. 191. –
___________________
Ministerial-Erlass vom 14. Mai 1900, betr.
die Befugnis zur
Übertragung bzw. zur Führung adeliger
Prädikate.
Mitte
dieses Jahres. – Die Grundsätze und Vorschriften über den Erwerb und Verlust
des Adels sowie über die Befugnis zur Führung adeliger Prädikate gehören dem
vom B.G.B. unberührt gebliebenen Gebiete des öffentlichen Rechts an; diese
Auffassung ist bei der Ausarbeitung des B.G.B. wiederholt zum Ausdruck gelangt
und hat eine unzweifelhafte Anerkennung dadurch gefunden, dass das Preußische
Ausführungs- Gesetz vom 20. September 1899 zum B.G.B. in Artikel 89 die §§ 641,
684 des II. Titels sowie den IX. Titel von der Aufhebung des II. Teiles des
A.L.R. ausgenommen hat.
Nach
dem in Preußen geltenden Rechte kann der Adel und können die unterscheidenden
Momente des adeligen Namens, sofern sie nicht durch die Geburt erworben sind,
nur durch landesherrliche Begnadigung erlangt werden.
Wenn
demnach der adelige Ehemann der Mutter eines unehelichen Kindes diesem auf
Grund des § 1706 B.G.B. auch seinen Namen erteilen kann, so ist er doch nicht befugt,
den Adel bzw. das Adelsprädikat ohne landesherrliche Genehmigung auf jenes Kind
zu übertragen.
Selbst
wenn daher im vorliegenden Falle, den Anträgen der Beteiligten entsprechend, in
das Geburtsregister ein Vermerk eingetragen würde, wonach der Rentner von A.
der Anna B. seinen Namen erteilt hat, so würde hierdurch die letztere dennoch
nicht das Recht zur Führung des Adelsprädikates erlangen können.
Ew.
Hochwohlgeboren stelle ich hiernach die weitere Veranlassung anheim. Die von
Ihnen beantragte Ermächtigung , den dortigen Standesbeamten zur Ablehnung der
Eintragung anzuweisen, vermag ich nicht zu erteilen, da es nach § 11 R.G. über
die Beurkundung des Personenstandes vom 06. Februar 1875 Sache des Gerichts,
nicht der aufsichtsführenden Verwaltungsbehörde, ist, darüber zu befinden, ob
ein Standesbeamter für verpflichtet zu halten sei, eine von den Beteiligten
nachgesuchte Amtshandlung vorzunehmen. – M. 173. –
___________________
Ministerial-Erlass vom o6. Juni 1900, betr.
die Strafbarkeit
der willkürlichen Veränderung des
Familiennamens.
Mitte
dieses Jahres. – Das Königliche Kammergericht hatte in früheren Entscheidungen
die Rechtsauffassung vertreten, dass die Anwendung einer veränderten
Schreibweise des Familiennamens, wofern nur der gesprochene Name derselbe
bleibe, eine Änderung des Namens selbst nicht enthalte und demgemäß straflos
sei. Durch das in einem Abdruck beigefügte Erk. vom 12. April dieses Jahres hat
der Gerichtshof diese Auffassung nunmehr aufgegeben und grundsätzlich anerkannt,
dass jede schriftliche Abweichung von dem richtigen Namen als eine „Änderung“
im Sinne der Allerhöchsten Kabinetts- Order vom 15. April 1822 anzusehen sei.
___________________
Ministerial-Erlass vom 23. August 1900,
betr.
die Behandlung der Anträge auf
Namensänderung.
Mitte
dieses Jahres. – Die infolge meines Runderlasses vom 23. März dieses Jahres –
Ib 777 – erstatteten Berichte haben ergeben, dass bei Behandlung der Anträge
auf Namensänderung von Personen, welche lebende eheliche Nachkommen haben, in
den einzelnen Regierungsbezirken nach verschiedenen Grundsätzen verfahren wird.
Ew. Hochwohlgeboren ersuche ich ergebenst, künftig die folgenden Gesichtspunkte
und Bestimmungen in Anwendung zu bringen.
Zur
Wahrung der Einheitlichkeit des Familiennamens und zur Verhütung von
Verdunkelungen des Personenstandes ist es geboten, darauf Bedacht zu nehmen,
dass bei Genehmigung einer Namensänderung außer der Ehefrau auch alle
Deszendenten des Antragstellers und deren Familienangehörige, soweit sie den
bisherigen Namen geführt haben, gleichmäßig von der Umwandlung desselben
erfasst werden. Dies wird bei dem Mangel einschlägiger Gesetzes-Vorschriften
nur dadurch sicher erreicht werden können, dass Anträgen auf
Namensänderungen – auch wenn alle
übrigen Voraussetzungen erfüllt sind – regelmäßig nur dann Folge gegeben wird,
wenn der Antragsteller ausdrücklich seine Ehefrau und die minderjährigen, unter
elterlicher Gewalt stehenden Kinder in den Antrag einbezieht und Erklärungen
der volljährigen sowie der gesetzlichen Vertreter der nicht unter elterlicher
Gewalt stehenden minderjährigen Deszendenten und Familienangehörigen beibringt,
in welchen diese sich seinem Antrage anschließen.
Der
Antragsteller ist gegebenenfalls zur entsprechenden Ergänzung seines Antrags und
zur Vorlegung der Geburtsurkunden eventuell Taufscheine der sämtlichen
Beteiligten aufzufordern.
In der
Genehmigungsurkunde sind alle Personen, auf welche sich die Namensänderung
erstreckt, einzeln mit Namen und Geburtsdaten aufzuführen. Wenn einer der
Beteiligten in einem anderen Regierungsbezirke als der Antragsteller selbst
seinen Wohnsitz hat, so ist das Einverständnis des betreffenden
Regierungspräsidenten vor der Genehmigung festzustellen, und dass es erteilt
worden, in der Genehmigungsurkunde zum Ausdruck zu bringen. Das anliegende
Muster kann bei der Ausfertigung der Genehmigungsurkunden in Fällen der
gedachten Art als Anhalt dienen.
Im
Anschluss an das Genehmigungsverfahren ist den beteiligten Standesämtern (evtl.
Pfarrämtern) durch Vermittlung der Aufsichtsbehörden wegen Berichtigung der
Geburtsregister (bzw. Kirchenbücher) von der erfolgten Namensänderung Kenntnis
zu geben.
In
zweifelhaften Fällen bitte ich an mich zu berichten. – Gen.
___________________
Urteil des Oberverwaltungsgerichts vom 18.
Juni 1901,
betr. Unzulässigkeit der Änderung des
Familiennamens.
Unter
dem Begriff der Änderung eines Familiennamens fällt auch eine Änderung der
Schreibweise, beispielsweise die Ersetzung deutscher durch polnische
Schriftzeichen.
Die
Führung eines anderen als durch die Abstammung erworbenen Familiennamens stellt
eine der gesetzlich vorgeschriebenen Erlaubnis unterliegende Namensveränderung
selbst dann dar, wenn der schon durch den Vater unbefugt geänderte Name in das
Kirchenbuch oder das Geburtsregister eingetragen war und von der Geburt an
beibehalten worden ist.
Zwei
als eheliche Söhne des Kaufmanns Johann Schultz zu P. 1843 und 1849 geborene
Gewerbetreibende, schrieben ihren Familiennamen mit den polnischen
Schriftzeichen „sz“ am Anfang und „c“ am Ende, und zwar übereinstimmend mit der
Schreibweise, die bei der Eintragung der Geburt eines jeden in das Kirchenbuch
angewandt worden war. Daraus nahm auf Grund angestellter Ermittlungen die
Bezirksregierung Anlass, die Berichtigung der Eintragung im Kirchenbuche durch
Beischreibung eines Vermerks dahin anzuordnen, dass der Familienname richtig
„Schultz“ (mit den Schriftzeichen „sch“ und „tz“) laute. Nachdem der zuständige
Pfarrer die Ausführung der Anordnung angezeigt und berichtigte Auszüge aus dem
Kirchenbuche eingereicht hatte, gab der Polizeipräsident zu P., durch die
Regierung hiervon in Kenntnis gesetzt, unter Hinweis auf deren Mitteilung, den
Brüdern Schultz mittels Verfügungen vom 24. März 1899 auf, sich fortan, bei
Vermeidung der durch die Allerhöchste Kabinetts-Order vom 15. April 1822 (G.S.
Seite 108) angedrohten Strafe, des Namens „Schultz“ zu bedienen, sowie ferner
auf ihren Geschäftsschildern die polnische Schreibart „Szulc“ in die deutsche
„Schultz“ zu berichtigen, widrigenfalls – neben der erwirkten Bestrafung – die
zwangsweise Entfernung der Schilder auf ihre Kosten durch einen Dritten werde
bewirkt werden. Mit der hiergegen erhobenen Klage wurden die Brüder Schultz,
dem Antrage des beklagten Polizeipräsidenten entsprechend, von dem Bezirksausschuss
abgewiesen.
Auch
die Berufung der Kläger blieb ohne Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht erblickte
in der an die Kläger gerichteten Aufforderung, künftig ihren Namen mit den
Buchstaben „Sch“ und „tz“ zu schreiben (richtiger eine abweichende Schreibart
zu unterlassen) und in dem gleichzeitigen Hinweise darauf, dass sie sonst
Strafe wegen Übertretung der Kabinetts-Order vom 15. April 1822 zu gewärtigen
hätten, lediglich eine Warnung vor einer Handlung, deren aus dem Gesetze
folgende Strafbarkeit der Beklagte vorausgesetzt habe, aber nicht eine
polizeiliche Verfügung, welche er als eine in seiner Zuständigkeit als Inhaber
der Polizeigewalt begründete Maßnahme in Ausübung seiner eigenen Rechte habe
erlassen wollen und wirklich erlassen habe; insoweit fänden daher die im IV.
Titel des Landesverwaltungsgesetz vom 30. Juli 1883 geregelten Rechtsmittel
gegen polizeiliche Verfügungen keine Anwendung.
Die
Entscheidung hängt von der Beantwortung der Frage ab, ob in der Wahl der
Schreibweise „Szulc“ statt „Schultz“ eine Änderung des Familiennamens der
Kläger zu erblicken ist, und das musste bejaht werden. Wäre freilich von der
Auffassung auszugehen, die das Kammergericht in einem von den Klägern
angezogenen Strafurteile wider Gesetz vom 21. März 1899 zugrunde gelegt hatte,
so würde man zu dem entgegen gesetzten Ergebnisse gelangen.
Denn
der Klang der polnischen Schriftzeichen „sz“ und „c“ entspricht unstreitig den
deutschen „sch“ und „z“ oder „tz“; der gesprochene Name bleibt also derselbe,
wenn die gewählten Schriftzeichen nach den Lautgesetzen der polnischen Sprache
ausgesprochen werden, wie dies der Absicht der Kläger entspricht. Das
Kammergericht hat indes an der Ansicht, dass eine Änderung des Namens dann
nicht vorliege, wenn die Schriftzeichen des geschriebenen Wortes geändert
werden, das gesprochenen Wort aber dasselbe bleibt, in der Folge nicht
festgehalten, sondern in einem neueren Urteil vom 12. April 1900 (Min.Bl.d.i.V.
Seite 208) angenommen, dass jede Änderung der Schreibweise eines Familiennamens
auch als Änderung des Namens selbst anzusehen ist, und hat diesen Grundsatz
gerade auf eine Fall angewendet, in welchem der Name „Schultz“ in polnischer
Schreibart „Szulc“ geschrieben war. Seine Abweichung von der früheren
Rechtsprechung hat das Kammergericht dahin begründet: „Der Zweck der Bestimmung
der Kabinetts-Order vom 15. April 1822 ist, eine Verdunkelung der
Personenidentität zu verhindern; dieser Zweck kann nur erreicht werden, wenn
der Zwang besteht, den richtigen Namen auch richtig zu schreiben. Deshalb ist
jede schriftliche Abweichung von dem richtigen Namen als „Änderung“ des Namens
im Sinne der Allerhöchsten Kabinetts-Order anzusehen. Nur bei dieser Auslegung
der fraglichen Vorschrift ist ein fester Boden gewonnen.“
Dem war
beizutreten. Für die ältere Auffassung spricht zwar die Erwägung, dass
Buchstaben dazu dienen, den Klang gesprochener Laute wiederzugeben, aber ihr
steht entgegen, dass die Aussprache sich notwendig nach den Lautgesetzen einer
Sprache richten muss und dass deren Bestimmung nicht der Willkür des einzelnen
überlassen sein kann, da sie sich naturgemäß aus der sprachlichen Entstehung
und Ableitung des Familiennamens von selbst ergibt. In Betracht ist ferner zu
ziehen, dass das geschriebene Wortbild des Namens und seine Zusammensetzung
eine durchaus selbständige rechtliche Bedeutung hat. Gerade die Schreibweise
des Namens bildet in überaus zahlreichen Fällen das unterscheidende Merkmal
zwischen Familien mit Namen von gleichem Klange, die dennoch einander völlig
fremd sind. Ganz besondere Bedeutung aber gewinnt das geschriebene Wortbild und
seine Zusammensetzung dadurch, dass die Unterschrift des Namens bei Vollziehung
schriftlicher Willenerklärungen zur Beglaubigung und Feststellung des Willens
der beteiligten Personen dient. Stünde es in eines jeden Belieben, die
Schreibart seines Namens willkürlich zu verändern, so würde dies zur
Verdunkelung der Personenidentität führen, mithin den Nachweis des
Familienzusammenhanges, den die Unabänderlichkeit und Erblichkeit der
Familiennamen gewährleisten soll, und damit zugleich die Rechtssicherheit in
hohem Grade gefährden.
Unzutreffend
machen die Kläger endlich noch geltend, dass diejenige Schreibweise des
Familiennamens, deren sie sich noch jetzt bedienen, schon bei der Eintragung ihrer
Geburt in das Kirchenbuch angewendet worden sei. Zwar hat das Kammergericht in
einem Strafurteile wider J. vom 07. Dezember 1899 ausgesprochen, dass von einer
Änderung des Familiennamens nicht die Rede sein könne, wenn jemand stets
denselben Namen geführt habe; es wurde damals dem Nachweise, dass durch die
zuständige Amtsstelle dem Angeklagten eine Eröffnung über die Unrichtigkeit des
von ihm geführten Namens gemacht und auch die Berichtigung seiner
Geburtsurkunde veranlasst worden sei, kein Gewicht beigelegt. Indessen diesen
Standpunkt hat sich der Gerichtshof nicht durchweg anzueignen vermocht.
Zugegeben ist, dass Mitteilungen und Anordnungen der Behörden für sich allein
ungeeignet sind, einem Verhalten, das objektiv keine Änderung des Familiennamens
erkennen lässt, den Charakter einer solchen aufzuprägen. Andererseits ist unter
dem Familiennamen, dessen eigenmächtige Änderung durch Kabinetts-Order vom 15.
April 1822 verboten wird, nicht derjenige zu verstehen, den jeder einzelne
tatsächlich von Geburt an geführt hat. Das würde mit der Unveränderlichkeit und
Erblichkeit der Familiennamen, die das Gesetz voraussetzt, völlig unvereinbar
sein. Wenn das Gesetz bestimmt, dass niemandem bei Vermeidung der angedrohten
Strafe gestattet sein solle, ohne Erlaubnis seinen Familiennamen zu verändern,
so kann der Ausdruck „seinen Familiennamen“ nur auf denjenigen Namen bezogen
werden, den jeder zu führen berechtigt und darum zugleich verpflichtet ist.
Muss aber die Kabinetts-Order dahin verstanden werden, so stellt die dauernde
und beständige Führung eines anderen als durch die Abstammung erworbenen
„Namens“ auch dann eine Änderung des Familiennamens dar, wenn sie stets, also
von Geburt an, erfolgt ist. Daran ändert sich selbst in dem Falle nichts, wenn
schon der Vater seinen Namen unbefugterweise geändert hat; denn diese
Handlungsweise konnte, weil sie widerrechtlich war, weder auf sein eigenes
Namensrecht noch auf das seiner Kinder Einfluss haben; rechtlich blieb sein und
seiner Kinder Familienname derselbe wie vorher. Die Fortführung des geänderten
Namens durch die Kinder behält deshalb auch den Charakter einer Änderung ihres
Familiennamens, die objektiv den Tatbestand einer Übertretung der
Kabinetts-Order vom 15. April 1822 erfüllt, subjektiv aber solange straflos bleibt,
als die Kinder noch nicht strafmündig oder in dem tatsächlichen Irrtum befangen
sind, dass der geänderte Familienname der richtige sei. (Aus
„Standesamt“ 1902 Seite 219)
___________________
Beschluss des I. Zivilsenats des
Königlichen Kammergerichts
vom 08. Juli 1901
Im
November 1895 schloss der Kaufmann Heymann Rappaport in Gleiwitz mit dem
minderjährigen Gymnasiasten Walter Cohn aus Breslau, unter nachträglicher
Genehmigung von dessen Vater, einen als Adoptionsvertrag bezeichneten Vertrag,
inhaltlich dessen der Rappaport den Walter Cohn an Kindes Statt annahm. Cohn
verzichtete auf alle Rechte unter Lebenden und von Todes wegen am Vermögen des
Rappaport sowie auf alle Ansprüche auf Verpflegung, Ausstattung und Erbfolge.
Ebenso sollten dem p. Rappaport derartige Ansprüche an dem Vermögen des Cohn
nicht zustehen. Das Amtsgericht in Gleiwitz hat unter dem 09. Dezember 1896
„den Adoptionsvertrag“ bestätigt.
Im
Jahre 1900 hat die Mutter des Walter Cohn, Rosa Rappaport, geschiedene Cohn,
unter Vorlage des Vertrages bei dem Standesamt in Greifswald, bei dem der
Walter Cohn in das Geburtsregister eingetragen ist, beantragt, die Adoption im
Geburtsregister einzutragen. Nachdem der Antrag abgelehnt war, haben der
Kaufmann Heymann Rappaport, die Rosa Rappaport, geschiedene Cohn, und der
Walter Cohn, letzterer unter dem Namen Walter Rappaport, bei dem Amtsgericht in
Greifswald beantragt, das Standesamt zur Vornahme der Eintragung der Adoption
anzuweisen. Der Regierungspräsident in Stralsund beantragt die Ablehnung dieses
Antrages, und das Amtsgericht lehnte darauf den Antrag unter dem 11. Februar
1901 ab, weil nicht ersichtlich sei, dass das Vormundschaftsgericht nach § 705,
II, 2 A.L.R. geprüft habe, ob die Adoption dem Kinde zuträglich sei. Die von
Heymann Rappaport eingelegte Beschwerde ist durch Beschluss der 1. Zivilkammer
des Königlichen Landgerichts in Greifswald vom 24. April zurückgewiesen. Das
Landgericht führte aus, durch die Bestätigung des Adoptionsvertrages sei das
Gericht nicht gehindert gewesen, die Rechtswirksamkeit des Adoptionsvertrages
nachzuprüfen; denn die Bestätigung könne einen nichtigen Vertrag nicht zu einem
wirksamen machen. Der Vertrag könne aber nicht als Adoptionsvertrag gelten, da,
wie aus seinem Inhalt hervorgehe, ein Kindesverhältnis zwischen den
Vertragsschließenden nicht begründet werden sollte. Die wesentlichen Wirkungen
einer Adoption würden durch den Vertrag ausgeschlossen, so insbesondere die
väterliche Gewalt des Annehmenden und alle vermögensrechtlichen Wirkungen. Tatsächlich
habe sich der p. Rappaport auch um die Person und die Erziehung des Walter Cohn
nie gekümmert, ihm auch keinen Unterhalt gewährt. Endlich sei der Vertrag von
dem Vormundschaftsgericht auch nicht darauf geprüft, ob trotz der Ausschließung
aller vermögensrechtlichen Wirkungen die Annahme an Kindes Statt dem
Minderjährigen zuträglich sei. Das hätte aber nach § 705, II, 2 A.L.R.
geschehen müssen. Auf einen nichtigen Adoptionsvertrag hin könne die Eintragung
im Standesregister nicht erfolgen.
Hiergegen
ist weitere Beschwerde eingelegt und behauptet, es genüge für die Eintragung,
dass der Vertrag formell gültig sei. Die materielle Gültigkeit werde durch die
gerichtliche Bestätigung garantiert. Überdies seinen vertragsmäßige
Abweichungen von den regelmäßigen Wirkungen der Adoption nicht ausgeschlossen.
Die
weitere Beschwerde konnte keinen Erfolg haben.
Wenn
die Standesrechte einer Person z.B. durch Annahme an Kindes Statt eine
Veränderung erleide, so ist dieser Vorgang, sofern er durch öffentliche
Urkunden nachgewiesen wird (nach § 26 Personenstandsgesetzes), auf Antrag eines
Beteiligten am Rande der über den Geburtsfall vorgenommenen Eintragung zu
vermerken. Weigert der Standesbeamte die Vornahme dieser Amtshandlung zu
Unrecht, so kann er auf Antrag der Beteiligten durch das Gericht dazu
angewiesen werden (§ 11.3 Personenstandsgesetzes). Das Gericht hat dabei zu
prüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Vornahme der Eintragung
vorliegen. Diese Voraussetzungen haben die Vorinstanzen mit Recht verneint. Die
Frage, ob hier die Annahme an Kindes Statt wirksam erfolgt ist, muss nach dem
A.L.R. geprüft werden, unter dessen zeitlicher und räumlicher Herrschaft der
Vertag (im Jahre 1895) geschlossen und (im Jahre 1896) gerichtlich bestätigt
ist. Die Bestätigung, welche nach A.L.R. II, 2, §§ 666, 667 für einen
Adoptionsvertrag erforderlich war, ist eine wesentliche Voraussetzung des
ganzen Adoptionsaktes.
Denn
ohne die Bestätigung konnte die Annahme an Kindes Statt überhaupt nicht wirksam
werden. Die Bestätigung war aber nur eine
Voraussetzung der Wirksamkeit. Sie hatte deshalb nicht die Bedeutung und die
Kraft, etwaige Mängel des Annahmevertrages zu heilen oder einen Vertrag, der
nicht wirklich auf eine Annahme an Kindes Statt abzielte, zu einem Adoptionsvertrag
zu machen.
Mit
Recht bemängelte das Landgericht, dass der Adoptionsvertrag schon mangels der
Genehmigung des Vormundschaftsgerichts unwirksam sei. In § 705, II, 2 A.L.R.
ist bestimmt, dass, wenn die gesetzlichen Bestimmungen in Ansehung des
Vermögens durch den Adoptionsvertrag geändert werden sollen und das
anzunehmende Kind noch minderjährig ist, das vormundschaftliche Gericht
dergleichen Änderungen und ob unter denselben die Adoption dem Kinde zuträglich
sei, besonders prüfen müsse. Der Walter Cohn war bei Abschluss des Vertrages
minderjährig, und im Vertage ist bestimmt, dass derselbe vermögensrechtliche
Wirkungen für den Anzunehmenden überhaupt nicht äußern solle, es waren deshalb
die Voraussetzungen des § 705; II, 2 A.L.R. für die besondere Prüfung des
Vormundschaftsgerichtes gegeben. Dass aber das Vormundschaftsgericht den
Vertrag geprüft und als zuträglich für das Kind befunden habe, ist nicht
ersichtlich, auch nicht behauptet. Die Behauptung, die Vorschrift des § 705
a.a.O. beziehe sich nur auf bevormundete Minderjährige und sei jedenfalls durch
die Preußische Vormundschaftsordnung vom 05. Juli 187o aufgehoben, kann als
richtig nicht anerkannt werden. Das Gesetz hat die Vorschrift schlechthin im
Interesse aller Minderjährigen gegeben, und dieser ihrer Allgemeinheit ist
dieselbe von der Preußischen Vormundschaftsordnung gar nicht berührt worden. Es
handelt sich aber nicht um eine Tätigkeit des Vormundschaftsgerichts, die nur innerhalb einer besonderen
Vormundschaft oder Pflegschaft vorzunehmen wäre, sondern um eine Tätigkeit, die
durch das Bestehen einer solchen Vormundschaft oder Pflegschaft nicht bedingt
war. Eine solche Tätigkeit des Vormundschaftsgerichts ist von der Preußischen
Vormundschaftsordnung nicht betroffen worden. Die Bestätigung des Adoptionsvertrages
kann die besondere vormundschaftsgerichtliche Prüfung des Vertrages nach § 705,
II, 2 A.L.R. nicht ersetzen.
Aber
ganz angesehen von diesem formellen Mangel, muss dem Vertrage auch aus
materiellen Gründen die Wirksamkeit angesprochen werden.
Das
Landgericht hat in ausführlicher Begründung dargelegt, dass die
Vertragsschließenden bei dem Adoptionsvertrag das Mittel eines solchen
Vertrages nur gewählt haben, damit der Walter Cohn, ebenso wie seine Mutter,
die nach der Ehescheidung ihren Mädchennamen Rappaport wieder angenommen hat,
den Namen Rappaport erhalten solle, dass sie aber sonst die Wirkungen einer
Adoption, weder in persönlicher noch vermögensrechtlicher Beziehung, gewollt
habe. Die gesetzlichen Bestimmungen des A.L.R. über die Annahme an Kindes Statt
(II, 2, § 666 ff. A.L.R.) sind allerdings vertragmässiger Abänderung
zugänglich. Insbesondere gilt das, soweit die vermögensrechtliche Seite der
Sache in Frage kommt. Doch dürfen durch solche Abänderungen die wesentlichen
Bestandteile des Geschäfts nicht getroffen werden, was der Fall sein würde,
wenn ein Kindesverhältnis überhaupt nur zu dem Zwecke simuliert ist, dass der
Angenommene auf diesem Wege einen anderen Namen erhält, während er im übrigen
in keiner Weise in ein familienrechtliches Verhältnis zu dem angeblichen
Adoptivvater treten soll. In solchem Fall liegt eine Annahme an Kindes Statt
überhaupt nicht vor. Es bedarf jedoch der Prüfung, ob, wenn eine Annahme an
Kindes Statt überhaupt nicht gewollt, sondern nur zum Schein vereinbart ist, um
auf diesem Wege die Namensänderung des angeblichen Adoptivkindes zu erreichen,
nicht wenigstens das dissimulierte Geschäft, die Namensübertragung, wirksam
bleibt. Aber auch das muss bestritten werden. Der Erwerb eines Namens ist vom
Recht nur als die Folge bestimmter Ereignisse, zu denen auch die Annahme an
Kindes Statt gehört, anerkannt; dagegen ist eine Übertragung des Namens allein
nicht zugelassen und ein Vertrag lediglich dieses Inhalts, auch wenn er in der
Gestaltung eines anderen Vertrages erscheint, wirkungslos (vgl. auch
Reichsgericht in Zivilsachen, Entscheid Band 29 Seite 123 ff).
Mit
Rücksicht auf das Vorbringen in der weiteren Beschwerde, fragt es sich aber,
ob, wenn die formellen Erfordernisse
eines Adoptionsvertrages vorliegen würden, die erörterten Mängel des Vertragsinhalts überhaupt von Amtes wegen
berücksichtigt werden dürfen, oder ob es nicht vielmehr einer Anfechtung des
Vertrages seitens eines Interessenten und der Feststellung der Richtigkeit im
Prozesswege bedürfe. Diese Frage ist im Sinne der ersten Alternative zu
bejahen. Ein unter dem Namen eines Adoptionsvertrages abgeschlossener Vertrag
hat nicht die formelle Bedeutung, dass er Wirkungen äußert, bis er für
aufgehoben oder rechtskräftig für nichtig erklärt ist. Deshalb hat der Richter
der freiwilligen Gerichtsbarkeit, der angegangen wird, den Standesbeamten zur
Eintragung einer Annahme an Kindes Statt anzuweisen, den Vertrag auch auf seine
materielle Wirksamkeit zu prüfen, denn nur durch einen materiell wirksamen
Adoptionsvertrag können die Statusrechte des Angenommenen eine Änderung
erlitten haben, und nur dann erscheint die Eintragung in das Geburtsregister
geboten.
Hiernach
musste die weitere Beschwerde kostenfällig zurückgewiesen werden (§ 109 Ziff 3
Preußisches Gerichtskosten Gesetz).
___________________
Urteil des Kammergerichts vom 13. August
1902,
betr. die Berichtigung eines
Adelsprädikats.
Das
Amtsgericht hat auf Antrag des Vorsitzenden des Kreisausschusses die Berichtigung
des Geburtsregisters dahin angeordnet: „Paul Joski hat die Berechtigung der
Führung des Adelsprädikats nicht nachgewiesen, und ist deshalb das
Adelsprädikat in seiner Namensunterschrift zu löschen.“ Die Beschwerde und die
weitere Beschwerde wurden zurückgewiesen; letztere aus den Gründen:
… Wie
das Heroldsamt ausgeführt hat, kann das adelige Prädikat, welches die Vorfahren
des Beschwerdeführers etwa geführt haben, nur das Prädikat des polnischen Adels gewesen sein und nur
die Zugehörigkeit zum polnischen Adel bedeutet haben. Diesen Adel darf der
Beschwerdeführer in Preußen nur führen, wenn er in den preußischen Adel
aufgenommen ist oder seine adeligen Vorfahren beim Anfalle einer heimatlichen
Provinz an Preußen dem Könige als Adel gehuldigt haben. Hierfür ist gar nichts
erbracht. Es besteht keine rechtliche Vermutung dafür, dass eine solche
Huldigung seitens eines der Vorfahren des Beschwerdeführers stattgehabt hat.
Ebenso wenig hat er darzulegen gesucht, dass der beanspruchte Geschlechtsadel
gemäß § 17 A.L.R. II, 9 durch Aufnahme in adelige Ritterorden und Stifter zu
adeligen Stellen, zur Ritterbank oder zu adeligen Hofämtern erwiesen sei.
Endlich ist ohne Rechtsirrtum festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 19
daselbst nicht vorliegen. Das Heroldsamt begutachtet, dass in der polnischen
Bevölkerung vielfach der irrtümliche Glauben verbreitet ist, dass alle Polen,
deren Namen auf ki endigen, dem Adel
angehörten. Der Umstand, dass in dem Tauf- und Trauscheine des Vaters des
Beschwerdeführers, in dessen Losungsscheine, in den Impfungsscheinen und dem
Führungszeugnisse des Beschwerdeführers, in seinem Taufscheine und seiner
Heiratsurkunde sowie in dem Taufscheine des Bruders vor dem Familiennamen ein „v“ steht, kann sehr wohl in diesem
irrtümlichen Glauben seinen Grund haben und ergibt nicht, dass der
Beschwerdeführer und sein Vater sich 44 Jahre lang adeliger Prädikate und
Vorrechte ruhig bedient und also ein ausdrückliches oder stillschweigendes
Anrecht des Staates für sich haben, dass ihnen der Geschlechtsadel wirklich
zukomme.
(Standesamt
1903 Seite 4)
___________________
Ministerial Erlass vom 24. Juli 1903,
betr. das Verfahren bei Anträgen auf
Namensänderungen.
Mitte
dieses Jahres. – In dem Runderlass vom 09. August 1867 (M.Bl. Seite 246), betr.
das Verfahren bei Anträgen auf Namensänderungen, ist unter Nr. 4 angeordnet,
dass in denjenigen Fällen, wo es sich um die Änderung des Namens von Minorennen
handelt, die Erklärung der Vormundschaftsbehörde über den Antrag eingeholt
werden soll. Da dem Vormundschaftsgerichte nur den bevormundeten, nicht aber
den unter elterlicher Gewalt stehenden Minderjährigen gegenüber eine dauernde
allgemeine Aufsicht obliegt und dasselbe daher nur bei ersteren zur Beurteilung
der Sachlage im Falle einer beabsichtigten Namensänderung in erheblicherem
Masse befähigt ist als die Verwaltungsbehörde, so bestimme ich, dass fortan die
Erklärung der Vormundschaftsbehörde nur in denjenigen Fällen einzuholen ist, in
welchem es sich um die Änderung des Namens eines bevormundeten Minderjährigen
handelt. (M.Bl. Seite 186, Standesamt 1903 Seite 229)
___________________
Ministerial Erlass vom 25. September 1903.
betr. Änderung der Familiennamen der Juden.
Mitte dieses
Jahres. - Infolge der Bestimmung unter No. 6 des Ministerial-Erlasses vom 9.
August 1867 (M.Bl. 1867 Seite 246) hat sich die Auffassung verbreitet, dass zum
Christentum übertretende Juden im Allgemeinen berechtigt seien, sich bei der
Taufe einen neuen Familiennamen zuzulegen. Diese Auffassung ist schon mit dem
Erlass meines Herrn Amtsvorgängers vom 18. Mai 1900 nicht mehr vereinbar, nach
welchem es auch in derartigen Fällen nicht nur einer Erörterung der sich aus
der Wahl des Namens selbst ergebenden Bedenken, sondern einer eingehenden
Darlegung des gesamten Sachverhalts zur Rechtfertigung der Namensänderung
bedarf. Sie lässt sich aber auch grundsätzlich nicht aufrecht erhalten.
Durch
die in Ausführung des Edikts vom 11. März 1812 (G.S. Seite 17) ergangene
Instruktion vom 25. Juni 1812 wurde den Juden nur hinsichtlich des ersten von
ihnen anzunehmenden Namens die freie Auswahl gestattet. während Veränderungen
ihres einmal gewählten Namens nach ausdrücklicher Bestimmung nicht anders als
Namensänderungen der Christen behandelt werden sollten, d.h. nur aus triftigen
Gründen obrigkeitlich genehmigt werden durften. Eine Ausnahme für den Fall des
Übertritts zum Christentum ist den Juden in rechtlich verbindlicher Weise
niemals zugestanden worden. Insbesondere könne sie aus der Kabinettsordre vom
13. Mai 1822 nicht den Anspruch herleiten, dass die von ihnen bei der Taufe
angenommenen Namen ohne weiteres zu bestätigen sein. Denn dem Minister des
Innern wurde durch diese Verordnung keine Verpflichtung auferlegt, sondern nur
eine Ermächtigung gegeben, deren Erteilung er selbst angeregt hatte, seitdem
infolge der Kabinettsordre vom 15. April 1822 (G.S. Seite 108) die
Namensänderungen der Zuständigkeit des Staatsministeriums entzogen waren. Wenn
im übrigen die Delegation nach den amtlichen Vorgängen auf der Erwägung
beruhte, dass die Annahme neuer Familiennamen seitens der zu Christentum
übertretenden Juden ganz gewöhnlich sei, so mochte dies in einer Zeit, wo die
Familiennamen sich bei den Juden überhaupt noch nicht fest eingebürgert hatten,
ein Grund sein, die Bestätigung des gewählten Namens in der Regel nicht zu
versagen. Nachdem die Entwickelung aber zum Abschluss gelangt war, lag zu einer
speziellen Begünstigung dieser Art von Namensänderungen vor anderen Fällen
keine Veranlassung mehr vor.
Ew.
Hochwohlgeboren ersuche ich hiernach ergebenst, bei der Beurteilung der gemäß
dem Erlass vom 18. Mai 1900 hier vorzulegenden Anträge auf Änderung jüdischer
Familiennamen in Zukunft gefälligst davon auszugehen, dass der Übertritt zur
christlichen Religion an sich als ein zur Namensänderung ausreichender Grund
auch dann nicht angesehen werden kann, wenn der Antrag in unmittelbarem
Zusammenhang mit der Taufe gestellt worden ist.
___________________
Urteil des Kammergerichts vom 03. Dezember
1903,
betr. Änderung des Familiennamens.
Gründe:
Der Revision der Staatsanwaltschaft war der Erfolg nicht zu versagen.
Der
Angeklagte hat am 06. Mai 1903, als er einen Wechsel mit seiner
Namensunterschrift versah, diesen Namen „Hurnicki“ geschrieben, er hat sich
dieses Namens auch sonst „stets bedient“. Der Vorderrichter, welcher für
möglich erklärt, dass der „richtige Name“ des Angeklagten „ursprünglich“ nicht
„Hurnicki“, sondern „Hurnick“ gelautet habe, hat eine Übertretung der Kabinetts
Order vom 15. April 1822 nicht angenommen und auf Freispruch erkannt. Er stützt
sich dabei auf das Urteil des Senats vom 30. September 1901 (Jahrbuch Band 22
Seite C 115) und sagt: „Der Angeklagte habe seinen Familiennamen nicht
geändert, er habe den Namen fortgeführt, welchen sein Vater bereits vor seiner
Geburt angenommen habe, welcher auch in die Kirchenbücher und standesamtlichen
Register eingetragen worden sei.“ Dies ist rechtsirrtümlich.
In dem
Falle, über welchen das Urteil vom 30. September 1901 ergangen ist, war der
Angeklagte vor Einführung des Standesregisters geboren, seine Geburt war also
im Kirchenbuch und nicht in einem Standesregister beurkundet. Das angeführte
Urteil kann also hier nicht ohne weiteres verwertet werden, weil der Angeklagte
am 13. Juni 1875 geboren und dieser Geburtsfall (nach Maßgabe des damals noch
geltenden Preußischen Gesetz vom 09. März 1874) in das Geburtsregister von W.
am 15. Juni 1875 auf Anzeige des Vaters des Angeklagten eingetragen ist. Geht
man hiervon aus, so ergibt sich folgendes:
Der
Familienname wird regelmäßig erworben durch die Geburt. Dieser Regelfall liegt
hier vor; der Angeklagte hat also den Namen seines Vaters als seinen eigenen
Namen zu führen (§ 58, II, 2 A.L.R.; vgl. jetzt § 1616 B.G.B). Wie dieser Name
lautet, wird bewiesen durch das Geburtsregister, vorausgesetzt, dass dieses
ordnungsmäßig geführt ist (vgl. § 11 Preußisches Gesetz vom 09. März 1874;
ebenso § 15 Personenstandsgesetz). Denn das Geburtsregister ist bestimmt zur
Beurkundung nicht nur der Zeit und des Ortes des Geburtsfalles, sondern auch
des Personenstandes des Kindes, also auch seiner Namen. Darum ist in § 27 Nr. 5
Gesetz vom 09. März 1874 vorgeschrieben u. a., dass der Familienname der Eltern
mit einzutragen sei. Das ist auch bei der Eintragung vom 15. Juni 1875
geschehen, indem als Vater des Angeklagten „der Ackerbürger Anton Hurnik“
angeführt ist. Von einer späteren Änderung oder Berichtigung dieser Eintragung
spricht das Berufungsurteil nicht; es kann also unerörtert bleiben, ob eine
solche, wenn sie den Vatersnamen betroffen hätte, hier von Bedeutung wäre (vgl.
§ 48 Abs. 5 a.a.O.). Danach lautet der Familienname, den der Angeklagte führen
muss, „Hurnik“. Diesen durfte er nicht ohne unmittelbare landesherrliche
Erlaubnis ändern. Dies gilt aber nur unter der Voraussetzung, dass das
Geburtsregister ordnungsgemäß geführt ist, und vorbehaltlich des Nachweises der
Registerfälschung oder der Unrichtigkeit der Anzeigen oder Feststellungen, auf
Grund deren die Eintragung stattgefunden hat. Dabei kommt die ordnungswidrige
Registerführung oder eine Registerfälschung hier nicht in Frage. Anscheinend
aber hat der Angeklagte in der Vorinstanz geltend machen wollen, die
Feststellung des Standesbeamten sei unrichtig gewesen, indem der Name des Vaters
nicht „Hurnik“, sondern „Hurnicki“ gelautet habe, und anscheinend meint der
Vorderrichter, dass der Nachweis dieser Unrichtigkeit gelungen sei, indem er
sagt, dass der Angeklagte den Namen (Hurnicki) fortgeführt habe, den sein Vater
bereits vor seiner Geburt angenommen. Bei dieser Feststellung ist aber zunächst
eine Beweisregel, nämlich die Vorschrift des § 11 Gesetz vom 09. März 1874,
also eine Regel des materiellen Rechtes, verletzt. Denn der Vorderrichter
wendet den § 11, den er nicht erwähnt, überhaupt nicht an. Er stützt sich
lediglich auf Tatsachen, die der Geburt des Angeklagten folgen; Dass der Vater
in späteren Geburtsurkunden und in seiner Sterbeurkunde Hurnicki genannt sei
und dass sowohl der Angeklagte wie seine Verwandten sich stets dieses Namens
bedient haben. Aus alledem könnte zunächst nur folgen, dass der Vater des
Angeklagten oder dieser selbst zu einer Zeit, als der letztere bereits den
Namen „Hurnik“ (mit seiner Geburt) erworben hatte, diesen Namen geändert habe.
Diese spätere Änderung bei dem Vater war aber für den Angeklagten ohne
Bedeutung; die Führung des Namens „Hurnicki“ durch den Angeklagten war ein
Missbrauch, wenn sein wirklicher Name „Hurnik“ lautete. Das letztere wird durch
die Urkunde vom 15. Juni 1875 zunächst voll bewiesen. Davon musste der
Vorderrichter ausgehen, und diesen Standpunkt durfte er erst dann verlassen,
wenn voll bewiesen war, dass die Feststellung des Standesbeamten darüber,
welches der Name des Vaters zur Zeit der Geburt des Angeklagten war, unrichtig
gewesen sei.
Das
angefochtene Urteil musste daher aufgehoben und die Sache zur anderweitigen
Verhandlung und Entscheidung in die Vorinstanz zurückverwiesen werden. Dabei
wird dann aber folgendes zu berücksichtigen sein:
In dem
oben angeführten Urteil vom 30. September 1901 wird gesagt, der Zweck der
Kabinetts Order vom 15. April 1822 sei nicht gewesen, die historische
Richtigkeit der Familiennamen zu sichern, sondern die willkürliche Änderung der
existierenden Namen zu verbieten; nur derjenige mache sich nach der Kabinetts
Order strafbar, welcher selbst die Änderung seines Namens vornehme, nicht
derjenige, dessen Vater oder Großvater oder sonstiger Vorfahr sie vorgenommen
habe und welcher nur den ihm bei der Geburt (oder einem späteren namengebenden
Akte) überwiesenen Familiennamen beibehalten habe. Das Bedenkliche dieser
Grundsätze zeigt der jetzt vorliegende Fall besonders deutlich. Wenn der Vater
einen ihm nicht zukommenden Namen gerade zur Zeit der Geburt seines Sohnes
willkürlich angenommen hatte, dann war freilich der Vater nach der Kabinetts
Order strafbar, aber trotzdem wurde der widerrechtlich angenommene Name, weil
er eben existierte, der Name des Sohnes, der diesen Namen nicht nur führen
durfte, sondern führen musste, wenn er seinerseits sich nicht nach der
Kabinetts Order strafbar machen wollte. Und diese letzte Folgerung ist denn
auch von der Strafkammer ausdrücklich gezogen. Bei nochmaliger Erwägung konnte
der Senat seine frühere Entscheidung nicht aufrecht halten (vgl. auch Beschluss
der Kammergerichts, 1. Zivilsenats, vom 05. Mai 1902, Jahrbuch Band 24 Seite A
167ff), und zwar aus folgenden Gründen:
Bis zum A.L.R. galt in Deutschland als
Regel der Satz des gemeinen Rechts (1. un. Cod. de mutatione nominis IX, 25),
dass jedermann seinen Namen nach Willkür ändern und vertauschen könne, nur
musste dies geschehen „sine aliqua fraude“, ohne betrügerische (unlautere)
Absicht. Dies galt bis in den Anfang des 19. Jahrhunderts auch in Preußen. Hier
war mit Einführung des A.L.R. aber eine Beschränkung der Willkür eingetreten.
Zwar §
1440a, II, 20 steht noch ganz auf dem Standpunkte der 1. un. Cod. indem er
Strafe angedroht demjenigen, der
„zur
Ausführung eines Betruges (d.h. also cum fraude) sich eines fremden
Familiennamens bedient“.
Aber § 1440b
daselbst geht schon weiter: Danach soll demjenigen, der
„auch
ohne unerlaubte Absicht (d.h. also sine aliqua fraude) eines fremden
Familiennamens… unbefugterweise sich bedient“
dies
bei Strafandrohung untersagt und im Wiederholungsfalle die Strafe gegen ihn
wirklich verhängt werden. Hier war nur die Annahme „fremder“ Namen getroffen,
womit gemeint waren Namen, die bereits von anderen gebraucht wurden. Dies
erhellt aus § 1440a, der von einer öffentlichen Bekanntmachung zur Genugtuung
„für die beleidigte Familie“ spricht. Also die willkürliche Annahme von
Familiennamen, die nicht „fremde“ Namen waren, blieb auch nach dem A.L.R. immer
noch gestattet. Dies genügte offenbar nicht den Verkehrsbedürfnissen, denn es
erging eine Königliche Verordnung vom 30. Oktober 1816 (G.S. Seite 216), deren
Eingang sagt:
Da die
Erfahrung gelehrt hat, dass das Führen fremder oder erdichteter Namen der
Sicherheit des bürgerlichen Verkehrs sowie der Wirksamkeit der Polizeibehörden
nachteilig ist, so verordnen wir hierdurch folgendes: Diese Vorschrift richtet
sich als erste gegen das Führen „erdichteter“, nicht bloß „fremder“ Namen, und
es wird demgemäß bestimmt::
§ 1.
„Niemand soll, bei Vermeidung einer Geldstrafe von 5 bis 50 Talern …, sich
eines ihm nicht zukommenden Namens bedienen.“
Und was
hier unter den „nicht zukommenden“ Namen zu verstehen sei, wird, abgesehen von
der Einleitung, noch in
§ 2
erläutert: „Geschieht diese Führung eines fremden oder erdichteten Namens in
betrügerischer Absicht, so …..“
Damit
war der Satz der 1. un Cod., auf welchen auch diese Verordnung deutlich durch
das „in betrügerischer Absicht“ (cum aliqua fraude) wieder zurückverweist, in
vollem Umfang aufgehoben; niemand darf sich eines ihm nicht zukommenden Namens
bedienen, auch wenn es ein bloß erdichteter Name ist, der noch nicht von
anderen geführt wird, und auch, wenn es sine aliqua fraude geschieht. An dieser
Regel wollte die Kabinetts Order von 1822 nichts ändern. Denn sie beginnt mit
den Worten:
„Ich
finde es ....... nicht notwendig, wegen der Unabänderlichkeit der Familien-
oder Geschlechtsnamen eine weitere Verordnung zu erlassen, sonder“
Und
wenn die Order nun fortfährt und schließt:
„bestimme
hierdurch, dass bei Vermeidung einer Geldbusse von 50 Talern niemandem gestattet sein soll, ohne
unmittelbare landesherrliche Erlaubnis seinen Familien- oder Geschlechtsnamen
zu ändern, wenn auch durchaus keine unlautere Absicht dabei zugrunde liegt“, so
ist dabei in Abweichung von der Verordnung vom 30. Oktober 1816 nur zweierlei
neues gesagt:
erstens:
Der Landesherr (und nur dieser) kann die Namensänderung erlauben;
zweitens:
Die Strafe des § 1 Verordnung von 1816 wird jetzt absolut auf 50 Taler, statt
auf 5 bis 50 Taler, bestimmt. Dagegen bleibt der in § 1 Verordnung von 1816
umschriebene Deliktstatbestand:
„wer
sich eines ihm nicht zukommenden Namens bedient“,
unverändert.
Die historische Entwicklung schließt dann
für Preußen ab mit der Verordnung vom 12. Juli 1867, durch welche (mit gewissen
Ausnahmen) die Bezirksregierungen für zuständig erklärt werden zur Erteilung
der Genehmigung bei Namensänderungen.
Aus
alledem ergibt sich: Wenn die Kabinetts Order von 1822 nur von Namensänderungen
spricht, so geschieht dies, weil sie solche Änderung mit landesherrlicher
Genehmigung erlauben will; die Verbotsnorm des § 1 Verordnung von 1816 blieb
bestehen. Und hiernach galt, dass von dieser Verordnung ab niemand einen
anderen als den ihm zukommenden Familiennamen führen durfte; führte er von da
ab einen anderen, so war dies eine unerlaubte Namensänderung und nicht nur
strafbar, sondern auch zivilrechtlich wirkungslos; der „eigentliche“ Name blieb
nach wie vor sein Name; dieser Name war auch der Name seiner Kinder; dieser
Name musste früher (nach § 485, II, 11 A.L.R.) als Geschlechtsname der Eltern
in das Kirchenbuch eingetragen werden – und ist jetzt der Name, der nach dem
Personenstandsgesetz von 1874 und 1875 (§ 18 Nr. 5 und 22 Nr. 5) als
Familienname der Eltern im Geburtsregister stehen soll. Es ist möglich, dass
durch das Verhalten eines Menschen, der lange Zeit hindurch einen „fremden“
oder „erdichteten“ Namen führt, der Beweis erschwert wird, welches der ihm
zukommende Name sei. Dieser eigentliche Name selbst und das Recht wie die
Pflicht, diesen eigentlichen Namen zu führen, wird aber durch den nach so andauernden
Gebrauch des falschen Namens nicht geändert. Dies galt jedenfalls in denjenigen
Landesteilen Preußens, in welchen bis zu 01. Januar 1900 das A.L.R. herrschte,
da dieses im Gegensatze zum gemeinen Rechte eine unvordenkliche Verjährung
nicht kannte (vgl. Dernberg, Preußisches Privatrecht Band 1 § 179), und dies
gilt jetzt aus demselben Grunde seit dem 01. Januar 1900 nach dem Rechte des
B.G.B. (vgl. Cosack, B.R. 1 § 75 Nr. 6).
Es
versteht sich aber von selbst, dass diese Grundsätze nicht maßgebend sein
können, sobald man zurückgeht bis in die Zeit, wo die 1. un. Cod. IX, 25 galt,
sondern sie sind maßgebend erst von derjenigen Zeit, wo die willkürliche
Namensänderung verboten wurde. Die Kabinetts Order von 1822 wollte nicht
bestimmen, dass die früher gesetzmäßig geänderten Namen irgendeinen
„historischen“ Namen, der früher einmal geführt sein mochte, weichen sollten.
Der damals bestehende Zustand wurde festgelegt (Anmerkung: in WFA „versteinert“), weitere Änderungen für die
Zukunft aber wurden unmöglich gemacht. Diese Auffassung, bei der früher
geäußerte Bedenken (Jahrbuch Band 22 Seite C 118) wegfallen dürften, wird
gerade bestätigt durch ein Ministerial Reskript vom 30. September 1836, in
welchem gesagt wird:
„Wenn
es in der Absicht gelegen hätte, dass die Bestimmungen der Allerhöchsten Order
vom 15. April 1822 auch auf diejenigen Namensänderungen bezogen werden sollen,
welche schon vor deren Erscheinen in gutem Glauben stattgefunden hatten, so
würde dies unzweifelhaft darin ausgesprochen worden sein. Da dies aber nicht
geschehen, so muss auch bei dem fraglichen Gegenstande die allgemeine
Auslegungsregel, dass Gesetze auf frühere Fälle nicht bezogen werden können, in
Anwendung gebracht werden. Es würde übrigens auch fast unmöglich sein, die
Rechtmäßigkeit früher gebrauchter Namen allgemein zu konstatieren.“
Und
wenn das Reskript am Schlusse der Meinung beitritt:
„dass
der schon vor dem Erlasse der Kabinetts Order von 1822 in gutem Glauben geführte
Familienname, nicht aber derjenige, den das betreffende Individuum eigentlich
zu führen verpflichtet gewesen, als dessen nicht ohne Allerhöchste Genehmigung
zu ändernder Familienname anzusehen sei…“
so ist
damit nur wiederholt, was schon vorher gesagt war, nämlich, dass frühere
Namensänderungen von der Kabinetts Order von 1822 nicht getroffen seien, nicht
aber, dass es bei allen künftigen Änderungen nur auf den „in gutem Glauben
geführten“, nicht auf den „eigentlichen“ Namen ankomme. Ob der hier geäußerten
Meinung in allen Punkten beizutreten wäre, namentlich, ob von 1822 und nicht
vielmehr von 1816 an die Festlegung der Familiennamen zu rechnen sei, kann hier
dahingestellt bleiben. Denn keinesfalls konnte des Angeklagten Vater, der nach
den Feststellungen der Strafkammer am 17. Januar 1831 geboren ist, den bei
seiner Geburt erworbenen Namen dadurch ändern, dass er einen anderen Namen
willkürlich annahm. Wird festgestellt, was bisher nicht geschehen, dass dieser
Name „Hurnik“ lautete und dass er nicht in irgendeiner gesetzmäßigen Weise bis
zur Geburt des Angeklagten geändert ist, dann hieß auch der Angeklagte durch
seine Geburt „Hurnik“, und jedenfalls kann dann nicht von einem Nachweise, dass
die Geburtsurkunde vom 15. Juni 1875 unrichtig sei, geredet werden. Vollends
ist nicht zu erkennen, wie der Umstand allein, dass der Vater des Angeklagten
diese Urkunde mit „Hurnicki“ unterschrieben hat, während er anderseits ihren
gesamten Inhalt nach Vorlesung genehmigte, für diesen Nachweis von Bedeutung sein
könnte. (Standesamt 1904 Seite 218)
___________________
Urteil des Kammergerichts vom 21. Dezember
1903:
Die Führung eines anderen als des durch
Abstammung erworbenen Namens stellt auch dann eine Änderung des Familiennamens
dar, wenn sie von Geburt an erfolgt ist. Daran ändert sich selbst in dem Falle
nichts, wenn schon der Vater seinen Namen unbefugt geändert hat.
Gegen
den Besitzer Zugehör war auf Grund der Kabinetts Order vom 15. April 1822, die
denjenigen mit Strafe bedroht, der seinen Familiennamen ohne Genehmigung
ändert, das Strafverfahren eingeleitet worden.
In
zweiter Instanz erkannte die Strafkammer bei dem Amtsgerichte zu Krotoschin auf
Freisprechung. Nach ihrer Feststellung hat der Vater des Angeklagten, als er
1837 seinen Wohnsitz änderte, seinen Familiennamen Zugehör polonisiert und sich so in die Seelenliste eintragen lassen. Die
Eintragung des polonisierte Namens
in das Taufregister der betreffenden katholischen Pfarrkirche fand auch bei der
1853 erfolgten Geburt des Angeklagten statt. Diese Feststellung gründeten sich
auf die Ermittlungen, die die Regierung Posen im Jahre 1899 nach dem
Familiennamen des Angeklagten hatte anstellen lassen. Die Regierung ließ
demnächst eine Berichtigung des Taufregisters durch Beifügung des Vermerks, dass
„Zugehör“ der richtige Familienname des Angeklagten sei, eintreten. Er führte
jedoch den polonisierten Namen
weiter. Die Strafkammer stützte ihr Urteil auf die bisherige Rechtssprechung
des Kammergerichts. Es hat die Kabinetts Order vom 15. April 1822 dahin
ausgelegt, dass ihr Tatbestand durch die bloße Fortführung eines durch
namengebenden Akt – wie Geburt, Eheschließung, Annahme an Kindes Statt –
erlangten Familiennamens nicht erfüllt werde, vielmehr der so erworbene Name
bis zu einer behördlich genehmigten Änderung fortzuführen sei, und zwar selbst
dann, wenn dieser Name mit dem richtigen Namen der Vorfahren nicht
übereinstimmt. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft hat der Strafsenat des
Kammergerichts in seiner Eigenschaft als höchster Gerichtshof in Landesstrafsachen
das Vorderurteil aufgehoben und die Sache in die Vorinstanz zurückgewiesen. Der
Strafsenat hat nunmehr seinen bisherigen Standpunkt verlassen und sich der
Judikatur der Obersten Verfassungs-Gericht angeschlossen. Es entnimmt aus der
Kabinetts Order in Verbindung mit dem sonst hier in Betracht kommenden Rechte,
dass die dauernde Führung eines anderen als des durch Abstammung erworbenen
Namens auch dann eine Änderung des Familiennamens darstellt, wenn sie von
Geburt an erfolgt ist. Daran ändert sich selbst in dem Falle nichts, wenn schon
der Vater seinen Namen unbefugt geändert hat. Diese Handlungsweise konnte, weil
sie widerrechtlich war, weder auf sein eigenes Namensrecht noch auf das seiner
Kinder Einfluss haben. Rechtlich blieb sein und seiner Kinder Familienname
derselbe wie vorher. Die Fortführung des geänderten Namens durch die Kinder
erhält deshalb auch den Charakter einer Änderung ihres Familiennamens, die
objektiv den Tatbestand der Kabinetts Order erfüllt. (Standesamt
1904 Seite 221)
___________________
Urteil des Kammergerichts vom 13. Juni
1904,
betr. Namensänderung im Auslande.
Ein
Preuße, der nach den Vereinigten Staaten von Amerika auswandert, dort 5 Jahre
ununterbrochen sich aufhält und naturalisierter Staatsangehöriger der
Vereinigten Staaten wird, verstößt nicht
gegen die Kabinetts Order vom 15. April 1822, wenn er nach Preußen zurückkehrt,
denjenigen neuen Familiennamen führt, den er im Auslande nach dem dort
geltenden Rechte wirksam angenommen hat.
Gründe:
Der Angeklagte ist zu K. (Provinz Posen) als Sohn des Tischlermeisters S. Ka.
am 16. Februar 1840 geboren, unter dem Namen M. Ka. im Geburtsregister
eingetragen und hat zunächst den Namen Ka. geführt. Im Jahre 1866 ist er „nach
Amerika“ ausgewandert und ist erst 1873 oder 75 von „Amerika“ wieder nach
Deutschland zurückgekehrt. Seit seiner Rückkehr nennt er sich „M. Ko.“ Diesen
Namen hat er in „Amerika“ angenommen; dort ist ihm auch in „Washington“ ein
Bürgerbrief auf den Namen „Ko.“ erteilt. Dieser Tatbestand wird in dem
angefochtenen Urteil zwar nur als von dem Angeklagten behauptet mitgeteilt. Da
diese Behauptungen aber nicht als widerlegt bezeichnet sind, so muss von ihnen
für die gegenwärtige Entscheidung ausgegangen werden.
Der Angeklagte
ist in den Vorinstanzen wegen Übertretung der Kabinetts Order vom 15. April
1822 verurteilt, und die Strafkammer gründet ihre Entscheidung im wesentlichen
darauf, „dass die Namensänderung, die der Angeklagte eigenmächtig in Amerika
vorgenommen habe, vielleicht in Amerika zulässig sein möge, dass der Angeklagte
aber keinesfalls damit für Deutschland in rechtsverbindlicher Form den Namen
Ko. statt Ka. habe erlangen können; hiernach vermöge auch der ihm in Amerika
erteilte Bürgerbrief auf den Namen Ko. nicht zu ändern“.
Diese
zum Teil rechtsirrtümlichen Erwägungen sind nicht geeignet, die verurteilende
Entscheidung zu tragen.
Nach
den oben mitgeteilten, für jetzt als richtig zu unterstellenden Angaben des
Angeklagten, ist dieser „nach Amerika“, womit offenbar die Vereinigten Staaten
von Nordamerika gemeint sind, im Jahre 1866 ausgewandert, hat sich dort über 5
Jahre aufgehalten und hat dort (in einem Orte Washingtons) sich einen
Bürgerbrief erteilen lassen. Unter diesen Umständen scheint für den Angeklagten
der Artikel 1Abs. 1 des Vertrages zwischen dem Norddeutschen Bunde und den
Vereinigten Staaten von Nordamerika vom 22. Februar 1868 (Bundes Gesetzblatt
Seite 228) zur Anwendung zu kommen:
„Angehörige
des Norddeutschen Bundes, welche naturalisierte Staatsangehörige der
Vereinigten Staaten von Nordamerika geworden sind und 5 Jahre lang
ununterbrochen in den Vereinigten Staaten zugebracht haben, sollen von dem
Norddeutschen Bunde als amerikanische Angehörige erachtet und als solche
behandelt werden.“
Nun
erstreckt sich die Geltung der Kabinetts Order vom 15. April 1822 jedenfalls
nicht auf solche Personen, die in Preußen nicht staatsangehörig sind und zu
einer Zeit, wo sie in Preußen weder ihren Wohnsitz noch ihren Aufenthaltsort
haben, ihren Familiennamen in einer Weise abändern, die zwar nach preußischem
rechte nicht zulässig, aber nach dem Rechte ihres Staates erlaubt und wirksam
ist. Erfolgt die Namensänderung in dem fremden Staate nach dem dortigen Rechte
wirksam, so ist der neue Name der richtige, und er ist, weil er der richtige
ist, auch dann straflos zu führen, wenn sein Träger sich nachher in Preußen
befindet. Von diesem Standpunkt aus hat der Berufungsrichter den Sachverhalt
nicht geprüft. Wenn der Angeklagte 5 Jahre lang ununterbrochen in den
Vereinigten Staaten von Nordamerika zugebracht hat, wenn er dort
naturalisierter Staatsangehöriger geworden ist (vgl. Entscheid des
Reichsgerichts Band 28 Seite 127 ff, insbesondere Seite 129), wenn endlich nach
dem Rechte desjenigen Einzelstaates, in welchem er die Namensänderung
„eigenmächtig“ vornahm, solche Änderung erlaubt und wirksam war, dann steht die
Kabinetts Order vom 15. April 1822 (ebenso die vom 30. Oktober 1816) der
Führung dieses gesetzmäßig geänderten Namens nicht entgegen. Die Strafkammer
musste also vor allem ermitteln, wo die Änderung stattgefunden hat, sowie
ferner, ob sie durch das dort geltende Recht gestattet und anerkannt wird.
Diese letzte Untersuchung könnte an sich auch von dem Revisionsgerichte
vorgenommen werden. Sie ist aber zurzeit unmöglich, eben weil der Ort der
Änderung nicht feststeht und insbesondere Ortschaften mit den Namen Washington
sich in vielen Einzelstaaten der nordamerikanischen Union finden. Aus diesen
Gründen war, wie geschehen, zu erkennen. Bei der erneuten Behandlung wird zu
berücksichtigen sein, dass der Artikel 4 Staatsvertrag vom 22. Februar 1868
hier nicht den Angeklagten wird verwertet werden können:
„Wenn
ein in Amerika naturalisierter Deutscher sich wieder in Norddeutschland
niederlässt, ohne die Absicht, nach Amerika zurückzukehren, so soll er als auf
seine Naturalisation in den Vereinigten Staaten Verzicht leistend erachtet
werden.“
Denn
gesetzt, der Angeklagte hätte während seines Aufenthalts in der Union ein Recht
auf Führung des Namens Ko. erworben, so kann dieses Recht nicht dadurch
beseitigt werden, dass er nach seinem Erwerbe wieder preußischer
Staatsangehöriger geworden ist.
(Johow
28 Seite 1 und Standesamt 1905 Seite 133)