Ausrichtung eines Familientreffens
Viele Familienforscher tragen sich irgendwann mit dem Gedanken, ein Familientreffen zu veranstalten. So auch auch unser Mitforscher Norbert Krumscheid aus Essen. Auf einem Vortragsabend unserer Bezirksgruppe der WGfF in Duisburg erzählte er anschaulich, wie er "sein" Familientreffen organisiert hat.
Vorgeschichte:
Bei seinen zahlreichen Fahrten ins Bistumsarchiv Trier, zur Erforschung der Familienchronik väterlicherseits aus dem Westerwald (Waldbreitbach) führte ihn sein Weg über die Autobahn A1 bis zum Ausbauende in Blankenheim um dann über die Bundesstraße weiter nach Trier zu fahren. Die mütterliche Seite war noch nicht angegangen und ein Blick auf den Totenzettel des in Essen verstorbenen Großvaters Hubert Sigel ergab den Geburtsort Lommersdorf. Überraschend ergab der Blick auf die Straßenkarte, dass dieses Örtchen unmittelbar am Ausbauende der BAB 1 liegt, wo er doch bereits mehrmals vorbei gefahren war. Ein spontaner Anruf bei dem Pastor zu Lommersdorf, und innerhalb 1 1/2 Stunden war er wieder auf dem Weg Richtung Trier, aber jetzt nur noch die halbe Strecke. Die Kirchenbücher im Pfarramt ergaben, dass die Familie langjährig, über 11 Generationen, in Lommersdorf ansässig war und auch noch heute im Ort und in umliegenden Gemeinden anzutreffen ist. Die persönlichen Besuche aller Nachkommen der Urgroßeltern ergaben aber auch, dass die Verwandtschaftsverhältnisse wohl bekannt, aber nicht sonderlich gepflegt wurden. Dies brachte ihn auf die Idee, ein Familientreffen zu veranstalten.
Die
Idee:
Am Anfang stand die Überlegung, wie richte ich ein Familientreffen aus, wen soll man einladen, wo kann das Treffen ausgerichtet werden. Grundsätzlich gibt es verschiedene Möglichkeiten:
Norbert
Krumscheid entschied sich für die zweite Variante und legte fest, alle
Nachkommen seiner Urgroßeltern, die auch in Lommersdorf gelebt hatten und
dessen Bauernhaus noch heute von Nachkommen bewohnt wird, einzubeziehen. Die
Urgroßeltern hatten neun Kinder gezeugt, wovon sechs nach Heirat ebenfalls
Kinder zeugten. Auf 28 Enkelkinder konnte die Großmutter stolz schauen. Zum
Zeitpunkt der Erstüberlegungen waren 60 Familien, mit Anhang und Kinder
insgesamt 148 Teilnehmer zu berücksichtigen. Das bedeutete eine lange
Vorlaufzeit (hier ein Jahr) und eine große logistische Herausforderung.
Die
Planung:
Unser Mitforscher Norbert Krumscheid war bereit, Verantwortung und Führung zu übernehmen, sein Beruf als
Leiter einer Versicherungsagentur verlangt täglich ähnlichen Einsatz, aber als
Alleinunterhalter wollte er nicht fungieren. Es galt also, soweit wie möglich
alle Familien irgendwie an der Ausrichtung einzubinden, zumal der Mittelpunkt
des Festes in der Eifel stattfinden sollte.
Was
ist Grundsätzlich zu organisieren und wie kann man Arbeiten delegieren ohne
dass Familienteilnehmer überfordert werden?
Da
mit Besuchern aus Luzern/Schweiz, Madrid/Spanien, Tübingen, Breisach, Quarnbek, Hamburg, Vollstedt-Bredstedt,
Munster /Niedersachsen, Billerbeck/Westf., Dülmen, Ahlhorn, Essen,
Duisburg, Bonn, Köln, Ransbach-Baumbach, Mayen und
der näheren Umgebung von Lommerdorf zu kalkulieren
war, musste die Unterbringungsmöglichkeiten vorrangig geklärt werden. Für
ältere, gehbehinderte Verwandte sollte ein Fahrbetrieb eingerichtet werden. Ein
Saal der mindestens 100 Personen Platz bot war zu organisieren und da solche
Säle begehrt sind, musste eine rechtzeitige Reservierung erfolgen. Da der Ort
keinen solchen Saal in einer Gaststätte bot, kam nur der Gemeindesaal in Frage,
aber der musste auf eigene Regie bewirtet und die Bestuhlung und Tische
zurechtgestellt werden. Also Speis und Trank organisieren und die
Thekenbedienung dazu.
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Über
den Tagesablauf hatte sich Norbert Krumscheid schon seine eigenen Gedanken
gemacht, darüber aber nur im kleinen Kreise gesprochen, etwas Überraschung
sollte auch sein.
Zu fast allen Abkömmlingen nahm er persönlichen Kontakt auf, auch um seine Familienforschung mit neuesten Daten aufzufrischen. Hierbei achtete er besonders auf berufliche Fähigkeiten um die Personen u.a. in die Vorbereitung und die Durchführung des Festes einzubinden. Denn ein Fest, an dessen Vorbereitung viele aktiv beteiligt sind, wird zum einen eher angenommen und zum anderen ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass auch diese die näheren Familienmitglieder positiv beeinflussen auf dem einmaligen Fest zu erscheinen und somit zum Gelingen beizutragen.
Als nächsten wichtigen Punkt ging unser Forscherfreund an die Terminplanung. Es galt einen Termin zu finden, an dem möglichst viele Leute Zeit haben und an dem möglichst wenige durch irgendwelche Ereignisse verhindert sind, als da sind Schulferien, wichtige Sportveranstaltungen oder auch Wahlen. Er entschied sich für einen Samstag im Juli, der gerade zu Beginn der Sommerferien in Nordrhein-Westfalen lag und somit die Gewähr bot, dass noch nicht zu viele Familien mit Kindern in die Ferien gefahren sind.
Es sollte ein Fest sein, das nicht nur Gelegenheit zum Kennenlernen bot, sondern auch von Allen getragen wird nach dem Motto: Es ist unser Fest. Hierzu gehört zwar, einen gewissen Ablauf vorzubereiten, der nicht nur Gelegenheit zum Plaudern, sondern auch Unterhaltung bietet.
Für
die Planung Aller, also nicht nur für den Ausrichter sondern auch für die
Geladenen ist es wichtig, rechtzeitig von dem geplanten Termin zu erfahren. Nur
so ist es den Geladenen möglich, entsprechende Planungen vorzunehmen, z.B.
Urlaubsplanung, Familienfeiern u.s.w. Die erste Information mit der Bitte um
Rückmeldung wurde daher bereits im August verschickt mit dem Vermerk: Bitte um
Rückantwort bis September (im Vorjahr). Hier wurde gefragt:
1) Nehmen Sie am Treffen teil, mit
wie viel Personen?
2) Wünschen Sie lieber einen anderen
Termin?
3) Benötigen Sie Hilfe bei der
Unterkunft?
4) Benötigen Sie An- und
Abfahrthilfe?
5) Haben Sie Anmerkungen oder
Anregungen und Tipps?
80% antworteten in der vorgegebenen Frist positiv, sodass eine weitere Planung erfolgen konnte, aber die letzten Antworten kamen Mitte Januar des Folgejahres. Hier ist zu beachten: Eine Zusage im September für das nächste Jahr Juli ist eine lange Zeit und wenn keine weiteren Kontakte bestehen, kann so was schnell in Vergessenheit geraten. Es muss also weiterer Kontakt gehalten werden z.B. mit der Info: Überraschend große Mehrheit bestätigt unser Fest (Herr Krumscheid hat diese im März verschickt). Info über Anzahl der gemeldeten Teilnehmer, hier 104 und Ablauf des Familienfestes mit Kostenumlage. Zu einigen Familien ergaben sich aber weitere besondere Berührungspunkte, sodass sein Fest bei diesen nicht in Vergessenheit geraten konnte.
Die
Ausführung:
Um
möglichst alle Teilnehmer pünktlich zu einem Termin erscheinen zu lassen, bietet
sich die Eröffnung mit einer Messe geradezu an. Da ist jeder in der Pflicht
pünktlich zu erscheinen. Ein Liederheft auf die entsprechende Messe sollte
obligatorisch sein, wobei die Lieder, die Predigt und der Messeverlauf mit dem
Pastor abgesprochen wurden. Der erste Ansatz zu einer "gemeinsamen
Feier" (Familienfeier) beginnt damit, dass die Mess-Diener aus dem Kreise
der Familienangehörigen gefunden werden (bei Norbert Krumscheid kamen diese aus
Stuttgart und Schleswig-Holstein), die auch die vom Pfarrer aufgeschriebenen
Fürbitten abwechselnd sprachen. Allein die unterschiedliche Mundart fasziniert
den (Messe-)Besucher. Dann wurde der Verstorbenen und der Gefallenen aus den
beiden Weltkriegen aus dieser Familiensippe gedacht. Die Vorlesung der Namen
wurde jeweils von einem Mitglied des entsprechenden Familienastes
vorgenommen, hier immerhin von sieben Personen. Die Auflistung der Verstorbenen
ist natürlich im Liederheft zum mitlesen und späterem nachlesen enthalten.
Weiter führt Norbert aus:
"Entsprechend
der Fähigkeiten habe ich den Maler aus Duisburg animiert, ein Banner aus
zusammengenähten alten Betttüchern mit der Aufschrift "1. Großes
Sigeltreffen in Lommersdorf" zu erstellen welches von drei anderen
Beteiligten aus Breisach/Freiburg am Dorfeingang von einem Laternenpfahl quer
über die Dorfeingangsstraße zu einem Baum gespannt wurde.
Derselbe
Maler hat auch auf meinen Wunsch hin auf einer alten, festen Tapetenrolle den
gleichen Spruch gemalt der dann im Versammlungssaal an der Wand aufgehängt
wurde (Schriftart und Text wurden vorgegeben). Auch dieser Spruch war über vier
Meter lang." Aus der Familie in Dülmen, Gärtnereibetrieb, kam die
Blumendekoration.
Norbert
Krumscheid gestaltete eine Nachkommentafel, in der er die Abkömmlinge der
sieben Zweige verschiedenfarbig kennzeichnete. Bei Eintritt in den
Veranstaltungssaal erhielt jeder Besucher ein farbiges Namensschild,
entsprechend der Farbe des Familienzweiges und der Dekoration auf den Tischen.
So
erkannten sich die Teilnehmer, konnten an der Familientafel nachvollziehen in
welchem direkten Verwandtschaftsverhältnis sie stehen und fanden auch ihren
vorbereiteten Tisch. Ein Wimpel, bestickt mit den Namen und Lebensdaten der
Großeltern schmückte den Speiseplatz des Familienzweiges und wurde am späteren Abend
meistbietend versteigert (Mindestgebot 65,- DM = Herstellungspreis).
Gästebegrüßung
Ein
Familienmitglied organisierte den Partyservice der ein hervorragendes üppiges
Abendessen lieferte. Jede im Umkreis von 50 km wohnende Familie stiftete den
für den Kaffeeklatsch erforderlichen Kuchen, aber auch hier muss regulierend
eingegriffen werden, sonst stehen nur 20 Erdbeerkuchen zur Auswahl. Jede
Hausfrau wollte ihre Qualität im Kuchenbacken darlegen und so konnte der
Festausschuss am nächsten Tag ein Zeltlager der Pfadfinder am Freilinger See mit Kuchen beglücken. Die aus größerer
Entfernung Anreisenden wurden um Kaffeemehlspenden gebeten. Die Bewirtung wurde
gerne von den Jugendlichen übernommen, die sich dabei so nebenbei manches
Trinkgeld verdienten.
Norbert Krumscheid: Abgesehen von den oben beschriebenen leiblichen Genüssen sowie Erdnüsse, Salzstangen und Gebäck, sollte jede Familie einen Gegenstand oder Besonderheit aus dem Vermächtnis ihrer Vorfahren mitbringen. Auf einer langen Tischreihe wurden Urkunden, das Tage- und Wirtschaftsbuch der Urgroßmutter (hier: Stammmutter), Briefe, Schriftstücke und Gegenstände des täglichen Bedarfs zur Besichtigung ausgestellt. Entsprechende Erläuterungen waren beigefügt.
So
war jeder irgendwie eingebunden, hatte einen oder mehrere Parts es machte ihnen
Freude - alle waren glücklich und zufrieden.
Zum
Zeitpunkt nach dem Kaffeeklatsch war die 98-köpfige Sippe so weit zusammen
gekommen, dass es kein Problem mit der Vorstellung und Erläuterung mehr gab. Es
lockert auf, den ältesten und jüngsten Teilnehmer besonders zu ehren, die „nur“-Gäste vorzustellen, die als
Lebensabschnittspartner oder Verlobte mitgekommen waren. Wer die Lebenstage des
Geburtstagskindes erriet erhielt ein kleines Geschenk und wer auch noch den
Wochentag der Geburt erriet, eine Flasche Wein. Eine Familienangehörige hatte
auf die neun Kinder der Stammeltern deren Lebensgeschichte in lustigen
gereimten Worten vorgetragen, das Mitglied aus dem hohen Norden uns mit seiner
Gitarre zum Mitsummen und Nachdenken angeregt. Eine Zweimann-Kapelle (nicht in
der Umlage enthalten da sie von einem Familienmitglied gestiftete wurde)
spielte im Hintergrund, aber zum Tanzen hatten die wenigsten Zeit gefunden.
Zum weiteren Rahmenprogramm gehörte ein von
Familienmitgliedern für die Kinder inszeniertes Kasperletheater.
Zur
weiteren Unterhaltung hatte ein Mitglied der Familie ein Kreuzworträtsel u.a.
mit Fragen zur Familiengeschichte zusammengestellt. Das Lösungswort wurde von
Norbert zu einer Tombola mit wertvollen Preisen verwendet. Einer
hochschwangeren Teilnehmerin wurde ein Fläschchen mit echtem Wasser aus dem See
Genezareth aus Israel zugeschanzt. Die spätere Taufe des Neugeborenen wurde
tatsächlich mit diesem Wasser vollzogen. Unerwähnt soll auch nicht bleiben das
Fußballturnier für die heranwachsende Jugend, welche mit entsprechenden Trikots
ausgestattet wurden.
Entscheidender Punkt sind aber nicht die unterhaltenden Aktivitäten, sondern dass vorherige bekannt geben um diese Angebot. Nur wenn Familien mit Kleinkindern wissen, wie diese versorgt bzw. betreut werden, kommen sie überhaupt. Denn Kinder interessieren die alten unbekannten Menschen überhaupt nicht. Familienfeier, was soll dass! Das gleiche gilt für die Jugendlichen die beschäftigt werden wollen. Kontakt finden, Karten spielen, albern. Und dann sind die Eltern erfreut, einmal etwas vom Alltagsstress entbunden zu werden.
Auch
eine Festschrift durfte nicht fehlen. Unser Mitforscher hatte in einer
halbjährigen Arbeit eine achtseitige Zeitung mit Geschichtlichem und
Geschichten aus der Familie zusammengestellt, die zum Selbstkostenpreis von DM
5,00 mit einer Glocke ausgerufen wurde.
Gruppenfotos sowie der Austausch von Adressen gehörten auch dazu. Ein Fotograf aus dem Ort war bestellt und lieferte seine Fotos noch am selben Abend, bevor das Fest beendet war. Sein Umsatz war nicht schlecht.
Ein ortsansässiges Familienmitglied informierte vorab die Presse, die dieses besondere Fest auf der Lokalseite gerne aufnahm. Am Festtag erschien ein großer Artikel über die Familien-Sippe Sigel.
Norbert Krumscheid: Es gab auch einen Festabschluss - offiziell um Mitternacht. Aber was wäre ein solcher Abschluss nicht ohne Feuerwerk? Ich hatte zu Silvester Raketen und Böller gekauft (auch in der Umlage enthalten) und bis zum Sommer zurück gehalten. Da das ganze Dorf von unserem Fest wusste, hatten wir keinerlei Probleme (üblicherweise ist die Behörde einzuschalten) mit dem Spektakel auf dem Dorfplatz und es war eine besonders gelungene Überraschung, etwas für Jung und Alt.
Ein weiterer wichtiger Aspekt für ein Familientreffen sind die entstehenden unvermeidlichen Kosten. Porto, Druckkosten, Saalmiete und Umlage für das Buffet, dass so reichhaltig war, dass noch am nächsten Tag nach der Endreinigung alle Helfer beköstigt werden konnten, wurden für die Veranstaltung pro Erwachsenem DM 35,00 und pro Kind unter 16 Jahren DM 8,00 abverlangt. Das Essbesteck und -geschirr wurde beim Partyservice mitbestellt und die drei Mark Reinigungskosten pro Person (3 x 98= 294,- DM) eingespart, da alle verbliebenen Familienmitglieder am nächsten Tag entweder abwuschen oder abtrockneten. Andere wiederum stellten die Tische und Stühle zusammen und reinigten den Fußboden. Andere rollten das Banner zusammen und sammelten die Hinweisschilder ein. Dabei Kosten gespart - Lieder gesungen - Spaß gehabt - Familienbande geknüpft.
Diese
Durchführung ist bestimmt für ein gutes Gelingen geeignet. Doch der Fantasie
des Ausrichters eines Familientreffens sind keine Grenzen gesetzt.