Was den Scheid's alles so zugemutet wurde, wenn sie sich um die Festigung ihrer Existenzen kümmerten

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1852 Stephan Scheid II, Beruf Schreiner

Dieser richtete eine Beschwerde an die zuständige Behörde, da ein Tischler namens "Lötsch" aus Waldbreitbach ohne Qualifikation als Meister ein selbständiges Gewerbe führe. Die Verwaltung der Bürgermeisterei meinte bezogen auf die Klage des Beschwerdeführers: "Es herrscht wohl bei dem Anzeiger ein ordentlicher Brodneid...; der "Lötsch" sei sehr befähigt, was man von dem Petenten auf Grund der Erfahrung nicht behaupten könne."

 

1855 Anton Scheid zu Rossbach

stellt den Antrag um Erlaubnis einer selbständigen Führung einer Bäckerei. Die Behörde prüft den Antrag zurückhaltend. Scheid habe, so die Landratsbehörde gemäß eigener Erkundung auf dem Arnsauer Hüttenwerk gearbeitet, jedoch hier schon vor 1849 als Bäcker selbst gebacken. Dort sei er nur zur Kontrolle tätig gewesen. Eine Befähigung sei nachzuweisen. Die Waldbreitbacher Verwaltung meint: "Er sei doch ein ordentlicher Mann."

Laut Vorgang vom 26.09.1855 wird A. Scheid informiert, die Regierung zu Coblenz haben wegen der vorgetragenen Verhältnisse ein vorübergehende Erlaubnis ertheilt."

Begründung: "Wir entbinden den Antragsteller von den Vorschriften der betreffenden Verordnung, wegen den örtlichen Bedingungen, während des Nothstandes, vorläufig für 6 Monate."

Im Frühjahr 1856 muss Bürgermeister König gemäß Bedenken der Kreisbehörde über das Verhalten des A. Scheid während seiner Tätigkeit im Gewerbe berichten. Bürgermeister König notiert: "Pk scheid hat bis jetzt seine Bäckerei zur allgemeinen Zufriedenheit geführt. Es wäre sehr zu wünschen, wenn demselben nunmehr die Ausübung gestattet würde. Es mangelt immer noch an qualifizierten Bäcker die den gesetzlichen Anforderungen genügen."

Bzgl. der geforderten Qualifikation schreibt er im April 1856: "Es liegen keine Klagen vor, ein weiterer Nachweis aber über die Qualifikation ist ihm nicht möglich, da sich der Gemeinderath von Rossbach hierüber nicht ausgesprochen hat. Aber es steht fest, daß der Scheid der bis jetzt gutes Brod gebacken hat, geeignet ist, auch solches forthin zu thun."

Das Landratsamt verweist auf die gegebenen Sachzwänge. Es fordert unbedingt die verlangten Zeugnisse.

Lt. einem Vermerk vom 10.05.1856 berichtet Bürgermeister König: "Da der Scheid heute das Meister-Examen als Bäcker in Linz abgelegt hat und nach Einsicht der Zeugnisse der Prüfungs-Commission gut bestanden hat."

1854 Lorenz Scheid, Müller zu Waldbreitbach

Peter Scheid, Sohn des Waldbreitbacher Müllers  

Diverse Schwierigkeiten wegen Ausübung des Bäckergewerbes o d e r "Ein Wilddieb" - "ein Schwarzbrodbäcker" - "ein Jäger und die neue Gewerbeordnung

 

In einem mit der Landratsbehörde zu Heddesdorf und der Waldbreitbacher Amtsverwaltung geführten Streit, ging es vorrangig um die Frage, ob der Lorenz Scheid als Betreiber des Müllergeschäftes berechtigt sei, seinen Sohn Peter Scheid als Bäcker auszubilden. Der amtierende Bürgermeister König, Waldbreitbach meinte lapidar: "daß der Lorenz Scheid, Vater des Petenten eben ein solcher "Schwarzbrodbäcker" ist und für den Fall, daß er dasselbe auf heimlicher Weise verkauft haben mag, dennoch in gedachter Eigenschaft nicht die Befugnis hat, seinen Sohn Peter als Lehrling oder Geselle einzustellen. Er bezweifle auf, dass dieser das Bäckergewerbe einfach als Nebengeschäft führen dürfe. Aber hierzu habe

er eine Meldung bis jetzt unterlassen. Außerdem heißt es weiter: "hierorts ist Niemand bekannt, daß sich der pp. Scheid-Vater als qualifizierter Bäcker oder sein Sohn Peter überhaupt als Bäckerlehrling gewirkt hat".

 Die Auseinandersetzung war ausgelöst worden, durch eine Anfrage der Meisterkommission zu Linz. Dort hatte sich Peter Scheid um die Zulassung zur Meisterprüfung beworben.

Hierzu erklärte Bürgermeister König sinngemäß, "daß kein Geselle Peter Scheid hier bekannt ist". Die Linzer aber klären die Waldbreitbacher umgehend auf: "Sei doch Peter Scheid ein Sohn von Lorenz Scheid". Daraufhin antwortete die Waldbreitbacher Dienststelle, "daß der Scheid kein Lehrling, viel weniger ein Geselle ist".

Etwas später mit Rückbescheid vom 24.01.1854 bemerkt Bürgermeister König: "daß der im beiliegendem Attest unterzeichnete Scheid ein M Ü L L E R und kein B Ä C K E R ist und er deshalb keine Bäcker-Lehratteste ausstellen kann. Dazu geeignete befürwortende Aussagen von Berufskollegen aus Waldbreitbach wollte der hiesige Bürgermeister ebenfalls nicht gelten lassen. Er meinte, nach Befragen des Bäckers Kröll, dass dieser seine gegebene positive Beurteilung in besagter Angelegenheit inzwischen widerrufe. Selbst habe Kröll das besagte Attest ja nicht geschrieben, sondern nur unterschrieben und habe dabei das Wort "Geselle" wohl übersehen. Abschießend ergänzt der Bürgermeister: "Aus allem diesen geht nur hervor, daß der Scheid sich das Prädikat "Bäcker" nur erschleichen will und dränge deshalb darauf, den Scheid gefälligst abweisen zu wollen".

Aber die Prüfungskommission zu Linz verlangt präzisere Angaben über die Hindernisse, die einer Ablegung der Prüfung entgegenstehen. Die umgehende Erwiderung der Waldbreitbacher Behörde lautet u.a.: "daß ich nur denjenigen als Lehrling anerkenne, der nur bei einem mit Recht ausgestatteten Meister als Gehilfe beschäftigt gewesen ist, was bei dem Müller Scheid nicht der Fall ist". Sollten indessen alle die vor dem Jahre 1849 Schwarzbrod gebacken haben als selbständige Meister und deren Söhne, die als Gehilfen tätig waren, als Lehrlinge angesehen werden, dann würden sich noch über 100 Bäcker und Lehrlinge für die Bürgermeisterey präsentieren können".

Die umstrittene Zulassung löst weitere Schreiberei aus, bis endlich im Mai 1854 dem Antragsteller eine Ablehnung von der königlichen Regierung zugestellt wird.

Die Reaktion des künftigen Bäckermeisters Peter Scheid lässt nicht lange auf sich warten. Bereits Ende Mai 1865 erhebt dieser Klage gegen die Entscheidung.

Im bisherigen Verfahren hatte nun der Bürgermeister alle erdenklichen Hebel zu nutzen gewusst, dem jungen Sohn des Waldbreitbacher Müller das Leben schwer zu machen. Zur Jahreswende 1853/1854 hatte er hierzu noch eigene Ideen erdacht, seine Ablehnung zu dem Gesuch mit kuriosen Argumenten zu untermauern, indem er meinte: "...und kann doch wohl ein Müller keinem Lehrling Attest als Bäcker ausstellen; sonst kann der Walddieb seinem Sohn auch ein Attest als gelernter Jäger ausstellen.  

Erst während des Klage-Verfahrens bekommt der Waldbreitbacher Bürgermeister "kalte Füße" und korrigiert im Laufe des Sommers 1854 seine bisherige Meinung. Zudem muss sich der Verwaltungsbeamte Vorhalten der Kreisbehörde gefallen lassen. Vermutlich gibt es inzwischen Engpässe in der Versorgung der Bevölkerung. Der Bürgermeister stellt plötzlich fest, dass nach seinen Worten die Bäcker hier nicht die Mittel haben, bei den hohen Fruchtpreisen den erforderlichen Brodbedarf zu befrieden, bzw. den armen Leuten zu creditieren. Dies bringe den ganzen Bezirk in Verlegenheit. Es seien wohl nicht einmal 15 Familien mehr, die jetzt nach dem Frühjahr noch über Korn verfügen. Und Ärmere seien nach seiner Kenntnis inzwischen genötigt, ihre unreifen Kartoffeln zehren zu müssen.

 Die bis dahin vertretene Beurteilung der Sache durch den Waldbreitbacher Behörden-Chef erfährt eine totale Veränderung, wie aus einem "amtlichenVermerk" hervorgeht. Ebenfalls verhält sich die Behörde gegenüber dem Senior Lorenz Scheid nun entschieden anders. Nach einer persönlichen Vorsprache des hiesigen Müllers äußert Bürgermeister König: "Ich habe nach gründlichem Einlesen in die Gewerbeordnung die Überzeugung gewonnen, daß es beim Bäckergewerbe nur auf die Qualifikation ankomme". Wohlweislich verschweigt er die inzwischen erfolgte Belehrung und Ermahnung durch den Landrat, der nachstehende Weisung erteilt hatte: "a) wenn Brod im dortigen Bezirk fehlt, so werden sie daher zu erwirken haben, daß sich hinreichend Bäcker etablieren, respektive daß in einzelnen Orten Händler Brod zum Verkauf halten, welches selbstredend beim Bäcker gekauft werden muß". "b) von der Meisterprüfung aber Jemand zu entbinden, sind nicht Sie, sondern nur die königliche Regierung befugt".

Die Regierung hatte sich somit anders besonnen, sich vermutlich mehr auf die Berufserfahrung des Müllers berufen. Das formelle Gesuch wegen grundsätzlicher Backerlaubnis wird dann um die Jahreswende 1854/1855 für Lorenz Scheid positiv beschieden. Damit ist seinem Sohn Peter ebenfalls geholfen.

Aufgrund von Vorhaltungen, die dem Bürgermeister später gemacht werden wehrt sich dieser mit der Bemerkung: "Er befürworte in Anbetracht der örtlichen Situation und der jetzigen Bedürfnisse, daß Peter Scheid zur Meisterprüfung zugelassen werde. "Herrscht ja bei hiesigen Bäckern Mangel an Brod; dies führe zu Klagen bei den "Einsassen". (Es müssen wohl im Dorf 5 Bäcker oder Brotverkaufsstellen gewesen sein)  

Die Reaktion der durch das Verhalten der Verwaltung sichtlich verärgerten Scheid Senior und Junior lässt sich in Anbetracht des Beispiels von dem Walddieb und dem Jäger leicht erahnen.  

1862 "Der Oheim Tillmann Scheid"

Seine Profession: Schuster - Metzger oder Nachtwächter 

Tillmann Scheid ist Oheim des Joh. Bernrath von hier. Dieser Johann Bernrath übt ein Schusterhandwerk aus. 1862 wird dieser bei einem Kontrollgang der beiden Fußgendarmen der II. Brigade überführt, da er keine Schuster-Profession nachweisen kann. Trotzdem, so die Feststellung der Controlleure, beschäftige der Waldbreitbacher Schuster zwei Gesellen. 

Schuster Bernrath beruft sich auf seinen Oheim Tillmann Scheid. Er arbeite in dessen Namen. Er selbst werde binnen kurzem das Meister-Examen nachholen.

Wenige Jahre später - 1867 - beschäftigt Bernrath einen minderjährigen Lehrling. Dieser ist ein Waisenkind, weshalb sich das Schöffengericht dem Fall annehmen muss. Tillmann Scheid, der Oheim, kommt wieder ins Gespräch. Die Behörde erinnert sich vermutlich an den Vorgang von 1862, umso mehr, da der Scheid inzwischen ein Gesuch an den Landrat verfasst hat, mit der Bitte "...gehorsamst um Aufnahme in das Gewerberegister als Metzger". Der Bittsteller gibt u.a. an: "...die hier früher betriebene Metzgerei wieder aufzunehmen, was mir Bürgermeister Reusch unter dem Vorwand verweigert, es seien Metzger genug hier". "...ich habe die Meisterschaft, führe einen eigenen Betrieb am Ort, ...ich bin auch Schuster..."  

In einer Gegendarstellung des amtierenden Bürgermeisters heißt es darauf: "...daß ich ihm die Erlaubnis nicht geben wollte, hatte folgenden Grund: Tillmann ist ein armer Schuster und ist zugleich Nachtwächter des hiesigen Dorfes, als schmutziger Mensch bekannt. Er täuscht zudem die Behörde, da ein anderer das betreffende Geschäft leiten solle. Auch wird seine Bonität angezweifelt; hat er doch im vergangenen Winter noch Unterstützung bezogen".


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