(von Karl Kessler, Bad Marienberg - veröffentlicht zur 800-Jahr-Feier von Altstadt)
Um 1950 wurde bei Bauarbeiten in unmittelbarer Nähe des Turmes der St. Bartholomäuskirche in Altstadt ein rottoniger Kugeltopf gefunden, der in Privatbesitz gelangte. Das Gefäß hat einen Randdurchmesser von 8,5 Zentimetern und ist 12 Zentimeter hoch. Es ist Mayener Ware, die auf dem Handelsweg aus der Eifel in den Westerwald gelangte. Mayen war von römischer Zeit bis möglicherweise in das 16. Jahrhundert hinein ein überregional bedeutendes Töpferzentrum. Der hochmittelalterliche Fund von Altstadt stammt aus dem 10. bis 11. Jahrhundert und weist in die karolingische Frankenzeit. Kugeltöpfe, Krüge, Becher und Schüsseln aus Ton, dünnwandige Irdenware oder Frühsteinzeug gelangte außer aus Mayen auch aus den rheinischen Töpfereibezirken Paffrath und Pingsdorf in den Westerwald. Siedlungskeramik an zahlreichen wüsten Wohnplätzen, von Regionalforschern aufgesammelt, legt Zeugnis davon ab. Vereinzelt wurden im Hochmittelalter bei uns Tongefäße in den o. g. Formen hergestellt, so bei Kirburg und Wahlbach.
Das Geschirr bestand außerdem aus Holz, so Eimer und Schüsseln. Dazu kamen eiserne Messer. Man aß mit der Hand oder - sicher seltener - mit einem Holzlöffel aus einer großen Gemeinschaftsschüssel. Es interessiert sicher auch, was man in Umgeriffen und anderswo im Westerwald gegessen und getrunken hat. Bei noch im 11. Jahrhundert dünner Besiedlung spielte das Fleisch die größte Rolle in der Ernährung. Zunächst war die Weidewirtschaft von größter Bedeutung. Auch die wildlebenden Tiere lieferten fleischliche Kost. Bedingt durch die Bevölkerungszunahme bis Mitte des 14. Jahrhunderts wurden bald ganz allgemein Nahrungsmittel aus der Getreidewirtschaft vorherrschend. Anspruchsloser Haferbrei, bis in unsere Zeit als Breimehlsbrei bekannt, wurde zum Hauptnahrungsmittel. Brot hatte damals noch eine geringe Bedeutung. Als Getränke werden in alten Archivakten Wasser, Molken und Milch aufgezählt. Zum Süßen wurde, wenn überhaupt, Honig verwendet.
Der Altstädter Kugeltopf - erste Spuren der Besiedlung unseres Dorfes
Der Kugeltopf von Altstadt hilft, eine Überlieferungslücke zu schließen, und läßt die vermutete frühe Straßensicherung oder den Rastplatz, verbunden mit einer als Kapelle dienenden Kirche, an der alten Fernstraße zwischen dem Rhein und Mitteldeutschland, der späteren Köln-Leipziger Straße, deutlich werden. Denn erst 1131 wird der reiche Besitz des Stiftes St. Kassius in Bonn mit der Erwähnung einer Reihe von Kirchen mit Kapellen im mittleren Westerwald greifbar, wovon eine Kirche mit hoher Wahrscheinlichkeit hier zu suchen ist. 1199 wird diese Kirche in Umgeriffen/ Vingeriffen, dem späteren Altstadt, erstmals genannt. Der Verlauf der Köln-Leipziger Straße über Altstadt erlangte erst nach dem Bau von Burg und Siedlung Hachenburg durch die Sayner Grafen Ende des 12. Jahrhunderts und der Stadtrechtsverleihung 1314 größere Bedeutung. Ein weiterer Richtweg überschritt bei der als Straßensicherung dienenden salischen Burg Nister, nahe dem Kloster Marienstatt, die Große Nister. Er begegnet noch Ende des 18. Jahrhunderts als „Höhweg" im Nauberg und vereint sich bei Norken/Kirburg mit der von Hachenburg/Horhausen (Wüstung)/ Korb herführenden Route. Rechtzeitig zum 800jährigen Jubiläum konnte die bis dahin der Öffentlichkeit verborgen gebliebene älteste „Boden"-Urkunde Altstadts nach Abstimmung mit dem Landesamt für Denkmalpflege in Koblenz für die Sammlungen des Landschaftsmuseums Westerwald erworben werden. So beginnt nun Altstadts Geschichte mit einem kugelförmigen Topf, in dem vielleicht einmal Haferbrei aufbewahrt wurde.