Die Ortschaft Beul
Aus dem Jahrbuch 1999 des Kreisheimat - Verein Altenkirchen - Westerwald
Nachdruck mit dessen Erlaubnis
Autor: Helmut Wagner
Wenn man von Altenkirchen über die L 267 nordwärts in Richtung Hamm/Sieg fährt, erreicht man nach ca. 6,5 km das Dorf Beul.
Bereits das Ortseingangsschild zeigt dem Fremden, daß es sich bei der malerischen kleinen Siedlung am Südhang des Beulskopfes um ,,ein besonderes Dorf" handeln muß.
Jeder Laie erkennt auf der Ortstafel eine politische Trennung des Ortes.
Tatsächlich bildet die in Nord-Süd-Richtung oder umgekehrt durch Beul verlaufende Landesstraße Nr.267 die Gemeindegrenze zwischen den Ortsgemeinden Heupelzen und Busenhausen, und so stehen heute 14 Häuser mit rund 50 Einwohnern auf der Heupelzer Seite und 26 Häuser mit rund 100 Einwohnern sowie die Aloysius-Kapelle in der Gemarkung Busenhausen.
Wie kam es zu dieser Kuriosität in der höchstgelegenen Ortschaft in der Verbandsgemeinde Altenkirchen?
Beul in vergangenen Jahrhunderten
Bereits um 1450 wird ein Bewohner von einem ,,Hof zum Beuell" in Mirakelbuch von Hilgenroth erwähnt.
Im reformierten Kirchenbuch von Altenkirchen tauchen 1606 ,,die Beugeelshöff" auf, und 1744 werden konkret die drei Beuler Bauernhöfe genannt. Ein Hof stand auf dem hinteren Beul (heutige Anwesen Eckardt/Bayer), und zwei Höfe standen auf dem vorderen Beul (heutige Anwesen Hahmann/Eisel). Alle diese Gehöfte lagen in der Gemarkung Busenhausen.
Der Hof auf dem hinteren Beul wurde in der Zeit von 1656 bis 1790 nachweisbar von einer Familie Bender, teils auch Bänder geschrieben, bewohnt und bewirtschaftet.
Am 16.3.1698 starb Adolph Bender im Alter von 42 Jahren. Johann Bernhard Bender heiratete am 28:10.1753 Maria Kahlin aus Bußen.
Bei der erstmaligen Vermessung der Gemarkung Busenhausen erscheint im Jahre 1828 Gerhard Pöttgen als Eigentümer des Hofes auf dem hinteren Beul. 1837 wurde der Hof an den Juden Abraham Afron aus Hamm verkauft.
1841 trat der bekannte Großgrundbesitzer Everhard von Geyr zu Schweppenburg aus Cölln als neuer Eigentümer des Gutes auf dem hinteren Beul in Erscheinung.
Dieser Adelige ersteigerte im Jahre 1836 das vom Verfall bedrohte Klostergebäude in Marienthal, ließ es renovieren und umbauen und schenkte es anschließend dem Erzbischöflichen Stuhl in Köln.
Der reich begüterte Freiherr kaufte in jener Zeit viele Ländereien in der heimischen Gegend auf In den Dörfern schuf er kleine Höfe, die jeweils mit katholischen Pächtern besetzt wurden.
So wuchs allmählich die katholische Bevölkerung im Raume Altenkirchen-Hamm Weyerbusch.
Everhard Freiherr von Geyr zu Schweppenburg verstarb 1873 nach einer kinderlosen Ehe in Unkel am Rhein. Seine Erben veräußerten und verschenkten die Ländereien und Besitztümer anschließend an Katholiken.
Der zweite Hof in Beul stand auf dem vorderen Beul im Bereich des heutigen Hauses Hahmann und wurde von einer Familie Schumacher bewirtschaftet.
Henrich Schumacher heiratete 1609 seine Ehefrau Elsgen. Beide ließen am 8.7.1621 ihre Tochter Tringen taufen. Die Ehefrau muß einige Jahre später gestorben sein. Am 2.3.1628 heiratete der Witwer Henrich Schumacher auf'm Beul Girtgen, Engerichs Wittib von Birkenbeul.
Ein Nachkomme mit dem Namen Heinrich Schumacher vom vorderen Beul wurde am 14.3.1719 im Alter von 48 Jahre begraben. Dessen Schwiegersohn Hanß Peter Eichelhardt und seine Frau Cäcilia Christina ließen 1716 ein Söhnlein taufen mit Namen Johann Paulus.
In einer Einwohnerliste aus dem Jahre 1744 taucht Hanß Peter Eichelhardt als S0jähriger Untertan vom Beul auf.
Um 1830 war Jakob Eichelhardt Eigentümer des Hofes.
Der zwischen den Jahren 1660 und 1700 errichtete dritte Hof in Beul stand im Bereich des früheren Anwesens Hammer auf dem vorderen Beul. Im Jahre 1731 ließen Johann Georg Seelbach und seine Frau Immel Margareta geborene Schumacher vom vorderen Beul ihre Tochter Anna Elisabetha taufen.
Anna Elisabetha heiratete später den Johann Peter Gerhard Saßeroth. Die Eheleute hatten viele Kinder. Am 5.7.1763 wurden die Zwillinge Anna Margaretha und Eva Gertraud geboren. Zwei Söhne hießen Johann Wilhelm und Heinrich Wilhelm.
Ersterer heiratete am 16.6.1789 Clara Heegen aus Birkenbeul und verzog nach dort.
Im Jahre 1830 war Heinrich Wilhelm Saßeroth, geboren am 13.6.1770, Eigentümer des Hofes. Saßeroth war dreimal verheiratet und zwar mit Anna Maria Reider aus Niederirsen, Anna Maria Schupp aus Niederndorf und Anna Catharina Burbach aus Niedererbach. Saßeroth starb am 16.9.1842. Nach seinem Tode wurde der Hof im Jahre 1851 zwangsversteigert.
Alle Grundstücke des Anwesens fanden einzeln bei der Versteigerung in der Wohnung von Gerichtsschöffe Meister in Busenhausen neue Eigentümer. Die Erwerber der Parzellen errichteten in zahlreichen Fällen nach und nach zusätzliche Anwesen beiderseits der Ortsstraße und bewirkten so, daß der Ort Beul entstand und bis heute ein gemeindemäßig geteiltes Dorf geblieben ist.
Im Jahre 1906 standen auf der Heupelzer Seite nur zwei Wohnhäuser, die heutigen Anwesen Rudnick/Wrede (früher Bachs) und Helge Schmidt (früher Schostersch).
Beul heute
Beul ist heute ein typisches Straßendorf. Nahezu alle Anwesen liegen rechts und links der Durchgangsstraße nach Hamm/Sieg bzw. nach Altenkirchen. In früheren Jahren waren in Beul einige kleinbäuerliche Betriebe, heute ist jedoch keine einzige Milchkuh mehr vorhanden. Die Einwohner arbeiten vorwiegend auswärts und fahren täglich als Pendler überwiegend nach Altenkirchen, Hamm oder Wissen zur Arbeit.
An Gewerbebetrieben ist eine Gaststätte mit Pension vorhanden.
Die Hochbautätigkeit hielt sich in den letzten Jahren in Grenzen. Auf der Busenhausener Seite wurden vornehmlich nur Baulücken geschlossen. Auf der Heupelzer Seite ist im südlichen unteren Bereich des Ortes eine Ausweisung von neuen Bauflächen beantragt.
Für die innerörtliche Ausbauplanung der L 267 wurde zwischen den Ortsgemeinden Heupelzen und Busenhausen eine Planungsverband gegründet. Ein Bebauungsplan-Entwurf sieht einen einseitigen Gehweg sowie einige Verschwenkungen der Fahrbahn und Engstellen zur Verkehrsberuhigung vor.
Heupelzen und Busenhausen sind jeweils anerkannte Dorferneuerungsgemeinden, und der Ortsteil Beul wurde von jeder Ortsgemeinde in das DE-Konzept einbezogen.
In den Jahren 1949 - 1951 wurde von der katholischen Bevölkerung von Heupelzen und Beul vorwiegend in Eigenleistung eine Kapelle in der Ortsmitte von Beul gebaut, die jedoch im Jahre 1973 durch eine größere Kirche mit Pfarrsaal ersetzt wurde. Die Filialkirche St. Aloysius zu Beul gehört zur Pfarrei Altenkirchen und damit zur Kirchengemeinde St. Jakobus. In Beul finden regelmäßige Gottesdienste und Messen für die katholische Bevölkerung statt.
In Beul steht seit Mai 1990 der weithin sichtbare Raiffeisen-Aussichtsturm, ein Holzturm mit 35 m Höhe. Neben dem Otto-Turm bei Kirchen und dem Bismarckturm bei Altenkirchen ist es der einzige Aussichtsturm im Landkreis Altenkirchen.
Der Turm ist insbesondere an Wochenenden sehr stark frequentiert, hat man doch von oben bei klarem Wetter eine tolle Fernsicht bis weit in das Bergische Land, in die Eifel, ins Rothaargebirge, bis Montabaur und zu den höchsten Bergen des Westerwaldes.
In klaren Silvesternächten ist es beeindruckend, ein Feuerwerk von einigen tausend Ortschaften gleichzeitig zu erleben.
Direkt unterhalb des Turmes liegt der Druckausgleichs- und Notversorgungsbehälter der Kreiswasserversorgung. Zwei Millionen Liter Trinkwasser sind ständig vorhanden und können bei Bedarf sofort in das vorbeiführende Hauptleitungsnetz eingespeist werden.
1996 wurde in Beul ein Kinderspielplatz neben der Kirche eingeweiht. Zahlreiche Eltempaare haben diesen Spielplatz in Eigenleistung erstellt. Die beiden Ortsgemeinden haben lediglich die Materialkosten getragen.
Am Waldrand in Richtung Hilgenroth besteht ein kleiner Waldfriedhof für die katholische Bevölkerung. Dieser Friedhof - ein Ort der Besinnung, Ruhe und inneren Einkehr, wurde 1954 angelegt und 1992 erweitert.
Das Vereinsleben wird durch den Männergesangverein Beul-Heupelzen und den Kirchenchor ,,Cäcilia" Beul geprägt.
Der Kirchenchor wurde 1950 gegründet, der MGV Beul-Heupelzen feierte 1995 sein 95jähriges Festjubiläum.
Der letztgenannte Kulturträger wurde insbesondere 1986 als Ausrichtet des weithin bekannten Kohlenmeilerfestes sowie 1995 als Mitausrichter des 3. Turmlaufes Deutschlands und anschließendem 9tägigem Open-Air-Sängerfestes weit über die Heimatgrenzen hinaus bekannt.
Beul, ein sehr junges Dorf an der Wasserscheide zwischen Sieg und Wied kann dem aufmerksamen Besucher viel bieten, u. a. Historie, tolle Fernsicht, innere Einkehr, Ruhe in der katholischen Kapelle etc.
Falls Sie Beul noch nicht kennen, besuchen Sie den Ort am Südhang des Beulskopfes und Sie werden angenehm überrascht sein über die Landschaft und die gastfreundlichen Bewohner des Höhenortes.