Bruch

Haus und Herrschaft Bruch

Aus dem Jahrbuch des Kreisheimat-Vereins Altenkirchen - Westerwald

Nachdruck mit dessen Genehmigung

Autor: Erwin Katzwinkel

Das Westerwaldlied von Hangard - bereits 1845 entstanden - beginnt mit dem Vers:

Es liegt ein Wald im Westen,

Genannt der Westerwald:

Da sieht man keine Festen,

Die Zeugen der Gewalt

 Und doch gibt es sie im Westerwald. Ob man sie als Zeugen der Gewalt ansehen muß, sei hier nicht untersucht, doch bin ich überzeugt, daß die vielen jungen und alten Westerwaldwanderer sie in der heimischen Landschaft nicht missen möchten. Wir alle kennen doch den besonderen Reiz, den diese Zeugen der Vergangenheit der Landschaft geben: Burglahr, Ehrenstein, Altenwied, Altwied, Reichenstein, Hartenfeis, Steinebach, Hachenburg, Freusburg, Crottorf, Schönstem, um nur einige aus unserer nächsten Umgebung zu nennen.

Einst stand auch eine Burg zwischen Flammersfeld und Oberlahr, allerdings auf der linken Wiedseite: die Burg Bruch. Heute gibt keine Ruine mehr Zeugnis von ihr, doch wissen wir, daß sie später durch ein Wasserschloß ersetzt wurde, das Hochgräfliche Haus Bruch. Ein einsames Haus ist der letzte Zeuge dieser einstigen Burg. Wohl nicht mehr sehr lange; deshalb wollen wir heute einmal der Geschichte gerade dieser Burg und des späteren Schlosses nachgehen.

Burg Bruch

Man darf annehmen, daß eine Burg bereits im 13. Jahrhundert zu Bruch bestanden hat, und zwar auf der Höhe hinter dem späteren Schloß. Jutta von lsenburg (1259-94) brachte Bruch in die Ehe mit Gottfried von Sayn (1253-83) als Mitgift ein.

Um diese Zeit begegnet uns ein Geschlecht von Witzelbach, das auf der Braunsburg zu Langendernbach, Winden und Witzelbach begütert war. Es ist anzunehmen, daß sie von den Scherre von Waldmannshausen beerbt wurden. Diesem Geschlecht entstammt (nach Gensicke) vielleicht ein zweites Geschlecht von Witzelbach, welches seit 1379 auftrat und 1550 ausstarb. Es war zuletzt vor allem in der Grafschaft Wied begütert und wurde von den Herren von Bruch beerbt, die um die gleiche Zeit auch Koberstein erwarben. Es darf wohl angenommen werden, daß diese Geschlechter jedoch nur als Lehnsmänner auf Bruch gesessen haben, denn bereits vor 1371 kam die Burg von Sayn-Vallendar an Gerlach von lsenburg-Arenfels. Sein Schwiegersohn, Salentin von lsenburg, verfügte 1419 über die ganze Burg.

Die alte Burg Bruch soll durch einen Herzog von Jülich zerstört worden sein. Näheres ist darüber noch nicht erforscht. Um 1575 sollen neben dem Schloß noch Ruinen der Burg gestanden haben.

Ob die heute noch vorhandenen gewölbten Felsenkeller die letzten Zeugen dieser Burg sind, ist ebenfalls noch ungeklärt.

 SchloB Bruch

Um etwa 1515 soll das Schloß Bruch erbaut worden sein. Da Bruch mit Horhausen und Peterslahr 1502 an einen späteren Salentin von Isenburg gefallen war, darf man in diesem Salentin wohl den Erbauer sehen. Mit Graf Heinrich von Isenburg-Neumagen starb die Salentinsche Linie im Mannesstamme aus. Heinrichs Schwestern bzw. deren Erben erhielten das Schluß Bruch, wodurch sehr verzwickte Besitzverhältnisse geschaffen wurden.

1554 nahm Gueda von Waldeck auch im Namen ihrer Schwestern die Untertanen zu Bruch und in den Kirchspielen Horhausen und Peterslahr in Huldigung. Gleichzeitig ließ sich aber auch der aus Isenburger Geschlecht stammende Erzbischof und Kurfürst Johann von Trier in Bruch und den beiden Kirchspielen huldigen. Wer sich weigerte, diese Huldigung für Trier zu leisten, wurde gefangen gesetzt und ihm das Vieh fortgetrieben. Die rauhen Sitten des Adels herrschten also bei den christlichen Kirchenfürsten nicht minder.

Der damalige isenburgische Amtmann in Bruch stellte sich auf die Seite des stärkeren Kurfürsten, bis Graf Ludwig zu Sayn ihn zur Ordnung rief. Aber die Auseinandersetzung mit dem Erzbischof von Trier währte fort und gehört zu den Prozessen am Reichskammergericht, die bei dessen Auflösung 1806 noch nicht entschieden waren.

Die Besitzverhältnisse waren in jenen Jahren folgende:

1/3 besaß Graf Ludwig von Wittgenstein,

1/3 Graf Johann von Nassau,

1/6 Graf Georg von Nassau und

das restliche Sechstel Carl v. Hohenzollern-Sigmaringen.

In den Jahren 1585, 87 und 97 kaufte der Wittgensteiner die Teile seiner Miterben auf und setzte sich wieder in den Besitz des ganzen Schlosses und der Herrschaft Bruch.

,, Hove und gude zu dem Bruge" kamen bei der Teilung 1602 an Ludwigs ältesten Sohn, den Begründer der Linie Berleburg, bei der es bis in unsere Zeit verblieb.Wie sah nun dieses Wasser- schloß aus? Ein Olgemälde aus dem 18. Jahrhundert im Schlosse zu Berleburg zeigt uns das äußere Bild. Doch scheint es sich hierbei nicht mehr um das Salentinsche Gebäude von etwa 1515 zuhandeln , sondern um einen Renaissance-Bau, der sicherlich erst von den Wittgensteinern angelegt wurde.

Das als Hochgräfliches Haus Bruch bezeichnete Schloß war von einem Wassergraben umgeben. Ihm war ein großer Wirtschaftshof vorgelagert, dessen übrige drei Seiten von Wohn- und Wirtschaftsgebäuden begrenzt waren. Eine Brücke führte zu einem zweistöckigen Vorbau, der im Erdgeschoß offene Arkaden mit Säulen und Rundbogen zeigte. die sich am Hauptgebäude fortsetzten. An der Südostecke des Schlosses stand ein Rundturm mit einer barocken Haube. Das Schloß war ebenfalls zweistöckig, an der Längsseite mit sieben, an den Schmalseiten mit vier Fensterachsen versehen. Es hatte ein hohes Mansardendach, welches durch zwei Reihen Dachgauben untergliedert war.

Über das Innere des Schlosses erfahren wir einiges aus einem Inventarverzeichnis von 1624, das uns Gensicke mitteilt. In dem Vorbau lag über der Pforte noch eine Kammer, eine darunter liegende Kammer, eine daran anstoßende Kammer, eine oberste ,,deuster" Kammer mit einer daranstoßenden Stube, dahinter in einem Geschoß des Turmes die runde Kammer, daneben das Reiter-Gemach, eine weitere Kammer, das Küchenstübchen mit einer Kammer, Küche und Gesindestuben.

Gebräuche bei der Obernahme

 Über die anderen Gebäude erfahren wir einiges aus einer Notariatsurkunde aus dem Jahre 1741.

 Am 5. Juni dieses Jahres verstarb der weyland hochgeborene Graf und Herr, Herr Casimir, Regierender Graf zu Sayn und Wittgenstein, Herr zu Homburg, Vallendar, Neumagen pp . Dadurch fielen ,,Regierung, Beherrschung, Eigenthum, Besitz, Genuss und Gebrauch aller und jeder Landen, Leuthen, Schlössern, Häusern, Gebäuden, Vorwerken, Höfen, Gärten, Mühlen, Waldungen, Wassern, Plätzen und dergleichen, sie haben nahmen, wie sie wollen dem Erben Ludwig Ferdinand zu.

Dieser befahl bereits am 10. Juni den Kaiserlichen Notar Georg Baithasar Buchner, den Reichsgräflichen Commisarius Oberschultheiß Georg Andreas Lehr und den Oberförster Johann Philipp Althaus zu sich und beauftragte sie, sich mit noch zwei weiteren Zeugen umgehend auf ,,Unser Haus und in Unsere Herrschaft Bruch an der Wiedbach" zu begeben und im Namen des Erben davon Besitz zu ergreifen.

Die Genannten trafen bereits am 19. Juni in Bruch ein. Als weitere Zeugen hatten sie hinzugezogen Johannes Köhler aus Berleburg und Dietrich Conrad Becker, Förster aus dem Dorfe Flammersfeld, Hochgräflichen Hachenburgischen Landes. Montags morgens um halb acht Uhr überschritten diese fünf Männer die Brücke und stellten sich mitten im Vorhof auf, wo durch Oberförster Althaus dann die Deklaration des neuen Grafen Ludwig Ferdinand öffentlich und laut vorgelesen wurde. Danach begab man sich zum Schloß, forderte vom dermaligen Pächter Windelbiecher die Schlüssel. Nach deren Aushändigung an die gräfliche Kommission wurde die Haustür zu und wieder aufgeschlossen. Dann begab man sich in die Küche, wo das Herdfeuer gelöscht und wieder angezündet wurde, dann in Brau- und Backhaus, wo ebenfalls das Feuer gelöscht und wieder entzündet wurde. Danach wurde der Keller aufgeschlossen, hineingegangen und wieder zugeschlossen, weiter in der Mahlmühle die Tür zu- und wieder aufgeschlossen, in der Mühle herumgegangen, das Mahlwasser ab- und wieder aufgelassen. Der Weg führte dann weiter in die Schmiede, die Ziegelhütte, in sämtliche Küh-, Pferde- und andere Stauungen und in die Scheunen. Nach diesem Rundgang wurden die Schlüssel dem Pächter zurückgegeben.

Um 9 Uhr verließ man Haus Bruch, zog zu den Feldern in der Lahrer Gemarkung und ließ sich das Dorf Horhausen und die darum liegenden Felder zeigen. Weiter zog man in die Waldungen, wo an fünf Orten durch Oberförster Althaus mit dem Hirschfänger ein Zweig abgeschlagen wurde, und zwar an der Hachenburgischen Grenze, am Haken-Hayn, am Erben-Knipp, oben auf dem Erben-Knipp und in den Himpeln. Uber die Auer-Heyde ging es dann zur Aue am Wiedbach und damit zum Ausgangspunkt.

Am Mittwoch, dem 21. Juni abends 6 Uhr, zog die Kommission den Lahrbachgrund hinaus bis an die Brucher mittelste lange Wiese, weiter bis an die Delle, den Kohlengruben nach hinauf zur Wolfskaule, von dort der gehauenen alten Schneise nach über den langen Thaal hinüber, wo mit Pistolen ,,dapfer" geschossen wurde. Dann zog man weiter auf den Horhäuser Weg, anschließend hinunter nach der Bolle-Heyde zu den neu gesetzten Steinen, entlang an den Steinen bis an den sogenannten Klausenweg am Rauschenberg, dann an die im Brucher Feld stehende Eiche, wo ebenfalls ein neuer Stein steht. Dann über den Hain über den Oligsberg wieder von Stein zu Stein bis zum letzten Stein, welcher den Oligsberg gerade hinunter zeigt. Dann durch die Schneise bis in den Diedersfelder, den Wollenbacher Grund hinunter bis an den schwarzen Weg und von dort wiedabwärts bis an den Lahrbacher Grund zurück.

Neben dem Brauhaus wurde später auch eine Brennerei errichtet. 1712 entfielen von den 715 Gulden Gesamteinnahmen allein 341 Gulden auf Bier- und 63 Gulden auf Branntwein-herstellung. Großen Wert scheint man auch auf die Fischerei gelegt zu haben, denn es gehörten acht Weiher zum Schloß: Fischweiher, Hausweiher, Mühlweiher, Steinweiher, Toteweiher, Rauchweiher, Honigweiher und Hurenweiher.

Aus Aufrechnungen aus den Jahren 1710 und 1711 geht hervor, daß zum Haus Bruch auch der ,,große Busch bei' Cafferoth" gehörte, womit sicherlich der Schmeißenbusch gemeint war.

Haus Bruch und das Kirchspiel Flammersfeld

Vor der Reformation gingen wohl die Einwohner der Herrschaft Bruch nach Horhausen in den Gottesdienst, zumal Horhausen wie Bruch damals lange Zeit isenburgisch war und die Kirche zu Oberlahr noch nicht bestand; vielleicht aber auch nach Peterslahr, denn am Peterslahrer Zehnten zu Epgenrote hatte das Haus Bruch Anteil. Wegen dieses Zehnten kam es mit der Pfarrei Peterslahr zu einem Streit, der wenige Jahre vor Durchführung der Reformation in der Grafschaft Sayn durch einen Vergleich beigelegt wurde.

Auch im Kirchspiel Urbach bekam das Haus Bruch seit undenklichen Zeiten jährlich 40 Malter Hafer. Wie es zu dieser Abgabe an das Haus Bruch kam, berichtet Emmel 1617:

 ,,Vor vielen Jahren soll das Kirchspiel Urbach von Kriegsvölkern durchzogen oder durch Freibeuter beschwert und angefochten worden sein, derweil nun ihre gnädige Herrschaft zu Dierdorf nit gewesen, sie sich auch seibsten nit desendieren konnten, dagegen aber das Haus Bruch ihnen nechst gelegen, haben sie selbige ersucht und Hülfe angerufen, auch so oft und vielmalen solche ihnen zu Hülf in das Kirspel Urbach kamen, haben sie sich erbothen und vereinbart alle Jahre gegen diese Hülf und Beystand des Haus Bruch 40 Malter Haber kleines kölnisches Maasses zu geben."

Wann diese Abgabe nun entstanden ist, konnte der Verfasser nicht ermitteln, doch sind bereits in einer Einnahmeaufstellung des Hauses Bruch aus dem Jahre 1555 diese 40 Malter Fuderhafer des Kirchspiels Urbach verzeichnet.

Mit der Durchführung der Reformation in den saynischen Ländern kam auch für das Haus Bruch die Loslösung vom alten Glauben. Das nächstgelegene lutherische Kirchspiel (später reformiert) war Flammersfeld. Es gehörte zu Sayn und war als Kirchspiel gleichzeitig unterste Verwaltungsbehörde. Nun gehörte aber die Herrschaft Bruch nicht zur Grafschaft Sayn und somit nicht zum Kirchspiel Flammersfeld, sondern war als Sayn-Wittgenstein-Berleburgisches Gebiet für sich. Infolge des gleichen Bekenntnisses wurde Bruch aber von Flammersfeld seelsorgerisch betreut. Das gräfliche Haus nahm die gleiche Stellung ein wie die adligen Höfe im Wied. Mehrbachwinkel, d. h. man war nicht zehntpflichtig gegenüber der Pfarre, hatte aber alle anderen Gebühren wie jeder sonstige Einwohner zu bezahlen und zur Besoldung des Pfarrers und des Lehrers auf diese Weise beizutragen.

So besaßen die Verwalter des Schlosses eigene Kirchenstühle in Flammersfeld, und auch das Gesinde hatte seine eigenen Bänke. Die Toten wurden in Flammersfeld beerdigt und ebenso Trauungen und Taufen dort vorgenommen.

Aber einen Vorteil hatte Bruch gegenüber den kölnischen Höfen im Flammersfelder Kirchspiel, es war am Flammersfelder Kirchenzehnt beteiligt.

Darüber berichtet das Pfarr-Rentenbuch von 1753 folgendermaßen:

,,Das Dorf Orfgen, Ziegenhahn, Berg jenseits dem Weg nach Orfgen und Hahn jenseits dem Weg nach Orfgen sind von diesem Zehenden (die Rede ist hier vom Blutzehnten, der Abgabe von Lämmern und Ferkeln) befreyt und müssen dagegen nach einem alten Recht ihre schweinen und schaaf an das Hochgräfliche Haus Bruch VerZehenden."

Das gleiche galt auch für den Gewirkzehnten, wie die Abgabe von Flachs und Hanf bezeichnet wurde.

Haus Bruch, eine ausgegangene Siedlung?

In den Jahren 1719 bis 1723 wurden noch umfangreiche Neubauten in Bruch errichtet, nämlich für insgesamt 2048 Reichsthaler. Acht sind einzeln in den Rechnungen aufgeführt Es waren dies:

Ziegelhütte und Wohnhaus für 311Rth.

Große Wohnhaus für 702 Rth.

Großer Kuhstall für 417 Rth.

Brauhaus für 484 Rth.

Rinderstall für 78 Rth.

Schweinestall für 30 Rth.

Wagenschuppen für 26 Rth.

Alle diese Bauten wurden im vorigen Jahrhundert niedergelegt, bis auf das große Wohnhaus, welches z. Zt. noch als Fosthaus der Sayrn Wittgenstein.Berleburgischen Forstverwaltung dient. Doch auch seine Zeit dürfte vielleicht bald vorüber sein. In den Tagen, da dieser Bericht geschrieben wurde, kam zwischen der Verwaltung in Berleburg und der Gemeinde Oberlahr ein Kaufvertrag zustande, wonach das ehemalige Schloßgelände in den Besitz der Gemeinde Oberlahr übergeht, die hier in Zusammenarbeit mit der Landsiedlung ein Gelände schaffen will, welches dem Fremdenverkehr dienen und im Zusammenhang mit dem in unmittelbarer Nähe im Bau befindlichen zentralen Freibad der Verbandsgemeinde Flammersfeld nutzbar gemacht werden soll. Konkrete Pläne liegen z. Zt. noch nicht vor. Bis zum Erscheinen des Heimatjahrbuches dürften sie aber Gestalt annehmen, und deshalb soll mit dem Hinweis auf die Zukunft des Geländes der Spaziergang durch die Geschichte von Burg und Schloß Bruch abgeschlossen werden.

 

Nachtrag aus dem Jahre 2003

Heute befindet sich auf dem Gelände eine Hotel-Anlage mit Campingplatz und Ferienhäuser.

"Hotel Westerwaldtreff".