Bergbautradition

Kompetente Leute habe viel über Bergbau und Hüttenwesen im hiesigen Raum berichtet. Vieles liegt im Dunkeln und man kann nur Vermutungen anstellen. Der Bergbau hat in unserer Gegend jedenfalls eine lange Tradition. Es steht fest, dass schon in der so genannten LaTene-Zeit, also 500 – 400 Jahre vor unserer Zeitrechnung, Bergbau und Hüttenwesen in unserem Raum verbreitet waren. Die Kelten, indogermanische Stämme, haben sich vermutlich von der „Kalten Eiche“ aus kommend und dem Höhenrücken bis zum Druidenstein folgend aufgrund der Erzvorkommen hier niedergelassen. Sie besaßen ein für die damalige Zeit erstaunliches Wissen um die Eisenerzgewinnung und Verhüttung. Der bekannte Siegerländer Heimatforscher Otto Krasa hat zahlreiche Verhüttungsplätze im Grenzraum Westerwald/Siegerland nachgewiesen, belegt durch Schlackenfunde, unter anderem auch in der so genannten „Wolfskehle“, einem Tälchen im Grenzgebiet zwischen Dermbach und Offhausen. Dieses Gebiet ist vom Landesamt für Denkmalpflege als vorgeschichtliche Siedlung unter Schutz gestellt. Gleich angrenzend in Sassenrother Gemarkung findet sich ein weiteres archäologisches Denkmal der Kategorie „vorgeschichtliche Siedlung / Eisenverhüttung“. Es kann heute nur vermutet werden, dass die Kelten infolge des Bevölkerungsdruckes, der aus dem Osten einsetzte, den hiesigen Raum verließen. Inwieweit die nachrückenden Völker die Kenntnisse über Erzabbau und Verhüttung von den Kelten übernehmen konnten, lässt sich nicht nachweisen.

Schriftliche Zeugnisse über den umgehenden Bergbau und die Weiterverarbeitung des gewonnenen Erzes gibt es erst etwa seit dem Mittelalter. Zahlreiche Pingen, sie sind heute noch bis zu 20 Meter tief, in der Gemarkung Dermbach und im angrenzenden Gebiet zeugen noch immer vom ursprünglichen Abbau von der Erdoberfläche aus. Als diese Abbauart wegen der erreichten großen Teufe mit entsprechender Gefahr für die Bergleute und phasenweise starken Wasserzuflüssen nicht mehr möglich war, musste man zum Stollenbau übergehen. Von der Talsohle aus aufgefahrene Stollen sorgten für die Wasserhaltung und die Erzförderung.

Die Aufzählung von Eisenhütten in der Region Herdorf von 1471 enthält auch eine Hütte in Dermbach. Diese Hütte, deren Lage unsicher ist, betrieb einen frühmittelalterlichen Brennofen, der später den hohen Ansprüchen nicht mehr genügte. Daraufhin schlossen sich Dermbacher und Struthüttener Gewerke zusammen und errichteten die moderne Hütte am Seelenberg, rechtsseitig der heutigen K101 bevor diese in Struthütten auf die Landesstraße 284 trifft. Die Hütte stand genau auf der Gemarkungsgrenze, so dass die Beschickung auf Dermbacher Seite und der Abstich auf Struthüttener Seite durchgeführt wurde.

Als die mit den bisherigen Methoden erreichbaren Erzvorkommen erschöpft waren und seit leistungsfähige Pumpen und Dampfmaschinen zur Verfügung standen, konnte man zum Tiefbau übergehen. Diese Phase dauerte im Dermbacher Raum bis in die erste Hälfte des vorigen Jahrhunderts (bis ca. 1950), danach kam der Bergbau allmählich zum Erliegen, in erster Linie durch billige Erzimporte aus dem Ausland.

Für Dermbach wurden laut Auskunft des Kreisarchivs 71 Grubenfelder verliehen und registriert. Es waren dies größtenteils sehr kleine Felder, die später, als man zum aufwendigen Tiefbau übergehen musste, konsolidiert, also zusammengelegt wurden. Anhand der Gangkarte des Siegerlandes von 1910 kann man in der Gemarkung Dermbach mehr als 40 Stollen und Schächte nachweisen. Über die Zahl der in früheren Zeiten vorhanden gewesenen Abbaustellen kann nicht einmal spekuliert werden. Zu einer gewissen Berühmtheit ist wegen seiner Einmaligkeit das Erzvorkommen des „Hollerter-Gang-Zuges“ gelangt. Dieser Gangzug berührt auch Dermbacher Gebiet. Anhand von vielen Pingen und Schürflöchern lässt sich sein Verlauf auch heute noch gut in der Örtlichkeit rekonstruieren. Dies sind die weiter oben genannten archäologischen Denkmale.

Immerhin hat es sich der berühmte Gelehrte Alexander von Humboldt nicht nehmen lassen, Dermbach zu besuchen und die Gruben und Stollen des Hollerter-Gang-Zuges zu besichtigen. Ihm zu Ehren wurde eine Grube „Alexander“ genannt, auch ein Alexander-Stollen trägt seinen Namen. Ein weiterer Stollen, der zur Entwässerung der Grube Hollertszug diente, mündet noch heute mitten in Dermbach.

Mit der Fertigstellung der Eisenbahnstrecke von Herdorf nach Wissen 1862 und der damit geschaffenen Verbindung über Köln-Deutz mit den Kohleabbaugebieten im Ruhrgebiet nahm die wirtschaftliche Entwicklung Dermbachs und Herdorfs eine entscheidende Wende. Die Befeuerung mit Ruhrkoks ermöglichte einen permanenten Betrieb der Hochöfen mit der Folge einer Produktivitätssteigerung. Umgekehrt war mit den Wirtschaftsräumen an Rhein und Ruhr ein großer Absatzmarkt für Roheisen erreichbar geworden. Die vorhandenen Gruben und Hüttenanlagen waren für die rapide gestiegene Nachfrage nicht gerüstet. Ebenso wie die Herdorfer Hütten und Bergbaubetriebe hatten auch die Dermbacher Grubenbesitzer nicht den Ehrgeiz, durch Modernisierung und Erweiterung den neuen Anforderungen gerecht zu werden. Der Neunkirchener H.D.F. Schneider, der bereits seit 1855 zahlreiche Gruben in Herdorf erworben und modernisiert hatte, baute eine neue, leistungsfähigere Hüttenanlage, die Friedrichshütte, die 1874 ihren Betrieb aufnahm. Nach und nach wurden alle Dermbacher Hütten von der Friedrichshütte aufgekauft. Im Jahre 1936 war auch die letzte Dermbacher Grube in deren Besitz.

Die Grube Concordia wurde in dieser Zeit (1875) in Betrieb genommen und es wurde auf Dermbacher Seite bis 1910 abgebaut. 1880 wurde die Grube über eine Schmalspurbahn mit den Hüttenbetrieben in Struthütten verbunden.

Bis zum Ende des ersten Weltkriegs blieb die Wirtschaftssituation im Raum Herdorf weitgehend stabil. Während der Weimarer Republik verschlechterte sich die Lage derart, dass viele Betriebe geschlossen werden mussten. Mit der Machtergreifung Hitlers setzte 1933 wieder eine Hochkonjunktur ein. Nach dem zweiten Weltkrieg kam die Eisenproduktion zunächst völlig zum Erliegen.

Mit dem einsetzenden Wirtschaftswunder gab es noch einmal ein kurzes Aufleben der Eisenverhüttung, bevor in den 50er Jahren die Gruben erschöpft waren und wenig später die Hütten geschlossen wurden. 1964 führte die Schließung der Friedrichshütte zum Ende der Eisenproduktion in Herdorf.

Einige Angaben der Gemeindechronik (1896 – 1951) über das Gruben- und Hüttenwesen

1896 schreibt der Schullehrer Schwerber:

Unser Dorf lebt von Ackerbau, Haubergswirtschaft und hauptsächlich von Bergbau. Letzterer war von 50 Jahren hier ganz bedeutend. Die Gruben Waldstolln, Steinseifen, Hollerterzug, Guldenhardt und noch viele kleine Bergwerke standen in vollem Betrieb. Von diesen wird nur noch etwas auf Hollerterzug gearbeitet. Er legt seit drei Jahren eine neue – elektrische - Anlage zwischen Herdorf und Sassenroth an auf der Grube Königstolln.

In diesem Jahr sind wieder in Betrieb gesetzt worden die Grube Concordia im Salz und die Grube Hüttenwäldchen unterhalb des Dorfes rechts am Wege nach Herdorf.

1898 ist die Grube Unterstes Kreuz wieder in Betrieb gestellt worden. 1899 sind die Gruben Waldstolln, Steinseifen und Schweinskopf von einer auswärtigen Gewerkschaft – Repräsentant Adolf Ax junior Siegen – angekauft, unter dem Namen Waldstolln consolidiert und in Betrieb gesetzt worden.

Die Tonne Rohspat kostet 11,50 M, die Tonne Braueisenstein 9,00 M, die Tonne geröstetes Eisenerz 15,00 – 17,00 M.

1907:

Der Vorstand der Grube Concordia in Dermbach versendet nachfolgenden Geschäftsbericht für 1906: Die Gewerkschaft Concordia hatte im Geschäftsjahr 1906 bei einer Belegschaft zu 115 Mann über Tage und 321 Mann unter Tage an 301 Arbeitstagen eine Förderung von 3477 Tonnen Brauneisenstein und 54337 Tonnen Rohspat. Die Einnahmen betrugen 680305 M. Für den Betrieb wurden verausgabt 618407 M, an Generalia 31360 M, an Zinsen 73744 M, an Aus- und Vorrichtungen 57814 M, sodaß ein Verlust von 101019 M verbleibt. Die Bilanz weist an Debitoren 91487 M, an Kreditoren 768856 M aus, darunter 679096 M an Bankschulden, außerdem besteht noch eine 5 proz. Anleihe von 700000 M ---.

Infolge dieses Berichtes fielen die Kuxe von 1700 M auf 850 M ---- In der am 14. August 1907 in Düsseldorf stattgehabten Gewerkenversammlung wurde eine Zubuße von 500000 M zu heben, beschlossen.

Die Grube Concordia ist im letzten Viertel des Jahres mit ihrem Grubenfeld Harteborn, das mit Eisenzecher Zug markscheidet, auf der 100 m Sohle nach Eisenzecher Zug durchschlägig geworden.

1908:

Die Gewerkschaft Eisenzecher Zug, bez. deren bedeutendsten Gewerken haben noch über die Dreiviertelmehrheit von Konkordia käuflich erworben, den Sitz der Gewerkschaft Konkordia mit dem 1. Februar von hier nach Eiserfeld verlegt und suchen auch sobald als möglich die Förderung von Konkordia dahin zu leiten.

Die Geschäftsflaute, die 1907 einsetzte, hat in 1908 noch viel größeren Umfang angenommen. Die Gruben haben die Belegschaften sehr reduziert. Hüttenwäldchen hat zum 15.12.08 der ganzen Belegschaft gekündigt. Die Löhne sind 30 – 50 % herunter gegangen. Es herrscht großer Arbeitsmangel. Das Roheisensyndikat hat zum 1. Januar 1909 seine Auflösung beschlossen. Die Preise für gerösteten Spateisenstein sind 15,50 und 10,90 M für Rohspat die Tonne. Als Richtpreise gelten für Stahleisen 60 M, Puddeleisen 62,50 M, 10 – 12 % Spiegeleisen 70 M.

1910:

Am 19. Februar 1910 fand eine Gewerkenversammlung der Grube Hollertszug zu Betzdorf im Breidenbacher Hofe statt. Es wurde beschlossen – und zwar einstimmig – die Grube stillzulegen, das Inventar zu verkaufen und die Gebäulichkeiten zu vermieten. ---

Rückblick auf das Jahr 1916 am 1.1.17

Die Industrien, die namentlich der Kriegswirtschaft dienen, insbesondere Bergbau und Hüttenwesen waren andauernd sehr stark beschäftigt. Infolge des sehr starken Bedarfes, genügte die Förderung zeitweilig nicht, zumal auch noch 1916 ein weiterer Teil der Bergleute zum Heeresdienst einberufen wurde. Dem Mangel an Eisenerz suchte man dadurch abzuhelfen, indem die Heeresverwaltung den Grubenverwaltungen kriegsgefangene Russen und Franzosen zuwies, die fast nur unter Tage beschäftigt wurden. Die Kriegsgefangenen erhalten 70% des Gedinglohnes. Davon erhält die Gewerkschaft pro Mann und Tag 1,85 M für Beköstigung und der Rest die Kriegsgefangenen. – Inspektion des XVIII. Armeekorps zu Frankfurt am Main – Außerdem erhalten besonders fleißige Kriegsgefangene einen täglichen Gutschein von 1,00 – 1,20 M, wovon sie sich Lebensmittel, Zigaretten u.s.w. kaufen können. Die Betriebsbeamten und die Wachmannschaft behaupten, dass die Russen schwieriger zu behandeln seien, als die Franzosen. Letztere betrachten die Russen als minderwertige Menschen.

1920

Industrie:

Die Industrie (Bergbau und Hütten) arbeitete nicht in vollstem Maße. Die Friedrichshütte in Herdorf konnte wegen Kohlen- und Koksmangel nicht dauernd alle Öfen in Betrieb erhalten. Die Gruben mussten aus demselben Grunde den Betrieb auf kürzere Zeitspannen ganz oder teilweise einstellen. Die Grube Concordia arbeitete andauernd mit nur 2/3 der zur Höchstleistung erforderlichen Belegschaft.

Infolge der durch den Frieden bedingten Abtretung von Landesteilen mit Eisenerzgruben fehlte es der deutschen Eisen- und Stahlindustrie an Rohstoffen. Es setzte deshalb im Frühjahre 1920 eine Hetzjagd nach altem Eisen ein. Jung und alt suchte solches zusammen. Aus still liegenden Schächten und Stollen wurden Schienen und Maschinen abgebaut und den Hütten zugeführt. Es wurde für das Kilo bis 0,80 M. bezahlt. Verlockt durch die hohen Preise, ließ sich leider mancher zum Diebstahl verleiten. Nachdem der Vorrat erschöpft war, griff man nach altem, noch nicht vollständig verhüttetem Eisenstein, der schon jahrzehntelang unbeachtet hier überall lagerte. Die Vorfahren konnten den im Tagbau gegrabenen Stein nicht vollständig schmelzen, weil es ihnen nicht möglich war, die dazu notwendigen Hitzegrade zu erzeugen. Reichlich alten Stein suchte man aus der Halde im unteren Dorfe (Turnplatz). Hinter dem Haus Nr. 1 der Hauptstraße fuhr man ein beträchtliches Lager noch ungehütteten braunen Eisensteines aus.

Die Ausbeutung der beiden Lager nahmen Dermbacher Bergleute vor. Im Walde, rund um Dermbach, wurde nach Schlacken gesucht. Auch durch die Schulkinder wurde in der schulfreien Zeit die engere Heimat danach abgesucht. Verursacht wurde dieses Hasten und Suchen nach allem, was Geld kostet, durch die andauernde Steigerung der Preise für Lebensmittel und Gebrauchsgegenstände.

1922:

Am 12.9.22 ereignete sich auf der Grube Concordia ein schweres Unglück, bei dem auch ein Bürger unseres Ortes, der Schmied Aloys Schmidt, Vater von 6 Kindern, den Tod fand. Durch Unvorsichtigkeit verloren die Wagenführer in einer Strecke in der Grube über den Förderwagen die Herrschaft und dieser sauste auf einen herauffahrenden Wagen, der ins Schacht stürzte. Unter den drei Toten befand sich auch ein Junglehrer aus Berlin, den wirtschaftliche Not, infolge aussichtsloser Anstellung zu dieser harten Arbeit zwang. Ein Bergmann aus Herdorf wurde nach 3 Tagen Rettungsarbeit lebend geborgen. Die Beerdigung des Schmidt Aloys fand unter Beteiligung des ganzen Ortes am 19.9.22 statt.

Die Suche nach Eisenstein in der Gemeinde Dermbach war den ganzen Herbst des Jahres 1922 hindurch reger denn je. Gar mancher hatte dadurch eine hübsche Nebeneinnahme, oft größer als der sonst verdiente Lohn. Es gab fast kein Haus im Dorfe, vor dem nicht einige Tonnen des sehr gesuchten Erzes lagerten. Auch die Lehrpersonen hatten ein solches „Unternehmen“ und zwar beuteten sie eine frühere Halde im Bereich des Hofes der neuen Schule aus. Mehrere Doppelwaggons waren die Ernte der für sie ungewohnten Arbeit.

1923:

Im November 1923 wurden hier etwa 150 Arbeiter der Grube Concordia und der Friedrichshütte zu Herdorf arbeitslos, da die Werke angeblich keinen Absatz ihrer Erzeugnisse hatten. Dazu kamen im Januar 1924 noch die auf der Grube „Kunst“ beschäftigten Leute, allerdings diese nur für kurze Zeit. Große Not zog mit dieser Zwangsmaßnahme der Werke in unser Dörflein ein. Als einziges Einkommen verblieb den Familien die vom Reich gewährte wöchentliche Erwerbslosenunterstützung, die für Familienväter und einzige Ernährer ungefähr 10 M, für andere 5 – 6 M betrug. Einmal in der Woche mußten die Erwerbslosen dafür in der Gemeinde arbeiten. Erst im März 1924 nahmen die Gruben die Arbeit wieder auf.

1924:

Am 8. August 1924 fand auf der Grube Concordia ein schweres Unglück statt, an dessen Folgen der Bergmann Alfred Judt starb. Als Vater von 6 Kindern wird den Hinterbliebenen vom ganzen Orte recht herzliche Teilnahme entgegengebracht.

1928:

Infolge von Absatzschwierigkeiten hat die Gewerkschaft „Eisenzecher Zug“ ihre Betriebe geschlossen, wodurch alle Bergarbeiter Dermbachs arbeitslos geworden sind. (November 1928) – Anfang Dezember wurden wieder viele eingestellt, bis Januar waren fast alle wieder beschäftigt.

1929:

Unter großer Beteiligung der ganzen Ortsbevölkerung und zahlreicher Vereine wurde am 19.4.1929 der am 16/4. auf Grube Eisenzecher Zug tödlich verunglückte jugendliche Bergarbeiter Titus Lück, S. v. Aloys Lück II, zu Grabe getragen. Auch eine Abordnung der Grube in Knappenuniform begleitete den Sarg und legte einen schönen Kranz auf dem Grabe nieder.

1930:

Die Friedrichshütte hatte von Herdorf aus vor drei Jahren mit dem Bau eines Stollens begonnen, um die ihr gehörigen, in der Gemeinde Dermbach gelegenen Grubenfelder aufzuschließen. Derselbe hat eine ungefähre Länge von 1200 m und mündet, nach dem Hauen eines Überbruches von 40 m unterhalb der Turnhalle in Dermbach. Gestern nachmittag erfolgte Ankunft an der Oberfläche. Wenn die Suche nach Eisenstein nun mit Erfolg gekrönt wird, darf Dermbach auf einen neuen Betrieb mit reicher Arbeitsmöglichkeit hoffen. Nach Stillegung der Kruppschen Grube Bollnbach ist nämlich als einzige Arbeitsstätte den Dermbacher Arbeitern die Grube Konkordia verblieben. (22. März 1930). Vom 1. Oktober 1930 ab wurde die Grube Concordia wegen Absatzschwierigkeiten eine zeitlang stillgelegt. Sämtliche Arbeiter aus Dermbach waren so bis zum 8. Dezember arbeitslos. Bei der Wiederaufnahme der Arbeit wurden aus Dermbach eine Anzahl Bergleute nicht wieder eingestellt.

1932:

Am 15. März nahm die Grube Konkordia mit der Eisenzeche den Betrieb wieder auf, allerdings mit nur 300 Mann, entgegen 1100 bei vollem Betrieb. Aus Dermbach sind nach und nach 35 Personen dadurch in Beschäftigung gekommen, allerdings meist Jugendliche! Die Mehrzahl muß weiter feiern. Seit Oktober 1932 ruht jegliche Arbeit auf der einzigen Arbeitsstätte der Dermbacher Bergleute, auf der Grube Concordia. Absatzschwierigkeiten sollen der Grund für Stillegung sein.

1936:

Im Laufe des Jahres wurde der Aufbau im nat. soz. Staate weiter durchgeführt. Die Auswirkungen zeigten sich besonders in unserem Dorfe augenscheinlich. Dermbach hat noch 2 Erwerbslose, die infolge Alters und Nichttauglichkeit für den Bergmannsberuf nicht beschäftigt werden können. Die Löhne sind infolge des Bedarfs an Arbeiter gestiegen: Hauer erhielten 5,50 M, jetzt 7,30 M. Der Schichtlohn wurde von 5,38 M auf ca. 6,00 M erhöht. Die Eisenzeche arbeitet wieder voll auf. Längst geschlossene Gruben wurden wieder in Betrieb genommen. Einzelne Unternehmer kauften sich dieselben auf u. beschäftigten auch wieder Leute so z.B. Alter Salomon u. Wernsberger Erbstollen. Wie mir ein Obersteiger berichtete, sei sogar schon ein Mangel in gelernten Hauern auf der Eisenzeche eingetreten. Die zu Ostern aus der Schule entlassenen Knaben sind, soweit sie wollten, restlos von der Straße u. in Arbeit.

Anekdote von Bergleuten

Redensart: „Die Dermijer hüän dött Graas waasen!“, soll heißen, die sind so klug bzw. clever. Anfang des 20. Jahrhunderts arbeiteten die meisten Dermbacher Männer in den umliegenden Gruben, so auch auf der Grube „Eisenzecher Zug“ oberhalb von Eiserfeld. Gemeinsam gingen die Bergleute morgens über die Kreuzeiche zur Grube und nach der Schicht zurück. Im Sommer arbeitete jeder Bergmann abends noch in seiner Nebenerwerbs-Landwirtschaft. Als nun das Getreide im Hauberg oberhalb Dermbachs ausgesät war und aus der Erde spross, wollten einige Bergmänner doch mal sehen, wie schnell ihr Getreide wächst. Morgens auf dem Hinweg zur Grube steckten sie bei die Getreidehalme kleine Holzstäbe, genau bis auf die Höhe der Halme. Abends wollte man dann kontrollieren, wie viel der Halm mittlerweile über das Stöckchen hinausragte. Einige Bergleute mit Humor setzten sich auf dem Rückweg von der Truppe ab, da sie angeblich zuhause dringend erwartet wurden. Sie schoben die Holzstäbe ein ganzes Stück weiter in die Erde, so dass die Getreidehalme nun sehr weit die Stäbe überragten. Über dieses „phänomenale Wachstum“ ihres Getreides waren die nachfolgenden Bergleute natürlich sehr erfreut. Im Dorf und anderntags auf der Grube wurde diese Beobachtung natürlich mit Stolz zum Besten gegeben, und es war schnell das Wort geprägt: „Junge, junge, die Dermijer hüän sugoar dött Graas waasen“. Dieses unerwartete Wachstum klärte sich aber später unter lautem Gelächter auf, die Redensart blieb jedoch erhalten.