Horhausen - Porträt einer Gemeinde
Aus dem Jahrbuch 1978 des Kreisheimat Verein Altenkirchen - Westerwald
Nachdruck mit dessen Erlaubnis
Autor: Josef Marko
Seit gut einem Jahr führt die Gemeinde Horhausen, ,Luftkurort im Rheinischen Westerwald" und schönstes Dorf von Rheinland-Pfalz im Wettbewerb "Unser Dorf soll schöner werden" von 1975, ein eigenes Wappen.
Dieses Wappen zeigt auf der einen Seite das kurtrierische Kreuz, auf der anderen auf rotem Grund zwei silberne Balken mit einer goldenen Grubenlampe davor als geschichtlichen und wirtschaftlichen Bezugspunkt. Beide Zeichen führen zurück in die Vergangenheit dieser Westerwaldgemeinde. Urkundlich wird Horhausen erstmals im Jahre 1217 in einer Urkunde des Erzbischofs von Trier als Ort "Hörhusin" erwähnt. In der Urkunde wird dem Stift Sankt Florin zu Koblenz ein Hafergefälle - Haferabgabe an die Grundherrschaft -zugestanden. Sicherlich ist dieses Jahr aber nicht der eigentliche Beginn des Ortes Horhausen. Der dürfte in früherer Zeit liegen.
Horhausen gehörte also dem Kurfürsten und Erzbischof von Trier und bildete mit der Ortschaft Peterslahr - früher Niederlahr genannt - die Herrschaft Horhausen. Diese war ein Teil des Amtes Herschbach und blieb bis zur Säkularisation im Jahre 1803 trierischer Besitz.
Vom Jahre 1338 bis zum Jahre 1664 waren mit der Herrschaft Horhausen als trierischem Lehen die Grafen von Isenburg-Grenzau belehnt worden. Nach dem Tode des letzten Grafen dieses Geschlechts fiel Horhausen an den Kurfürsten von Trier zurück. Der Fürst zu Wied, der mit den Isenburgern verwandt war, versuchte zwar Horhausen in seinen Besitz zu bekommen und klagte beim Reichskammergericht, doch der Prozeß, der sich lange hinzog und schließlich ruhte, brachte keine Veränderung. Horhausen blieb trierisch und gehörte weiterhin dem Amt Herschbach an.
Nach der Säkularisation im Jahre 1803 fiel die Herrschaft Horhausen an Nassau-Weilburg, doch schon 1815 kam sie an Preußen. Das Königreich Preußen errichtete 1816 die Rheinprovinz und gliederte deren Verwaltung auf der unteren Ebene in Kreise und Bürgermeistereien (Amter). Horhausen kam bei dieser Neuordnung zur Bürgermeisterei Flammersfeld im Kreise Altenkirchen. So ist es auch heute noch, obwohl Preußen und die Rheinprovinz seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges nicht mehr bestehen.
Sicher entstand Horhausen, wie andere Orte auch, aus einer kleineren Siedlung. Im Laufe der Jahre und Jahrhunderte wuchs der Ort dann zum Mittelpunkt des gleichnamigen Kirchspiels heran. Eine Aufstellung der Einwohnerzahlen der letzten 300 Jahre zeigt, wie Horhausen in diesen drei Jahrhunderten gewachsen ist. Im Jahre 1684 zählte man in Horhausen neun Feuerstellen. Es war ein halbes Menschenalter nach jenem schrecklichen Dreißigjährigen Krieg, der in ganz Deutschland die Bevölkerung stark vermindert hatte. Ein Jahrhundert später, um 1787, lebten in Horhausen 148 Menschen; 1853 waren es doppelt so viel, nämlich 297. Im Jahre 1919 hatte die Gemeinde 522 Einwohner. Sechs Jahrzehnte später, 1976, zählt man in Horhausen mehr Haushalte als nach dem Ersten Weltkrieg Einwohner, und zwar 554. In ihnen leben 1341 Personen.
Horhausen war und ist Mittelpunkt des Kirchspiels Horhausen. Die Pfarrei dürfte zu Beginn des XIV. Jahrhunderts gegründet worden sein. Aus dieser Zeit stammte wohl auch die erste Kirche der Pfarrei. Zu Beginn unseres Jahrhunderts wurde das alte Gotteshaus durch einen Neubau ersetzt. Nur der romanische Turm der alten Kirche, einst Wachtturm, steht heute noch. Im XVII. Jahrhundert befanden sich in der Pfarrei außer der Pfarrkirche auch noch eine kleine Kapelle und eine Einsiedelei. Beide Gebäude waren auf einem Hang oberhalb von Niedersteinebach von dem Einsiedler Konrad Humberg erbaut worden. Die Eremitage bestand etwas über hundert Jahre.
Heute hat das Kirchspiel Horhausen, zu dem außer Horhausen die Orte Bürdenbach, Grube Luise, Güllesheim, Huf, Krunkel, Luchert, Niedersteinebach, Pleckhausen und Willroth gehören, neben der schmucken Pfarrkirche zwei Filialkirchen und eine Kapelle. Die Kapelle in Güllesheim, deren Ursprung auf eine Pestepidemle während des Dreißigjährigen Krieges zurückgeführt wird, wurde 1974/75 in der Nähe der alten neu errichtet. Sie fällt durch ihr spitzes, zeltartiges Dach auf. Die Filialkirche in Krunkel wurde 1962 erbaut, die von Willroth 1964. Beide Gotteshäuser wurden an Stelle kleiner Kapellen errichtet, die den Anforderungen der heutigen Zeit nicht mehr genügten.
Im Zusammenhang mit der Geschichte des Kirchspiels und der Kirche von Horhausen soll auch jener Männer und Frauen gedacht werden, die dem Kirchspiel das Prädikat ,,Mistbeet des Bistums Trier" einbrachten. Aus diesem Kirchspiel stammten und stammen nämlich zahlreiche Geistliche und Ordensleute. In der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts war es vor allem Georg Friedrich Dasbach (1846-1907), ein gebürtiger Horhausener, der weit über die Grenzen des Bistums Trier bekannt wurde. Neben dem kirchlichen Amt eines Kaplans wirkte Dasbach sehr segensreich als Publizist, Sozialreformer und Politiker. Er war 18 Jahre lang Abgeordneter des Preußischen Landtages und zehn Jahre Abgeordneter des Deutschen Reichstages.
Eine heute lebende und aus Horhausen stammende Persönlichkeit ist der Kölner Erzbischof Kardinal Joseph Höffner. Auch er widmet sich neben seinen kirchlichen Aufgaben vorwiegend der sozialen Frage und deren Lösungen. Seit dem Herbst 1976 ist Kardinal Dr. Joseph Höffner Vorsitzender der deutschen Bischofskonferenz.
Eine weitere bekannte kirchliche Persönlichkeit ist der frühere Bischof von Mittelnorwegen Johannes Rüth. Bischof Rüth baute in den fünfziger Jahren unseres Jahrhunderts die Apostolische Administratur in Drontheim (Norwegen) auf und leitete diese 20 Jahre lang. Heute lebt Bischof Rüth in Aachen im Ruhestand.
Neben diesen beiden Horhausenern wirken heute noch ein Dutzend Männer als Priester oder Missionare und rund dreißig Frauen als Ordensschwestern in Deutschland, ja über die Grenzen Deutschlands und Europas hinaus in anderen Erdteilen.
Mit der Kirche eng verbunden waren in früheren Zeiten Schule und Unterweisung. Ende des XVII. Jahrhunderts wird erstmals ein Lehrer in Horhausen erwähnt, doch die schulischen Verhältnisse jener Zeit sind unklar. Mit Sicherheit kann gesagt werden, daß zunächst kein Schulhaus vorhanden war. Im Jahre 1734 wurde von dem zuständigen Offizialat zu Koblenz die Forderung gestellt, in Horhausen ein Schul- und Wohnhaus zu errichten. Wann die Gemeinde diesem Verlangen nachkam, ist nicht bekannt, doch soll neben der Kirche eine Schule gestanden haben. In den Jahren 1835 bis 1838 wurde in Horhausen ein neues Schulhaus gebaut. Es hatte zwei Schulräume und war für rund 250 Kinder gedacht. Doch bereits zehn Jahre später war dieses Gebäude vom Einsturz bedroht und seine Benutzung für Kinder und Lehrer lebensgefährlich. Ein neues Schulgebäude sollte errichtet werden, allein die hierfür notwendigen Mittel fehlten. Durch Hauskollekten, die in der Provinz abgehalten wurden, sollte das notwendige Geld beschafft werden. Der Ertrag der Haussammlungen war sehr gering. Der geplante Neubau mußte immer wieder hinausgeschoben, die baufällige Schule notdürftig repariert werden. In ihr wurden um 1860 in zwei Räumen 272 Kinder von zwei Lehrern unterrichtet. Erst im März 1866 wurde von der königlichen Regierung zu Koblenz die Genehmigung zum Bau einer zweiklassigen Schule erteilt, obwohl die alte Schule zum Verkauf angeboten wurde und die Zahl der Kinder so angestiegen war, daß sie In vier Klassen hätten unterrichtet werden müssen.
In dem neuen Gebäude wurde 1867 der Unterricht aufgenommen und für alle Kinder des Kirchspiels gehalten. Der Weg zur Schule war für die Kinder aus den Nachbarorten nicht immer eine Freude. Besonders in den Herbst- und Wintermonaten, bei regnerischem oder stürmischem Wetter war er eine große Belastung. Da zu jener Zeit außer am Mittwoch und Samstag auch am Nachmittag unterrichtet wurde, mußten die Kinder aus den Filialorten zweimal täglich den Weg nach Horhausen gehen Bei schlechtem Wetter blieben sie dann oft während der Mittagspause bei Verwandten oder Bekannten in Horhausen. Zu Beginn unseres Jahrhunderts erbauten einzelne Filialorte eigene Schulen. Dadurch blieb den Kindern von Krunkel und Willroth und später denen von Bürdenbach und der Grube Luise der Weg nach Horhausen erspart. Hier wurden nur mehr die Kinder aus dem Ort selbst und aus Güllesheim, Huf, Luchert und Pleckhausen unterrichtet.
Als zu Beginn der sechziger Jahre unseres Jahrhunderts das Schulwesen nicht nur in unserem Lande in Bewegung geriet und Mittelpunktschulen errichtet wurden, kam Horhausen als Sitz einer Mittelpunktschule des Kirchspiels wieder ins Gespräch. Ein modernes, zweckmäßiges Schulgebäude mit Klassen- und Kursräumen, mit Fachräumen, einem Film-und Gymnastikraum und einer Turnhalle wurde geplant und errichtet. Im August 1969 konnte der Neubau seiner Bestimmung übergeben werden. Die Grundschule Horhausen und die Hauptschule Horhausen nahmen in der neuen Schule den Unterricht auf.
Nach dem Anfang der siebziger Jahre die Grundschulen in Willroth und Epgert aufgelöst wurden, besuchen nun wieder alle Grundschulkinder des Kirchspiels eine gemeinsame Schule. Die Hauptschule Horhausen ist für alle Hauptschüler der Verbandsgemeinde Flammersfeld eingerichtet. In beiden Schulen werden rund 650 Kinder und Jugendliche unterrichtet.
Für die noch nicht schulpflichtigen Kinder errichtete die Kirchengemeinde Horhausen im Jahre 1973 einen Kindergarten mit 100 Plätzen. In ihm finden die vier- bis sechsjährigen Kinder des Kirchspiels, aber auch die aus anderen Gemeinden Aufnahme. Geleitet wird der Kindergarten von einer Schönstattschwester.
Es dürfte schwer zu sagen sein, welcher Beschäftigung die Bewohner von Horhausen zuerst nachgegangen sind, der des Bauern oder der eines Bergmannes. Wahrscheinlich waren sie schon in sehr früher Zeit beides. Die Wiesen und Felder waren nicht groß genug, um den Bewohnern hinreichend Nahrung zu bieten, umgekehrt warf der Bergbau auch nicht soviel ab, daß er allein zum Unterhalt gereicht hätte. Deshalb haben die Horhausener beides getan; sie "bergten" und bestellten ihre Felder. Bürgermeister Raiffeisen schrieb über die Verhältnisse der Eingesessenen von Horhausen, daß sie arme Bergleute, Ackerbauern und Tagelöhner seien. Hinzu kam noch der eine oder der andere Gewerbetreibende oder Handwerker. So war es Jahrhunderte hindurch. Änderungen dieses Gefüges brachten, wie anderswo auch, die Industrialisierung, der Aufschwung des Verkehrs und die damit einhergehende Mobilität mit sich. Vor allem nach dem II. Weltkrieg und nach dem Niedergang des heimischen Bergbaues suchten immer mehr Bewohner in den näheren, aber auch in weiter entfernten Industrieorten des Rheintales Beschäftigung. Im Zuge des Wiederaufbaus der Wirtschaft nach 1945 und nach der Währungsreform siedelten sich in Horhausen und in der nächsten Umgebung Industriebetriebe an. So entstand die Hutfabrik Meissner und Eckrath, die vor allem Strickhüte, Mützen und sonstige Strickwaren, teilweise Im Fabrikationsbetrieb zum anderen in Heimarbeit herstellt. Die Dürselen-Webefa GmbH (Westerwälder Bekleidungsfabrik), die heute im eigenen Fabrikgebäude in Güllesheim untergebracht ist, produzierte vordem in Horhausen. Der Betrieb stellt Herrenanzüge her. Am Südrand des Ortes hat die Gemeinde Horhausen Gelände zur Ansiedlung von Industrie betrieben, die im Ort selbst nicht untergebracht werden können, bereitgestellt. Dort hat die Straßenbaufirma Dr. Ing. J. Schmitt aus Bad Godesberg einen Zweigbetrieb errichtet. Im gleichen Bereich war ein Betonwerk untergebracht.
Seit 1971 ist Horhausen Sitz einer Niederlassung der französischen Firma Barbaret et Blanc. Diese Firma ist einer der größten Gartenbaubetriebe der Welt, der sich mit der Zucht und mit dem Vertrieb von Edelnelkenstecklingen befaßt. Von Horhausen aus werden alle Geschäfte mit Kunden in der Bundesrepublik und in Osterreich abgewickelt.
Ein nicht unbedeutender Anteil an der Entwicklung Horhausens kommt den im Ort ansässigen Geldinstituten zu. Einmal ist es die Raiffeisenbank Horhausen, zum anderen die Zweigtselle der Kreissparkasse Altenkirchen. Das erstgenannte Institut ist ein echtes Horhausener Unternehmen. Als Raiffeisenkasse Horhausen 1869 gegründet, wirkte und wirkt sie mehr als 100 Jahre lang im Sinne Vater Raiffeisens. Im Jahre 1963 schloß sich die Raiffeisenkasse mit der Raiffeisenbank Rengsdorf zur Raiffeisenbank Horhausen - Rengsdorf zusammen. Diese Bank unterhält acht Geschäftsstellen in den Orten der näheren Umgebung. In den Geschäftsräumen der Raiffeisenbank zu Horhausen ist das Büro des Verkehrsvereins untergebracht. Das Büro ist eine wichtige Informations- und Organisationsstelle des Fremdenverkehrs. Der Fremdenverkehr selbst ist von Jahr zu Jahr zu einem immer wichtigeren Wirtschaftszweig von Horhausen geworden. Die Bereitschaft der Horhausener, für Feriengäste und Erholungssuchende alles Notwendige, ja Erdenkliche zu tun, verbindet sich mit einer Reihe von günstigen Naturgegebenheiten. Einmal ist es die landschaftlich schöne Umgebung des Ortes, die heimischen Wälder und langgestreckten Täler, die vielen Wanderwege und stillen Ruheplätze, die den Luftkurort anziehend machen. Zum anderen wirkt sich die günstige Lage und gute Verkehrsverbindung, die durch die Nähe der Autobahn Frankfurt-Köln gegeben ist, sehr vorteilhaft aus.
So betrachtet, blickt Horhausen in zwei Richtungen. Einmal ist der Blick, wie es das Wappen zeigt, in die Vergangenheit gewandt, um aus der Kenntnis derselben die Gegenwart besser verstehen und meistern zu können; zum zweiten hat Horhausen aber auch den Blick In die Zukunft gerichtet, um den eingeschlagenen Weg des Aufstrebens und Aufblühens zielstrebig fortzusetzen und das gesteckte Ziel nicht zu verfehlen.