im Kirchspiel Birnbach
Entnommen dem Heimatjahrbuch 1975 des Kreisheimat-Verein Altenkirchen.
Autor : Artur Bitzer
Im Jahre 1921 erschien die "Geschichte des Kreises Altenkirchen". Herausgegeben von Rektor Jakob Rausch, mit einem Geleitwort von Dr. Wilhelm Boden, dem damaligen Landrat.
Diese geschichtliche Überlieferung aus der Vergangenheit des "Ambtt Aldenkirchen" weisen auf Seite 36 nach, daß zum Kirchspiel Birnbach das Dorf Hottenseifen gehörte.
Ein Dorf, heute so gut wie unbekannt. Urkunden im Hessischen Hauptstaatsarchiv Wiesbaden bezeugen die Existenz des nicht mehr vorhandenen Dorfes.
Der Ort hatte, nach Jakob Rausch, um 1600 acht Feuerstellen, auch Räuche genannt. So bezeichnet man zur damaligen Zeit die Größe einer Ortschaft.
Hottenseifen lag westlich der "Alten Kohlstraße" unweit von Irsen, dem heutigen Oberirsen.
Es war eine Ansiedlung , zu der auch einzelne, abseits gelegene gehöfte gehörten.
Die genaue Lage läßt sich allerdings nicht mehr lokalisieren.
Fast dreieinhalb Jahrhunderte sind seitdem ins Land gegangen. Der 30 jährige Kreig (1618-1648) hat auch den Westerwald nicht verschont und somit auch nicht die damaligen Saynischen Lande. Wenn auch nur Bruchteile seiner verheerenden Wirkung der Nachwelt bekannt sind, so ist es doch Tatsache, daß das eine oder andere Dorf, bzw. Teile eines Dorfes, dem Erdboden gleichgemacht worden sind. So könnte es auch mit Hottenseifen geschehen sein. Darüber, wie Hottenseifen untergegangen ist, vermeldet die Chronik nichts. Nach dem 30 jährigen Kriege taucht der Name in denArchivalien nicht mehr auf. Es ist aber nicht ausgeschlossen, daß Hottenseifen teilweise schon vor diesem Krieg "wüst" geworden ist. Lückenlose Beweise für die eine oder andere Theorie gibt es allerdings nicht.
Im Kataster zu Altenkirchen ist in einer Flurkarte von Oberirsen ein Ortsteil mit der Bezeichnung "im hurten Seifen" eingetragen, nach heimischer Mundart heißt das äm Hottesejfen.
Daraus könnte geschlossen werden, daß zwischen Hottenseifen und im hurten Seifen irgend ein
Zusammenhang bestanden haben mag. Dorf- und Flurnamen haben sich im Laufe der zeit verändert. Beispielsweise hieß Marenbach um diese Zeit Mardelbach und Leingen = Lempfgen.
In beiden Fällen hat also eine Vereinfachung und Verfeinerung des Namen stattgefunden. Daß aus
Hottenseifen = im hurten Seifen entstanden sein soll, erscheint weniger glaubhaft, weil hurten gegenüber Hotten eine Erschwerung, ja eine Verböserung bedeutet, wenn dieser Ausdruck erlaubt ist. Allerdings : nichts ist unmöglich, auch bei Wortverwandelungen nicht.
Wie mag der Name Hottenseifen entstanden sein? Es ist nicht von der Hand zuweisen,
daß Hotten von Hotter herrührt, der heute noch gebräuchlichen Benennung für den Maulwurf
( der Hotter hät jehawwen). Da Seifen ein kleines, nicht besonders breites Tälchen mit einem Flößchen (kleiner Bach) ist und zu beiden Seiten des Bächleins meistens Wiesen liegen, die besonders im Frühjahr mit Maulwurfshügeln gespickt sind, erscheint es gar nicht abwegig, daß so der Name entstanden ist. Hotterseifen - Hottenseifen.
Es kann angenommen werden, daß zumindestens Teile des -- nach heutigen Maßstäben gemessen--
nicht großen Dorfes irgendwann einmal zerstört oder verlassen worden sind.
Die Bewohner werden sich im nahegelegenen Irsen angesiedelt haben, vielleicht da, wo es heute
im hurten Seifen heißt. Möglicherweise ist im hurten Seifen auch ein Teil des früheren Hottenseifen gewesen; vielleicht hat die Gräfliche Saynische Regierung den Namen Hottenseifen
aus unbekannten Gründen gelöscht und den rest des Dorfes mit Irsen vereinigt.
Vom Hörensagen weiß man, daß es vor der Jahrhundertwende noch Mauerreste von früheren Gebäuden in Richtung Wölmersen/Heupelzen gegeben haben soll, die aber mit der Zeit im Erdboden versunken oder eingeebnet worden sind. Die sogenannte Waldschmiede, ein Platz im Staatsforst in Richtung zwischen Wölmersen und Ölsen, aber noch auf Oberirser Gebiet gelegen, dürfte früher zu Hottenseifen gehört haben.
Der Name des Dorfes ist in Büchern und Urkunden erhalten geblieben, der Name einer kleinen Ortschaft im vorderen Westerwald, die vor mehreren Jahrhunderten, aus welchen Gründen auch immer, verschwunden ist.
In den Archivdukomenten sind der Nachwelt Namen von Bewohnern des gewesenen Dorfes überliefert worden. In der Reichs- und Kreissteuerliste des Kirchspiels Birnbach wurden am 08.10.1606 in Hottenseifen genannt:
Johann Koch ; 1 Gulden
Clas Heines; 1 Gulden 18 Albus
Diekh Heintz, sein Sohn und Tochter, 3 Gulden 18 Albus
Gerhard sein Eidam; 4 Gulden 7 Albus
Hofmann arm (daher vieleicht nicht zur Steuer veranlagt)
Die Liste der Pflüge von 1607 nennt:
Bernhardt 2 Pferde
Diekh Heintz 1 Pferd
Henrich 1 Pferd
In der Türkensteuerliste von 1620 finden sich in Hottenseifen:
Wißen Wilhelm 2 Gulden
Johann Koch 1 Gulden
Henrich 1 Gulden 21 Albus
Elßges Peter 2,5 Gulden 6 Albus
Heutt Johann o,5 Gulden
Die Türkensteuer war eine vom Reichstag dem Kaiser bewilligte Beihilfe zum Kampf gegen die Türken, die das Reich immer wieder bedrohten. Die Abgaben wurden von den Landesherren eingezogen und mußten an den Kaiser in Wien abgeführt werden.
Quellen:
Rausch, Jakob; Die Geschichte des Kreises Altenkirchen
Gensicke, Helmut; Landesgeschichte des Westerwaldes
Hessisches Staatsarchiv Wiesbaden Abt. 340/343 Nr. 1605 a.u.b. 1606 u.a.