Leubsdorf
(von
Eberhard Krebs)
Wie bei
allen anderen Orten der
Verbandsgemeinde Linz ist auch bei Leubsdorf der Ursprung nicht mehr
feststellbar. Der Name könnte allerdings auf eine
frühe
germanische Siedlung hin- weisen. Jedenfalls lassen
klösterliche
Besitzungen in der Gemarkung Leubsdorf darauf schließen,
daß die Frankenkönige schon im 7. Jahrhundert hier
Weinberge
und Höfe besaßen. Von den persönlichen
Gütern des
Pipin von Landen fielen Teile an seine Tochter Gertrud und Teile an
seine Tochter Begga, die eine direkte Vorfahrin Karls d. G. ist.
Gertrud vermachte ihr Erbteil dem von ihr gegründeten Kloster
Nivelles; Begga überließ wenigstens Teile ihrer
Erbgüter dem Kloster Andenne, das sie gegründet
hatte.
Zu der
Grundherrschaft Rheinbrohl, die
Karl der Kahle 877 dem Stift Nivelles bestätigte,
gehörten
auch ein Hof in Ariendorf und der Gertrudenhof zu Wallen. Auf das
Erbgut der hl. Begga können die Leubsdorfer Besitzungen des
Stifts
Kaiserswerth zurückgehen, denn außer dem Hof in
Leubsdorf
besaßen die Abteien Nivelles, Andenne und Kaiserswerth 1515
noch
gleiche grundherrliche Rechte im Rheinbrohler Wald. Welche anderen
Leubsdorfer Güter noch auf königliches Gut
zurückgehen,
ist nicht klar. Doch könnten auch die Güter zu
Ütgenbach, Leubsdorf, Linz und Niederbreitbach, die in den
Besitzungen der Gräfin Kunigunde von Bilstein eingelagert
waren
und die durch Arnold von Wied 1173 dem Stift Schwarzrheindorf
zugewendet wurden, ursprünglich Reichsgut gewesen sein.
Seit 1041
hatte das Stift St. Simeon zu
Trier in Hönningen reichen Besitz, der wahrscheinlich von
Anfang
an auch Güter in Ariendorf, Leubsdorf und Dattenberg
einschloß. 1249 verzich- tete Heinrich v. Isenburg auf die
mit
den Gütern verbundenen Gerichtsrechte in Leubsdorf und
Dattenberg
zu Gunsten der Gräfin Mechtild von Sayn.
Da diese
Rechte mit dem Dominum Wide
durch die Schenkung Mechtilds v. Sayn 1250 an das Erstift Köln
kamen, galt der Ariendorfer Bach seit dieser Zeit als Grenze zwischen
den politischen Verwaltungsgebieten Köln und Trier. Kirchlich
blieb es bei Trier. Da in der Schenkungsurkunde aus dem Kirchspiel Linz
neben Linz nur Leubsdorf genannt wird, scheint Leubsdorf in jener Zeit
eine besondere Stellung eingenommen zu haben, vielleicht weil die
Gräfin in Leubsdorf besonders reichen und wertvollen
Eigenbesitz
hatte, den die Herren von Rennenberg zu Lehen trugen, oder wegen der
Ansammlung von Höfen und Gütern bedeut- samer Stifte
und
Klöster, zu denen auch das Stift Gerresheim zählte,
das zu
dieser Zeit noch den hohen Zehnt in Leubsdorf innehatte. Denn 1217
bestimmte der Erzbischof von Trier, daß dem Linzer Pastor
zwar
der Weinzehnt vom Ariendorfer- bis zum Leubsdorfer Bach, sowie der
kleine Zehnt zustehe, alle anderen Einkünfte aber das Stift
Gerresheim erhalten solle.
Bis 1592
scheint sich das geändert
zu haben, denn in diesem Jahr wird der hohe Zehnt den Herren von
Braunsberg zuerkannt. Die Herren von Braunsberg hatten durch Erbgang
1492 den Leubsdorfer „freyadlig Braunsberger Hof“,
die
„Steckkuhl“ erworben, der ursprünglich
wohl ein
Rennenberger Hof war, der über Demudis v. Rennenberg 1362 an
Conrad v. Brohl und von dessen Erben an Braunsberg gekommen war. Durch
mehrfachen Verkauf gelangten die Besitzungen 1704 an die Abtei
Marienstatt, die sie etwa hundert Jahre innehatte. Durch die
Auflösung der geistlichen Güter in der
Säkularisation
kam der Hof über Nassau an Preußen, das ihn 1821
für
1120 Thaler an die Gebr. Bernhard und Theodor Scheid verkaufte. Von
diesen kauften ihn vor 1828 Johann Joseph Schneider und seine Frau,
deren Nach- kommen das Haus noch heute besitzen.
Nicht
bekannt ist, auf welche Grund-,
Besitz- oder andere Rechte das charakteristische Gebäude
Leubsdorfs, die „Burg“,
zurückzuführen ist. Der
Baustil ordnet sie den hochgo- tischen Wohntürmen zu und weist
damit ins 14. Jahrhundert. Seit dem 15. Jahrhundert begegnen uns die
„von Zwyvel“ als Besitzer der Burg. Sie standen im
Dienst
der Herzöge von Berg und wurden als „Vögte
von
Leubsdorf“ bezeichnet, obwohl heute nicht mehr klar ist,
worauf
diese Vogtschaft beruhte. 1717 erwarb die Abtei Heisterbach
zunächst nur die Hälfte der Burg, aber schon 1722
konnte sie
auch die andere Hälfte in ihren Besitz bringen. 1801 erwarb
sie
ein Andreas Wester und 1824 Johann Josef Schneider, der Urahn der
heutigen Besitzer.
Ob der
„Strunkshof“, auch
„Unterste Hof“ genannt, ursprünglich zum
Burgbesitztum
gehörte, ist nicht sicher. Doch der unterirdische Gang, der
Burg
und Hof verband, spricht dafür. Die älteste uns
bekannte
Urkunde über den Strunkshof reicht zwar nur bis 1794
zurück,
doch bezeugt gerade sie ein höheres Alter. Der Vertrag, der
zwischen dem Kloster St. Maria Magdalena von den Weißen
Frauen in
Köln, die den Hof damals besaßen, und dem Zimmer-
mann
Paulus Ziegler abgeschlossen wurde, verpflichtete den Zimmermann die
alten Scheuer- und Kuhstallgebäude abzureißen und
vor der
Ernte wieder neu zu errichten.
Zu dieser
Zeit war Johann Sebastian
Schneider Pächter des Hofes. Er bewirtschaftete den Hof gegen
die
halbe Weinernte auf eigene Rechnung und Verantwortung. Wie alle anderen
Klosterhöfe wurde auch dieser säkularisiert und 1820
an
Theodor Scheid aus Linz für 3140 Thaler versteigert. Danach
hat
das Hofgut aber noch mehrmals seinen Besitzer gewechselt. Das heutige
klassizistische Landhaus ließ Peter Scherer 1859 anstelle des
alten Fachwerkbaus errichten. Nicht vergessen werden darf der Hof der
Abtei St. Katharinen. Das Kloster hatte in Leubsdorf seinen
größten Weinbergbesitz, zu dem schon Gerhard von
Rennenberg
bei der Klostergründung den Grundstock gelegt hatte.
Durch die
Schenkung der Odilia, Tochter
des Ritters Ludwig von Thür, wurde der Besitz erstmals
erweitert.
Die Abtei besaß in Leubsdorf auch schon früh ein
eigenes
Haus zu dem Wingerte, einige kleine Wiesen und ein Stück Busch
gehörten. Bestimmte Rechte und Frei- heiten eines zweiten
Hauses,
das aber abbrannte, wurden auf das erste Haus übertragen.
Durch
Kauf und Tausch erweiterte die Abtei nach und nach ihren Leubsdorfer
Besitz. Vor allem zu Anfang des 18. Jahrhunderts konnte er eine
ansehnliche Größe erlangen: 1711 fiel dem Kloster
durch
Mitgift der Nonne Katharina Floecker das Hollinghausensche Gut zu. Im
selben Jahr
wurden die
Wirtschaftsgebäude des alten Hofes erneuert. 1725 konnte ein
Teil
der Thomasgüter ersteigert werden, dem 1747 die Mitgift der
Nonne
Katharina Gertrud Reidt folgte, die ebenfalls aus Weinbergen, Feldern,
Wiesen und Hecken bestand. Die Hecken waren nicht unwichtig, denn in
ihnen wurden die notwendigen Weinbergpfähle geschlagen. Die
Leubsdorfer Besitzungen der Abtei St. Katharinen waren an vier
Pächter verpachtet, die die Hälfte der Trauben, sowie
im
Herbst ein Huhn oder zwei Hahnen und sechs junge Obstbäumchen
dem
Kloster abliefern mußten. Die gesamten Liegenschaften wurden
1820
in verschiedenen Losen und an mehrere Personen versteigert.
Außer den schon genannten hatten
auch noch andere adlige Herren, Stifte und Klöster in
Leubsdorf
Weinberge und Liegenschaften, die von der Bevölkerung als
Viertel-
oder Half- winner bewirtschaftet wurden. Das gab den Familien eine
ebenso große Abhängigkeit wie
Selbständigkeit und eine
doch beruhigende wirtschaftliche Sicherheit. Neben dem Pachtland
bearbeiteten sie meistens ja auch noch einige Pazellen eigenes Land.
Diese existentielle Sicherheit war sicher eine wesentliche
Vorraussetzung für die frühe eigene Kirche, bzw.
Kapelle und
den eigenen Geistlichen. Die Taxa generalis nennt schon 1330 eine
Kapelle in Leubsdorf, die dem Baustil aber schon ins 13. Jahrhundert
verweist. Diese Annahme wird 1315 durch die Beurkundung einer Begine
Goda zu Lupzstorf unterstützt, denn Beginen errichteten ihr
Klausen in unmittelbarer Nähe von Kapellen und Kirchen.
1349 wurde
Konrad von Kettge als
„capellanus capellae in Lupzstorf“, d. h. als
Kaplan der
Kapelle zu Leubsdorf, zum Priester geweiht. Bei den etwa 40-50
Haushaltungen, die Leubsdorf damals zählte, ist es
erstaunlich,
daß diese sich einen eigenen Geistlichen leisten konnten,
denn
die Kapellen von Leubsdorf und Dattenberg waren ja noch vereinigt. Die
Kapelle zu Leubsdorf besaß einen Wittumhof, eine halbe Pinthe
Garten, etwa zwei Morgen Wingert, drei Viertel Ackerland, Wiese
für einen Karren Heu, einen Obstgarten und fünf
Hecken.
Außerdem standen dem Vikar vier Malter Korn aus dem
Pfarrzehnten
zwischen Leubsdorf und Ariendorf zu.
Auf die
Dauer sind die Dotationen aber
wohl doch zu gering gewesen, denn 1606 hatten die beiden Kapellen dann
ja nur einen Geistlichen, der in Leubsdorf wohnte. Erst nachdem 1779
das Leubsdorfer Pfarrhaus wegen Baufälligkeit verkauft werden
mußte, zog der gemeinsame Pastor nach Dattenberg. Die alte
romanische Kapelle der hl. Walburga wurde 1587 restauriert und hundert
Jahre später um das Doppelte verbreitert, sowie um einen
Vorraum
an der nörd- lichen Turmseite erweitert. Bis 1829 war
Leubsdorf
auf über 550 Einwohner angestiegen; die Kapelle viel zu klein
geworden und außerdem sehr feucht. 1887 sollte eine
Restaurierung
noch einmal helfen. Aber die Restauration nützte wohl nicht
viel,
denn schon 1890 entschloß man sich zu einer neuen Renovierung
von
Grund auf. 1905 konnte der Grundstein gelegt werden. Aber
glücklicherweise wurde die alte Kapelle nicht einfach
abgebrochen,
sondern blieb in ihrer Grundstruktur in der neuen, im neugotischen Stil
erbauten, Kirche erhalten. Das alte Chor blieb als Seitenchor bestehen,
das Langhaus erhielt ein gotisches Netzgewölbe und der Turm
wurde
um vier Meter erhöht und erhielt einen 16 Meter hohen
schlanken
Helm. Die Baukosten beliefen sich auf 80000 Mark. Die neue
„weiße Kirche am Rhein“ konnte am 14.
Okt. 1906 durch
Definitor Detier eingesegnet und am 8. Mai 1908 durch Bischof Michael
Felix Korum konsekriert werden. Trotz eines gemeinsamen Pfarrers
für Dattenberg und Leubsdorf in den vergangenen Jahrhunderten,
war
Leubsdorf nicht von Dattenberg abhängig. Noch 1885
bestätigte
das Bischöfliche Generalvikariat in Trier: „Bis
dahin ist
keine der beiden Filialen (von Linz) zur Pfarrei erhoben, insbesondere
ist Leubsdorf nicht als Filiale von Dattenberg anzusehen. Aus diesem
Grunde hat Leubsdorf ebenso wie Dattenberg einen eigenen
Kirchenvorstand zur Verwaltung des kirchlichen Vermögens der
Gemeinde erhalten. Leubsdorf hat nur ein Recht auf die Hälfte
eines Drittels vom Pfarrer zu Linz zurückzuzahlen- den
Kornzehnten, der jetzt von der Regierung in Geld geleistet
wird.“
Am 17. September 1920 wurde Leubsdorf von Dattenberg getrennt, am 1.
Januar 1921 als selbständige Pfarrei errichtet. Die Pfarrei
umfaßt das Gebiet der Zivilgemeinde. Zur Pfarrei der hl.
Walburga
zu Leubsdorf zählten 1938 die Filialorte Ariendorf, Wallen,
Hubertushof, Rothe Kreuz, Hesseln und Krumscheid mit insgesamt 1139
Katholiken.
In der
ersten Hälfte des vorigen
Jahrhunderts lebten in Leubsdorf in etwa 100 Wohnhäusern ca.
550
Einwohner, denen ein Schöffe und zwei Beistände
vorstanden.
Die meisten von ihnen lebten vom Wein- und Ackerbau. Es gab zwei
Mühlen im Dorf: die ehemals kurfürstliche
Mahlmühle,
dessen Pächter dieselbe zwischen 1666 und 1755 in Erbpacht
bewirtschafteten und eine Ölmühle, die 1667 erbaut
worden
war. Außerdem gab es noch innerhalb der Gemeinde die
Ariendorfer-
und die Wallbachsmühle.
Neben den
Winzern und Bauern arbeiteten
im Dorf auch noch einige Handwerker, mehr als in jedem anderen Dorf des
Kirchspiels Linz. 1829 waren es 3 Schuhmacher, 3 Schneider, 3
Zimmerleute, 1 Schreiner, 2 Leineweber, 1 Stellmacher, 3
Faßbender, 2 Maurer und ein Schmied. Vom Handel lebten drei
Krämer, 2 Schankwirte und ein „Gastwirt für
Fremde“. Ein Lehrer unterrichtete in der Elementarschule 68
Jungen und 48 Mädchen. Alle Hand- werker, der Lehrer und die
Gastwirte und Krämer bewirtschafteten nebenher noch etwas
Garten
und Ackerland und manchmal einen kleinen Wingert.
Insgesamt
wurden auf 634 Morgen
Ackerland ½ Wispel Weizen, 35 Wispel Roggen, 8 Wispel
Gerste, 27
Wispel Hafer und 37 Wispel Kartoffeln gezogen. Hinzu kamen jeweils
½ Wispel Erbsen, Bohnen und Linsen. 125 Morgen
Weingärten
brachten durchschnittlich 375 Ohm Wein. Nur Wein und Hafer wurde im
Überfluß gezogen, Roggen mußte sogar
hinzu- gekauft
werden. In den Ställen der Leubsdorfer standen 5 Pferde, 38
Ochsen, 151 Kühe, 26 Rinder und Kälber und 36 Ziegen.
Bis
1906 waren die Weinberge auf 56 ha, also ca. 220 Morgen, erweitert
worden, wovon 42 ha im Ertrag standen. Auf 12,5 ha wurden
weiße
Trauben, Kleinberg und Riesling, und auf 29,5 ha rote Trauben, Klebrot
und Frühburgunder gezogen. Bis 1912 hatten sich die im Ertrag
stehenden Wingerte um 12 ha verringert. Aller- dings war die
Anbaufläche der weißen Trauben um 5 ha gestiegen,
während die der roten Trauben um 16 ha gefallen war. 1960
betrug
die gesamte Weinbergsfläche nur noch 4 ha.
Das
eigentliche Ackerland und die
Waldfläche haben sich in den letzten 150 Jahren kaum
verändert, die Wiesen und das Gartenland haben zugenommen. Die
Ochsen und die Ziegen sind ganz verschwunden. Die Pferde wurden durch
Traktoren ersetzt, nur die Rindviehhaltung ist ungefähr gleich
geblieben. Die Anzahl der von Landwirtschaft Lebenden ist auf wenige
zurückgegangen. Die meisten Leubsdorfer sind heute
„Arbeitnehmer“ in der vielfältigen
Ausfächerung
der heutigen Arbeitswelt. Allerdings bringt die Schönheit der
Lage
und die Gepflegtheit des Dorfes manchem Einwohner durch den
Fremdenverkehr ein willkommenes Zubrot.
- Quelle:
Rund um den Hummelsberg
– die Verbandsgemeinde Linz/Rhein
Verfasser:
Adalbert N. Schmitz
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