von Willi Stahl
Strukturwandel, Infrastrukturen im Laufe der Jahrhunderte in Industrie und Gewerbe bis in die heutige Zeit.
Gemarkung, Gemeinde, Ort, kulturelle Ereignisse
Entstehung:
Der Name Wehbach wurde bereits im Jahre 1406 erstmals erwähnt, wo es heißt: "Die von Wehbach", die zum niederen Adel gehörten!
Topographisch liegt der Ort in einer relativ engen Tallage an der Asdorf, die Hänge sind weitgehendst bebaut und besiedelt. Trotzdem ist Wehbach an den Ortshöhen von ca. 83 % Waldflächen umgeben, die viele Wandermöglichkeiten erlauben.
Seit 1471/72 sprach man von der Huyt zoe Vehbach, ein Vorläufer der späteren Friedrichshütte, und einem Hüttenzins, der in Gulden zu entrichten war. Welche Hütte gemeint war, ist historisch nicht genau belegt.
Graf Gerhard von Sayn belehnte den Bastard Gondert von Sayn mit Haus und Hof zu Wehbach um 1466. Die ersten Ansiedlungen von Wehbach, teilweise Vehbach genannt,
aus dem Jahre 1406 gehen auf den ältesten Ortsteil Niederasdorf zurück, wo dieser bereits 1423 1473 im Siegener Urkundenbuch nachgewiesen ist.2 km von der Mündung der Asdorf in die Sieg, soll es sich in Wehbach um 2 Höfe und 4 Feuerstellen gehandelt haben, ohne die Höfe und Feuerstellen auf dem Grindel und im Rusloch.
Das wohl älteste bekannte Haus in Fachwerkbauweise wurde in Niederasdorf um 1610 errichtet und war und ist im Besitz der Familie Ermert worin die älteste Bürgerin von Wehbach, Helene Ermert, bis 2 Jahre vor ihrem Tod gelebt hat. Das Haus ist in einem gut erhaltenen Zustand. Frau Helene Ermert verstarb am 12. November 2002 im Alter von 95 Jahren im Seniorenheim.
Die Gemeinde Wehbach entwickelte sich in der Gemarkung Wehbach vom Buchenhof bis zum Brühlhof, angrenzend bis zur Freusburger Mühle durch ständig wachsendes Gewerbe und vor allem landwirtschaftlichen Strukturen.
So tauchen auch in den Ortsteilbezeichnungen immer wieder die Hinweise auf Höfe, wie Buchenhof (gehörte zur Gemeinde Hüttseifen), Brühlhof oder die Bezeichnungen Hütte in der Region, z. B. Fischbacherhütte, Kircherhütte u.ä. auf.
Die wichtigste strukturelle Entwicklung wurde sicherlich ab 1817 bis um 1870 durch die Anlegung der Provinzialstraße (Koblenz Olper - Straße, als spätere L 280), die sich durch das Asdorftal von Kirchen durch den Ort Wehbach bis Freudenberg zog, erreicht. Inzwischen ist ab 1987 die neue L 280 als Umgehung in Betrieb genommen worden, über die in 14 km Entfernung die Autobahn A 45 (Sauerlandlinie), zu erreichen ist.
Ab 1896 kam die Eisenbahnlinie hinzu. Durch diese wichtigen Verkehrswege war die Gebietserschließung des Ortes Wehbach gegeben, Wehbach erhielt eine Bahnstation, den Bahnhof Wehbach.
Die industrielle und gewerbliche Entwicklung des Ortes sowie der Gemeinde Wehbach schritt der damaligen Zeit gemäß, stetig fort.
1839 gründete Carl Daniel Stein aus Kirchen die Friedrichshütte Wehbach, das "Blechwalzwerk Abt. Carl Stein Wehbach". Um die Jahrhundertwende 1900 gab es bereits ein SM Stahlwerk, ein Blockwalz-, Groblech-, Mittelblech-, sowie ein Feinblechwalzwerk. Später wurde daraus ein qualitativ leistungsfähiger Betrieb, der bis 1967 hochwertige Stahlprodukte für die Automobilindustrie, den Landmaschinenbau, Maschinenbau, Kessel- und Turbinenbau (Polbleche) sowie für den Einsatz geeigneter Sondergüten der Bundesbahn und Bundeswehr herstellte, die weltweit zum Einsatz kamen. Der Name "Stein Extra" für extra gerichtete Bleche hatte Weltruf. Die Erzeugniszahlen erreichten Spitzenwerte von 10.000 to pro Monat, bestehend aus 38 Stahlgüten.
Durch die Übernahme der Friedrichshütte in die "großmütterlichen Ruhrbetriebe der Hoesch - Werke" konnte die Produktion nicht aufrecht erhalten werden, so dass sich am 30. September 1967 für immer die Tore schlossen.
Hüttendirektor Dr. Ing. Walter Roland wohnte 1944/45 in Wehbach. Er war maßgebend an der Entwicklung der Panzerstahlgüte beteiligt, die für den damals größten deutschen Panzer, den "Tiger Panzer", eingesetzt wurde. Dr. Roland wurde auch fälschlicherweise "Panzer Roland" genannt. Sein Buch "Bewegte Zeiten", im Seewald Verlag Stuttgart erschienen, beschreibt den beruflichen Werdegang diesen deutschen Hütteningenieurs.
In der Villa, wo er und vor und nach ihm die Werksdirektoren wohnten, als letzter Direktor Dipl. Ing. Helmut Moritz, ist seit 2001 die "Seniorenresidenz Villa Moritz" von einem Freudenberger Pflegedienstunternehmen, mit ca. 15 modernen Pflegeplätzen, eingerichtet worden.
Wehbach bestand aus 9 Ortsteilen wie Buchenhof, Niederasdorf, Gerberei, Kircherhütte, Grindel, Am Riegel, Jungenthal, Brühlhof und Teilen der Bebauung der Kirchener Au.
Auf dem Buchenhof entstand 1895 1924 die Aktiengesellschaft Dampfbierbrauerei, Aktienbrauerei Cronrath, die 1924 durch einen Großbrand vernichtet wurde.
In der Gilsbachstraße errichtete die Familie Morgenschweiß eine Gerberei und Ringofenziegelei mit etwa 35 Beschäftigten. Später kam ein großes Sägewerk hinzu. 1992 wurde auf diesem Gelände der Wehbacher Dorfplatz durch die Ortsgemeinde Kirchen eingerichtet, wo Feste aller Art gefeiert werden können.
Im Ortsteil Gerberei errichtete die Familie Otto Kraemer 1875 ebenfalls eine Gerberei zur Herstellung von Sohlleder, 40 Personen konnten beschäftigt werden. Aus den Haubergsbetrieben kam die zum Gerben der Tierhäute erforderliche Eichenlohe.
Ferner wurde in diesem Ortsbereich von 1899 an die Leder- und Treibriemenfabrik Ernst Jung, Inh. Karl Siebel, eröffnet, wo 50 Beschäftigte ihr Brot verdienen konnten.
Die Sieg Rheinische Maschinen- und Lokomotivfabrik befand sich ebenfalls im Ortsteil Gerberei, (heute DEA Autoport und ein Großmarkt) wo 1916 bis zu 150 Arbeitskräfte, mit einem hohen weiblichen Anteil, beschäftigt waren. Dort wurden unter anderem im 1. Weltkrieg Kartuschen für Granaten gedreht.
Im Jungenthal, benannt nach dem Gründer der Lokomotivfabrik Arnold Jung, Sohn des Gustav Jung, wurden Lokomotiven ab 1895 bis 1959 der verschiedensten Baureihen und hochwertige Maschinen gefertigt, die in der Welt ihren bedeutenden Platz einnahmen. Die Beschäftigungszahlen betrugen von 1885 25 , über 1500 im Jahre 1920, 1957 1300 -, und zuletzt 1993 noch 300 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.
Die heimischen Großbetriebe der damaligen Zeit, wie Friedrichshütte Abt. Carl Stein und Fa. Arnold Jung GmbH ließen ganze Straßenzüge mit Werkswohnungen für ihre Belegschaften errichten.
Aber auch die Gerberei Kraemer errichtete Wohngebäude in der Nähe der Betriebe. Die Wohngebäude stehen heute noch in gutem Zustand in den Ortsteilen Wehbach, Gerberei und Brühlhof und wurden weitestgehend von privaten Nutzern erworben.
Im Ort Wehbach entwickelte sich mit dem industriellen Fortschritt auch die Infrastruktur und so waren bis 1942 in der Gemeinde knapp 3000 Bürger und Bürgerinnen ansässig. Über 1200 ausländische Internierte und Kriegsgefangene der verschiedensten Nationen, wie Franzosen, Belgier, Russen, Ukrainer, Polen und Italiener arbeiteten zu dieser Zeit in den Wehbacher Industriebetrieben.
1941/42 wurde durch die NSDAP Leitung in Kirchen die Ortsgemeinde Wehbach der inzwischen strukturell verarmten Millionärs - Ortsgemeinde Kirchen zwangsweise zugeordnet, gegen den Willen der Wehbacher.
Die o.a. Infrastruktur in den Zeiten bis 1942 war bereits begleitet von einem traditionellen gemeinschaftlichen Kulturleben.
Bereits 1868 wurde der Männergesangverein Wehbach, heute "Singkreis 1868 Wehbach", 1900 der Turnverein Wehbach e.V., später VfL Wehbach, gegründet, 1912 der Musikverein und daneben die kirchlichen Vereine, wie die Kirchenchöre beider Konfessionen, der Kolping- und KAB Verein, Mütterkreise, der Schützenverein "St. Peter" Wehbach Wingendorf und der seit 1993 in Wehbach ansässige Verein der Sportschützen Grindel 1952 e.V.
Keiner der genannten Vereine leidet an Strukturschwächen und die Gründerjahre vermittelten noch heute den sicheren Bestand. Detaillierte Daten und Fotos sind den umfangreichen Jubiläumsfestschriften der Vereine zu entnehmen.
Die Ortsgemeinde Wehbach verfügt seit 1927 1930 über eine eigene Kriegsopfergedenkstätte und einen eigenen Friedhof.
Im Jahre 1936 wurde mit dem Bau des Freibades zwischen Niederasdorf und Gerberei unter dem damaligen Bürgermeister Karl Lotz begonnen und im August 1938 eingeweiht. Das Freibad verfügt über die olympischen Maße, ein 50 m Schwimmbecken mit Sprungturm von 3, 5, und 10 m Höhen. Dies hatte zur Folge, dass 1938 die deutsche Kunstspringer Olympiamannschaft von Berlin 1936 in Wehbach ihr Trainingslager einrichtete. Später waren auch 2 Sportler vom Brühlhof, Wilhelm und Hiltraud Biermann, Mitglieder dieser Mannschaft. Die deutschen Schwimmmeisterschaften wurden 1942 in Wehbach ausgetragen.
Das Freibad wird heute vorbildlich durch einen ehrenamtlichen Förderverein, im Bäderzweckverband Kirchen Betzdorf, geführt.
Die Leistungen der Wehbacher Vereine können sich sehen lassen. Leistungsklassen im Bereich Deutsche Meisterschaften des VfL Wehbach, wurden erreicht.
Der "Singkreis 1868 Wehbach" mit seinen über 65 Sängerinnen und Sängern, erreichte in der Bundesrepublik, in St. Petersburg, Moskau, Washington, Chikago, bis Nebraska in den USA, sowie Wien, Budapest und Rom im Petersdom und in der Sixtinischen Kapelle, höchste Auszeichnungen für erfolgreich vorgetragenes Liedgut. Der Singkreis steht unter der Führung des Präsidenten Dr. h.c. Hans Urrigshardt und seinem musikalischen Leiter, Herrn Musikdirektor FDB Michael Rinscheid.
Die musikalischen Leistungen des Musikverein Wehbach nehmen einen gebührenden Platz in den Leistungsvergleichen des Musikverbandes Rheinland Pfalz ein.
Nach dem industriellen Niedergang der Schwerindustrie und der Maschinenbauindustrie in den 60iger Jahren, so auch der Friedrichshütte ab 1967, war es nicht leicht, Ersatzgewerbe und Industrien in den traditionsreichen Gebieten anzusiedeln.
Auf dem renovierten Gelände der ehemaligen Friedrichshütte sind im Laufe der letzten 10 Jahre ca. 300 neue Arbeitsplätze durch Ansiedlung von Gewerbe- und Handwerksbetrieben entstanden, die Hoffnung für die Zukunft vermitteln. In der Gilsbachstraße haben sich eine Schreinerei und ein Maschinenbetrieb angesiedelt.
Der Ort Wehbach verfügt über Lebensmittelgeschäfte, ein Backhaus, eine Metzgerei und Zeitschriftengeschäfte, Getränkemärkte, 4 Gaststätten und 2 Hotels, die auch die kommunikativen Bereiche, neben der Versorgung der Bevölkerung, abdecken.
Die Leistungen der kirchlichen Aktivitäten beider Konfessionen sind in der Dorfbevölkerung akzeptiert und anerkannt. Mussten doch die Wehbacher Christen beider Konfessionen frührer in die Pfarreien zu allen Anlässen nach Kirchen gehen, so verfügt die katholische Kirchengemeinde Wehbach seit 1933 über ein eigenes schönes Gotteshaus "St. Peter". Die evangelischen Christen haben seit 1952 ein eigenes Gotteshaus, die "Christuskirche", so können kirchliche Anlässe jeder Art im Ort Wehbach in Anspruch genommen werden. Die vielseitig praktizierte ökumenische Arbeit wirkt sich positiv aus.
Die gewerblichen Einrichtungen wie Anstreicher, Schreinerei und Maurerbetriebe, oder eine Tankstelle "DEA Autoport" und eine Post und Sparkassenzweigstelle der Kreissparkasse Altenkirchen stehen den Bürgern und Bürgerinnen zur Verfügung, ebenso eine Arztpraxis und eine Apotheke.
Bis 1969 gab es in Wehbach noch ca. 36 Geschäfte und Handwerksbetriebe.
Die Grundschule "Adolf Kolping Schule" nimmt 4 Klassen der Grundschüler und eine Vorschulklasse auf. 2 konfessionelle Kindergärten bieten ca. 100 Kindern einen Platz.
Im Ortsbezirk Wehbach sind z. Zt. 381 Häuser und 27 Straßen (Stand 30.06.2002) aufzuzeigen. Neubaugebiete im Bereich Buchenhof und "in den Bitzen" sind den Bürgern in den letzten 10 Jahren angeboten und in Anspruch genommen worden.
Eine gut funktionierende "Freiwillige Feuerwehr" und eine DRK Bereitschaft ist in Wehbach auf hohem Ausbildungsstand seit über 70 Jahren vorhanden.
Das Bürgerhaus bietet den Bürgern die Möglichkeit, Vereins- und Familienfeiern und Sitzungen durchzuführen, hierzu wird auch die vereinseigene VfL Turnhalle für Konzerte, ca. 300 Sitzplätze, in Anspruch genommen.
Der Ort Ortsbezirk Wehbach- zählt z. Zt. 1252 Einwohner, Stand 31.05.2002, darunter sind auch ca. 9 % ausländische Mitbürger und Mitbürgerinnen problemlos integriert worden.
Trotz aller positiven Darstellungen über den Ort Wehbach und den Aktivitäten einiger hundert Bürger und Bürgerinnen, Alt und Jung, bleibt noch viel zu tun, um dem Ort eine ihm gebührende Prägung, der Tradition verpflichtend, zu geben.