Weyerbusch

Katholische Kirchengemeinde " Sankt Josef" in Weyerbusch

Aus dem Jahrbuch 1991 des Kreis Heimatverein Altenkirchen - Westerwald

Nachdruck mit dessen Erlaubnis

Autor: Gustav Winhold

Freiherr Everhard von Geyr zu Schweppenburg und die Entwicklung der katholischen Kirchengemeinde Weyerbusch

P. Gabriel Busch hat in seinem Buch ,,Hilgenroth-Marienthal" wertvolle Hinweise geben können, die das Tun und die Absichten des Freiherrn von Geyr im Raum Weyerbusch verständlich machen. Obwohl sich seine Erben gänzlich aus Weyerbusch und Umgebung zurückgezogen haben, ist dennoch die Erinnerung an ihn nicht ganz erloschen, und es sind Zeichen geblieben, die die Vergangenheit lebendig machen.

Dem Kloster Marienthal drohte Anfang des 19. Jahrhunderts der Verfall, wenn es nicht gelang, den drohenden Abriß zu verhindern. Pfarrer Köppchen aus Altenkirchen glückte es, den Freiherm von Geyr für den Kauf der Klostergebäude zu interessieren. Mit des Freiherrn finanzieller Hilfe konnte ein vorgeschobener Käufer das Gebäude erwerben, das dann erst zwei Jahre später offiziell in das Eigentum des Freiherrn überging. Dieser ließ die verfallende Kirche neu aufbauen und stattete sie mit den fehlenden Einrichtungsgegenständen aus. Nachdem Klostergebäude und Kirche wieder hergestellt waren, schenkte Everhard von Geyr das Kloster Marienthal mit allen Gebäuden und den dazugehörigen Liegenschaften dem Erzbischöflichen Stuhl zu Köln.

Die Familien von Geyr stammen aus dem Westfälischen. Familienmitglieder haben im Laufe der Zeit u.a. bedeutende Amter beim Kurfürsten zu Köln bekleidet, wurden in den Reichsritterstand erhoben und erwarben die landtagsfähigen Güter zu Schweppenburg im Brohltal. Es war eine ungeschriebene Familientradition, sich aktiv für die katholische Glaubensüberzeugung einzusetzen. Everhard Anton Heinrich Josef von Geyr zu Schweppenburg wurde 1793 geboren. Er war in kinderloser Ehe mit Eva Lyversberg verheiratet und starb 1873 in Unkel am Rhein, wo er auch seine letzte Ruhestätte fand.

In Weyerbusch steht in der Mitte des Ortes unterhalb des Gasthofes zur Post ein 1972 erbautes modernes Wohnhaus. An dieser Stelle stand einst ein stattliches Haus mit großen Stallungen hinter dem Hauptgebäude. Dieses Haus war seit vielen Generationen im Besitz der Familien Cramer, die von hier aus ein Hofgut mit großen Ländereien und Waldgebieten bewirtschafteten. Die Cramers waren aber auch Posthalter der damaligen Thurn- und Taxis'schen Poststation bis zu deren Auflösung Anfang des 19: Jahrhunderts. Bei ihnen wurden die Pferde gewechselt, und in ihrem Hause übernachteten die Reisenden, die mit der Postkutsche von Köln nach Frankfurt oder umgekehrt unterwegs waren. Die Erben der Cramers verkauften im Jahre 1840 das Hofgut an den Freiherrn von Geyr, der es von Unkel aus, wo er wohnte, verwalten ließ und nur Knechte und Mägde beschäftigte, die katholischen Glaubens waren.

Da in den Dörfern um Weyerbusch zur damaligen Zeit viele verarmte Bauern lebten, die ihren Besitz nicht mehr halten konnten, kaufte der reich begüterte Freiherr alles auf, was er bekommen konnte. Zahlreiche Grundbuchauszüge weisen seinen großen Landbesitz aus. In den Dörfern schuf er kleinere Höfe, die er alle mit katholischen Pächtern besetzte, die meist von auswärts kamen. So wuchs allmählich in der sonst fast rein evangelischen Bürgermeisterei Weyerbusch die Zahl der katholischen Mitbürger. Die seelsorgerische Betreuung übernahmen zunächst Ordensgeistliche aus dem Kloster Marienthal, denen ein besonders eingerichteter Andachtsraum im Hofe des Geyrschen Verwaltungsgebäudes in Weyerbusch zur Verfügung stand.

Dem ehemaligen Geyrschen Verwaltungsgebäude, der alten Poststation, schräg gegenüber lagen damals Hof und Wohnsitz des 1. Bürgermeisters Christian Hörder, der von 1817 - 1845 der erste Bürgermeister der Bürgermeisterei (Samtgemeinde) Weyerbusch war. Heute steht hier das Haus Marenbach/Treichel. Angrenzend dorfaufwärts, da wo heute der Brunnen aus Basaltsäulen sprudelt, stand der Hof des Georg Bischof. In seinem Haus waren auch zeitweise eine Gastwirtschaft mit Saal und ein Kolonialwarenladen untergebracht. Die Erben von Hörder und Bischof verkauften damals ebenfalls an den Freiherrn von Geyr ihre ererbten Häuser mit dem dazugehörigen Grund und Boden. Damit war auch das gesamte Gelände zwischen der heutigen Sozialstation und dem Anwesen Herbert Schmidt in den Besitz des Freiherrn übergegangen.

Der bereitgestellte Andachtsraum auf dem ehemaligen Gramerschen Hof war zu klein geworden, da die Zahl der Katholiken im Raum Weyerbusch ständig stieg. Die katholische Kirchengemeinde Altenkirchen hatte in der Zwischenzeit die Verwaltung und Betreuung der katholischen Gläubigen in Weyerbusch und Umgebung übernommen. Der Bau einer kleinen katholischen Kirche in Weyerbusch als zentralem Ort war notwendig geworden. Pfarrer Boskamp aus Altenkirchen setzte sich darum in den Jahren 1861/62 mit dem Weyerbuscher Gemeinderat in Verbindung und stellte den Antrag auf käufliche Überlassung eines der Gemeinde gehörigen Grundstückes zwischen Leuscheider Straße und Marenbacher Weg, um dort eine katholische Kirche zu erbauen. Doch konnte man sich über den Kaufpreis nicht einigen. Erstaunlich schnell begann man dann bereits im Jahre 1863 auf dem von dem Freiherrn von Gcyr erworbenen ehemaligen Hörderschen Gelände mit dem Bau der katholischen Kirche an der Kölner Straße. Schon 1864 wurde die Kirche eingeweiht, die offiziell vom Erzbistum Köln, aber sicherlich mit des Freiherrn finanzieller und ideeller Hilfe erbaut worden war. Pfarrer Boskamp stellte nach dem Bau der Kirche noch im Jahre 1864 an den Weyerbuscher Gemeinderat den Antrag, auf dem Gelände neben der Kirche eine Begräbnisstätte für die verstorbenen katholischen Gläubigen zu gestatten. Diesen Antrag lehnte derGemeinderatmit der Begründung ab, daß nach einer Regierungsverordnung von 1828 Friedhöfe zum Schutze von Wohnhäusern und Brunnen nur in einer vorgeschriebenen Entfernung von Wohnplätzen angelegt werden dürfen. So wurden die verstorbenen Katholiken weiter in Altenkirchen bestattet. Erst 1897 schenkten die Erben des Freiherrn der katholischen Kirchengemeinde Weyerbusch ein geeignetes Grundstück. Seit dieser Zeit dient die Parzelle, die außerhalb der Ortschaft aufder Höhe in der Verlängerung der Straße ,,Am alten Born'.' liegt, als Begräbnisstätte. Aus eigener Kraft konnte man den Friedhof nicht anlegen, da ,,mangels jeglicher Mittel die hiesigen Katholiken vielfach Armenkassenanwärter sind", schrieb Bürgermeister August Schneider in der Amtschronik.

Zur Zeit des Bürgermeisters Fr. W. Raiffeisen (1845-1848) wurden in der Bürgermeisterei Weyerbusch drei neue Schulen gebaut. Auch in Weyerbusch entstand für den Schulbezirk Weyerbusch, den die Orte Hilkhausen, Hasselbach, Werkhausen und Weyerbusch mit Heuberg bildeten, an der Kölner Straße, da wo sich heute das Edeka - Geschäft befindet, ein neues Schulgebäude, das für die evangelischen Kinder des Bezirks bestimmt war.

Zunächst wurden hier nur die älteren Kinder, die etwa 10 - 14 Jahre alt waren, unterrichtet. Die jüngeren Schulkinder waren in einem angemieteten Raum im Ort, später im Hause Bischof untergebracht, bis auch sie aus Kostenersparnisgründen nach Mittelung des Schulsaales für die älteren Kinder in das neue Schulgebäude verlegt wurden.Da es inderBürgermeisterei vorwiegend Konfessionsschulen gab, mußten die katholischen Kinder aus dem Raum Weyerbusch zunächst die private katholische Schule in Heupelzen besuchen, die aber 1855 zu einer öffentlichen erklärt wurde. Das waren lange Fußmärsche für die Kinder aus dem Raume Weyerbusch. Da ein Großteil der die Heupelzer Schule besuchenden Kinder aus Weyerbusch und Umgebung kamen, war es ein verständlicher Wunsch der Eltern dieser Kinder, in Weyerbusch auch eine katholische Schule einzurichten. Raiffeisens Nachfolger, Bürgermiester Bieler, erhob im Jahre 1853 starke Bedenken gegen diese Einrichtung. In einem Bericht an den Landrat in Altenkirchen heißt es: ,,Von 36 katholischen Kindern der hiesigen Bürgermeisterei, welche bisher die Schule in Heupelzen besucht haben, sind nur sechs zahlungsfähig. Die Eltern der übrigen Kinder beziehen beinahe fortwährend Unterstützung. Wie unter diesen Umständen Mittel zur Errichtung eines Schulsaales aufgebracht werden sollten, wüßte ich nicht." Doch bereits 1857 war es so weit. Die Erzbischöfliche Behörde zu Köln kaufte in Weyerbusch das Eckhaus Leuscheider Straße - Marenbacher Weg, das zu einem Schulhaus eingerichtet wurde.

Mit Sicherheit hat hier der Freiherr auch Pate gestanden. In diese Schule gingen 1857 die katholischen Kinder aus Wölmersen 6, Birnbach 4, Hemmelzen 6, Hilkhausen 5, Forstinehren 2, Heuberg 1, Weyerbusch 2, Hasselbach 3 und Werkhausen 5. Lehrer Becker, der erste katholische Lehrer in Weyerbusch, hatte mit den örtlichen Behörden viel Ärger. Er mußte rückständige Vergütungen und Heizungsgeld immer wieder neu anmahnen. Nachdem die jüngeren Kinder der evangelischen Schule das Bischofsche Haus geräumt hatten, zog die, katholische Schule in dieses Haus ein, das jetzt auch im Besitz der Erzbischöflichen Behorde in Köln war, aber vom katholischen Pfarramt in Altenkirchen verwaltet wurde. In dem geräumigen Schulhaus wohnte seit dieser Zeit auch der kathoIische Geistliche. Das Haus war Rektoratsgebäude geworden. 1945 wurde es durch Bomben zerstört und nicht wieder an gleicher Stelle aufgebaut. Zwar baute man 1953 in gebührendem Abstand von der B 8 auf dem alten Schulgelände eine neue katholische Schule mit Lehrerwohnung, doch schon 1969 wurden die katholischen Kinder in die neue moderne Bürgermeister-Raiffeisen~Schule, eine Gemeinschaftsschule, integriert. Die 1953 erbaute neue katholische Schule ging in Privatbesitz über, und das ehemalige Standortgelände der alten katholischen Schule erwarb die Gemeinde Weyerbusch, um einen Dorfplatz mit einem Brunnen inmitten des Ortes anzulegen.

Die politische Gemeinde Weyerbusch konnte sich mit dem Geschäftsgebahren des Freiherrn von Geyr nicht anfreunden. Zwar besaß dieser seit 1840 Haus und Hof innerhalb des Gemeindebereichs und war somit nach der Gemeindeordnung von 1845 automatisch Mitglied des Gemeinderates, doch hat er nie zu Raiffeisens Zeiten an einer Gemeinderatssitzung teilgenommen, obwohl er immer ordnungsgemäß eingeladen worden war. Nach 1848 erscheint er nicht mehr als Gemeinderatsmitglied. In einem Protokoll aus dem Jahre 1863 beklagt sich der Protokollführer des Gemeinderates bitter über die Verluste, die der Gemeinde durch den Freiherrn entstanden sind und auch noch weiter entstehen. Es heißt dort, von Geyr habe außer dem Cramerschen Anwesen auch die Höfe Bischof und Hörder erworben. Da aber der Freiherr seinen Sitz in Unkel am Rhein habe und auch sein Rentmeister dort wohne, der nur alle 14 Tage zur Kontrolle nach Weyerbusch komme, gingen der Gemeinde erhebliche bestimmte Steuererträge verloren, weil diese an die Wohnsitzgemeinde Unkel abzuführen seien. Es habe sich in der Zwischenzeit ein großer Schuldenberg gebildet, dazu käme noch die Schuldenlast mit Zinsen vom Schulbau der evangelischen Schule aus dem Jahre 1846. Der Gemeinderat von Weyerbusch sähe sich deshalb gezwungen, die Steuern um 50 Prozent zu erhöhen, um Mittel für die dringendsten Gemeindearbeiten bereitstellen zu können.

Im Jahre 1873 starb Everhard Freiherr von Geyr zu Schweppenhurg kinderlos in Unkel. Seine Erben verkauften großzügig alle Ländereien und Häuser, soweit sie nicht in den Besitz des Erzbistums Köln übergegangen waren. Alle zusammenhängende Waldgebiete mit dem Verwaltungsgebäude in Weyerbusch (ehemalige Thurn- und Taxis'sche Poststation - Haus Gramer) verkauften die Erben an den preußischen Staat. Der erwarb noch Teile der Interessentenwaldungen von Marenbach und Rimbach dazu, und es entstand so Ausgang des 19. Jahrhunderts die staatliche Revierförsterei Weyerbusch mit der ehemaligen Thum- und Taxis'schen Poststation als Forsthaus für die Försterei Weyerbusch. Heute steht dieses Forsthaus nicht mehr. Der Staat verkaufte dieses geschichtsträchtige Haus an einen Privatmann, der es abreißen ließ, um ein Mietshaus zu bauen. Dafür wurde ein neues Forsthaus an der Straße nach Leuscheid am Waldrand gebaut, das in der Gemeinde Oberirsen liegt.

Bis vor wenigen Jahrzehnten kam der Name Geyr noch bei der Bezeichnung gewisser Grundstücke vor. Da hieß es bei den älteren gebürtigen Weyerbuscher Bürgem ,,das ist Geyrs Stück, das ist Geyrs Wies oder auch das war Geyrs Heck (Wald)". Der Name des Freiherrn von Geyr ist heute in Weyerbusch kaum noch bekannt. Als äußere Zeugen seines Handelns und der Beachtung seiner Familientradition, sich aktiv für die katholische Glaubensüberzeugung einzusetzen, sind in Weyerbusch geblieben: der katholische Friedhof und die katholische Kirche an der Kölner Straße, die zum Mittelpunkt einer rührigen Glaubensgemeinschaft in einer Diaspora Gemeinde, der katholischen Kirchengemeinde St. Josef in Weyerbusch wurde.

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