Chronik von Härtlingen


Wie kam es zu dem Wappen?
Die Ortsgemeinde Härtlingen mit 402 Einwohnern besteht aus sechs Ortsteilen/Höfen. Die Gemarkungsgröße beträgt 320 Hektar. Der 1292 erstmals erwähnte Ort "Hertlingen" liegt im ehemaligen Niederlahngau, dem Herrschaftsgebiet der Nassauischen Grafen. Zu den 6 Ortsteilen gehören: Härtlingen, Spatzenburg, Menage, Neumühle, Hof Westert und Hof Witzelbach (1253 beurkundet). Der Siedlungsbeginn war am Elbbach, dort stand bis Ende des letzten Jahrhunderts noch der "Härtlinger Hof". Hier lebten vom 13. bis ins 17. Jahrhundert mehrere adelige Familien, u.a. im 16. Jahrhundert der Junker Wilhelm von Irmtraut, genannt "Der Dicke�. Dieser sorgte durch Verprügelung des evangelischen Pfarrers dafür, daß die Pfarrei Schönberg wieder katholisch wurde. Die Wappen der ausgestorbenen Adelsfamilien bestimmen das Härtlinger Ortswappen. Im Elbbachtal lagen früher vier Mühlen, vor 150 Jahren war der Siedlungsort "Hertlingen" noch der größte Ortsteil. Mittlerweile leben die meisten Einwohner in "Spatzenburg". Immer noch wird das Gemeindebild von der Landwirtschaft geprägt. Neben zwei hauptberuflichen Landwirten, gibt es zahlreiche Nebenerwerbsbetriebe, die die Flur in Ordnung halten. Sehr rege ist auch die Vereinstätigkeit der Härtlinger MGV "Harmonie Kaden-Härtlingen", Freiwillige Feuerwehr sowie die Möglichkeit von Freizeittätigkeiten. Ihr Domizil haben die Einwohner im 1922 fertiggestellten Bürgerhaus in der Schulstraße. Weitere Einrichtungen sind der Spielplatz mit Blockhütte und Grillplatz, der Dorfplatz im Ortszentrum bei der unter Schutz stehenden alten Linde und der Bolzplatz. Die Altersstruktur der Bevölkerung zeigt, ca. 60% der Einwohner sind jünger als 40 Jahre. Die aktuelle Einwohnerzahl vom 31.12.2000 betrug 411 Einwohner. Ein rechtskräftiger Bebauungsplan gibt den Bürgern die Möglichkeit, ihr eigenes Domizil zu bauen. Im Naherhohlungsgebiet "Westerburger Land" ist Härtlingen heute ein Teil der Verbandsgemeinde Westerburg. Georg Flügel, Ortsbürgermeister
 
6 Jahre lutherischer Glaube im Kirchspiel
(Auszüge wurden dem Aufsatz "Ein gescheiterter Reformationsversuch in Salz" von Stud.-Rat Fr.Herwig,Wiesbaden entnommen)Wie wohl allgemein bekannt ist, gehörte bis zum. 17. Jhd. Schönberg noch zu der alten Mutterpfarrei Salz. Der heutige Sprengel Salz bildete indes damals nur das "Unterkirchspiel", in Gegensatz zu dem im Nordwesten gelegenen "Oberkirchspiel" und der heutigen Pfarrei Hahn. Das Kirchspiel Salz selbst wird uns schon um 1200 genannt, in deren Zeit auch die erste Erwähnung der Salzer Kirche fällt (1172). (Der im Volksmund überlieferte Glaube, bei der Kirche handele es sich um einen alten Heidentempelentbehrt jedweder Grundlage. Der Kult unserer Vorfahren spielte sich nicht in Hallen und Gebäuden ab.) Die St. Leonhardskapelle ist dagegen noch älter; allerdings ist dieselbe in der heutigen Form im vorigen Jahrhundert erneuert worden.Wie die übrigen alten Mutterpfarreien des heutigen Dekanats Meudt (Hundsangen, Nentershausen, Meudt) fiel auch Salz bei der Teilung der Grafschaft Diez im Jahre 1664 an Kurtrier und hat infolgedessen mit den "Trierischen Land" des Westerwaldes über die Stürme der Reformationszeit hinweg den katholischen Glauben bewahrt. Kurz vorher ist allerdings der Versuch gemacht worden, diese alte Mutterpfarrei und ihren grossen Sprengel für den neuen Glauben zu gewinnen.Nach dem Aussterben des alten Diezer Grafengeschlechtes 1588 hatte die Linie Nassau-Dillenburg ihren Besitz geerbt. 1530 trat Graf Wilhelm der Reiche von Nassau-Dillenburg zum Luthertum über und versuchte nun, diesen seinen neuen Glauben in den Diezischen Gemeinden einzuführen und begann dies mit dem Kirchspiel Salz. Am 4.5.1558 wurde so Herr Burkhard Bernstein aus Nürnberg als Pastor von Salz, "der fürnhermsten pfarr" der Grafschaft Diez, ernannt. Zur Pfarrei gehörten damals 29 Dörfer mit jedoch nur 149 Feuerstellen. Das Pfarrdorf selbst hatte nur 6 Feuerstellen. Wir dürfen uns also beileibe nicht Dörfer unseres heutigen Ausmaßes vorstellen. Kaum mehr wie 1000 Seelen werden zum Sprengel gehört haben. Nun darf man aber auch nicht annehmen, daß der neue Ffarrherr so mir nichts dir nichts alles Katholische über den Haufen warf. Auf diese Art hätte er sein Ziel nie verwirklichen können. Die Beibehaltung von Prozessionen, das Brennen von Weihrauch, religiöse Bilder, kirchliche Gewänder, Altar- und Sterbekerzen, Salz und Chrisam bei der Taufe, Beerdigungen mit Kreuz, Totenwachen, ja sogar Heiligenfeste und Festtage, Kirchweih und Beichte wurden gelitten. Selbst die Messe wurde beibehalten, wenn auch Evangelium, Epistel usw. in deutscher Sprache gelesen wurden.Es ließe sich denken, daß man dem neuen Pfarrer, der als erster seit langer Zeit selbst in Kirchspiel wohnte, - im Gegensatz zu seinen Vorgängern, die ihren Wohnsitz ausserhalb des Kirchspiels hatten - mit Sympathie entgegengekommen wäre. Dies war jedoch nicht der Fall. Nach Kräften. mögen die katholischen Kachbarn den Widerstand im Volke gegen den Prädikanten (luth.Geistlicher) gestärkt haben. Besonders die verworrenen Zustände im Oberkirchenspiel haben den neuen Pfarrherrn fast bis zur Verzweiflung getrieben. Zuerst war die Schönberger Gemeinde dem neuen Glauben wohl sehr zugänglich. Jedoch wollten sie sich von Salz lösen und bestellten sich daher einen eigenen Prädikanten namens Anton Moser aus Westerburg. Mit ihrem Kirchenvorstand war die Gemeinde daher schon uneins geworden und hatte sich einen neuen gewählt. Diesem eigenen Geistlichen wurden 60 Gulden Jahreseinkommen versprochen, die aber leider nicht aufgebracht werden konnten, so daß nach 5/4 Jahren diese Herrlichkeit wieder aufflog, In Oberkirchspiel hatten. sich die Gemüter indes keineswegs nach dem Abgang Mosers beruhigt. Dauernd kamen Gesuche an die Kirchengemeinde, um die rückständige Bezahlung des geschiedenen Prädikanten Moser zu begleichen. Jedoch vergeblich. Die Erbitterung über dieses dauernde Drängen richtete sich schliesslich gegen Bernstein, der seinen Amtsbruder deckte, es mit dem alten Kirchenvorstand hielt und den neuen nicht anerkannte. Um diesen ewigen. Zankapfel aus dem Wege zu räumen, - da selbst der Landesherr sich für Moser einsetzte - ließ Bernsteineines Tages in Salz von dem Schönberger Kirchenmeisterihrem früheren Prädikannton zwei Schuldverschreibungenüber 24 Gulden aushändigen und sich selbst für 6 Gulden. Dies wurde jedoch als Veruntreuung von kirchlichen Gütern angesehen und Moser gab seine Schuldverschreibungen wieder zurück. Er erhielt gar nichts mehr, da jetzt gesagt wurde, er sei nicht in der ganzen Zeit seines Schönberger Wirkens vom Landesherrn bestätigt gewesen, und der Kirchenvorstand verweigerte deshalb die Bezahlung der Schulden. Selbst die Schönberger Kirchenmeister Jung Till von Sainscheid und Heinrich Hopmann von Schönberg mußten sich von ihrer eigenen Gemeinde den Vorwurf unredlicher Verwaltung des Kapellengutes gefallen lassen. Es wurde behauptet, sie hatten der Gemeinde die letzten Jahre keine Rechnung mehr abgelegt; überhaupt seien sie nicht rechtmässig eingesetzt und vereidigt, und zuletzt hätten sie gar "der Kirchen Brief und Siegel entnommen, beraubt und gestohlen". Beide verteidigten sich jedoch erfolgreich. Jedoch wuchs die Abneigung gegen Bernstein immer mehr. Wilde Gerüchte liefen umher, so daß auch die Gutgesinnten ihn aus Missgunst und Hass betrachteten. Durch einen Krankheitsfall konnte der Pastor eine geraume Zeit auch seinen Dienst nicht erfüllen, so daß die "Verhältnisse in der Pfarrei nicht besser wurden. Seine Hauptgegener waren ihm aus der Schönberger Opposition und aus dem "Trierischen" erwachsen. Als Hauptgegner des Pfarrherrn und Führer des Schönberger Widerstandes erscheint damals der Junker Wilhelm von Irmtraudt, der in Härtlingen wohnte und manchen Hof noch im Umkreis besaß. Auch wird er Wilhelm der Dicke zu Härtlingen und Langwiesen genannt. Am Anfang trat dieser Wilhelm der Dicke wohl nicht als Gegner hervor sonst hätte der Pastor ihm nicht Schönberger Schuldverschreibungen "ver-setzt". Um so erstaunlicher die maßlose Wut des "Dicken" nach diesem vorteilhaften Geschäft. War es den Trierischen gelungen., ihn für sich zu gewinnen? Oder waren es nur die vom Volke gegen Bernstein genährten Beschuldigungen? Am 5. Sonntag nach Trinitatis 1561; den 6.Juli, leistete sich Wilhelm von Irmtraudt folgenden tollen Streich gegen den nichts ahnenden Pastor. In der Schönberger Kapelle wurde damals an diesem Sonntag Gottesdienst gehalton . Als Bernstein nach Beendigung das Vormittagsgottesdienstes die Kirche vorließ, erblickte er vor sich den schwerbewaffneten Irmtraudter. Der Gefährlichkeit seiner I.age bewußt suchte der Pastor sofort seinen Schutz in Gotteshaus. Aber der Junker respektierte kein Asylrecht der Kirche, folgte ihm vielmehr und begann den Kampf mit heftigen Beschimpfungen, ehe er zur Waffe griff. Zum Erstaunen der begeisterten Zuschauer, gelang es wohl dem Pastor die Waffen des Ritters festzuhalten, jedoch konnte er es nicht verhindern, daß er auf gut deutsch nach Strich und Faden verprügelt wurde. Nachdem beide Kämpfer erschöpf t waren, ~ "ille verborando, ego vapulanda", wie Bernstein später mit Selbstironie schreibt (jener vom prügeln, ich vom verprügelt werden) fängt der Härtlinger nochmals nach Herzenslust zu schimpfen an, ehe er geht. Nach anderthalb Stunden ist jedoch der Imtraudter frisch gerüstet wieder zur Stelle, doch Herr Bernstein zog es vor, die Andacht ausfallen zu lassen und auszureißen. Natürlich beschwerte der Pastor sich beim Amtnann, was aber nicht viel Erfolg hatte.Das Bleiben Bernsteins wurde immer haltloser. Offen kam die Abneigung eines Teiles seiner Pfarrkinder jetzt gegen die neue lehre zum Vorschein. Er selbst schreibt, :"die Katastrophe hat begonnen mit solch einer Wildheit und Unmenschlichkeit, dass alle Furien die Leitung des Dramas übernommen zu haben scheinen." Selbst bewaffnete Tätlichkeiten gegen ihn konnten von beherzten Männern nur durch energisches Zugreifen verhütet werden. Prozesse werden gegen ihn angestrengt, in denen unsaubere Hände der amtlichen Vertreter der katholischen Kirche der Nachbarschaft nicht unbeteiligt sind. Im Frühjahr erreicht Bernstein es, dass er versetzt wird. Doch bitter beklagt er sich, dass er noch nicht ein Gespann zum Umzug seines Habes gestellt bekam, wobei wahrscheinlich der Härtlinger Dicke wieder dahintersteckte. - Nicht schmähen darf man aber den Charakter Bernsteins. Es war ein Mann, der versuchte, sein Amt und seine ihm übertragene Pflicht mit gutem Gewissen auszuführen. Hat er doch auch Anhänger gefunden und es fertig gebracht, dass zwei Buben des Kirchspiels, Johann Elminger aus Hahn und Tilmann Krumer aus Wirsdorf (Guckheim) auf der evangelischen Universität Marburg Theologie studierten. Ein gut Teil Bauernstolz, ein Widerwille gegen landesherrliche Eingriffe und die .kompromisslosen katholischen Widersacher aus Trier haben ihn bezwungen.Sein Nachfolger Krumer aus Guckheim, also ein Kind der Pfarrei, scheint jedoch auch im Oberkirchspiel stärkern Anklang gefunden zu haben. Man bat zuletzt sogar um sein Bleiben. Doch am 27. Juli 1564 fiel die Entscheidung. Man einigte sich in Koblenz, daß dieWesterwälder Kirchspiele Hundsangen, Nentershausen, Meudt und Salz, sowie einige Lahngebiete an das Erzbistum Trier fielen; der Rest der Grafschaft Diez an Nassau. So war der Reformationsversuchendgültig abgeschlagen. Allerdings betreute der lutherische Pastor noch ein volles Jahr Salz und Schönberg. Von nun an stand der katholische Charakter des Kirchspiels außer Zweifel. Eine kurze Notiz spricht sogar dagegen, daß die Widereinführung des altenGlaubens auf Schwierigkeiten stieß. In einigen DietkirchenerSitzungsprotokollen vonJahre 1578 erscheint unter den bewahrtenSalzer Sendschöffen auch "Jungen Thiln von Seinset'', der wackere Schönberger Kirchonmeister, der um 1560 einen so schweren Stand in seiner Gemeinde hatte. Was den streitbaren Junker von Imtraudt betrifft, so lebte dieser noch bis 1582 auf den Härtlinger Hof und wurde dann in der Schönberger Kapelle beigesetzt. Und so schaut er auch heute noch, wenigstens in effegie, aus seiner Ritterrüstung in die Kirche hinein, die er einst mit seinem Toben erfüllt hatte. Gewiss,es ist ihm wohl nicht allein zu verdanken, dass das Kirchspiel katholisch blieb, ganz abgesehen von seiner wonnig rühmlichen Kanpfesmethode. Ausschlaggebend war der Diezer Teilungsvertrag. Doch immer noch wundert man sich, dass Dillenburg so ohne weiteres auf die 4 Kirchspiele verzichtete. Hundsangen, Nentershauson und i.Meudt sind einigermasscn erklärlich. Jedoch auf Salz hatte Dillenburg 5/4 des Anspruchs Vielleicht hat den Ausschlag die obstinate Haltung der Bevölkerung gegeben, so dass man in Dillenburg auf dies Kirchspiel verzichtete: Sollte Trier die Basalt- und Dickköpfc nehmen, die doch nur eine schadhafte Stelle für Nassau darstellten.