Gerichts- und Grundherrschaften des Mittelalters
(Quelle: Hellmuth Gensicke: Landesgeschichte des Westerwaldes)
(Abschrift erstellt durch: Rolf Willmanns)
A. Das Königstum
Das Reichsgau
Im Engersgau
Fanden wir durchwegs an den alten Fernstraßen, den Schlagadern des Reiches, einzelne Stützpunkte und Königshöfe aufgereiht, so war vor allem die Hauptschlagader, der Rhein, an seinem Mittellauf, reich mit Königsgut besetzt. Königspfalzen erwuchsen links des Rheines in den alten Römerstädten Oberwesel, Boppard, Koblenz, Andernach und Sinzig. Den Königshof Childebert II. in Andernach besuchte 588 Venantius Fortunatus. Die Weinberge, die er am Westerwaldufer des Stromes sah, mögen zu jenem Königshof gehört haben. Der größte Teil des späteren Königsgutes im fruchtbaren Neuwieder Becken und auf den Randhöhen des Westerwaldes mag wohl auch in die Merowingerzeit zurück reichen.
Gerade hier aber war das Königsgut starken Veränderungen unterworfen. Teile wurden an Kirchen verschenkt, an Grosse des Reiches als Lehen vergeben. Nur selten hören wir von neuen Erwerbungen. So hatte mit den Gütern des Freigelassenen Theuthard der Fiskus auch den von jenen verwalteten Besitz des Fulquin aus dem Dorf Meinborn eingezogen, dem Kaiser Ludwig der Fromme 821 jedoch, als er aus dem Krieg gegen die Slawen zurück kehrte, sein Erbe zurückgab. Güter zu Hönningen hatte ein Ennelin, zu Irlich Erzbischof Poppo von Trier Heinrich II. geschenkt, der sie seiner Bamberger Kirche überließ. Doch hat Heinrich II. auch die Burg Hammerstein, die er 1020 erobert hatte, eingezogen und zu einem neuen Mittelpunkt des zerfließenden Reichsgutes in unserem Raum gemacht. Heinrich IV. ließ 1071 die zerstörte Burg wieder aufbauen und errichtete hier 1074 eine Zollstätte. Nicht nur als Zufluchtsort für die Reichsinsignien Ende 1105 und als Gefängnis für fürstliche Personen, sondern vor allem bei der erneuten Zusammenfassung des Reichsgutes im nördlichen Neuwieder Becken gewann sie einige Bedeutung, die nach dem Übergang des Andernacher Königshofes ans Erzstift Köln 1167 wuchs. Um 1185 wird auch Hammerstein unter den Tafelgütern des römischen Königs genannt. In den Wirren der Endzeit Friedrichs II. konnten dann allerdings die aus der Reichsministerialität schon zu Beginn des 13. Jahrhunderts in den Kreisen der Dynasten aufgestiegenen Burggrafen nahezu unabhängige Stellung durchsetzen. Burggraf Johann nennt sich zwar noch 1306 (Vorübergehend hatte 1255 noch einmal König Wilhelm auf der Burg geweilt) „von des riches gnaden“, doch war dem König neben der Besetzung der Kapelle 1288 und 1333 nur die Verleihung der Burglehen im 14. Jahrhundert verbleiben. Erst 1373 vergibt der Trier Erzbischof, dem Karl IV. am 18.1.1348 alle Reichslehen in seinem Erzstift übertragen hatte, erstmals ein Burglehen. Zum Dank für die Königswahl seines Sohnes Wenzel überließ Karl IV. am 11.11.1374 die Reichslehenschaft über Hammerstein dem Trierer Erzbischof, was Wenzel 1376 (Die Anwartschaft, die König Wenzel 1379 dem Erzbischof von Köln erteilte blieb kraftlos. Wenzel selbst verlieh noch 1380 und kurz vor 1400 Burglehen zu Hammerstein) bestätigte. Mit Hammerstein aber ging das letzte Stück des Reichsgutes hier verloren.
Zu dem Hof Reitersdorf, den Konrad II. 1024/29 dem Bischof Sigibert von Minden geschenkt hatte, gehörte auch der Streubesitz im Kirchspiel Linz. In Linz lässt das 1517 (In Linz könnte auch der Flurname „Kayserberg“ 1709 auf Reichsgut deuten) bezeugte Martinspatrozinium vielleicht an eine fiskalische Kirchengründung denken. Aus Reichsgut mag im Nordwesten auch die Grundherrschaft Erpel stammen, da noch 1244 ein Weinberg des Kölner Domstifts zu Erpel „Camitforst“ genannt wird (Der Ausdruck Kammerforst für einen von der Rodung ausgeschlossenen Bezirk innerhalb einer grundherrlichen Waldung begegnet auch bei Nassau 1163 südlich der Lahn als Name eines Waldes in der Nähe des Königsguts Nassau und lässt sich häufig mit anderen Spuren von Reichsgut in Verbindung bringen, so dass sein Gebrauch ebenso wie die Bezeichnung Forst mit einiger Sicherheit auf Reichsgut schließen lässt). Auch von der Grundherrschaft Rheinbrohl, die Karl der Kahle 877 dem Stift Nivelles bestätigte, lagen Stücke, ein Hof zu Ariendorf und der Hof zu Wallen bei Dattenberg im Kirchspiel Linz.
Einen Teil der Grundherrschaft Hönningen, die mit jener von Rheinbrohl weitgehend verzahnt war, schenkte ein Ennelin Heinrich II., der ihn dem Bamberger Domstift 1019 übergab. Doch blieb dem Reich, wie es die Rechte der Hammersteiner Burggrafen in Hönningen, Leubsdorf und Dattenberg dartun, ein bedeutender Einfluss gewahrt. Nicht zuletzt bieten noch die Namen des Dorfes Ariendorf und der Isenburger Burg Arenfels lebendige Erinnerung an jenes Reichsgut (Vergleiche auch im linksrheinischen benachbarten Fiskus von Sinzig den nach dem Reichsadler benannten Hof Ahrenthal. Arienheller ist analog zu Ariendorf und Arensfels umgeformt und gehört nicht hierher, doch knüpften die Herren von Isenburg-Arenfels mit der Annahme des Adlerwappens Ende des 13. Jahrhunderts bewusst an die alte Tradition hier an), die auch der Forsthof im Bereich der Burggrafschaft Hammerstein wach hält.
Rheinaufwärts in den Uferdörfern mag ein Teil des Reiches ursprünglich zum Andernacher Fiskus gehört haben, doch sind diese Zusammenhänge nicht mehr nachweisbar. Die Quellen lassen hier nur Reste der Hammersteiner Burggrafen erkennen, die bis in den Raum von Bendorf nahezu alle Reste des Reichsgutes in ihre Hand brachten.
Altes Königsgut finden wir auch in Leutesdorf. Ludwig der Deutsche schenkte 868 seine Herrenhöfe Arenberg und Leutesdorf mit 30 Mansen dem Stift Herford. Außer diesen Höfen bestätigte Heinrich I. dem Stift 927 das unbekannte Uuineswalde und Hunbech, das wir wohl mit dem Herforder Besitz Güllesheim-Bürdenbach ostwärts des Hombachs gleichsetzen dürfen. Anlass zur Verbindung dieses Herrenhofes am Rhein mit jenem Besitz im Innern des Westerwaldes waren vielleicht schon die im Hochmittelalter dort bezeugten Eisengruben. Auch in Leutesdorf war, wie der Adlerflügel im Schildhaupt der Schenke von Leutesdorf 1309 es dartut, noch lange die Erinnerung an jenes Reichsgut wach.
Da die Ungnade von Elsaff noch 1397 ebenfalls einen Adlerflügel im Wappen führen, ist vielleicht auch der 893 zuerst in Elsaff bezeugte Besitz der Abtei Prüm auf Reichsgut zurückzuführen, zumal Prüm 790 von Karl dem Grossen Güter im Engersgau erhalten hatte. Im Wiedtal könnte auch die Herrschaft Neuerburg, die gegenüber dem bilstein-thüringischen Allod eine Sonderstellung einnahmen von den Thüringer Landgrafen dem Reiche entfremdet sein, wenn auch der Kammerforst des Hauses Neuerburg 1665 vorerst den einzigen Hinweis bietet.
Im Kirchspiel Feldkirchen ist die Feldkirche, die nach einer Nachricht von 1278 von den Vorfahren der Hammersteiner Burggrafen dotiert worden war, auf Grund des Martinspatroziniums (1589 Glocke; 1360 Altar. Über die dort ergrabene älteste, noch fränkische Holzkirche zum Zusammenhang des Martinspatroziniums mit fränkischem Reichsgut) ursprünglich wohl auch eine fiskalische Gründung und sind die Hammersteiner Höfe zu Rockenfeld und Gönnersdorf wahrscheinlich auch dem Reiche entfremdet. Irlich und Krümmel hatte zwar Erzbischof Poppo von Trier Heinrich II. überlassen, der es 1022 dem Domstift Bamberg schenkte, doch blieb dem Reich ein bedeutender Einfluss auf diesen Besitz, den die Rechte der Hammersteiner Burggrafen zu Irlich und Krümmel erkennen lassen, den aber vor allem die Tatsache spiegelt, dass die Grafen von Sayn die Vogtei Irlich vom Reiche zu Lehen trugen. Den Königshof zu Oberbieber hatte Heinrich II. seinem Arzt Landerich geschenkt, später jedoch von dessen Witwe zurück erworben und dem Stift Dietkirchen in Bonn 1021 zugewandt.
Früh und gründlich zersplittert ist der große Block von Reichsgut im Süden des Neuwieder Beckens, das Engerser Reich. Engers, Vorort des Gaues, Sitz des Dekanats, war wohl auch Vorort dieses Reichsgutes. Die Hälfte vom Patronat der Martinskirche und des Zehnten zu Engers trug 1194/98 Werner von Bolanden vom Reich zu Lehen. Einen Teil besaß das Marienstift zu Utrecht 1152/69 als Zubehör des Oberhofes zu Bendorf, den ihm Kaiser Friedrich I. geschenkt hatte. Neben den Bolander Lehnsleuten Dietrich von Hadamar und Wipert von Rübenach finden wir 1204 die Grafen von Sayn und die Burggrafen von Hammerstein am Kirchsitz beteiligt. Die Grafen von Sayn verdanken wohl auch ihren Kirchsatzanteil und Hof zu Engers ihren bereits im 12. Jahrhundert bezeugten engen Beziehungen zum Reich. Doch haben die Grafen ihren 1253 und 1314 bezeugten Hof Engers nicht beim Ausbau ihrer Landeshoheit ausnützen können. Mit dem Verzicht auf ihre Leute im Gericht Engers zugunsten des Trierer Erzstiftes begaben sie sich 1374 endgültig ihres dortigen Einflusses (Eine angebliche Vogtei der Sayner Grafen zu Engers vor 1374 ist urkundlich nicht zu erweisen). Wenn die Burggrafen von Hammerstein auch ihren Besitz zu Engers und Bendorf 1284 und 1288 von den Grafen von Dassel zu Lehen trugen, ist dieser doch ohne Zweifel auf Königsgut zurückzuführen. Die Grafen von Dassel mögen ihre Rechte zur Zeit der Kanzlerschaft Reinalds von Dassel erworben haben. Graf Simon von Dassel überließ zwar 1319 dem Burggrafen 1379 ihren Kirchsatzanteil zu Engers mit dem halben Dinghof zu Weis dem Trierer Erzstift, dem sie 1388 beide Stücke verkauften.
Die Verbindung mit dem Weiser Dinghof weist auf ein weiteres Stück des Engerser Reiches. Mit dem Niederhof zu Bendorf hatte Pfalzgraf Heinrich auch den Hof zu Heimbach der Abtei Laach bei der Stiftung 1093 zugewandt, den sein Stiefsohn Siegfried jedoch um 1099 der Abtei entzog und dem Kaiser Heinrich IV. für seine Ernennung zum Pfalzgrafen überließ. Konrad III. gab der Abtei den Hof Bendorf 1138 zurück doch veräußerte diese davon 1241 bis 1255 den Hof Heimbach mit Zinsen zu Heddesdorf und Weinrenten zu Engers. Im Kirchspiel Heimbach aber konnte das Reich besonders lange seinen Einfluss wahren. Erst Ludwig der Bayer belehnte 1343 den Grafen Wilhelm von Wied mit dem „friheimgerehit in den dreinn dorffern Heinnbach, Wihsse und Gladbach“, nachdem er am 30.5.1336 den Herren Salentin und Gerlach von Isenburg gestattet hatte „in den wichpelden zu Heimbach“ Weis und Gladbach Schultheiß und Schöffen zu setzen und Blutbann zu üben. Doch haben beide Lehnsträger und ihre Nachkommen im Freiheimgericht keine Landeshoheit entwickeln können, so dass das Freiheimgericht losgelöst von der alten Bindung ans Reich, angelehnt an den Laacher Hof, über dessen Herkunft aus Reichsgut bei der verfassungsrechtlichen Stellung der Pfalzgrafen kaum Zweifel bestehen dürfte (Mit dem Laacher Hof hatte der Abt von Rommersdorf wohl auch den Wald „Forst“ zu Heimbach erworben, den er 1456 auf 101 Jahre der Gemeinde verpachtete), sich zu einem kleinen Bauernfreistaat entwickelte, der erst im 16. Jahrhundert der trierischen Expansionspolitik zu Opfer fiel.
Außer diesem von den Pfalzgrafen an Laach gekommenen Niederhof zu Bendorf finden wir in Bendorf zwei weitere Höfe. Einen davon hatte Pfalzgraf Hermann wohl auch als entfremdetes Reichsgut besessen und Kaiser Heinrich V. vererbt, der mit diesem Hof 1116 den Anselm von Molsberg belehnte. Auch Heinrich von Molsberg empfing jenen Hof von Konrad III. zu Lehen, doch löste Friedrich I. für 60 Mark von ihm den Hof 1152 ein und schenkte ihn wahrscheinlich dem Marienstift Utrecht, in dem er selbst ein Kanonikat innehatte. Auch der dritte Hof zu Bendorf, der Mittelhof, den Erzbischof Anno von Köln um 1064 der Abtei Siegburg bei ihrer Stiftung zuwandte, stammt wahrscheinlich aus pfalzgräflicher Hand und war wohl auch aus dem Engerser Reich heraus gebrochen. Für eine alte Einheit der Grundherrschaft Bendorf sprechen vor allem die Besitzverhältnisse in den Westerwaldrandhöhen hinter Bendorf. Grundherrlich gehörte Alsbach 1491 und 1559 den Herren der drei Höfe zu Bendorf. Diese Besitzverhältnisse bestanden schon 1213, als Heinrich von Isenburg ein Drittel des Berges, auf dem er Grenzau erbaute, von Laach an sich tauschen musste. Gemeinsamer Besitz der drei Bendorfer Grundherren war noch 1559 der Wald „Forst“. Ein Kammerforst im Bereich der Grundherrschaft an der Stelle des heutigen Dorfes Kammerforst war dagegen schon 1526 in den Händen der Herren von Isenburg-Grenzau, die ihn vielleicht mit dem Grenzauer Burgberg 1213 erworben hatten. Nicht zuletzt wird auch der Name des Waldes „Frankenhaert“ (Grafen von Sayn, die 1290 den Utrechter Oberhof erworben hatte, Laach und Siegburg, das 1788 sein Drittel an Wied verkaufte, das 1804 von Nassau-Usingen auch die beiden saynischen und Laacher Drittel erwarb) zwischen Bendorf und Alsbach 1559 al Zeugnis für das hohe Alter dieses Reichsgutes zu werten sein, an das auch die Adlerkrallen im Wappen der von Bendorf erinnern. Ergänzt wird diese Bild auch dadurch, dass die Bendorfer Schöffen noch 1523 ihren Oberhof zu Boppard suchten.
Aus dem Engerser Reich heraus gebrochen war möglicherweise auch der Besitz der Grafen von Sayn zu Sayn, da sie den größten Teil ihres Besitzes ihrer Stellung als Untergrafen der Pfalzgrafen verdanken. Außer dem Hof Sayn (1474, 1491 mit Hofschöffen und besthauptpflichtigen Hofgenossen zu Sayn genannt) und dem davon abgesplitterten Sponheimer Hof zu Sayn, die sich wie ein Riegel von Sayn bis Mülhofen zwischen das Engerser und Bendorfer Reichsgut legten, gehört hierher wohl auch der saynische Hof zu Weis 1583 und der saynische Hof zu Bendorf 1253, zumal die Höfe Engers, Urmitz und Irlich, auf die der Graf von Eberstein gleichzeitig verzichtete, ohne Zweifel altem Reichsgut entnommen waren. Ob das Mainzer Albanstift als Zwischenbesitzer dieses St. Albanhofes anzunehmen ist, lässt sich nicht entscheiden. Als Graf Johann von Sayn 1264 Vogt des St. Albanhofes zu Bendorf genannt wird, gehörten Güter zu Weis zu diesem Hof, der 1351 (Renten San. Lehen Ritter Wilhelm von Sinzig) und 1426 völlig nach Sayn verlagert erscheint und in der Folge mit dem Sayner Hof des Grafen von Sayn verschmolz. Auch auf das linke Rheinufer griff das Engerser Reich über, noch 1442 urkunden die Bendorfer Schöffen für den Hof Kaltenengers.
Zum Bereich des Koblenzer Fiskus gehörte schon Streubesitz zu Vallendar. Zum Hof Koblenz, den Heinrich II. 1018 dem Trierer Erzstift geschenkt hatte, gehörten 1211/14 Wein und Holzeinnahmen aus Vallendar, Hafer-, Hühnergefälle und Dienste von Immendorf und Arenberg, Dienste, Weingefälle und eine Holzfahrt von Pfaffendorf, ein halb Talent, ein Bocksfell, ein Gedinge und Dienste zu Horchheim. Darüber hinaus mag ein guter Teil des ganzen Besitzes des Trierer Erzstiftes in diesen Rheinuferorten auf altes Reichsgut zurückgehen. In Vallendar hatte Heinrich III. 1052 dem Stift Goslar sein Gut geschenkt, das bis ins 16. Jahrhundert den Namen Königshof bewahrte. Erst 1230 vertauschte König Heinrich VII. den Reichsministerialen Dietrich von Vallendar ans Erzstift Trier. Dazu wird 1294 in Mallendar ein Weinberg „Frankenstuke“ genannt. Auch die Grundherrschaft Niederlahnstein, die wir schon zu Beginn des 11. Jahrhunderts in den Händen des Trierer Erzstiftes finden, stammt wohl aus Reichsgut. Nicht nur der Adler im Wappen der Pletz von Lahnstein und die drei Adlerköpfe in den Wappen der Schilling von Lahnstein und ihrer Seitenlinien, sondern auch der seit 1344 (1392 „Koninggassen“, 1443 „Konyngissgassen“. Das Gericht urkundete 1515 „in der frier Keyserstrassen by Raffenburg) bezeugte Flurname „an der Konicgasse“ sind deutliche Zeugnisse, die durch eine Berufung auf das „Reichsrechts Gewohnheit“ bei einer Besitzübertragung 1364 (Einen weiteren Hinweis bietet ein Zinnenstein der Bopparder Stadtmauer aus dem 12. Jahrhundert mit einer Nachricht über Bauverpflichtung von Niederlahnstein) verstärkt werden.
Der mächtige Rücken des Ehrenbreitsteins hart über dem Ostufer gegenüber dem Königshof Koblenz war wohl auch in karolingischer Zeit besetzt, wenn auch die spätere Burg erst von dem Edlen Erembert um 1000 ihren Namen führt. Den Herrenhof Arenberg hatte Ludwig der Deutsche 868 dem Stift Herford geschenkt, das bis zur Neuzeit seine Rechte in Arenberg und Immendorf wahren konnte. Auch die Grundherrschaft Niederberg am Fuße des Ehrenbreitsteins und am wichtigen Rheinübergang gegenüber Koblenz mag ursprünglich das Reich besessen haben (Auch das Remigiuspatrozinium zu Besselich 1254 erinnert vielleicht an fränkisches Königsgut). In ihrem Bereich waren 1211/14 dem Erzbischof von Trier zwei Kammerforste vorbehalten.
Alle diese Rheinuferorte von Bendorf bis Niederlahnstein lagen aber auch in dem 1211/14 umrissenen Bezirk des Waldes „Spurinberch“, der von der Lahn und Rhein im Süden und Westen, von dem Gelbach, Eisenbach und der Sayn im Osten und Norden begrenzt war. Wenn das Weistum der Rechte des Erzbischofs von Trier in jenem Walde 1211/14 auch nur von der „silva“, dem Wald des Erzbischofs spricht, so erhärtet die 60-Schilling-Busse, die dem Erzbischof bei Verletzung und Schädigung des Waldes zustand, und der Medem, den er nebst dem Zehnten vom Kammerforst allein, vom übrigen Wald zu zwei Drittel zog, die Annahme, dass wir hier eine alte Reichsforst vor uns haben, die das Erzstift wahrscheinlich der Kirchenpolitik der Ottonen verdankt. Im Bereich des Waldes konnte Erzbischof Bruno von Trier 1110 den „Hardrichforst“ zu Mallendar dem St. Nikolausspital zu St. Florin in Koblenz bei seiner Gründung zuwenden. Schon 1143 nennt Erzbischof Albero den Wald seine „foresta“, als er dem Kloster Schönstatt Neurodungen darin gestattete und ihm Zehnten und die Rechte seiner Forst davon überließ („quia in foresta nostra sita sunt“). Sein Nachfolger Hillin bestätigte 1153 der Koblenzer Karthause einen Wald „Camerforst“ im Bereich des Spurkenwaldes, an dessen Stelle jenes Kloster seinen Hof Blechusen anlegte (Innerhalb des Spurkenwaldes lagen auch die Rechte auf Novalien der Abtei Sayn, die Erzbischof Johann 1210 der Abtei Sayn schenkte). Nach dem älteren Weistum der Rechte des Erzbischofs im Walde Spurkenberg im „Liber annalium iurium“ verfügte der Erzbischof allein über den Wald „Camervorst“, der im Verzeichnis der Rechte im Bann des Dorfes Humbach-Montabaur 1211/14 schon in sechs Kammerforste, von denen zwei gerodet waren, aufgespalten erscheint. Über die Herkunft der Forst aus Reichsgut bestanden sicher keine Zweifel, als Erzbischof Baldewin 1354 von Karl IV. Geleit und Forst „in Spurckenburg“ bei Montabaur seinem Erzstift bestätigen ließ („conductus et forestas in Spurckenburg prope Montabaur“).
Das „castellum“ Humbach-Montabaur Herzog Hermann von Schwaben 931/948, bei der beherrschenden Lage Montabaurs über alte Fernstrassen wohl eine fränkische Straßenfestung, darf auch als karolingischer Vorort der Forst gelten, wenn daneben auch der Koblenzer Königshof erheblichen Einfluss im Bereich der Forst hatte. Besaß doch die Stadt Koblenz hier schon 1198 bei Simmern einen großen Wald, der ihr erst 1803 verloren ging. In den Grenzen der Forst lag auch der Königshof Nassau, den König Konrad I. mit Zubehör auf beiden Ufern der Lahn dem Stift Weilburg 915 geschenkt hatte, doch bietet hier nur 1163 der Name des Waldes Kammerforst eine Erinnerung an den fiskalischen Vorbesitzer.
Während im Maifeld südwestlich von Andernach und Koblenz eine ganze Anzahl von –heim Orten, die teilweise mit altem Reichsgut in Verbindung stehen (Bassenheim; Martinskirche Landkreis Koblenz, Niederadlige 3 Adler im Wappen; Kesselheim 966), von starker fränkischer Staatskolonisation künden, finden wir hier nur vereinzelt bei Koblenz Arzheim und Horchheim und im unteren Westerwald Moschheim und Bladersheim, die zum Reichsgut um Montabaur zu stellen wären. Ein Martinspatrozinium weist auch in Ems, wo noch 1211/14 sich Försterhuben des Spurkenwaldes fanden, auf alten fiskalischen Besitz. Vielleicht ist der Prümer Besitz zu Immendorf und Ems 880 mit Gütern gleichzusetzen, die Karl der Grosse jener Abtei 790 im Engersgau geschenkt hatte. Einen Königshof zu Wirges schenkte Otto I. 958 der Witwe Herzog Hermanns von Schwaben, die ihn dem Koblenzer Florinstift überließ. Darüber hinaus lassen die drei Adler im Wappen der von Kaan Reichsgut in Kaan vermuten, das räumlich dem Engerser Reich nahe steht. Einen Hinweis gibt vielleicht auch um 1300 das „Palatium“, der spätere Saal, zu Maxsain, in dem das Gericht des Sponheimer Bannes Maxsain gehalten wurde. Zumal der Bann Maxsain einen wirtschaftlichen Rückhalt für die westliche Himburg vermutete karolingische Straßenfestung Hermannsburg bedeuten würde (Für den Flurnamen Königsheck bei Vielbach in diesem Raum fehlen ältere Belege). Derartige Anlagen sind außer an dem wichtigen Straßenknoten bei Gierend zu suchen, während am Rhein außer den schon durch spätrömische Burgi gesicherten Übergängen von Rheinbrohl, Engers und Niederlahnstein, vor allem bei Ehrenbreitstein oder Arenberg mit einer karolingischen Straßensicherung zu rechnen ist. Ein Auftrag des Reiches ist schließlich auch für den Bau der Burg Hartenfels hart über der Köln-Frankfurter Strasse wahrscheinlich, wenn auch das Reich dort sonst nicht in Erscheinung tritt