Das Erzstift und Kurfürstentum Köln
(Quelle: Hellmuth Gensicke: Landesgeschichte des Westerwaldes)
(Abschrift erstellt durch: Rolf Willmanns)
Bei der Ausdehnung seines Territoriums nach Südosten konnte Köln sich zum Teil auf alte grundherrliche Rechte stützen. Die Vogtei über Unkel hatten die Erzbischöfe sich selbst vorbehalten, auch Erpel war in der Hand des Domkapitels nicht völlig ihrem Machtbereich entrückt. Belanglos blieben dagegen zunächst die übrigen grundherrlichen Rechte. Auch die Burgenkaufpolitik Erzbischof Philipps von Heinsberg (1168-1190) blieb hier ohne dauernden Erfolg. Er erwarb zwar von dem Allod der Thüringer Landgrafen Altenwied, Windeck und Bilstein, von Reiner von Freusburg die Freusburg, von den Herren von Isenburg zwei Viertel der Isenburg, von Florentius von Dorndorf Dorndorf und endlich von den Grafen von Wied die Hälfte ihres Allods Rheinbrohl und 15 Mark Jahrrente für 200 Mark. Doch gab er diese Besitzungen durchweg den ehemaligen Herren als Lehen zurück, wodurch sie bald wieder völlig dem Erzstift entglitten.
Viel wichtiger war eine Erwerbung, die Erzbischof Konrad von Hochstaden für Köln machen konnte. Seinem Einfluss hatte es Köln vor allem zu verdanken, dass die kinderlose Gräfin Witwe Mechtild von Sayn fast ihr gesamtes mütterliches Erbe dem Erzstift überließ. Für 600 Mark kölnischer Währung und 170 Mark Rente trat sie 1250 dem Erzbischof die Burgen Altenwied, Windeck und Rennenberg, die Dörfer Rosbach, Linz, Leubsdorf, Neustadt, Asbach, Windhagen, Gielsdorf und Sechtem, die bereits kölnisches Lehen waren, ab, behielt sich aber auf Lebzeit Neuerburg und beide Breitbach (Wald- und Niederbreitbach), wo das kölnische Obereigentum strittig war, vor. Die Übergabe von 1250 war jedoch noch keine endgültige. Der Erzbischof hatte, wie Urkunden von 1254 für Linz und Altenwied es zeigen, das Obereigentum angetreten, die Gräfin aber auch dort noch ein weitgehendes Mitbestimmungsrecht sich bewahrt. Ein zweiter Vertrag von 1262 grenzte die gegenseitigen Rechte genauer ab. Der Erzbischof erhielt die Burg Altenwied mit den Dörfern und Kirchspielen Linz, Windhagen, Neustadt, Asbach, Rosbach mit Dienstmannen, Honig- und Wachszinsleuten auf dem rechten Rheinufer für 600 Mark und 450 Mark Rente, auf Lebzeit behielt die Gräfin Sechtem und Gielsdorf mit Zubehör auf dem linken Rheinufer, Neuerburg und Breitbach mit Zubehör, Weingärten zu Steeg und Rinhelden, eine Wiese, die sie dem Hospital in Heisterbach geschenkt, mehrere Leute zu Linz und das Gut im Kirchspiel Linz, das zu ihrem Hof in Rethirstorph gehörte und zwei Weinberge daselbst. Die Bestätigung durch Papst Urban 1263 nennt ausserdem noch als Vorbehalt der Gräfin die Teile, die sie dem Deutschorden und dem Kloster St. Walburgeberg geschenkt hatte. Die Zahlung der Leibrenten und ihre Rechtsvorbehalte wurden ihr 1264 von Erzbischof Engelbert, 1275 und 1281 von Erzbischof Siegfried von Westerburg bestätigt. Siegfried hat dann nach der Gräfin Tod 1291 den gesamten Besitz für das Erzstift einziehen können. Mit der Grafschaft der Mechtild sind außer dem geschlossenen Bereich im Nordwesten des Westerwaldes auch Teile des Patronats von Gebhardshain und die Lehnshoheit über Langenau an Köln gekommen.
Eine wertvolle Abrundung des Unkeler Besitzes gelang Erzbischof Engelbert, dem 1265 Graf Johann von Sponheim-Sayn für 900 Mark alle seine Güter zu Unkel und Rheinbreitbach, die kölnisches Lehen waren, mit seinen Vasallen Heidenrich von Breitbach, Gottfried Schenk von Engers und den Kindern des Ritters Heinrich von Retersdorp verkaufte. Eine Verpfändung von Unkel und Rheinbreitbach durch Erzbischof Siegfried an Herrn Johann von Löwenburg 1279 war nur von kurzer Dauer. Eine Pfandschaft an dem erzbischöflichen Dorf Unkel, die Erzbischof Siegfried 1291 dem Burggrafen Heinrich von Drachenfels versprach, ist gar nicht zustande gekommen, doch zeigt sie uns den Erzbischof dort schon im Besitz der vollen Landeshoheit.
Einige Jahre vorher hatte Erzbischof Siegfried dem Erzstift einen weiteren Landesteil südlich der mittleren Sieg dadurch einverleiben können, dass er Schönstein und Wissen nach Herrn Johanns von Aremberg Tod 1281 als erledigtes kölnisches Lehen einzog. Diese Erwerbung lieferte einen wertvollen Stützpunkt zur Wahrung der Kölner Rechte im Siegerland. Den südöstlichen Eckpfeiler konnte Erzbischof Heinrich 1325 dem Westerwälder Besitz des Erzstifts Köln einfügen, als er die Herrschaft Lahr, die schon vorher kölnisches Lehen war, von Salentin von Isenburg erwarb. Schon hiermit hat das Kölner Erzstift, zu einer Zeit, in der sich bei Trier eine weitausgreifende Territorialpolitik zuerst deutlich abzeichnet, seine endgültigen Grenzen erreicht.
Zwar haben im 14. Jahrhundert einige Westerwälder Dynasten Teile ihres Besitzes, die sie dem übermächtigen Einfluss des Trierer Erzstifts entziehen wollten, Köln zu Lehen aufgetragen, so die Isenburger ihre Herrschaft Herschbach 1343, Nassau-Hadamar die Vogteien Ems, Weidenhahn, Giershausen und Windeshain und Wied im Jahre 1400 Dierdorf. In der gleichen Zeit wohl auch die Nassauer ihre Rechte im Westerwald, um sie gegen die Runkel-Westerburger Ansprüche zu sichern. Doch blieben diese Lehnsrechte, die wohl nur zum Teil aus eigenem Antrieb des Erzstifts erworben wurden, nur tastende Versuche, im territorial zersplitterten Westerwälder Raum Einfluss zu gewinnen, denen ein Erfolg jedoch versagt blieb.