Die Grafen von Wied

(Quelle: Hellmuth Gensicke: Landesgeschichte des Westerwaldes)

(Abschrift erstellt durch: Rolf Willmanns)


Graf Meffried, in dessen Grafschaft im Engersgau 1084/1101 Denzerhaid und 1105 Bendorf lagen, lässt sich mit einiger Sicherheit als Nachkomme seines Vorgängers, des Grafen Wigger-Wittechind, im Engersgau 1034-1044 erweisen, wenn auch der genaue Grad seiner Verwandtschaft mit Wigger und seiner Miterbin Gräfin Kunigunde von Bilstein wohl immer dunkel bleiben wird. Den Vornamen Arnold, Meffried und Dietrich, die in Meffrieds Geschlecht üblich sind, begegnen 1139 auch bei den von Bilstein, den Vasallen jener Gräfin und ihrer Erben. Die Tatsache, dass Arnold von Wied, Meffrieds Sohn, seiner Stiftung Schwarzrheindorf Güter zu Uetgenbach, Niederbreitbach, Leubsdorf und Linz zuwenden konnte, die in den Besitzungen der Gräfin Kunigunde von Bilstein um Altenwied und Neuerburg eingelagert waren, spricht deutlich genug. Der Vornamen von Arnolds Schwester Hicecha, der unseren rheinischen Gegenden fremd, aber im Bilsteiner Haus bezeugt ist, verstärkt unsere Annahme, die durch den gemeinsamen Besitz der Burg Hartenfels über jeden Zweifel erhoben wird.


Bei der Teilung des Erbes ihres Oheims, des Grafen Lothar von Wied, verzichtete 1259 Bruno von Braunsberg auf den Teil der Burg Hartenfels und alles dessen, was zum Pankratiusaltar zu Rückeroth gehörte, zugunsten seiner Eppsteiner Vettern. Doch haben wir darunter sicher nicht bloß die Gefälle eines Altars, sondern eine Umschreibung der Grundherrschaft Rückeroth vor uns, deren Kirche die Grafen von Wied vor 1245 als Eigenkirche gestiftet hatten. Wenn Rückeroth nicht geradezu von jenem „Ruker von Wide“ (1100-1131) angelegt sein sollt, wird man doch mit Recht den Ortsnamen vom Vornamen eines der Bilsteiner Ruker herleiten dürfen. Den Eppsteiner Teil hatten 1312 ohne Zweifel die Virneburger als Mitherrn der Grafschaft Wied inne. Auch der Braunsberger Teil war noch 1308 eng mit der Burg Altwied verbunden und wird beim Auftrag ans Erzstift Trier 1321 ausdrücklich als Eigengut bezeichnet. Zum Hof Rückeroth gehörten 1319 Rückeroth, Dreifelden und Mettingen. 1344 die Burg Rohrburg, 1346 Stahlhofen, 1423 die Bernkottsgüter zu Schmiedingen, 1599 jedoch nur noch sieben Huben. Wiedisches Allod war wohl auch der Hof Höchstenbach, der mit der Grundherrschaft Wahlrod der Gräfin Mechtild von Sayn, ebenfalls wohl aus der Bilsteiner Erbe, eng verzahnt war. Gottfried von Eppstein und sein Sohn Gottfried verkauften ihn außer den Gefällen der Burgleute zu Altwied 1267 mit der Burg Olbrück an Peter von Eich, von dem er vor 1372 an Wied zurückkam. Doch sind die grundherrlichen Rechte der Grafen von Wied, die vielleicht auch die Kirche zu Höchstenbach gestiftet haben, früh mit ihrem gräflichen Gericht zu Höchstenbach verschmolzen und mit diesem 1488 endgültig an die Grafschaft Sayn übergegangen.


Graf Meffried, der in Urkunden Erzbischof Brunos von Trier 1103 für Münstermaifeld mit seinem Bruder Richwin und 1110 für St.-Florin in Koblenz genannt wird, begegnet auch in den um 1139 gefälschten Laacher Urkunden von 1093 und 1112 mit diesem Bruder Richwin. Wenn Meffried 1093 bereits Graf von Wied und sein Bruder Richwin von Kempenich genannt wird, so ist diese Herkunfts-Bezeichnung wohl interpoliert, doch ist keineswegs notwendig anzunehmen, dass Meffried erst kurz vor 1129, wo er in einer echten Urkunde Erzbischof Megenhers von Trier für St.-Thomas bei Andernach genannt wird, die Burg Altwied gebaut hat. Meffried und Richwin haben bereits eine Erbteilung vorgenommen, bei der Richwin außer Gütern zu Rüngsdorf und Küdinghoven bei Oberkassel vor allem linksrheinischen Besitz um Kempenich, nach dem er und seine Nachkommen sich von Kempenich nannten, erhalten haben muss. Dieser linksrheinische Besitz mag von den weiblichen Vorfahren der Brüder ererbt sein. Nicht zu Unrecht hat man an jene Brüder Sigebodo und Richwin gedacht, denen König Otto 992 einen Wildbann bei der Hohen Acht schenkte, doch ist ein sicherer Beweis in jenen früheren Zeiten nicht zu erwarten. Auch Meffrieds Gemahlin stammt aus einem linksrheinischen Geschlecht. In Laacher Urkunden begegnen 1093 Burghardus de Ulbrucke und sein Bruder Heinrich und 1112 Burgardus de Oreburch, in denen man wohl kaum Vettern, sondern eher Schwäger Meffrieds sehen darf, da auch unter seinen Söhnen der Name Burkard wiederkehrt und nur seine Nachkommen, nicht auch die Richwins, später die Herrschaft Olbrück besaßen.


In der Nachbarschaft ihrer 1129 zuerst genannten Burg Altwied ist 1226 der Hof Nothausen sicher als Besitz der Grafen von Wied bezeugt. Mit einiger Sicherheit wird man auch den Besitz der Eppsteiner zu Melsbach 1267 und die Güter zu Miehlen, Oberbieber, Hahnhof und Auch, die Graf Ruprecht von Virneburg 1310 dem Erzstift Mainz zu einem Oberlahnsteiner Burglehen auftrug, außer Miehlen als alten wiedischen Besitz ansprechen dürfen. Die Rechte der Braunsberger, die außer Nothausen 1326 auch Güter zu Ober- und Niederbieber „id si gerechte inde hoybe“ als Allod ansprachen, waren schon damals und erst recht Ende des 15. Jahrhunderts, als die ersten Rechnungen der Kellerei Altwied einsetzten, derart aus Braunsberger und wiedischen Rechten zu einem Ganzen verschmolzen, dass eine klare Trennung nicht mehr möglich ist, doch lässt sich der alte wiedische Besitz wenigstens im Hofgericht zu Segendorf, uff dem Bongart bey der Linden“ 1552, dessen Hofherr Wied war, einigermaßen fassen. Seine churmuthpflichtigen Güter zu Datzeroth und Gommerscheid 1557,ergänzen mit den Bedekorn- und Hafergefällen dieses Hofes aus Segensdorf, Rodenbach, Wollendorf, Niederbieber, Oberbieber, von Auch, Nothausen und vom Hahnhof 1433 (Verpfändet an Gerlach von Witzelbach) und den älteren Einzelnachrichten einigermaßen das ursprüngliche Bild der wiedischen Grundherrschaft im Raume der Wiedmündung.


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