Die herrschaftliche Bannmühle

(aus: Im Land der Neuerburg an der Wied, (Verbandsgemeinde Waldbreitbach 1987) - hier veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung des Autors Dr. Albert Hardt)

Im Grunde Breitbach war das Land alter Mühlen und Höfe. So verwundert es nicht, wenn zwischen der Neuerburg und dem Dorf Breitbach schon in mittelalterlicher Zeit eine kurkölnische Bannmühle (heute: Kröllsmühle) erbaut wurde. Erstmals wird sie 1644 in einem Pachtvertrag erwähnt", Heinrich Adam Quadt handelte namens des Grafen Ernst zu Isenburg, als er die Mühle an Jakob Stein (Steiner?) verpachtete.

Es heißt: »Demnach die Mühell zue Niederbreitbach des Ambts Newerburg wegen abziehung des geweßenen Müllers notwendig mitt einem bequemen Müller besetzt werden müssen, und aber damit disc Lehnung Ihrer Hochgeborenen meines gnädigen Herrn Graven zur Isenburg zur beharrlichem nützen und keines nachteill gereichen möge. Als(o) Habe in derselben nahmen besagte Mühell zur Niederbreitbach an den Ersamen Jacobe Stein von der Scheidtmühele dieser gestalt verlehnett als er dieselbe die recht nacheinander folgende Sechs Jahr in Lehnung gebrauchen; Und wißen solle mit deme beding daß der Müller die erste drey Jahr Fünf Malter und die Drey Letzte Jahr Sechs Malter reinen Korns auff das Grävliche Isenburgische Haus Arrenfels Lieffern solle. Erstes ist auch vorbehalten undt verabschiedet worden, daß obermeltter Jacobe Stein alß Müller die Mauer gegen des Waßerrahtt Ziet undt alles intwendige nöttige gebäu betreffend tut, alles auff seine Kosten repariren undt aufrichten lassen solle; Im fahll einiges baugehöltz Zur reparierung dieser beschriebenen Müllen nöhttig sein würde, solches ist dem Müller erlaubet vermög habender gerechtigkeit auß deme gewählt (Wald) nach seines geliebe zur fällen, Undt alles das Seinige thut undt lasse, waß einem getreuen aufrichtigen frommen Müller kraft getroffener Lehnung obliegt und gebührt, alles ohne Argelist und gefährde, undt habe ich Hochwohlgeborenem Herrn zur sicheren bekräftigung diese Lehnung eigenhendig underschrieben; so geschehen Arrenfeltz, 14 Novembris (1)644.«

Es bleibt zu mutmaßen, daß Jakob Stein(er) die Mühle seinem Bruder Wilhelm zuspielte, als er das Amt eines Keller antreten konnte. Jedenfalls war Wilhelm schon 1649 der Pächter (sechs Malter Korn). Im übrigen gleichen sich die Pachtverträge allesamt. Diese Verträge wurden meist auf zwölf Jahre abgeschlossen. Als Wilhelm 1676 starb, war die Mühle schon wieder über zwölf Jahre in kurkölnischem und nicht mehr in isenburgischem Besitz. Nie hatte ein Müller seine Abgaben so fristgemäß am Martinitage nach Arenfels oder in den herrschaftlichen Fruchtspeicher nach Waldbreitbach gebracht. Trotzdem hatte der Müller nunmehr bei jedem Pachtvertrag auch eine Kaution zu hinterlegen. Jakob Steiner mußte 1676 sich gegen die kurkölnischen Anwürfe, die Mühle sei unter dem Preis verpachtet, rechtfertigen. Dabei stellte er fest, daß die Mühle vor dem schwedischen Krieg (1632) alle Abgaben zur damals noch bewohnten Neuerburg gebracht hätte; 1633 ist »selbige Mühle zu Niederbreitbach um sechs Malter Korn und kein Geld verpachtet worden«. Die wiedischen Akten setzen erst wieder 1742 ein, als Kurfürst Clemens August das Amt Neuerburg aus aberma-liger Pfandschaft befreite. Zu jener Zeit pachtete Hermann Scheidt die Mühle für 13 Malter Korn »Newerburger Maaß«, die er nach Linz zu bringen hatte. Die Mühle mußte baulich instand gehalten werden; die Mahlgäste fegten bei Bedarf den Mühlengraben. Der Müller Scheidt war schon 1754 verstorben, als seine Witwe die Mühle für ihre Söhne Mathias und Anton begehrte. Der Kellner Zeppenfeld bestätigte dem Lehnsherr, daß die Mühle in gutem Zustand sei. So konnte die Witwe 1755 die Mühle nochmals für 12 Jahre übernehmen. Lorenz Bohr nannte 1790 Mathias seinen Schwiegervater und Anton seinen Oheim, als er der neue Pächter der Mühle wurde. Aber eine Abgabe von 28 Malter Korn und 2 Sümmer brachten ihn an den Rand des Ruins. Seine Bittbriefe um Ermäßigung der Abgabelast nahmen kein Ende; unter anderem verweist er auf die Neuwiedische Mühle, also die Nonnenbachsmühle, die ihn ständig »verhöhnen« würde. Der »gnädige Nachlaß« des Kurfürsten ließ auf sich warten.

Auch der Vorsteher Jakob Effert aus Niederbreitbach hielt eine Abgabe von 16 Malter für angemessen. Am 10. September 1790 hätte sich in der Tat die Familie des Laurentz Bohr freuen können, als die Abgaben auf 16 Malter festgesetzt wurden, jedoch waren für alle Liegenschaften, das Mühlschwein und den geschworenen Montag beachtliche Geldleistungen zu erbringen. Noch Ende des Jahres wurde die Mühle an den Meistbietenden verpachtet: an den Hüttenmeister Sahler von der Clemenshütte. Im Jahre 1802 war das Amt Neuerburg wiedisch geworden; die nassauisch-weilburgische Hofkammer war von 1806 bis 1815 zuständig. Es überrascht, wenn 1811 nochmals die Familie Bohr 18 Malter zu geben bereit ist. Der Steuereinnehmer Lux und Sahler brachten gegen Ende der 20er Jahre die Mühle an sich; die Pachthöhe betrug 16 bis 18 Malter Korn. Die »Lux-Mühle« geriet 1827 in einen Zahlungsrückstand von 1400 Gulden; die Jahrespacht betrug zu jener Zeit 148 Gulden. Auch die sechs wiedischen Morgen an Weinberge waren gleichzeitig für 80 Scheffel Korn mitverpachtet. Die Luxschen Güter wurden versteigert, um die Schuld annähernd begleichen zu können. Der Fürst setzte auf den Erwerb von Gütern, von denen er sich eine Wertsteigerung versprach. Das Ersuchen von Herrn Lux, doch vorerst in der Mühle bleiben zu dürfen, wurde mit der Begründung abgelehnt, daß er erwiesenermaßen unzuverlässig, ränkevoll und noch 4000 Gulden schuldig sei.

Im Jahre 1827 gelangte die Mühle an Hermann Kröll (Oberelsaff), der sie an Coelestin Prangenberg weitergab. Bis 1845 hatte dieser die Mühle inne. Die Probleme des Müllers Prangenberg waren die seiner Vorgänger: zu hohe Pacht, Überschwemmungen, Dürrezeiten, Hagelschlag und »Pech im Stall«. Auch Prangenberg ging bei seinem wiedischen Herrn den bitteren Weg des Gnadengesuches. Eine Wende zeichnete sich ab, als ein preußisches Gesetz (17. 1. 1845) den Mahlzwang abschaffte." Daraufhin hatten die Neuerburger eine Ablösesumme von 1238 Talern und 24 Silber groschen an das Fürstliche Haus zu entrichten. Die Mühle war in dieser Zeit in einem äußerst schlechten Zustand. Doch fand sich 1845 Wilhelm Siebenmorgen bereit, die Mühle, die dazugehörige Wiese (1 Morgen, 77 Ruten) und einige Felder im Ebelsberg (Eibel) – etwas mehr als sechs Morgen – zu pachten. Er zahlte jährlich 100 Taler. Nur mit Mühe konnte er im folgenden Jahr einen Konkurs abwenden. Der Fürst zu Wied sah wohl ein, daß die Mühle nicht mehr länger konkurrenzfähig sei; er trug sich mit dem Gedanken, sie zu verkaufen, zumal es an Interessenten nicht zu fehlen schien. Zunächst wurde dem Wilhelm Siebenmorgen wohl eine Art Vorkaufsrecht zugestanden. Er sollte 1800 Taler für die Mühle mit den dazugehörigen Ländereien zahlen; die Pacht rückstände wurden bis 1854 gestundet; jährlich wären 100 Taler zu entrichten. Nach der Pachtzeit sollte der ausgehandelte Betrag in 10 Jahren bezahlt sein. Als Bürge wurde der Schwiegersohn Wilhelm Hardt benannt. Allerdings konnte der Müller Siebenmorgen seinen Verpflichtungen nicht nachkommen. Die Ungeduld des Fürsten nahm ständig zu. Auch zeigte sich, daß manchem Bürger des Amtes am Kauf der Mühle gelegen war. Dem Fürsten waren schon vor 1850 einige Angebote zugegangen. Der Müller Scheid aus Waldbreitbach war 1500 Taler zu geben bereit; auch Goswin Hohn aus der Niederbreitbacher Mühle bot ebensoviel; Wilhelm Hardt aus Wüscheid erhöhte seine anfänglichen 1400 Taler später auf 1800 Taler. Heinrich Schmitz aus Kurtenacker tat sich sehr schwer, als er seine 900 Taler bot.

Im Juli 1850 verläßt der Müller Siebenmorgen die Mühle schweren Herzens. Vorausgegangen war deren Versteigerung am 22. April 1850. Dabei bekundete der Gerichtsschöffe Johannes Kröll aus Solscheid sein großes Interesse am Kauf der Mühle; er war auch der Meistbietende. Für den Gesamtpreis von 1200 Taler wurde ihm schließlich die Mühle und auch die Länderei zugesprochen (10 Morgen, 106 Ruten). Fünf Jahresraten zu 240 Taler sollte er ab 1850 aufbringen. Heikel wurde für ihn die Lage, als 1854 der Zahlungsverzug kaum noch zu beheben schien. Johannes Kröll (1813 – 1882) mußte in seiner Not den Fürsten dazu bewegen, ihm doch ein 15 Morgen umfassendes Waldstück bei Langscheid abzukaufen. Nach wiederholten Bitten erklärte sich der Fürst bereit, für das angebotene Waldstück 600 Taler zu zahlen. Als Johannes 1882 starb, übernahm sein Sohn – 42jährig – die Mühle. Thimothea Schmidt (g 1912) war ihm in der Mühle eine hilfreiche Frau. Der Erste Weltkrieg brachte es mit sich, daß das Mühlenrad sich nimmer drehte. Als 1937 die in der alten Mühle wohnende Tocher des Stephan Kröll verstarb, war die Zeit der »Krölls« zu Ende.

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