Die Fleschmühle bei Niederbreitbach

(aus: Im Land der Neuerburg an der Wied, (Verbandsgemeinde Waldbreitbach 1987) - hier veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung des Autors Dr. Albert Hardt)

Es war für das Neuerburger Land eine friedliche Zeit, als Matheis Böckling – aus Brückenrachdorf stammend – sich entschloß, eine Ölmühle zu bauen. So hieß es denn auch in dem Antragsschreiben: Der Matheis Böckling auf dem Kelterhof ist gesonnen, eine Ölmühle anzulegen in der Weierwiese an den Fluß Fockenbach unter dem Kelterhof; so wird die wohllöbliche Bürgermeisterei ergebenst ersucht, daß die Polizeierlaubnis demselbigen erteilt wird. So geschehen am 17. April 1836. Doch hatte Böckling vergessen, dem Antrag einen Bauplan beizufügen", wie es die Verordnung vom 26. Juni 1821 vorsah. Böckling ergänzte nun seinen Antrag: Die Ölmühle wird unweit des Kelterhofes oben dem sogenannten Keltersteg links des Fockenbaches in dem Distrikte »oben in der Weyerwiese« mit einem unterschlägtigen Wasserrade angelegt. Wie recht hatte doch die Waldbreitbacher Behörde, wenn sie eine Menge von Einsprüchen erwartete. Der Wassergraben war weit oberhalb im Fockenbach angesetzt, überquerte dann den schlecht ausgebauten Weg, führte sodann in die Wiesen, um dort das Grundstück des Johann Mertesacker" von der Burg zu streifen und anschließend das des Christian Becker von Kurtenacker und gelangte schließlich auf die kleine Wiese des Matteis Böckling, wo die kleine Ölmühle in geringem Abstand zum Weg errichtet werden sollte.

Aber noch war es nicht so weit. Erst einmal mußte das Ansinnen am 15. Juni 1836 im Intelligenzblatt des Fürsten zu Wied erscheinen. Die Fürstliche Wiedische Rentkammer nahm sich alsbald des Falles an, indem sie ihre Einwände vortrug. Sie schreibt: »Die Ölmühle erscheint nicht anders als durch Anlage eines nicht unbedeutenden Stauwerkes ausführbar. Durch ein solches wird die herrschaftliche Fischerei oberhalb desselben ganz vernichtet, indem es nicht möglich bleibt, daß Fische über dasselbe hinausgehen können. Die herrschaftliche Bannmühle von Niederbreitbach (d. h. Kröllsmühle) liegt in geringer Entfernung von der beabsichtigen neuen Anlage und hat jetzt schon bei trockener Witterung sehr oft Wassermangel. Durch den Betrieb einer Ölmühle und Ableitung des Wassers aus dem Fockenbach zu diesem Zwecke wird der herrschaftlichen Bannmühle das Wasser noch mehr entzogen und dieselbe häufig in den Fall kommen, ihre Mahlgäste nicht bedienen zu können. Beides verletzt die Gerechtsame des Hochfürstlichen Hauses, und daher müssen wir gegen die... beabsichtigte Anlage einer Ölmühle an der bezeichneten Stelle sein.«

Inzwischen hatte auch der Kammerassessor Hümmerich aus Dierdorf den Bau der Mühle massiv beanstandet; er hatte nämlich aus dem alten Lux-Vermögen die spätere Huhns-Mühle an sich gebracht. Hümmerich klagte, daß seine Mühle so sehr belastet wäre. Allzuviele Mühlen könnten deren Bestand nur gefährden. Seine Mühle in Niederbreitbach war zu jener Zeit eine Öl- und Mahlmühle", während die Bannmühle nur einen Beutelgang hatte. Böckling bat den Kammerassessor, sich doch keine Gedanken darüber zu machen, ab er auch die Abgaben (Beschwernisse) leisten könne. Was den Wasserverbrauch anlange, so benutze er schon den vorhandenen Wassergraben in der Weierwiese. Diese Angabe berechtigt zu der sicheren Aussage, daß eben an jener Stelle die Mühle der Herren von der Neuerburg gestanden hatte. Das Wässern der Weyerwiese – so meinte Böckling – erfordere mehr Wasser als das Betreiben der Ölmühle. Gegen dieses Argument konnten weder der Fürst selbst noch der Kammerassessor ankommen. Am 7. Dezember meinte denn auch der Fürst, man solle dem Matteis Böckling die Genehmigung mit etlichen Auflagen erteilen. Diese Auflagen verhießen der Mühle keine große Zukunft, denn der Matteis Böckling ist schuldig, von der Fürstlichen Rentkammer die Fischerei vom Keltersteg bis an den Otterstein für die jährlich gebührende Pacht zu übernehmen, auch macht derselbe sich verbindlich: wenn diese Fischerei nach Ablauf künftiger Verpachtung durch die Anlage seines Mühlenteiches diese Pacht nicht erreichen sollte, die gebührende Pacht, welche durch die zuletzt vorhergegangene Pachtung bestimmt wird, selbst zu zahlen. Der Matteis Böckling ist ferner verpflichtet, wenn die Fürstliche Bannmühle beim niederen Wasserstand an Wasser Mangel haben sollte, den Betrieb seiner Ölmühle ganz einzustellen, das Wasser am Fockenbach nach und nicht durch seinen Graben fließen zu lassen. Diese Vereinbarung galt auch für alle künftigen Eigentümer der Mühle. Die Eintragung in das Kontraktbuch erfolgte sogleich in Waldbreitbach. Schon im Juni des Jahres 1836 war die Mühle großenteils fertiggestellt. Böckling erklärte sich bei einer Vorladung bereit, den Wassergraben nicht einfach über den Weg zu führen, sondern eine Brücke darüber zu erbauen und diese auch in aller Zukunft in einwandfreiem Zustand zu erhalten. Hinzu kamen noch Beanstandungen mancher Bürger, die sich im Zugang zu ihren Grundstücken behindert sahen.

Am 12. April 1837 konnte der Polizeidiener Brücken feststellen, daß die Ölmühle schon in Betrieb sei. Lückenhaft wird nun der Gang der weiteren Ereignisse. Schon am 22. Februar 1839 wird der neue Eigentümer der Mühle, nämlich Simon Eul aus Kurtscheid, gebeten, einige Schäden des Weges zu beheben. Nun kennen die Menschen im Neuerburger Lande diese Mühle unter der Bezeichnung Fleschmühle, weil noch gegen Ende 1839 sich Simon Eul von der Ölmühle trennte und sie an Georg Flesch verkaufte. Früher hatte er einmal in Schönstatt gelebt, anschließend in Wollendorf. Im Jahre 1832 war ihm seine Frau Agnes Breitbach gestorben, die ihm drei Töchter hinterlassen hatte. Er heiratete wieder, kaufte die Ölmühle, ohne deren Mängel ganz zu durchschauen. Zwei Jahre lang ging er dort seinen Arbeiten nach; er überlegte, ob es nicht besser wäre, die kleine Ölmühle abzureißen und eine größere zu errichten. Dann raffte ihn im Jahre 1842 der Tod unmittelbar fort. Und so stand die Mühle verwaist im Fockenbachtal; die Fleschskinder hielten sich dennoch dort auf und sammelten ihre Kräuter, um sie dem Waldbreitbacher Apotheker zu verkaufen. Die Mühle indes verfiel immer mehr. Im Jahre 1878 mußte die Mühle niedergelegt werden", nachdem sie nunmehr unbewohnt war. Der Fürst zu Wied kaufte das angrenzende Gelände auf – es waren über drei Morgen – und legte dort einige Wiesen an. Somit war das Schicksal der Fleschmühle besie-gelt, nachdem sie vierzig Jahre bestanden hatte an einer Stelle, die in allen Zeiten den Burgherren gehörte und wo möglicherweise über Jahrhunderte die Burgmühle stand.

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