Die Eitelborner Doppelmühle, genannt "Ullesmühle"

Josef Kläser

(aus "Wäller Heimat" - Jahrbuch des Westerwaldkreises 2005 - hier veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung des Westerwaldkreises)

Wer von Eitelborn zu der ältesten der beiden Mühlen gelangen möchte, muss die schmale, für den Durchgangsverkehr gesperrte, Verbindungsstraße zu der Weg­spinne am Bierhaus unterhalb von Arzbach benutzen und im unteren Drittel des Weges die noch engere Abzweigung wählen. Bis ins erste Drittel des 19. Jhs. waren die Wegverhältnisse auf der ab­schüssigen und windungsreichen Strecke ins Emsbachtal noch eingeschränkter. Für eine leichte Verbesserung sorgte der Ver­kauf eines Wiesenstücks, das der Ölmüller Christian Knopp 1835 der Gemeinde Ei­telborn zur Verbreiterung des Weges ab­trat.1

1. Die Ölmühle entstand zuerst

Es ist eine Ausnahme, wenn zwei Mühlen unterschiedlicher Funktion in ver­schiedenen, räumlich getrennten Gebäu­den dicht übereinander liegen. Im Falle der Eitelborner Mühlen thront die eine oben am Hang, während sich die andere nur wenige Meter darunter, schon fast auf der Talsohle des Kadenbachs befindet. Die Energie zu den Mühlenbetrieben lieferte der Binnbach, von dem der heute noch deutlich sichtbare Mühlengraben ab­zweigt. Der Graben verläuft im mittleren Bereich eines stark geneigten Geländes. Auf seinem Weg verstärkt ein von Eitel­born abfließendes Bächlein, die Wässer" genannt, den Wasserzufluss. Nach mehre­ren hundert Metern erreicht der Mühlgra­ben die älteste der beiden Mühlenanlagen, die einstige Ölmühle. Von dort lief das Ab­schlagswasser des Mühlrades ursprüng­lich recht steil in den Kadenbach.

Diese (obere) Mühle verdankt ihre Ent­stehung einem Gesuch des "Christan Hastendeuffel der Augst", das er am 7. No­vember 1681 an seinen Landesherrn, den Trierer Kurfürst-Erzbischof Johann Hugo von Orsbeck richtetet. Die bald darauf er­teilte Genehmigung war mit der Verpflich­tung des Müllers zur Zahlung von jährlich zwei Reichstalern (entsprechend 4 Gulden 12 Weißpfennige) für die Benutzung des Bachwassers verbunden.2

Die Hoffnung des Eitelborner Ölmüllers Hastendeuffel, durch die Arbeit als Ölschläger sein Auskommen zu finden, scheint nicht in Erfüllung gegangen zu sein. Von den Bewohnern der 88 "Feuer­stätten" (Wohnhäuser) in der Augst 1684, wurde nicht so viel Ölsaat zur Mühle ge­bracht, dass sich das aufgewendete Bau­kapital amortisierte und noch ein erkleck­licher Überschuss erwirtschaftet werden konnte. Kurz nach 1700 erwarb der Amts­schreiber des Grafen von Metternich (In­haber der Herrschaft Sporkenburg bei Ei­telborn), Fuxius, die Ölmühle. Um die Ren­tabilität seines Gewerbes zu steigern, kam er auf die Idee, das ungenutzt von der Öl­mühle abfließende Wasser zum Betrieb ei­ner weiteren Mühle zu nutzen.

2. Zusätzlich eine Mahlmühle

Als Entstehungszeit der zweiten Eitel­borner Mühle müssen die Jahre zwischen 1701 und 1713 angenommen werden, denn 1701 fallen noch keine Abgaben für eine weitere Mühle an. 1713 jedoch er­wähnt die Ehrenbreitsteiner Kellereirech­nung 9 Gulden ovom Mahlwerk".3

Der Begriff "Mahlwerk" wird in der 1720er Rechnung konkretisiert, indem es nun heißt "von der Mahlmühlen".4

Für den Aufbau der Mühle zwischen 1701 und 1713 spricht auch ein in dem Gebäude aufgefundener hölzerner Tür­sturz mit der eingeritzten Jahreszahl 1709.5

Diese zweite Eitelborner Mühle befindet sich unterhalb der Ölmühle, und zwar so nahe an dieser, dass die Müllerin der einen erriechen konnte, was für ein Mittagessen die Nachbarin gerade vorbereitete. Die beiden Gewerbe behinderten sich gegen­seitig nicht, denn das ältere diente der Ölgewinnung, die neu erbaute Mühle war hingegen auf die Bereitung von Mehl und Futterschrot spezialisiert. Beide Mühlen gehörten ein und demselben Besitzer, und beide nutzten dasselbe Wasser, das zuerst das Rad der Ölmühle antrieb und dann die Energie für die Mahlmühle lieferte. Das Gebäude der Mahlmühle, auf das sich die landläufige Bezeichnung "Ullesmühle" (hauptsächlich) bezieht, gehört zu den ein­drucksvollsten im ehemaligen Kirchspiel Augst. Insbesondere die Fachwerkgliede­rung, die mit einem Eckturm über das Dachgeschoss herausragt, lenkt die Auf­merksamkeit der Passanten auf sich. Es tut der Augenweide keinen Abbruch, wenn man erfährt, dass dieser und ein weiterer Anbau an das Mühlenhaus erst 1948 er­richtet worden sind.

3. Die Mühlenverhältnisse in der Augst vor 300 Jahren

Bevor auf die Besitzer an den beiden Eitelborner Mühlen eingegangen wird, ist ei­ne Erläuterung der Mühlenverhältnisse in der Augst um 1700 für das Verständnis des weiteren Geschehens hilfreich. Bis 1681 gab es für die drei Dörfer Arzbach, Kadenbach und Eitelborn - mit dem sich in seinem Gemeindebezirk entwickelnden Neuhäusel - nur eine einzige Mahlmühle, die später "Langmühle" hieß. Sie lag an der Wegspinne, wo die Zufahrten von den drei Ortschaften in den nach Ems abzwei­genden Weg einmünden. Diese Mühle gehörte zur Lehnsherrschaft Sporkenburg des Grafen von Metternich-Winneburg-Beilstein. Sie diente in erster Linie den metternich'schen Hofleuten auf der Denzerheide als Hausmühle. Als Quasi-Bannmühle versorgte sie auch die Einwohner der Augstorte mit Getreideprodukten. Erst als der Mühlenpächter im letzten Viertel des 17. Jhs. seine Monopolstellung zu Ungunsten der Bauern ausnutzte, wehrten sich die Kunden in Arzbach und Kaden­bach, indem sie ihren Landesherrn um die Erlaubnis zum Bau eigener Mahlmühlen ersuchten. Demzufolge entstanden Ge­meindemühlen 1685 in Arzbach und 1691 in Kadenbach.

4. Besitzverhältnisse an den beiden Eitelborner Mühlen

Bis 1769 waren die beiden Eitelbomer Mühlen in einer Hand vereinigt. Zuletzt gehörten sie dem Peter Gerharz von Arz­bach. "Da selbiger gestorben, sind diese Mühlen verteilt worden", heißt es in einem Bittschreiben an den Kurfürsten von An­fang Februar 1769. Fortan besaß Johann Holly die Mahlmühle, und Thomas Knopp war Eigentümer der Ölmühle.6

Um die nachfolgend verwickelten Be­sitz- und Verwandtschaftsverhältnisse zu entflechten, folgt hier zunächst ein Exkurs über die Familie Holly.

Der erste Mahlmühlenbesitzer Johann

Bild 2

Die (untere) Eitelbomer Mühle, genannt "Ullesmühle", heute . . .

Holly der Ältere (1725 -1795) stammte - wie auch seine Ehefrau Gertrud Scholtes - vom Rembser Hof bei Aisbach.7

1746 erwarb sein Schwiegervater Jo­hann Wilhelm Scholtes die Brauerei unter­halb von Arzbach (Bierhaus "Augst Bräu", heute Hotel und Landgasthof "Altes Bier­haus"). Sein Schwiegersohn trat als Brau­er in das Unternehmen ein, das 1750 in sein Eigentum überging. Dort muss er zu Wohlstand und Ansehen gekommen sein, denn 1769 kaufte er für 1700 Reichstaler die Eitelborner Mahlmühle. 1779 ernannte ihn der Trierer Kurfürst Clemens Wenzeslaus zum Schultheißen des Kirchenspiels Augst. Nachfolger in diesem Amt wurde 1789 sein Sohn Johann Holly der Jüngere (1753 - 1813), der nach dem Hinscheiden seines durch die Kugel eines französi­schen Soldaten 1795 getöteten Vaters, auch die Brauerei übernahm. Johann Hollys d. Ä. zweitgeborener Sohn Heinrich (1748 - 1824) erbte die Eitelborner Mahl­mühle.

5. Einen Mahlgang in der Ölmühle?

Nur für kurze Zeit blieb der Übergang der Mühlen in verschiedene Hände (Johann Holly und Thomas Knopp) ohne nachteilige Folgen. Erst als der Ölmüller Thomas Knopp am 21. Januar 1769 die Konzession zur Erweiterung seines Betrie­bes durch Anhängung eines Mahlgangs beantragte, kam jener Stein ins Rollen, der das gute nachbarschaftliche Verhältnis zerbröckeln ließ. Sein Vorhaben begrün­dete Knopp so, weil aller "Reebsamen (Repse, Rübsen, Raps) in einem Monat geschlagen (zu Öl verarbeitet) sei, müsse er (oder die Mühle?) die übrige Zeit des Jahres "müßig sein".8

Um sich eine zusätzliche Verdienstmög­lichkeit zu schaffen, beabsichtigte er, durch Einbau eines Getreidemahlganges, auch Mehl herstellen zu können.

Als der Eigentümer der Mahlmühle, der Brauereibesitzer Johann Holly, der im "Bierhaus" unterhalb von Arzbach wohnte, von dem Vorhaben des Ölmüllers Knopp erfuhr, erhob er in einer Eingabe an den Kurfürsten Einspruch gegen die geplante Erweiterung der Ölmühle um einen Mahl­gang. Er befürchtete oden größten Nachteyl und Schaden"9 für seine nur 20 Schuh (ca. 6 m) hangabwärts liegende Mahlmüh­le. Grund dazu bestand durchaus, denn

. .. und im vorletzten Jahrhundert. In der Mitte die ehemalige Ölmühle.

das von der Ölmühle abfließende Wasser trieb anschließend das Rad seiner Mühle. Die Befürchtungen Hollys, sein Anwesen könne überschwemmt werden, wodurch er am Mahlen gehindert werde und mit sei­ner Familie in Gefahr gerate "zu ersaufen" - wie er vorgab - waren sicher übertrieben. Nach einer Ergänzung der Ölmühle durch eine Mahlgang würde ja nicht mehr Was­ser das Mühlrad antreiben als vorher ohne diesen Anhang.

Die Trumpfkarte zog Holly erst im letzten Teil seines Beschwerdebriefes. Es sei schmerzlich, schrieb er, ein Werk, wofür er 1700 Reichstaler bezahlt habe, durch den Mahlmühlenanbau seines Nachbarn ver­derben zu sehen, umso mehr, als beim An­kauf ausdrücklich vereinbart worden sei, nichts zum Nachteil der einen oder ande­ren Mühle vorzunehmen.10

Nach Ansicht des Ehrenbreitsteiner Kellners Mainone musste dieser Überein­kunft die Rechtmäßigkeit abgesprochen werden, weil sie ohne die Mitwirkung der kurfürstlichen Hofkammer zustande ge­kommen war. Auf die von Holly an den Kurfürsten gerichtete Bitte, eine Kommis­sion zur Klärung des Sachverhaltes einzu­setzen, reagierte Knopp mit dem Ersu­chen, dazu auch "Werkverständige" (sachverständige Müller) zu berufen. Sein Mühlenkonkurrent Holly akzeptierte den Vorschlag, obwohl er darin eine mutwillige Intrige erblickte. Die Kosten des Verfah­rens bat er, der unterlegenen Partei zur Last zu legen. Sicher ist, dass die erbete­ne Kommission zwar angeordnet wurde, ihre Tätigkeit jedoch nicht dokumentiert ist, ebenso wenig liegt ein Abschlussbe­richt vor. Demnach fand wohl keine Orts­besichtigung statt. Mehr noch: das Ge­such des Thomas Knopp, an seine Öl­mühle einen Mahlgang anzuhängen zu dürfen, blieb unerledigt. Folglich werden sich die Kontrahenten wohl ohne staatliche Beteiligung geeinigt haben. Die Ölmühle lief fortan wie bisher ohne Erweiterung zum Fruchtmahlen, was nach wie vor der Mahlmühle des Holly vorbehalten blieb.

6. Nicht nur Namensverwechslungen

Die weitere Besitzgeschichte der beiden Mühlen ist durch Konfusion gekennzeich­net: Namensverwechslungen, Zuordnung zu wieder einem einzigen Eigentümer, Ungereimtheiten bei der Höhe der Wasser­laufabgabe und Vertauschung der Besit­zernamen. Ganz wesentlich trug die Was­serlaufgebühr zur Entstehung der erwähn­ten Unstimmigkeiten bei. Unter dieser Ge­bühr, auch Wasserpacht oder Wasser(lauf)zins genannt, verstand man eine Natural- oder Geldabgabe für das zum Betrieb der Mühlen genutzte Bachwasser. Von der Ölmühle wurden ursprünglich vier fl (Gul­den) 12 alb (Albus) erhoben.11 Als die Mahl­mühle ihre Tätigkeit aufnahm, musste auch für das über deren Mühlrad laufende Wasser eine Gebühr entrichtet werden. Sie wurde erstmals 1713 mit 9 fl verrech­net.12 Da beide Mühlen einem Besitzer gehörten, erfolgte der Einzug der Abgabe ab 1720 in einem Betrag von zusammen 13 fl 12 alb.13 Noch Jahrzehnte später 14 wur­de in der Ehrenbreitsteiner Kellereirech­nung dieser Betrag nur unter einem Na­men verzeichnet, obwohl die Mühlen seit 1769 zwei verschiedenen Besitzern gehörten.

Die Wasserpacht richtete sich nach der Ausstattung der Mühlen, wobei Ölmühlen mit nur einem Gang und geringer Ausla­stung weniger damit belastet waren als Mahlmühlen. Im Falle der beiden Eitelborner Mühlen lag das Verhältnis 1:2 (4 Vz zu 9 fl). Um eine Vorstellung vom Wert dieses Wasserzinses zu bekommen, wird der Be­trag in Taler (ab 1869) und Mark (ab 1873) angegeben, so wie er nach verschiedenen Anpassungen und Regulierungen 1874 zu bezahlen war.

Er betrug für die Ölmühle 3 Gulden = 1 Taler 12 Silbergroschen 10 Pfennig = 4,28 Mark und für die Mahlmühle 6 Gulden = 2 Taler 25 Silbergroschen 6 Pfennig = 8,57 Mark.15

Eine getrennte Verrechnung des Was­serlaufzinses erfolgte erst 1840, nachdem der Ölmühlenbesitzer Christian Knopp ei­nen entsprechenden Antrag gestellt hatte. Er entrichtete fortan 3 fl, sein Nachbar, der Mahlmüller Johann Peter Knopp 6 fl.16

7. Das weiter Schicksal der Ölmühle

Obwohl diese Mühle, die bis 1844 Chri­stian Knopp, danach Johann Peter Knopp IV. gehörte, stets als Ölmühle bezeichnet wurde, diente sie ab 1847 (auch?) als Mahlmühle. Trotzdem behielt sie auch weiterhin ihren ursprünglichen Namen.17

Am 26. Januar 1875 erklärte ihr neuer Besitzer, Kaufmann Johann Karl Harf von Niederbreisig, auf die Aufforderung des Domänenrentamtes Montabaur wegen Ablösung der Wasserlaufgebühr, bevor er die Mühle gekauft habe, sei seit etlichen Jahren kein Gebrauch mehr von dem Wasser aus dem Mühlgraben gemacht worden. Er selbst habe vorerst auch nicht vor, die Mühle wieder in Gang zu setzen.18

Die Immobilie bestand 1874 aus einem zweistöckigen Wohnhaus mit Ölmühle in einer Größe von 25 x 20 Fuß (ca. 7,50 m x 6,00 m), einer Scheune, einem Backhaus, Äckern und Wiesen. Das gesamte Anwe­sen war mit 2750 Mark belastet.19

1892 erwarben der Müller von der unter­halb gelegenen Mahlmühle, Josef Knopp und seine Frau Anna geb. Knopp, das An­wesen am Hang zu einem Preis von 1800 Mark.20

Die Zweckbestimmung als Mühle hatte das Gebäude zu dieser Zeit längst hinter sich. Mittlerweile ist die Erinnerung, bis wann dort Öl geschlagen wurde, auch er­loschen. Ihre Überlebensfähigkeit hatte die Öl- (vielleicht auch Mahl-) Mühle wohl schon vor 1870 eingebüßt, als sich das ruß- und geruchsärmere Petroleum gegen das Rüböl als Leuchtmittel immer mehr durchsetzte und zudem billiger zu erwer­ben war. So kostete z.B. 1867 eine Maß Öl bei der Sauertaler Ölmühle in Montabaur 58 Kreuzer, dieselbe Menge Petroleum mit 30 Kreuzern nur etwa die Hälfte (1 Gulden = 60 Kreuzer).21

In der Nähe von Montabaur, in Bladernheim im Gelbachtal, verzichtete der Ölmüller Anton Trumm 1868 gar auf den Wie­deraufbau seiner verfallenen Ölmühle, weil die Bevölkerung neuerdings fast nur noch Petroleum anstatt Rüböl für die Lampen benutzte.22

Nach den beiden Weltkriegen kamen aus der Not der Zeit die kleinen Ölmühlen wieder zu Ehren. Die Eitelborner gehörte al­lerdings nicht mehr dazu.

8. In der Mahlmühle werden noch hin und wieder die Mühlsteine in Bewegung gesetzt

Wie weiter vorn erwähnt, erwarb nach der Besitztrennung der beiden Eitelborner Mühlen der Brauereibesitzer Johann Holly d. Ä. die Mahlmühle. Über seine Enkelin Anna Margaratha (*1788), die mit Johann Peter Knopp verheiratet war, kam die Müh­le nach 1824 in den Besitz der Eheleute. Sie blieb bis zum heutigen Tage Eigentum der Nachkommen dieser Familie Knopp. 1854, als der Sohn, Johann Baptist (1822 -1870) der Eheleute Knopp/Holly dort das Müller­handwerk ausübte, verfügte die Mühle wieder über zwei Mahlgänge, wovon je­doch nur einer brauchbar war.

Unter einem Mahlgang versteht man die Vorrichtung zum Zerkleinern von Getrei­dekörnern. Das geschah in jener Zeit zwi­schen zwei großen runden, übereinander angebrachten Mühlsteinen, von denen sich nur der obere, der "Läufer" drehte. Der regulierbare Abstand zwischen den beiden Steinen war entscheidend dafür, ob die Körner nun grob für Viehfutter zer­rissen, oder ob in mehreren Arbeitsgängen das Korn immer feiner zu Mehl vermahlen wurde. Heute geschieht die Herstellung der verschiedenen Mehlsorten auf soge­nannten "Walzenstühlen", was jedoch auch nicht in einem Durchgang geschieht. Steinmahlgänge werden gelegentlich noch zum Schroten benutzt.

Nachrichten über die Geschicke der Eitelborner Mahlmühle im 18. und 19. Jh. sind rar. Selbst Rentmeister Clos in Mon­tabaur, dem die staatliche untere Finanz­verwaltung oblag, musste im Herbst 1840 gegenüber seiner vorgesetzten Behörde, der Generalsteuerdirektion in Wiesbaden, einräumen, von der Mahlmühle, genannt "Mühle am Bierhause Eitelborn", seien in seiner Dienststelle keine Akten vorhan­den.23

Während von anderen Mühlen während der Zeit des Herzogtums Nassau (1806 -1866) zumindest einige Unterlagen, häufig sogar zahlreiche Vorgänge in Archiven zu finden sind, ist dies im Falle der Eitelborner Mahlmühle nur sehr eingeschränkt der Fall. Das mag an dem einst gemeinsamen Besitztum Öl- und Mahlmühle liegen. Die daraus resultierenden wenigen Aktenü­berlieferungen beziehen sich fast nur auf die Ölmühle.

Über die Mahlmühle erfahren wir erst wieder etwas, als deren Besitzerin Maria Knopp, Witwe des Johann Baptist Knopp, 1874 die durch Gesetz vorgeschriebene Ablösung des jährlich 8,57 Mark betragen­den Wasserlaufzinses vornehmen sollte.

Zu der geforderten Zahlung des 14-fachen Jahresbetrages konnte sie sich nicht ver­stehen. Deshalb wurde die Zwangsablö­sung eingeleitet und die Belastung samt einer Zinsforderung von 5 % ins Stock­buch (Grundbuchvorläufer) eingetragen.24

Ihr Sohn Josef kaufte - wie weiter vorn bereits angemerkt - 1892 für 1800 Mark die oberhalb seines Hauses befindliche ehemalige Ölmühle 25, wodurch nach 123 Jahren beide Mühlen(gebäude) wieder in einer Hand vereinigt waren.

Der herkömmliche Antrieb der Mühl­steine erfolgte durch ein hölzernes Was­serrad, das 1929 einer Turbine weichen musste. Diese Anlage diente gleichzeitig der Stromversorgung für das Haus und die Mühle. Ein 1948 vorgenommener Um­bau war mit einer Modernisierung des Mahlbetriebes durch den Einbau von zwei Walzenstühlen verbunden. Erhalten blieb der traditionelle Steinmahlgang zur Herstellung von Viehfutter (Schrot). Außerdem diente eine Haferquetsche der Aufbereitung dieser Fruchtgattung zu ei­nem begehrten Nahrungsmittel, den Ha­ferflocken. So bediente der Müller bis 1963 die Haushaltungen in der Umge­bung. Die zurückgehende Landwirtschaft in der Augst während der vorausgegan­genen Jahre hatte zur Folge, dass immer weniger Kunden die Mühle in Anspruch nahmen. Von der Einrichtung sind noch einige Teile vorhanden, unter anderem auch der Steinmahlgang (Schrotgang), der von einem Elektromotor angetrieben wird. Er diente zur Futterbereitung für das Großvieh des heutigen Mühlenbesitzers für seinen Nebenlandwirtschaftsbetrieb. Obwohl die Mühle gemarkungsmaßig zu Eitelborn gehört, und nicht allzuweit von den beiden Dörfern Arzbach und Kadenbach entfernt liegt, entbehrte sie bis in die Gegenwart des Anschlusses an das öf­fentliche Strom- und Wasserleitungs­netz. Erst 1948 kam zugeleiteter Strom ins Haus, und das Wasser aus der Arzbacher Wasserversorgung floss endlich 2003.26

In amtlichen Karten hat sich für den Mühlenplatz immer noch der Name "Eitelborner Ölmühle" erhalten. Der Volksmund spricht nur von der "Ullesmühle" und glaubt, in dem Namen eine Verbindung mit dem mundartlichen Ausdruck "Uhlig" (Ohlig, Öl) ausmachen zu können.

Quellenangaben und Anmerkungen:

1     Hessisches   Hauptstaatsarchiv  Wiesbaden (fortan nur Wl) Best. 234, Nr. 19, S. 691

2     Landeshauptarchiv Koblenz (fortan nur KO) Best. 1 C, Nr. 10505, S. 169

3     KO 1 C Nr. 5008, S. 36; 1C Nr. 5837, S. 38

4        KO 1 C Nr. 5838, S. 38

5        Freundliche Auskunft durch Frau Rosa Kleudgen, geb. Knopp, geboren in der Eitelborner Mahlmühle

6     Wl 112 Eitelborn Nr. 5

7        Zur Familie Holly vergl. Felgenheier/Kläser. Die Familien der Augst, Köln 1999, Nr. 836 ff; zum Bierhaus vergl. Wl 112 Nr. IX4; Wl 112 Ei­telborn 5; zur Bierhäuser Mühle vergl. Kläser, Die Mühle am Bierhaus, in: Die Augst 1991, S. 31 ff.

8     wie 6

9        wie 6

10      wie 6

11      wie 2

12      KO 1 C Nr. 5837, 9. 35

13       wie 4

14      So. z. B. 1801 von Johann Holly aus dem Bier­haus von seiner Ölmühle "nunmehr Mahlmüh­le" 13 fl 12 alb

15      Wl 446 Nr. 42

16      Wl 405 Nr. 24373

17      Wl 212 Nr. 3493

18      wie 15

19      KO 602, 70 Nr. 75 Art. 534

20      KO 602, 70 Nr. 78 Art. 664

21      Amtsblatt für die nassauischen Ämter Nassau, Nastätten, Braubach und Montabaur 1867 Nr. 72 und 74

22      WI 212 Nr. 5525

23      wie 16

24      ebenda

25      wie 20

26      Freundliche Auskünfte durch Frau Rosa Kleudgen und Herrn Wolfgang Knopp, wofür auch an dieser Stelle gedankt sei.