Alte Mühlen in Oberbieber

(aus : Heimatkalender für den Kreis Neuwied 1952, Hrsg. Kreisausschuss Neuwied, Druck: Neuwieder Verlagssgesellschaft - hier veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung des Kreises Neuwied)


1. Abtsmühle

In der Mitte des vorigen Jahrhunderts waren in Oberbieber nicht weniger als 9 Mühlen in Betrieb. Die älteste ist die Abtsmühle. Sie wurde ungefähr im Jahre 1200 erbaut und war Jahrhunderte lang Eigenturn des Klosters Rommerdorf bei Heimbach. Weil sie also der Abtei Rommersdorf gehörte, nannte und nennt man sie heute noch "Abtsmühle". Es soll öfters ein Abt in der Mühle gewohnt haben. (Siebe Relief auf dem vorderen Gebäude.) Nadl einer Urkunde aus dem ]ahre 1217 überweist Abt Theoderich die Einkünfte der Mühle, die er am Biberbach erbaute, dem Krankenhaus seines Konvents, dem Simonstift zu Trier. Graf Bnmo von Isenburg eignete sich die Mühle an und verkaufte 1276 den 4. Teil der Einkünfte an das Kloster Dietkirchen bei Bonn, welches das Kammergut Oberbieber in Besitz hatte. Später gab er die Mühle wieder an Rommersdorf zurück.

Wenn die Mühle in Rommersdorf wenig Wasser hatte, mußten die langohrigen Klosteresel die korngefüllten Säcke nach der Abtsmühle schleppen. Der Pfad, auf dem die Grautiere keuchend einherschritten, heißt heute noch "Eselspädsche". Als durch Napoleon I die meisten Klöster aufgehoben wurden, gelangte das Kloster, und somit auch die Abtsmühle in Privatbesitz.5ie wurde eine Walkmülhe. Das zu walkende Leder wurde in den Gerbereien Ecker und Zeppenfeld hergestellt. In dem Katasterauszug heißt die Wiese der Mühle gegenüber "An der Walkmühle". 1835 kaufte Louis Beinhauer die Mühle und machte eine Knochenmühle daraus. Eine sich langsam drehende Walze, die mit vorspringenden, breiten Zapfen versehen war, hob abwechselnd einen mit einem Einschnitt versehenen Balken hoch, der dann auf die Knochen herabfiel und sie zu Knochenmehl zerstampfte.

In der Mühle zu Grenzau war vor Jahren noch eine solche Einrichtung. Nach Beinhauer übernahm Ernst Daufenbach die Mühle. Ihm folgten Wagner und Schmidt, welche, wie Daufenbach, Beinknöpfe machten. Aber auch sie mußten bald den Betrieb einstellen. Danach wurde eine Gerberei von Moll und Thiel hier errichtet; auch diese Firma wurde bald zahlungsunfähig. Um das Jahr 1900 kaufte die Gemeinde Heddesdorf das Anwesen und legte dort eine Wasserpumpstation an. Durch die Eingemeindung von Heddesdorf kam die Mühle im Jahre 1904 an Neuwied. Nach dem 1. Weltkrieg diente sie lange Jahre erholungsbedürftigen Neuwieder Kindern als Ferienaufenthalt. Heute wird die Mühle von mehreren Familien bewohnt.

2. Die Silberschmelze

Ungefähr 1 km oberhalb der Abtsmühle im Aubachtal liegen links am Wege, umwuchert von Dornengestrüpp und Unkraut, die wenigen Reste der einstigen Silberschmelze. Der verstorbene Heimatforscher Ingenieur Helmrath aus Neuwied hat im Heimatblatt der Neuwieder Zeitung aus dem Jahre 1930 eine ausführliche Abhandlung über die Silberschmelze geschrieben, die ich zum großen Teil wiedergebe.

Am 12. März 1828 richtete ein gewisser Renatus Heinz aus Neuwied, der Mitglied und Stellvertreter der Gewerkschaft des Blei- und Silberbergwerkes "Schiefer" bei Neustadt an der Wied war, ein Gesuch an den Fürsten zu Wied, um die Konzession zum Bau einer Sehmelzhütte im Aubachtal. Zwischen der Fürstl. Rentkammer und Heinz ist folgender Kaufvertrag abgeschlossen worden:

"Es verkauft nämlich mit höchster Genehmigung erstere an letztere zur Anlage einer Schmelzhütte zwei Morgen aus der Steinebachs Wiese oberhalb Oberbieber am Braunsberger Pfad für die Kaufsumme von 810 Gulden oder 450 Thaler, schreibe Vierhundert und fünfzig Thaler Preußisch Curant, gleich zahlbar dergestalt and also, daß Käufer alle Stempel- und Kaufbriefkosten, sowie alle auf dieser Wiese, resp. Bauplatz haftende und fallende Steuern und Lasten übernehmen, auch außerdem die Wässerung der herrschaftlichen und Privatwiesen, sowie solche bisher stattgefunden hat, im mindesten nicht störe, vielmehr unter allen Umständen ungehindert fortbestehen lasse.
Zu Urkund dessen ist gegenwärtiger Kauf-Kontrakt in Duplo ausgefertigt und von beiden Theilen unterschrieben, auch besiegelt worden."
Gesehen Neuwied, den 25. April 1828
gez. Cäsar
gez. R. Heinz

Die Gewerkschaft hat einen jährlichen Wasserlaufzins von 25 Gulden an die Fürstl. Rentkammer in halbjährlichen Raten so lange zu zahlen, als die Schmelzhütte betrieben wird. Der Transport der Kupfer- und Bleierze aus dem Wiedbachtale über den Berg ins Aubachtal, der mittels Esel erfolgte, verteuerte die Herstellungskosten des Silbers ganz erheblich. Die Hütte bestand aus


einem Kupferdarrofen,
einem Kupfergarherd,
einem Bleischmnelzofen,
einem Silberabtreibofen,
einem Silberfein-Brennofen,
einem Probierofen,
zwei Gebläsen,
dem Wasserrad von 20 Fuß (6,27 m) Durchmesser.


Blei entzieht allen Silberverbindungen ihren Silbergehalt, und es entsteht silberhaltiges Blei, sog. Werkblei, aus dem das Silber durch besondere Prozesse und Abtreiben im Treibherd gewonnen wird. Der Kupferdarrofen dient dazu, die Kupfererze zu rösten, zu entschwefeln und unter Zusatzi von Holzkoble in Schwarzkupfer zu verwandeln. Die Bleierze wurden in offenen Haufen geröstet und kamen dann in den Bleischmelzofen, in dem die Umwandlung in sog. Werkblei erfolgte. Die Gewinnung des Silbers aus dem Werkblei geschah in dem Silberabtreibofen oderTreibherd. Zur Reinigung des jetzt gewonnenen unreinen Silbers diente der Silberfein-Brennofen. Der Probierofen diente zu chemischen Untersuchungen. Die zwei Gebläse lieferten den Wind für die verschiedenen Feuerungen und den Triebherd.

Die Arbeitslöhne waren niedrig. 1835 bezahlte man einen Schichtlohn von 5 Silbergroschen und 3 Pf. = 0,53 Mark. 1838 wird ein Hüttenmeister Tendler genannt. Infolge Erhöhung der Abgaben rentierte sich der Betrieb nicht mehr; im August 1840 wurde die Silberschmelze stillgelegt. Am 21. 9. 1841 kaufte Friedr. Buchholz, der Schichtmeister der Gewerkschaft war, die Silberschmelze und baute sie zu einer Getreide-, Öl- und Knochenmühle um. Die Mühle bestand aus:

einem Mahlgang mit Wasser für das ganze Jahr,
einem Mahlgang bei Wassermangel,
einem Rollgang für Ölsamen,
zwei Ölpressen,
einer Knochenmühle (Pochwerk mit 8 Stampfern).


An Gewerbesteuern waren 40 Taler, an Wasserlaufzinsen 20 Taler zu zahlen. - Dreißig Jahre lang hatte die Mühle die Bewohner von Oberbieber und Umgebung mit Mehl, Öl und dem für die Landwirtsehaft wertvollen Knochenmehl versorgt, als sie am 2. Ostertage des Jahres 1871 zum großen Teil abbrannte.

3. Die Papiermühle

Das heutige Erziehungsheim war ursprünglich eine Papiermühle. Schon in der Mitte des 18. Jahrhunderts ist die Papiermühle nachgewiesen. So starb im Jahre 1763 der Papiermachermeister Joh. Heyn. Wie aus den Kirchehbüchern weiter hervorgeht, waren viele Leute auf der Papiermühle beschäftigt. In dem Einwohnerverzeichnis von 1817 steht: "Vitus Hos, auf der Papier-Fabrique der Albertinischen Erben". Um 1750 wohnte in Neuwied eine Herrenhuter Familie von Albertini. (1814 wird eine Frau von Albertine als Besitzerin des Alsauer Hüttenwerkes genannt.) Auch nach dem "Rheinischen Antiquarius" des Christian von Stramberg war die Papiermühle im Besitz der Herrenhuter. Der letzte Besitzer hieß Adam Wehrfritz, der letzte Fabrikmeister Sircolomb.

Die Kreissynode kaufte im Jahre 1873 die Mühle mit allen Ländereien für 7000 Taler und verlegte die Erziehungsanstalt von Anhausen nach dort. Am 2. März 1874 fand der Umzug statt. Einige Räume und die Wasserkraft der ehemaligen Papiermühle wurden anfangs noch vermietet, und zwar an den Knopfmacher Karl Wagner bis 1877 und an den Schreinermeister Friedr. Muscheid bis 1880.

4. Die Kegelsmühle

Diese Mahlmühle war seit langen Jahren Eigentum der Familie Kegel. Als Christian Kegel im Jahre 1911 starb, verkauften seine Kinder kurz darauf die Mühle dem Erziehungsheim für 22 000 Mark.

5. Der Kupferhammer

Der Kupferhammer war der älteste kupferverarbeitende Betrieb im Aubachtal. Schon am 16. 7. 1638 verpachtete Graf Philipp Ludwig zu Neuwied die Honnefelder Hütte nebst dem zugehörigen Kupferhammer in Oberbieber an einen gewissen Sauermuss aus Köln. Als Teilhaber kamen noch dazu: Rentmeister Dörner und Kaufmann Scholtess. Die Pacht für Hütte und Hammer betrug 2050 Taler jährlich. Die Honnefelder Hütte wurde am 10. Januar 1628 von Hüttenmeister Johann Stroe aus Altenkirchen erbaut. Um dieselbe Zeit erstand auch der Kupferhammer. Etwa 750 Meter weiter südlich der Honnefelder Schmelzhütte - zwischen Ziegelberg und Burgberg - stand auch ein der Hütte zügehöriger Hammer. Heute heißt diese Stelle noch "die Hammerwiese". Die Eisenerze, Braun- und Spateisensteine kamen aus den Gruben Alexander, Georg und Girmscheid; sie wurden durch Fuhrleute aus Honnefeld, Rengsdorf und Oberbieber angefahren. Das Holz kam aus den Wäldern der Kichspiele Honnefeld, Rengsdorf und Anhausen. -

Am 4. Juli 1675 übertrug Graf Friedrich Wilhelm zu Wied die Hütte und den Kupferhammer an den Hüttenmeister Peter Pastert. Weitere Pächter waren Rusterener, Hottemann and Bertram. Der Kupferhammer durfte mit Erlaubnis des Grafen zu Wied durch Bertram in einen Eisen-und Stahlhammer umgewandeIt werden. Im Jahre 1747 erwarb Lorenz Reinhard den Hammer, verkaufte ihn aber am 13. 12. 1753 für 1.150 Reichstaler an Elias Metzler. 1792 kaufte ein französischer Emigrant de Maupas den Hammer. Durch die Kriegswirren 1796/98 ging die Eisenverarbeitun ein; de Maupas machte nun aus dem Hammer eine Papiermühle. Dann wird Christian Schulz als Verwalter von Bianchi's Ölmühle genannt. Also hatte de Maupas den Kupferhammer der Familie Bianchi aus Neuwied verkauft. Aus der Papiermühle war inzwischen eine Mahlmühle geworden. Nach Schulz übernahm Wildberger den Betrieb und nach ihm Julius Jüngst, der eine Farbmühle daraus machte. Die Mühle, heute noch im Besitz der Familie Jüngst, ist unter der Bezeichnung "Neuwieder Farbenfabrik" weit über die engere Heimat hinaus bekannt geworden.

6. Die Wiesenmühle


Sie war eine Mahlmühle. Vor 1800 gehörte sie dem Müller Konrad Kegel; von diesem erbte sie Joh. Kegel. Dieser starb 1819 an der Brustwassersucht. Seine Witwe heiratete einen Kornab aus Selters. Die Mühle war eine Bannmühöe, auf der die Banneingesessenen ihr Getreide vermahlen lassen mußten. Später besaß eine Familie Freund die Mühle. 1865 erwarb Franz Wagner die Wiesenmühle und richtete darin eine Knopffabrik ein. 1875 trat sein Sohn Philipp das Erbe an, starb aber schon 1896. Seine Witwe verkaufte die Fabtik dem Ingenieur Karl Brauer. Nach dessen Tode im Jahre 1912 ging die Fabrik in den Besitz der Firma Karl Wagner über. Seit dem Jahre 1946 betreibt die Firma "Rechlaternen" auf dem Gelände eine Leuchtenfabrik.

7. Der Stahlhammer

Nach Ausführungen des Heimatforschers Gross in Dierdorf, soll der Großvater des berühmten Uhrmachermeisters Kinzing im Jahre 1693 den Stahlhammer gebaut haben. 1762 wird ein Hüthwohl als Besitzer angegeben. Diese Familie hat lange den Stahlhammer besessen, der im Laufe der Zeit in eine Mahlmüh1e umgewandelt war. Die Nachfolger waren Müller, Welker und Weinsheimer. 1900 kaufte Fritz Binz aus Heddesdorf die Mahlmühle und erriehtete auf dem Gelände eine Geflügelfarm, veräußerte sie aber nach einigen Jahren an den Betriebsleiter der Blechwarenfabrik Aubach in Niederbieber, Kar Seifert. Weitere Besitzer: Robert Schruff; ein Gutsbesitzer aus der Eifel, ein Landeshauptmann, Matthias Schmitz, Firma Karl Wagner und zuletzt Winkhaus.

8. Die Freundsmühle im Engelstal

Gehen wir eine kurze Strecke ins Engelsal, dann sehen wir links eine Wiese, an deren oberem Ende wir Mauerreste finden. Hier stand einst die von Paul Freund im Jahre 1851 erbaute Mahlmühle (auch Pauls-Mühle genannt). Sie erreichte kein hohes Alter. Am 6. Januar 1893 brannte sie ab.

9. Die Kleinsmühle am Wallbach

Auf dem "Nippes", etwas abseits der Mittelstraße, steht die im Jahre 1850 von Reinhard erbaute Mahlmühle (im Volksmund: "Kleins Möll"). Auch sie wechselte oft den Besitzer. Nach Reinhard kamen: Johannes Freund, ein Bruder von Paul Freund und langjähriger Gemeindevorsteher, Mendel aus Gierhofen, Heydbrn ud Friedr. Klein. 1893/94 wurde der Mahlbetrieb eingestellt.


Der Aubach trieb manch Mühlrad,
Die Mühlen sind nicht mehr,
Ihre Herren ruhen längst im Grab,
Verfallen die Wasserwehr.

Maurer, Oberbieber