Die Mühlen in Rennerod

(aus : "Rennerod und sein Raum - Eine Heimatgeschichte" von Michael Holzenthal,
herausgegeben von der Stadt Rennerod 2001 - hier veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung der Stadt Rennerod )

Zu den Neuerungen des hohen Mittelalters gehörte auch die Verbreitung der Wassermühle. Ursprünglich war das Mahlen des Getreides nur ein Zerquetschen der Körner mit Hilfe eines Steines, der in einem anderen, etwas ausgehöhlten Stein von Menschenhand kreisend bewegt wurde. Bereits die Römer kannten Wassermühlen. Die Mühlen im Mittelalter wurden meist vom Grundherrn oder Landesherrn errichtet und in Erbleihe gegen die Abgabe von Korn, Schweinen oder später besonders von Geld an den Müller vergeben. Die Bauern waren an eine bestimmte Mühle gebannt, d.h, sie mußten also das Getreide gegen Abgabe von Naturalien und Wiegegeld an den Müller auf einer bestimmten Mühle mahlen lassen. Erst unter bergischer Herrschaft wurde 1811 der Mühlenbann in den oranischen Gebieten abgeschafft, im Herzogtum Nassau 1817 wieder eingeführt, aber immer mehr als unpassend zu einer freiheitlichen Wirtschaftsordnung empfunden. Preußen hob den Mühlenbann 1868 völlig auf.

Die Wassermühle war bis zur Entwicklung der Dampfmaschine im 18. Jahrhundert der wichtigste Energielieferant, der ohne Muskelkraft von Mensch oder Tier arbeitete - gewissermaßen die Fabrik des Mittelalters, die nicht nur Getreide und Ölfrüchte mahlen, sondern auch Tuche walken oder Eisenhämmer antreiben konnte.

Die ältesten schriftlichen Belege über Mühlen im Raum Rennerod stammen aus dem 15. Jahrhundert. Es dürfte jedoch schon einige Jahrhunderte zuvor hier Wassermühlen gegeben haben, so etwa beim Ende des 12. Jahrhunderts gegründeten Kloster Seligenstatt 1). Um 1440 wurden in einer Fehde zwischen Sayn und Nassau alle Mühlen in der Herrschaft zum Westerwald zerstört.2)

Der erste Müller in Rennerod wird 1454 erwähnt. Die Mühle war 1497 eine Bannmühle zugleich für Waldmühlen und kam durch Kauf 1582 an die nassauische Landesherrschaft. In einer Mühlenstatistik der Kellerei Diez aus dem Jahre 1589 ist über die Renneroder Mühle zu lesen: "Die müell zu Rendenrodt hat meister Conrad! den erben daselbsten abgekaufft vor (für) ungefer 40 gl. (Gulden), ist nun ihro Gnaden (dem Landesherrn) eygen und gibt itzo an guthen reinen korn oder gerst 11 Malter, diss ist hachenberger mass, hat kein mahlgeste weitter als Rendenrodt."3) 1611 kam sie an einen Müller, dessen Erben sie 1643 für die seit 1635 rückständige Pacht an den Grafen Johann Ludwig von Nassau-Hadamar übergaben. 1680 war sie verfallen. Der Müller Johann Philipp Balthasar oder Baltzer setzte sie wieder instand, und sein Name blieb an ihr haften. Sie hieß meist, noch im Jahre 1885, Baisersmühle, später die unterste Mühle. In den 1970er Jahren wurde sie zu einem Restaurant umgebaut.

Unterhalb von Rennerod baute im Jahre 1694 Georg Wilhelm Quirnbach eine neue Mühle, die nach 1722 und vor 1738 an Georg Daum kam und dann, auch noch 1885. nach einer späteren Besitzerfamilie, Hartenfelser Mühle genannt wurde. Quirnbach, der 1733 starb, wollte ein Jahr zuvor eine weitere Mühle "in der Erle" bauen. Der von dem Heimberger Mack 1733 übernommene Bau nutzte das im Weiher gestaute Wasser für diese Weihermühle 1818. die 1777 und 1885 Macksmühle heißt.4)

Unterste Mühle im Jahre 1975 (Quelle: Josef Gros)

Hinter der alten untersten Mühle wurde diese zweite Mühle durch den letzten Müller Ferdinand Schmidt (links im Bild) erbaut (Quelle: Ferdinand Schmidt-Beste)

Die Emmerichenhainer Mühle wird zuerst 1485 erwähnt. Seil 1502 war sie in der Hand der jeweiligen Landesherren. Sie war neben den drei Kirchen in der Herrschaft zum Westerwald der einzige steinerne Bau im Hohen Westerwald. 1564 wird sie als "schön herliche moele" mit einem "schönen Herrnseeß" bezeichnet. Er "war noch 1719 ein stattlicher Bau mit kleinem Treppenturm, einem unteren gewölbten Stockwerk und einem ' vornehmsten Gemach' im obersten Stock. Die Müller waren meist, so etwa 1571 und 1622, auch Wirte, so daß für den Aufenthalt der Grafen, ihrer Diener und Beamten, wenn diese dort zu tun hatten, gesorgt war."5) Noch heute ist an der Straßenseite der Mühle auf einer Sandsteinplatte die Jahreszahl 1541 zu lesen. Später war die Mühle eine Getreide- und Schneidmühle, die zwei Mühlräder hatte. Unklar ist, wie sie zum Namen "Klostermühle" gekommen ist und wie die Sage entstand, von der Mühle aus habe ein unterirdischer Gang zur nahegelegenen Kirche geführt. Ein Kloster hat es in Emmerichenhain auch vor der Reformation nicht gegeben.6)

Die ehemalige "Klostermühle" Emmerichenhain in der "weißen Jahreszeit". Die Aufnahme, um ca. 1900 entstanden, zeigt auch noch den heute verschlossenen äußeren Zugang zu den Kellergewölben mit dem ehemaligen Sägewerk. Direkt über der Kellertür befindet sich die in Stein eingemeißelte Jahreszahl 1541 (Quelle: Axel Göbel)

Aus einem Mühlenverzeichnis des Jahres 1791 erfahren wir auch die Zahl der Mahlgäste für die drei Renneroder Mühlen: Es waren insgesamt 166. Alle drei Mühlen befanden sich im Eigentum der Müller. Die Macksmühle mußte (wohl jährlich) 21 Gulden an die Landkellerei Hadamar abführen. Die Mahlgäste der Baisersmühle waren verpflichtet, für die Beschaffung des Mühlsteins 7 Rädergulden zum Fuhrlohn zu geben und den Wellbaum zur Mühle zu fahren. Die Naturalien, 8 Malter und 7 Mesten Molterfrucht, für 1 Schwein 12 Gulden und für 4 Gänse 1 1/2 Gulden, waren damals bereits durch Geldzahlungen abgelöst, die einen Gesamtbetrag von 37 Guiden ausmachten. Die Hartenfelser Mühle hatte 7 Malter 1 Meste Molterfrucht und 10 Gulden für ein Schwein bzw. 31 Gulden zu zahlen.7) Da die Nachbardörfer Waldmühlen und Emmerichenhain eigene Mühlen besaßen, in Rennerod im Jahre 1777 aber nur 139 Familien lebten, bleibt die hohe Zahl der Mahlgäste unklar.

In Rennerod werden 1564 und 1565 sowie in den 70er Jahren des 18. Jahrhunderts (damals im "Funkenhayn") Mühlstein-Steinbrüche erwähnt. Im letzteren wurden 1772-1778 auch Bausteine und Viehkrippen angefertigt.8)

Die Mühlen in Rennerod und Emmerichenhain haben nach dem Zweiten Wellkrieg ihre Arbeit eingestellt. Es war die Zeit des großen Mühlensterbens im Westerwald: Hatte es im Oberwesterwaldkreis 1939 noch 71 Mühlen gegeben, waren es 1967 noch 22 und 1975 noch zehn. Der Rückgang der landwirtschaftlichen Betriebe und die Tatsache, daß das Brotgetreide immer mehr an Großmühlen geliefert wird, hat das alte Handwerk des Mühlenbauers immer mehr schrumpfen lassen. Walter Müller aus Rennerod legte 1976 aus Altersgründen das Werkzeug aus der Hand.

1) Gensicke, Seck, S. 57

2) Gensicke, Neukirch, S. 154

3) Abel, Mühlengewerbe, S. 92

4) Gensicke. Rennerod, S. 251

5) Gensicke, Emmerichenhain, S. 241

6) Die Sage von der Klostermühle bei Lang, in: Rhein-Lahn freund 29 (1984), S. 252-253

7) Abel, Mühlengewerbe, S. 112-113

8) Gensicke, Rennerod, S. 251