Aus: Nassauische Neue Presse
Das älteste Kirchenbuch im Bistum
Westerwälder Geschichtsforscher zu Gast in Hadamar
Zu ihrem zwölften Treffen sind die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft Familienforschung Westerwald in Hadamar zusammengekommen. Dabei ging es vor allem um die Quellen, die der einstige Fürstensitz für die Heimatforschung bietet.
Westerwald/Hadamar. Der Hadamarer Bürgermeister Michael Ruoff (links) führte die Westerwälder Familienforscher durch die Hadamarer Fürstengruft.
Foto: Thies
Sie befassen sich mit der Geschichte der eigenen Familie, des Heimatdorfs oder mit anderen interessanten Geschehnissen, die sich in den vergangenen Jahrhunderten im Westerwald zugetragen haben: die Mitglieder der ArGeWe, der Arbeitsgemeinschaft Familienforschung Westerwald. Am vergangenen Wochenende hatten sie sich in Hadamar im Festsaal der psychiatrischen Klinik getroffen und damit etwas abseits ihres eigentlichen Kerngebiets.
"Doch lassen Sie sich nicht beirren", sagte Michael Ruoff, der Hadamarer Bürgermeister, als er die rund 40 Teilnehmer empfing. "Unsere offizielle Anschrift lautet Hadamar/Westerw. und früher wurde Hadamar auch als Tor zum Westerwald bezeichnet." Auch wenn Besucher aus dem Hohen Westerwald darüber immer wieder lächelten, gehöre Hadamar eindeutig dazu, sodass Ruoff guten Gewissens in den Ruf "Hui Wäller? Allemol!" einstimmte.
Als Besonderheit des Besuchs schloss Ruoff die nur selten zugängliche Fürstengruft unter der Ägidienkirche auf dem Mönchberg auf. Dort liegen die Überreste der Hadamarer Fürsten und Grafen sowie ihrer Angehörigen bestattet, allen voran Johann Ludwig von Nassau-Hadamar (1590 – 1653), der erste Fürst der kurzlebigen jüngeren Nassau-Hadamarer Linie. Er gab Altstadt und Schloss zum großen Teil ihr heutiges Erscheinungsbild und war kaiserlicher Verhandlungsführer bei der Beendigung des 30-jährigen Krieges.
Die einstigen Hadamarer Herrscher und ihr Machtbereich gaben den Familienforschern auch den Anlass, sich am östlichen Rand ihres Interessengebiets zum zwölften Wäller-Treffen einzufinden. "Das Fürstentum Nassau-Hadamar erstreckte sich bis weit in den Westerwald hinein. Das schlägt sich auch in den Kirchenbüchern nieder", erklärte Heimatforscher Manfred Schaaf. In diesen Büchern wurden früher Taufen, Eheschließungen, Todesfälle und manch andere Begebenheiten festgehalten. Das macht sie zu einer erstklassigen Quelle für Regional- und Familienhistoriker.
Aus dem Jahr 1575
Die Taufpaten in den Hadamarer Kirchenbüchern kamen aus bis zu 50 Kilometer Umkreis, berichtete Manfred Schaaf. Außerdem reichen die Verzeichnisse nicht nur räumlich, sondern auch zeitlich besonders weit. "Aus Hadamar kommt das älteste noch erhaltene Kirchenbuch im Bistum Limburg. Es stammt aus dem Jahr 1575 und ist damit noch ein Jahr älter als das älteste vorhandene Kirchenbuch des Frankfurter Doms", sagte Schaaf. Schließlich zitierte er noch einige interessante Beispiele aus den Hadamarer Kirchenbüchern, die Karl Joseph Stahl vor rund 30 Jahren erforscht hat.
Neben vielen einfachen Leuten finden sich dort immer wieder Hinweise auf Hadamar als Fürstensitz. Schreiber und Spülmägde, Jäger und Holzknechte des Schlosses finden sich dort, aber auch Köche aus Frankreich und Italien oder Kammerdiener aus Böhmen. Eine als Hexe verbrannte Frau ist ebenso zu finden wie Maria Magdalena Lorger, eine Nonne, die am Ende des 18. Jahrhunderts in Hadamar lebte und für erhebliches Aufsehen sorgte, weil sie angeblich die Wundmale Christi trug.
Neben diesen Einblicken in Quellen für die Familienforschung blieben die Vereins-Formalitäten auf das Nötigste beschränkt. ArGeWe-Koordinator Hans Pettelkau beschränkte sich darauf, den angewachsenen Mitgliederstand zu vermelden: Rund 200 Geschichtsfreunde haben sich der Gemeinschaft inzwischen angeschlossen. Allein im vergangenen Jahr kamen sieben dazu. vt(vt)
Artikel vom 20. Mai 2011, 03.24 Uhr (letzte Änderung 20. Mai 2011, 05.00 Uhr)