Friesenhagen

Friesenhagen - im Wildenburger Land

Eine Gemeinde stellt sich vor.

Aus den Jahrbüchern 1978 / 79 des Kreisheimatverein Altenkirchen-Westerwald

Geküzter Nachdruck mit dessen Erlaubnis

Autor: Hermann Mockenhaupt

Wie ein Keil ragt die Gemeinde Friesenhagen als nördlichster Zipfel des Landes Rheinland-Pfalz weit in das Land Nordrhein-Westfalen hinein. Die Landesgrenze bildet zu drei Seiten hin zugleich auch die Gemeindegrenze. Das Wildenburger Land", wie das Gebiet der Gemeinde Friesenhagen auch genannt wird, grenzt an die nordrheinwestfälischen Kreise Siegen, Olpe und Gummersbach (Oberbergischer Kreis). Geographisch liegt es zwischen Westerwald, Siegerland, Sauerland und Bergischem Land. Es deckt sich überwiegend mit dem oberen Einzugsgebiet der Bäche Wisser und Wippe. Die Höhenlage bewegt sich zwischen 210 m (Höhe des Wisserbaches an der Landesgrenze unterhalb Helmert) und 480 m (Knöpchen). Das Wildenburger Land stellt wohl eine der reizendsten Landschaften des Rheinischen Schiefergebirges dar. Dies ist einmal zurückzuführen auf seine morphologische Gestalt, zum anderen auf die dünne Besiedlung (Einzelgehöfte), die ausgedehnten Waldungen und die dazwischen liegenden landwirtschaftlichen Flächen, die überwiegend als Grünland genutzt werden.

Die wenigen im Raume Steeg angesiedelten Industriebetriebe beeinträchtigen insgesamt gesehen das Landschaftsbild kaum. Die Gemeinde Friesenhagen ist mit 5138 ha die größte Landgemeinde im Kreise Altenkirchen. In dieser weit ausgedehnten Gemeinde leben jedoch nur 1700 Einwohner, die sich auf 75 verschiedene Ortschaften, überwiegend Einzelgehöfte und kleine Weiler, verteilen. Nur Friesenhagen (700 Einwohner) und Steeg (mit Steegerhütte und Hammer ca. 300 Einwohner) können als Dörfer bezeichnet werden.

Zur Geschichte des Wildenburger Landes

Die nördlich des Ortes Friesenhagen gelegene Wildenburg hat dem Wildenburger Land seinen Namen gegeben. Sie wurde um 1230 erbaut. Das Gebiet der heutigen Gemeinde Friesenhagen gehörte bis ins 8. Jahrhundert hinein zu jenem zwischen Franken und Sachsen liegenden urwaldartigen Grenzwald, der etwa bis zur Zeit Karl des Großen unbesiedelt war. Eine erste dauerhafte Besiedlung kann erst um das Jahr 800 nach Christi angenommen werden. An diese Zeit erinnert noch die fränkische Malstätte bei Kappenstein. Um das Jahr 1000 übernahm das Bonner St. Cassiusstift die Grundherrschaft über das heutige Wildenburger Land. Bereits aus dieser Zeit sind die Höfe Kappenstein, Stausberg, Bockenheim, Solbach und Gerndorf urkundlich bekannt.

Der Name Friesenhagen wird erstmals in einer Urkunde von Papst lnnozenz II. aus dem Jahre 1131 erwähnt. Um das Jahr 1200 befand sich das Wildenburger Land im Besitz des Burgrgafen Eberhard von Ahrenberg, der dies von den Freusburger Herren, die im Jahre 1195 ausstarben, geerbt hatte. Nach dem Tode Eberharde, der kinderlos starb, fiel der

Besitz auf den Grafen Heinrich III. von Sayn, dessen Bruder Otto nennt sich Herr zu Kappenstein (Kappenstein ist ein Ortsteil der Gemeinde Friesenhagen). Ottos jüngerer Sohn Gerhard wird im Stifttum der Erzdiözese Köln als Gerhard Herr von Wildenburg" erwähnt (Dominus Gerardus da Wildenburg).

Wie aus einer im Staatsarchiv in Koblenz aufbewahrten Urkunde aus dem Jahre 1307 hervorgeht, übertrug Heinrich. von Wildenburg im Jahre 1307 gemeinsam mit seiner Gattin Elsbeth und seinen beiden Söhnen Johann und Diederich das Haus und die Burg zu Wildenburg dem Grafen von Sayn zu Lehen. Die Grafen von Sayn übten im Ort Wildenburg schon früher die Gerichtsbarkeit aus. Johann von Wildenburg erklärte im Jahre 1339 die Wildenburg zum Offenhaus des Erzstiftes Trier. Im Jahre 1418 stirbt das Geschlecht der Wildenburger mit Hermann von Wildenburg in männlicher Linie aus. Seine Schwester Jutta war seit 1387 mit einem Ritter Johann von Hatzfeldt vermählt (deren Stammburg Hatzfeldt ist heute noch als Ruine In der Nähe des gleichnamigen Dorfes Hatzfeld zu finden). Nach langen Erbstreltigkeiten mit dem Grafen von Sayn erbt Gothardt der Rauhe, der Sohn Juttas, die Burg Wildenburg und das Kirchspiel Friesenhagen.

Eine andere Adelsfamihe, die Herren von Seelbach, waren schon seit Ende des 13. Jahrhunderts im Besitz des Hofes Krottorf. Dieser war ein Lehen der Wildenburgischen Herren. Johann von Seelbach erbaute um das Jahr 1556 das heutige Schloß Krottorf. Durch Heirat fielen Hof und Schloß Krottorf ebenfalls an das Haus Wildenburg. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts teilt sich das Haus Wildenburg in drei Linien auf. Im Jahre 1830 wird dann durch Vertrag die ganze Standesherrschaft als unteilbares Ganzes erklärt und fällt an die Hatzfeld - Wildenburg - Weißweilersche Linie, während die schlesischen und hessischen Besitzungen der Linie Werther-Schönstein zugeteilt werden.

Nach der französischen Revolution ließ Napoleon die reichsmittelbare Herrschaft Wildenburg mit dem Großherzogtum Berg vereinen. 1808 bildete das Wildenburgische Land einen Kanton des neugebildeten Siegdepartements, das 1815 an Preußen überging. Der preußische König erhob das Wildenburgische Land und die Herrschaft Schönstem durch eine Kabinettsorder zur Standesherrschaft Wildenburg-Schönstein. Bis über die Mitte des vergangenen Jahrhunderts behielten die Standesherren die Gerichtsbarkeit über das Wildenburger Land. Die Fürstlich-Hatzfeldt-Wildenburglsche Familie war bis in die fünfziger Jahre, als hier die Bodenreform durchgeführt wurde, Im Besitz fast des ganzen Grund und Bodens des Wildenburger Landes. Die meisten Höfe waren Pacht- und Zinsgüter. Freie Eigengüter gab es nur im Raum Friesenhagen, Kappensteln, Diedenberg und Solbach - Solbach ist erst im vergangenen Jahrhundert in Hatzfeld'schen Besitz übergegangen -. Die letztgenannten Güter waren um 1050 der Reichsabtei Werden abgabepflichtig und sind später frei geworden.

Auch der Kirchenbesitz im Gebiete Friesenhagen wird seine Entstehung - erst als Kloster, dann als Pfarrbesitz - diesem Umstande zu verdanken haben. Der im Lambrechtschen Statut von 1743 verankerte Rechtsbrauch der Realerbteilung im Gebiet der Grafschaft Sayn-Altenkirchen konnte sich im Wildenburger Lande nicht durchsetzen, da die Herren von Wildenburg und später die Hatzfeldt'schen Herren immer wieder versuchten, bei Verkäufen und Zwangsversteigerungen die Höfe in ihren Besitz zu bringen. Die Landrechtsverordnungen von 1592 und 1607 sicherten ihnen hierfür das Erstkaufrecht und hoben das aus dem germanischen Recht stammende ,,jus rectatus" auf, das den Verwandten eines Verkäufers das Rückkaufrecht verkaufter Immobilien zusicherte. So erwarben die Wildenburger Landesherren im Laufe der Zeit alle Höfe im Wildenburger Land, so daß sie alleinige Grundbesitzer fast des gesamten Wildenburgischen Landes wurden. Im Zuge der Bodenreform wurde in den fünfziger Jahren aus dem ca. 10.000 ha großen Grundbesitz der Grafen die gesamte landwirtschaftliche Nutzfläche von 2750 ha (einschl. Schönstem) ausgeklammert und zunächst der Landsiedlung Rheinland-Pfalz GmbH treuhänderisch übereignet. Durch dieses Siedlungsverfahren von Hatzfeldt wurde nach 1951 eine durchgreifende Bodenreform Wirklichkeit.

Der Wald, der mit 3449 ha 67 % der Gesamtfläche der Gemeinde Friesenhagen ausmacht, befindet sich zu 95 %

(3256 ha) noch heute im Hatzfeldt-Wildenburgischen Besitz. Nur 2 % (82 ha) befinden sich im Besitz einzelner Landwirte und 3 % (111 ha) im Besitz der Kath. Pfarrgemeinde Friesenhagen. 29 % der Katasterfläche (1486 ha) werden landwirtschaftlich genutzt.

Bau- und Bodendenkmäler

Es gibt wohl kaum eine Gemeinde im Kreis Altenkirchen, in der so viele Bau- und Bodendenkmäler, die Zeugen der Geschichte des Wildenburger Landes sind, erhalten blieben. So finden wir in der Nähe des Wildenburger Bahnhofs eine sichelförmige Wallanlage, bei der es sich möglicherweise um vorgeschichtliche Hünengräber handelt.

Aus der Karolingerzeit stammt wahrscheinlich die nordwestlich des Forsthauses Rübengarten gelegene Wallanlage, die als " Keltenburg" bezeichnet wird, ebenso die fränkische Malstätte am Hollenstein bei Kappenstein. Auf einem links des Wisserbaches gelegenen Bergsporn in der Nähe des Höferhofes finden wir die sogenannte Höferburg, bei der es sich wohl um eine frühmittelalterliche Burganlage handelt. Diese wurde 1930 durch ,,Schatzgräber" stark beschädigt.

Die Wildenburg, der Stammsitz der Herren von Wildenburg, wurde um 1230 erbaut und beherrschte den bereits 1048 nachgewiesenen Hileweg", die spätere Alte Eisenstraße".

Die Wildenburg liegt ebenfalls auf eipem nach drei Seiten hin steil abfallenden Bergsporn, so daß nur zur Bergeeite hin eine Graben- und Maueranlage zum Schutze errichtet werden mußte. Um 1830 bestand die Burg noch in ihrer gesamten Anlage und war bewohnt. Ende des 19. Jahrhunderts wurde sie jedoch als Steinbruch genutzt, so daß heute nur noch das Herrenhaus und der über 20 Meter hohe kreisrunde Burgfried erhalten sind. Die übrigen Gebäude bestehen gar nicht mehr oder sind nur noch als Ruine erhalten.

Der größte und wohl prächtigste Bau in der Gemeinde Friesenhagen ist das Schloß Krottort, das heute noch Wohnsitz des Grafen Hermann von Hatzfeldt-Wildenburg-Dönhoff ist. Es wurde, wie an anderer Stelle erwähnt, in der Mitte des 16. Jahrhunderts von den Herren von Seelbach erbaut. Die sogenannte Vorburg stammt aus dem Jahre 1678. Eine Gedenktafel im Tor zur Hauptburg erinnert an die 1927 durchgeführten Renovierungsarbeiten im Schloßinnern. Das Schloß Krottorf wurde als Wasserschloß erbaut. Besonders hervorzuheben sind die kunstvollen Stuckarbeiten im Rittersaal, die aus dem 17. Jahrhundert stammen und von einem Italienischen Meister ausgeführt worden sind. Dieser brachte dort folgende Inschrift in Italienischer Sprache an:

Krottort, ein Stück des Paradieses, das vom Himmel gefallen ist" -

In der Nähe des Schlosses Krottort, auf dem Schnabelsberg, wurde im Jahre 1701 die sogenannte Kreuzkapelle erbaut, ein achteckiger Zentralbau mit einem quadratischen Anbau aus dem Jahre 1895. Diese Kapelle stellt eine Nachbildung der Himmelfahrtskapelle auf dem Ölberg bei Jerusalem dar. Von Friesenhagen aus führen zu dieser Kapelle die sogenannten sieben Fußfälle, eine Art Kreuzweg.

Besondere Erwährung verdienst die katholische Pfarrkirche in Friesenhagen, die bereits im Jahre 1131 in einer Urkunde Papst lnnozenz II. erwähnt wird, also schon vorher bestanden haben muß. Sie ist im Laufe der Geschichte mehrere Male um- und angebaut worden, u. a. auch weil sie von Bränden heimgesucht wurde. Die Ausstattung der Pfarrkirche stammt überwiegend aus der Barockzeit. Der wuchtige Glockenturm ist der älteste - noch aus romanischer Zeit stammende - Teil, während das Chor der Spätgotik entstammt. Das Langhaus wurde 1740 durch einen Neubau ersetzt.

In der Nähe der Pfarrkirche errichteten die von den Herren von Hatzfeldt aus Limburg berufenen Franziskanermönche im Jahre 1644 das damalige Franziskanerkloster. Als solches bestand es bis 1814. Dies dient heute als kath. Pfarrhaus und Küsterwohnung. Außerdem ist in diesem Gebäude noch ein Schulsaal untergebracht. Dieses ist sicherlich der älteste im Kreis Altenkirchen in Betrieb befindliche Schulraum. In diesem Gebäude, das aus heimischen Bruchsteinen errichtet wurde, finden wir in verkleinertem Maßstab das Kloster von Salmünster wieder. Es ist 40 Meter lang und elf Meter breit.

Auf dem Blumenberg finden wir unter dem Schutz des ,,Lindchens" die St. Anna-Kapelle, die auch Rote Kapelle" genannt wird. In der Nähe ihres Standortes wurden während des Hexenwahnes in der Zeit um 1600 weit über 100 Menschen als Hexen und Zauberer bei lebendigem Leibe verbrannt oder durch das Schwert hingerichtet. Nach volkstümlicher Deutung soll die Rote Kapelle zur Erinnerung an diese blutigen Ereignisse errichtet worden sein.

Einige 100 Meter östlich liegt die Kapelle der Schmerzensmutter, die im Volksmund auch die Strahlenbachskapelle genannt wird. Die in beiden Kapellen befindlichen wertvollen Heiligenfiguren mußten aus Sicherheitsgründen entfernt werden. Beide Kapellen stammen aus dem 17. Jahrhundert.

Ebenfalls zu erwähnen ist eine kleinere Kapelle, die St. Rochuskapelle auf dem Rollsberg in der Nähe des Ortes Wildenburg. Die vielen alten noch bis in die Nachkriegszeit hinein erhaltenen Bauernhäuser, die überwiegend in Fachwerkbauweise errichtet waren, sind in den fünfziger und sechziger Jahren im Zuge von Modernisierungsmaßnahmen entweder in erheblichem Umfange umgebaut, verkleidet und modernisiert worden oder wegen eines Neubaues sogar ganz abgerissen worden. Eine Reihe alter Fachwerkhäuser im Ortsteil Friesenhagen trägt heute zur Bereicherung des Ortsbildes bei.

Als Naturdenkmäler wurden die Linde an der Roten Kapelle" und die Harfenfichte an der Abzweigung der L 2781280 nach Friesenhagen unter Schutz gestellt; die erste wegen ihres hohen Alters, die zweite wegen ihrer besonderen Form.

Die Reformation im Wildenburger Land

Die Tatsache, daß das Wildenburger Land gegen Ende des 16. Jahrhunderts in verschiedene Linien aufgeteilt war, hatte zusätzliche Probleme zur Folge, als Mitte des 16. Jahrhunderts die Reformation das Wildenburger Land erfaßte. Wie überall in Deutschland, so veränderten sich auch hier die religiösen Verhältnisse nicht von einem Tag auf den anderen. Am 30. August 1556 wurde der aus Olpe stammende Priester Philipp Menchen vom Probst des Bonner St. Cassiusstiftes als Pfarrer in Friesenhagen eingesetzt. Er hatte vorher erklärt, daß er der katholischen Kirche treu bleibe, aber gleichzeitig hinzugefügt, falls er anderen Sinnes würde, werde er resignieren. Ob der letztgenannte Grund dafür ausschlaggebend vvar, daß er bereits drei Jahre später seine Pfarrstelle aufgab, ist nicht festzustellen. Sein Nachfolger Nikolaus von Wipperfürth ließ sich nicht von der offiziellen kirchlichen Stelle, dem St. Cassiusstift in Bonn, in das Amt einsetzen. Er wurde daher mit dem Kirchenbann und einer Strafe von 1000 Goldgulden belegt. Doch Wipperfürth bezahlte nichts und hat sich auch wahrscheinlich nicht um die Lösung vom Banne bemüht. Als er 1568 starb, war Friesenhagen von der katholischen Kirche losgelöst. Sein Nachfolger Johannes Montanus hat bis zu seinem Tode im Jahre 1606 in Friesenhagen den lutherischen Glauben verkündet.

Die Vettern von Hatzfeldt, die das Wildenburger Land damals gemeinsam regierten, konnten sich bei seinem Nachfolger Eberhard Worringer, ebenfalls Anhänger der lutherischen Lehre, nicht so schnell entscheiden. Man kam überein, ihn bis zu einer endgültigen Regelung lehren zu lassen. Diese Entscheidung beruhte auf der Tatsache, daß die Vettern teilweise katholisch, teilweise evangelisch waren. Sebastian von Hatzfeldt, der zwar katholisch geboren, jedoch als Waise von seinen Verwandten protestantisch erzogen wurde, kann wohl zunächst als einer der eifrigsten Verfechter der protestantischen Lehre im Wildenburger Land angesehen werden.

Eberhard Worringer blieb bis zu seinem Tode im Jahre 1622 Pfarrer in Friesenhagen. Bei der Neubesetzung der Pfarrstelle brannte der konfessionelle Streit zwischen den lutherischen und katholischen Vettern erneut auf. Johannes Montanus, Sohn des gleichnamigen im Jahre 1606 verstorbenen Pfarrers von Friesenhagen, wurde 1622 der Gemeinde vorgestellt. Gegen diesen Schritt protestierten die katholischen Vettern Sebastian von Hatzfeldt - Krottort - er war inzwischen zum katholischen Glauben zurückgekehrt - und Wilhelm von Hatzfeldt-Weißweiler. Sie erklärten sich schließlich bereit, Johann Montanus angesichts der gefahrvollen Kriegszeiten - Dreißigjähriger Krieg - vorläufig in Friesenhagen zu dulden, waren jedoch der Meinung, daß sie, die katholischen Vettern, mit gleichem Recht einen katholischen Pfarrer verlangen konnten. Sie gaben zu bedenken, ob es nicht besser sei, gemeinsam wieder einen Pfarrer, und zwar einen katholischen Priester einzusetzen. Falls eine solche Einigung nicht möglich sei, könne man es ihnen allerdings nicht verdenken, daß sie einen eigenen katholischen Priester nach Friesenhagen entsenden würden. Beide Pfarrer sollten dann jeweils von der Hälfte der bisherigen Pfarreinkünfte leben. Eine Einigung konnte in den folgenden Jahren nicht erreicht werden. Als die lutherischen Vettern in diesem Zusammenhang darauf hinwiesen, daß nunmehr fast alle Untertanen lutherisch getauft und erzogen seien, fragte Sebastian in einem Antwortschreiben, ob man den Brauch aufkommen lassen solle, daß ihnen die Untertanen Vorschriften zu machen hätten, denn ,,so wären sie unsere und wir nicht ihre Herren". Nach langen Auseinandersetzungen siegte schließlich die lutherische Gruppe. So wurde als Pfarrer Ihr Kandidat Johannes Bolenius 1623 eingesetzt. Sebastian bemühte sich nunmehr um einen katholischen Priester für Friesenhagen. Im November oder Dezember 1627 traf in Krottort Johann Kaspar Neunesius ein. Er sollte den ersten katholischen Gottesdienst in Friesenhagen halten. Sebastian ließ es nun auf eine Kraftprobe ankommen. Am 12. Dezember 1627 hielt Neunesius den ersten katholischen Gottesdienst nach vielen Jahrzehnten. Die lutherischen Vettern erhoben dagegen energischen, aber vergeblichen Protest. Sebastian und Johanna von Hatzfeldt-Weißweiler befahlen ihren Untertanen unter Androhung von Geldstrafen den Besuch des katholischen Gottesdienstes. Die Lage des lutherischen Pfarrers Bolenius wurde immer schwieriger, besonders als im März 1628 Sebastian die Pfarrgüter halbieren ließ. Da Bolenlus als lutherischer Pfarrer verheiratet war, geriet er dadurch in äußerste wirtschaftliche Not. Er trug sich mit dem Gedanken, Friesenhagen zu verlassen, doch seine Untertanen erklärten sich bereit, ihn in diesem Jahr mit Früchten und anderen Diensten zu versorgen. Sebastian drohte Geldstrafen und Landesverweisungen jenen an, die nicht zur Beichte und Kommunion kamen oder den lutherischen Gottesdienst besuchten. 1629 wird schließlich der katholische Priester Neuneslus offiziell in sein Kirchenamt eingesetzt.

Der Streit zwischen den katholischen und lutherischen Vetter findet dann 1629 durch den Tod des Neuneslus ein jähes Ende. Abermals erscheinen die Bemühungen Sebastian von Hatzfeldts um die Rekatholisierung gescheitert zu sein. Am 19. Dezember 1631 starb Sebastian. Sein Sohn Hermann setzte die Bemühungen um Rückgewinnung der Herrschaft Wildenburg zum katholischen Glauben fort. Dabei unterstützten Ihn seine Brüder Franz, der Bischof von Würzburg und Bamberg war, sowie Melchior, der spätere kaiserliche Generalfeldmarschall im Dreißigjährigen Krieg. Hermann von Hatzfeldt nahm nunmehr Verbindung mit den Franziskanern in Limburg auf. Am 14. April 1637 wurden dem Franziskanerpater Lampert Weiher Grundstücke zum Bau eines Klosters zugewiesen. Mit Ihm wohnte in Krottorf Pater Melchior Hoen. Beide Patres hielten nunmehr in Friesenhagen den katholischen Gottesdienst ab. Der Besuch desselben war für die Untertanen der katholischen Vettern verpflichtend. Der protestantische Gottesdienst, den die Untertanen der lutherischen Linie besuchten, ging dem katholischen voraus. Hermann von Hatzfeldt war bestrebt, auf Dauer die gesamte Herrschaft wieder zur katholischen Kirche zurückzuführen. Eine besondere Gelegenheit ergab sich für ihn, als Johann Adrian (lutherisch) längere Zeit abwesend war und nicht persönlich eingreifen konnte. Hermann hinderte keinen Untertanen daran, am protestantischen Gottesdienst teilzunehmen. Durch seine persönliche Anwesenheit sorgte er jedoch dafür, daß die Untertanen aller drei Linien dem unmittelbar folgenden katholischen Gottesdienst ebenfalls beiwohnten. Der katholische Geistliche erhielt dadurch die Möglichkeit, das Thema der vorausgegangenen protestantischen Predigt von katholischer Sicht her zu behandeln. Auf Dauer sah Hermann jedoch. hierin keine Lösung. So entschied er sich schließlich zu einem Gewaltakt, dessen Opfer der protestantische Pastor Bolenius werden sollte. Am 4. August 1637 ließ er ihn fragen, ob er bereit sei, in Güte von der Kirche und Kanzel in Friesenhagen abzuweichen". Bolenius lehnte dies ab. Er teilte mit, daß er sein Amt nur auf ausdrücklichen Befehl hin niederlege. Den erhielt er noch am selben Tag von Graf Hermann ausgestellt. Daraufhin übergab er die Amtsschlüssel an den katholischen Peter und zog ab. Im Frühjahr 1639 soll die Rekatholisierung aller Einwohner abgeschlossen gewesen sein. 1640 trat auch Johann Adrian zum katholischen Glauben über. Bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts haben die Franziskaner - es waren meist zwei Patres - die katholischen Pfarrgemeinde St. Sebastianus betreut.

Aus dem kommunalen Bereich

Das Wildenburger Land stellt eine einheitliche Gemeinde dar, die früher in verschiedene Ortsbezirke eingeteilt war. An ihrer Spitze stand jeweils ein Vorsteher. Erster Bürgermeister nach dem Kriege wurde Landwirt Willi Bröhl, Höferhof. Sein besonderes Augenmerk galt der heimischen Landwirtschaft. Wie an anderer Stelle erwähnt, machte er sich besonders bei der Durchführung der Bodenreform verdient. Ein besonderes Anliegen war ihm auch neben vielen Bemühungen die verkehrsmäßige Erschließung des Wildenburger Landes. Herr Bröhl bekleidete das Amt des Bürgermeisters ehrenamtlich bis zum Jahre 1960.

1960 wurde Herr Fritz Greßnich zum hauptamtlichen Bürgermeister gewählt. Er bemühte sich tatkräftig um eIne Verbesserung der Infrastruktur. Besonders hervorzuheben sei aus seiner Amtszeit der Ausbau des Wegenetzes, der Bau einer neuen Kläranlage, die Errichtung der neuen Schule am Blumenberg, die Erschließung des Baugebietes am Blumenberg und der Ausbau des Wasserversorgungsnetzes im Ort Friesenhagen und im Raume Steeg.

Nachdem Herr Greßnich zum 1.1.1975 aus dem Amt des Bürgermeisters von Friesenhagen ausschied - er wurde damals zum ersten Beigeordneten und später zum Verbandsbürgermeister der Verbandsgemeinde Kirchen gewählt -, erhielt die Ortsgemeinde Friesenhagen wieder einen ehrenamtlichen Bürgermeister.

Im Jahre 1971 wurde Friesenhagen als Ortsgemeinde der Verbandsgemeinde Kirchen angegliedert. Es war bis dahin amts- bzw. verbandsfreie Gemeinde gewesen. Wegen der weiten Entfernung nach Kirchen wurde in Friesenhagen anstelle der selbständigen Gemeindeverwaltung eine Außenstelle der Verbandsgemeinde Kirchen errichtet.

Dank der von der Gemeinde geförderten Ansiedlung von Industriebetrieben konnte das Gewerbesteueraufkommen ab Mitte der sechziger Jahre erheblich gesteigert werden.

Die Schulverhältnisse

Wie in allen Gemeinden, so änderten sich auch im Wildenburger Land die Schulverhältnisse in den letzten zehn Jahren entscheidend. Bis zum Jahre 1967 bestanden in der Gemeinde Friesenhagen eine zweiklassige kath. Volksschule (Friesenhagen) und drei einklassige kath. Volksschulen (Weierseifen, Steeg, Neuhöhe) sowie eine einklassige evgl. Volksschule in Steeg. Außerdem besuchten Kinder aus den Randgebieten der Gemeinde folgende Schulen: Hohenhain (Krs. Siegen), Römershagen, Held (Krs. Olpe) Wlldberg, Morsbach und Alzen (Oberbergischer Kreis).

Am 1.12.1967 wurden die Schüler der Volksschule Weierseifen sowie die der Oberstufe kath. Volksschule Steeg der neuerbauten Volksschule Friesenhagen zugeführt. Am 1.8. wurden schließlich alle einklassigen Schulen aufgelöst. Von da ab besuchten alle der Gemeinde die Friesenhagener Volksschule. Schwierigkeiten ergaben sich dabei vor allem für den Schülertransport. Bei der weiten Ausdehnung der Gemeinde mußten die rund 180 Fahrschüler fünf Fahrten eingerichtet werden. Viele Schüler müssen zusätzlich zur Fahrt noch Schulwege bis zu drei Kilometern auf sich nehmen. Vor der Zusammenführung der Schüler nach Friesenhagen fand eine Abstimmung über die zukünftige Schulart statt.

Dabei entschieden sich 81 Prozent der Eltern für eine kath. Bekenntnisschule. Schon bald wurden die Friesenhagener Eltern durch das neue Schulgesetz beunruhigt:

Wegen der geringen Schülerzahlen konnte in Friesenhagen eine mehrzügige Hauptschule, wie sie in Rheinland-Pfalz gesetzlich gefordert wird, nicht eingerichtet werden. Seitens der Bezirksregierung wurde der Gemeinde mitgeteilt, daß eine Zuführung der Friesenhagener Hauptschüler zur Hauptschule Niederfischbach oder Kirchen erwogen werde und in Friesenhagen keine eigene Hauptschule eingerichtet werde. Die Friesenhagener Eltern erreichten durch eine Klage vor dem Verwaltungsgericht Koblenz gegen die Verfügung der Bezirksregierung die Errichtung einer einzügigen Hauptschule, wobei die besonderen Verhältnisse im Wildenburger Land entscheidend waren. Große Schwierigkeiten ergeben sich auch für die Sonderschüler und die Schüler weiterführender Schulen, da diesen kaum öffentliche Verkehrsmittel zur Verfügung stehen. Wegen der weiten Ausdehnung der Gemeinde besuchen Schüler der Gemeinde Friesenhagen weiterführende Schulen in Freudenberg, Olpe, Waldbröl, Betzdorf und Wissen.


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